Bildungspolitische Illusionen/Mathematik

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FG Bildungspolitik - Bildungspolitische Illusionen
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Mathematik meint "Kunst des Lernens".

Es würde schon viele Probleme lösen, wenn sich verantwortliche Lehrplaner und LehrerInnen diese Bedeutung selbst klar machen würden.

Wenn Lernen (auch) auf Fähigkeiten wie selbstständiges Denken zielen soll, könnte man gerne auch von des "Kunst des selbstständigen Denkens" oder der "Kunst, Probleme zu lösen" reden.

"Mathematik" bedeutet also nicht "Rechnen", und schon gar nicht, endlose Massen an möglichst krummen und schiefen Zahlen nach Schema F zu verarbeiten.

Und "Kunst" hat was mit Kreativität zu tun. Nicht immer ist DIE eine richtige Strategie auch automatisch die einzige. Und auch aus Fehlversuchen lässt sich viel lernen.

"Rechnen" ist für sich genommen eine wichtige Fertigkeit. Kopfrechnen, schriftlich gestütztes Rechnen, Rechnen mit elektronischen Hilfsmitteln, Tabellenkalkulation usw. Vor allem dabei wohl wirklich das Kopfrechnen. Es sollte in einer Schule als eigenes Lernfeld seinen Platz haben. Wichtig. Aber sicher nicht das Wichtigste.

Aber "Mathematik" bedeutet eben völlig anderes. Die Fähigkeit, Probleme zu erkennen und zu erfassen. Reale Probleme. Auch solche, die sich nicht einfach in Zahlen abbilden lassen.

Wie kann ich Ursachen und Zusammenhänge erkennen? Kann ich das Problem sinnvoll beschreiben oder visualisieren (z.B. durch Tabellen, Skizzen, Pfeildiagramme, plastische Modelle), um es mir selbst und anderen greifbar und begreifbar zu machen?

Wie kann ich überprüfen, ob die vermuteten Ursachen wirklich eine Rolle spielen? Kann ich das Problem mit mir bereits bekannten Problemen vergleichen?

Wie kann ich - oder noch besser: wie können wir gemeinsam - nach Lösungsansätzen suchen? Wie könnten sich diese Ansätze auswirken? Lösen sie das Problem? Sind sie einfach und praktikabel genug? Haben sie Grenzen, Risiken und Nebenwirkungen? Gibt es vielleicht noch bessere Lösungen?

Was kann ich praktisch ausprobieren? Was im Gedankenexperiment erproben?

Zahlen dürfen dabei mitspielen. Aber sie sollten nicht die Hauptrolle spielen. Und kein "notwendiges Kriterium" sein.

Ein spannender Lernanlass schon für die Primarstufe könnte z.B. darin bestehen, in eigener Verantwortung ein Mittagessen für die ganze Gruppe zu organisieren. Mit begrenztem Budget. Deutlich zu begrenzt für den Pizza-Service. Das wird mit einigen - jetzt ganz realen - Problemen verbunden sein. Probleme, die nicht einfach von LehrerInnen oder Eltern "gelöst" werden sollten. Aber sie könnten bei Bedarf Anregungen geben, eigenständig Lösungsstrategien zu entwickeln.

Viele lösenswerte Probleme lassen sich im Leben der SchülerInnen selbst finden. Oder in der Tageszeitung.

Wertvolle Werkzeuge wie Gleichungen und Funktionen passen hier durchaus ins Konzept. Aber sie sollten nicht als Plattformen (oder "platte Formen") für sinnfreien Kampf gegen Zahlenkolonnen missbraucht werden.

Das Lernfeld "Mathematik" sollte nicht von "weltfremden Zahlenschubsern" begleitet werden. Lernpsychologische Fähigkeiten sind hier weit bedeutender als Fähigkeiten in Linearer Algebra. Offene Augen und Ohren, Problembewusstsein und Freude am kreativen Denken sollten modellhaft vorgelebt und vermittelt werden.