HH:Positionspapiere/Hamburger Positionierung

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Application-certificate.svg Dieser Artikel ist eine offizielle Aussage der Piratenpartei Hamburg und soll daher inhaltlich nicht verändert werden.

Dieses Positionspapier wurde auf dem 18. Landesparteitag angenommen.

Hamburger Positionierung

Die Piratenpartei Hamburg sieht sich als Teil einer liberalen und linken Partei.

Von anderen Parteien, die sich liberal nennen, unterscheidet uns, dass bei uns die Freiheit von Menschen im Vordergrund steht, statt der Freiheit juristischer Personen oder abstrakter Märkte. Und dass grundlegende Freiheiten den einzelnen Menschen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zur Verfügung stehen müssen.

Von anderen linken Parteien unterscheidet uns unsere Skepsis gegenüber kollektivistischen Gedankensystemen und deren Drang, alle Menschen nach ihrem Idealbild zu formen und in diesem Sinne zu bevormunden. In der Frage der Verteilung von Eigentum gilt für uns: Wir wollen Armut verhindern, nicht Reichtum.

Als demokratische Partei mit dem Anspruch, Teile der Bevölkerung in gewählten Vertretungen zu repräsentieren, bewegen wir uns auf dem Boden des Grundgesetzes und bekennen uns zum Prinzip des demokratischen Rechtsstaats. Wir möchten die Gesellschaft und das politische System verändern und mitgestalten. Eine revolutionäre Beseitigung der demokratischen Ordnung ist nicht unser Anliegen.[1]

Unter Bekenntnis zum Rechtsstaat verstehen wir nicht, dass wir alle existierenden Gesetze bejubeln, und diese nicht kritisieren dürfen. Im Gegenteil ist es der Sinn demokratischer Prozesse, auf eine Verbesserung der Gesetze hinzuwirken. Aber wir stellen das grundsätzliche Prinzip nicht in Frage, dass wir eine Rechtsordnung haben, an die sich die vollziehende Gewalt zu halten hat, und dass es die Aufgabe der Exekutivorgane ist, diese Rechtsordnung auch durchzusetzen.

Wir sehen zivilen Ungehorsam durchaus als legitimes Mittel von Bürgern an, wenn Rechtsordnung und Moral ansonsten unvereinbar scheinen. Wir sehen es sogar explizit als Aufgabe der Zivilgesellschaft an, sich bspw. der Zurschaustellung menschenverachtenden Gedankenguts in den Weg zu stellen, auch und gerade wenn die Organe des Rechtsstaats gezwungen sind, diese hinzunehmen oder gar zu schützen.

Aber wir bestreiten nicht das Gewaltmonopol des Staates. Wir möchten die gesetzlichen und praktischen Kompetenzen der Polizei und anderer Vollzugsorgane auf ein Grundrechte achtendes Maß zurückstutzen und die Einhaltung dieser Schranken besser durchsetzen. Aber wir sehen die Polizei nicht als unsere Gegner an. Wir mögen die Auflösung von Verfassungsschutz oder anderen Geheimdiensten fordern, aber eine Gesellschaft ohne Polizei halten wir auf absehbare Zeit für unrealistisch.

Neben der Vertretung der Bevölkerung in Parlamenten sehen wir als Partei unsere verfassungsgemäße Aufgabe in der politischen Willensbildung. Diese dient der Beteiligung der Bürger an den politischen Prozessen und verläuft sowohl von oben nach unten, als auch in umgekehrter Richtung. Von unserem Selbstverständnis her schreiben wir der Richtung von unten nach oben hierbei eine besondere Bedeutung zu. Das schließt Kommunikation auf Augenhöhe ein. Eine bevormundende Attitüde wollen wir dabei vermeiden.

Um unseren Aufgaben als Partei – politische Willensbildung und Volksvertretung – gerecht werden zu können, benötigen wir eine dauerhafte Unterstützung von mindestens 5% der Bevölkerung. Diese wieder zu erlangen und zu erhalten ist daher unser vorrangiges, strategisches Ziel.

Dabei können wir uns Aktionen bedienen, die von Teilen der Bevölkerung, oder sogar einer Mehrheit, als provokant oder unangemessen angesehen werden, solange sie von ausreichend Sympathisanten – insbesondere auch außerhalb der eigenen Filterbubble – als kreativ, witzig, zum Nachdenken anregend oder auf irgendeine andere Art positiv wahrgenommen werden. Aktionen, die vermutlich von der überwiegenden Masse der Bevölkerung – bis in die eigene Wählerschaft hinein – negativ betrachtet bzw. abgelehnt werden, sind nach diesen Maßstäben klar als parteischädigend einzustufen. (Anmerkung: Das sogenannte "Allgemeine piratige Mandat" hat schon immer beinhaltet, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.[2])

Dabei können wir grundsätzlich auch mit Kräften zusammenarbeiten, die Teile unseres Wertegerüsts nicht teilen, sofern der Charakter der Aktionen selber von uns vertretbar ist. Dies kann dazu führen, dass wir Organisationen oder Bewegungen zwar als bündnisfähig, ihre langfristigen Ziele aber trotzdem mit unseren Parteizielen als unvereinbar betrachten. In diesem Fall haben wir darauf zu achten, dass auch für Außenstehende eine angemessene Distanz erkennbar bleibt. Dies schützt uns einerseits vor Vereinnahmung und Rufschädigung, und ist andererseits fair und transparent gegenüber potentiellen Wählern.

Auf Parteiveranstaltungen dulden wir daher keine Flaggen oder anderen Zeichen solcher Organisationen oder Bewegungen, die in einer Weise zur Schau gestellt werden , dass sie als Vereinnahmung der gesamten Veranstaltung angesehen werden können oder als innerparteiliche Provokation anderer Parteimitglieder zu werten sind. Kein Mitglied der Piratenpartei darf für die Beteiligung an den innerparteilichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen gezwungen werden, sich der Symbolik externer Gruppen zu unterwerfen.

Es ist Aufgabe unserer gewählten Vorstände, die Integrität der Piratenpartei notfalls auch durch Ordnungsmaßnahmen oder auf andere, angemessene Weise zu schützen. Dabei steht ihnen ein Ermessensspielraum zu. Sie haben aber für ihre Handlungen oder Nicht-Handlungen die politische Verantwortung zu tragen.[3]

Fußnoten

[1] (siehe auch § 1 Abs. 1 Satzung)
[2] https://wiki.piratenpartei.de/BE:Antragskommission/2011-06-26_SO002A_-_Das_allgemeine_Piratige_Mandat
[3] (vgl. auch § 8 der Satzung)