AG Geldordnung und Finanzpolitik/ThemaSparzinsen

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Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist die Mehrheits-Meinung in der AG, die durch eine Abstimmung beschlossen wurde. Wer Anmerkungen/Fragen hat, schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel.


Hinweis: Diese Seite ist nicht mehr aktuelle Mehrheitsmeinung der AG. Sie ist in einer überarbeiteten Version hier zu finden.

Warum nehmen Banken noch Spar- und Terminguthaben von Nichtbanken an?

Da Banken Guthaben von Nichtbanken nicht brauchen, um Kredite durch Giralgeldschöpfung vergeben zu können, erscheint es unsinnig, dass die Banken Zinsen auf Guthaben bezahlen. Warum tun sie es dennoch?

Es gibt einen Hauptgrund, der allein genommen ausreicht, um Banken zu zwingen, Sparzinsen zu zahlen:

Wenn eine Bank damit anfinge, ihren Kunden keine Guthabenzinsen mehr zu bezahlen, würden die Nichtbanken ihre nicht täglich fälligen Forderungen gegenüber dieser Bank auflösen. Das heißt, in Sichtguthaben (Giralgeld) umwandeln lassen, um sie anschließend an andere Banken zu überweisen, wo sie Zinsen bekämen. Das hätte bei der betroffenen Bank einen Abfluss an unbaren Zahlungsreserven zur Folge, der nicht durch Zuflüsse ausgeglichen werden würde.

Im Folgenden werden mehrere mögliche Szenarien vorgestellt. Es wird anhand von Bilanzen gezeigt, was passieren könnte, falls sich eine einzelne Bank, eine Monopolbank oder alle Banken (nach gemeinsamer Absprache) entscheiden sollten, ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Guthabenzinsen mehr zu bezahlen.



Eine einzelne Bank zahlt keine Guthabenzinsen mehr

Dieses Szenario gilt stellvertretend für alle Fälle, bei denen mindestens eine Bank weiterhin Guthabenzinsen anbietet.

Eine einzelne Bank, deren Bilanzsumme 10% des gesamten Bankensektors ausmacht, zahlt ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Guthabenzinsen mehr. Diese Bank würde also keine neuen Sparguthaben mehr annehmen und die bestehenden Sparguthaben würden spätestens nach Ablauf der vertraglichen Frist in Sichtguthaben umgewandelt werden. Wie würden die Kunden dieser Bank reagieren? Früher oder später würden alle Kunden ihre Sichtguthaben zu anderen Banken überweisen und dort gegen Guthabenzinsen in Sparguthaben umwandeln lassen.

Unten sind die Bilanzen zu sehen, bevor Bank A aufhört, Guthabenzinsen zu bezahlen.

WarumSparzinsenEinzelneBank.png

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Bank A müßte normalerweise die anderen Banken, zu denen die Kunden ihre Guthaben überweisen, mit Zentralbankgeld bezahlen. Da Bank A aber nicht über genügend Zentralbankgeld verfügt, gibt es für sie nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie leiht sich Zentralbankgeld in Höhe der abfließenden Kundenguthaben von der Zentralbank oder sie verschuldet sich bei den anderen Banken.


Möglichkeit Interbankkredite

Bank A hat die Sichtguthaben und die Sparguthaben ihrer Kunden verloren (In der Realität wären alle Verbindlichtkeiten von Bank A gegenüber Nichtbanken betroffen). Dieser Verlust wurde durch Kredite des restlichen Bankensektors ausgeglichen. Der restliche Bankensektor hat im Gegenzug neue Kunden hinzugewonnen und dem entsprechend die Kundensichtguthaben und -sparguthaben erhöht.

WarumSparzinsenEinzelneBankInterbankkredite.png

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Auf der Aktivseite wurde dies durch Kreditforderungen gegenüber Bank A ausgeglichen. Natürlich verlangt der restliche Bankensektor von Bank A höhere Zinsen, als er selbst an seine Kunden für deren Sparguthaben bezahlt. Unterm Strich hat Bank A also nun höhere Kosten, als wenn sie ihren Kunden weiterhin Guthabenzinsen bezahlt hätte. Dieser absurde Zustand tritt deshalb in der Wirklichkeit auch nicht auf.

Möglichkeit Zentralbankkredite

Theoretisch gäbe es für Bank A auch die Möglichkeit, sich das nötige Zentralbankgeld direkt von der Zentralbank zu leihen. Aber warum sollte die Zentralbank darauf eingehen? Da alle Verbindlichkeiten von Bank A gegenüber Nichtbanken durch Zentralbankkredite ersetzt werden müssten, hätte das zur Folge, dass die Zentralbank von Bank A fast alle Forderungen gegenüber Nichtbanken als Sicherheiten annehmen müsste. Dann würde die Zentralbank fast alle Risiken eines privaten Unternehmens übernehmen. Auch dieser Zustand wäre einfach nur absurd.

Trotzdem werden die Auswirkungen solch einer Aktion der Vollständigkeit halber in der folgenden Bilanz dargestellt.

WarumSparzinsenEinzelneBankZentralbankkredite.png

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Selbst wenn es dazu käme, würde Bank A davon höchstwahrscheinlich nicht profitieren. Denn wenn die Zinsen für die Zentralbankkredite höher wären als die Sparguthabenzinsen, hätte Bank A höhere Kosten. Der restliche Bankensektor könnte die zusätzlichen, unbaren Reserven bei der Zentralbank gegen Zinsen (Einlagefazilität) anlegen, wodurch er Einnahmen hätte. Außerdem würde der restliche Bankensektor Kosten sparen, weil er seine alten Zentralbankkredite tilgen könnte. Es könnte passieren, dass er für die neuen Sparguthaben nicht die üblichen Zinsen zahlen könnte, aber dass hängt von der Höhe der Zentralbankzinsen ab.


Eine Monopolbank zahlt keine Guthabenzinsen mehr

Im nächsten Szenario wird angenommen, dass durch laufende Fusionen irgendwann eine Monopolbank entstanden wäre. Nichtbanken hätten also nicht mehr die Möglichkeit, im Inland ihre Guthaben zu anderen Banken zu überweisen.

Falls es sich dabei um eine geschlossene Wirtschaft handeln würde, könnten die Nichtbanken tatsächlich nicht mehr ausweichen. In den folgenden Bilanzen ist dieser Zustand dargestellt.

WarumSparzinsenMonopolbankGeschlosseneWirtschaft.png

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Eventuell bestünde aber die Gefahr, dass Nichtbanken aus Trotz oder Frust ihre Sichtguthaben in bar abheben würden. Dann müsste die Zentralbank ausreichend Kredite geben, damit die Monopolbank nicht zahlungsunfähig wird. In diesem Fall müsste die Zentralbank, wie schon oben in dem Szenario mit der einzelnen Bank erwähnt, Forderungen eines privaten Unternehmens als Sicherheiten akzeptieren, was sie im Übermaß aber ablehnen sollte. Und auch die Monopolbank könnte unterm Strich Verluste machen, falls die Zentralbankzinsen höher ausfallen sollten als die Guthabenzinsen für Sparer.


Möglichkeit Zentralbankkredite

WarumSparzinsenMonopolbankGeschlosseneWirtschaftBargeldabhebungen.png

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In der Realität würde sich die Monopolbank aber in einer offenen Wirtschaft befinden. Deshalb würden die Nichtbanken ihre Guthaben zu ausländischen Banken überweisen. Dann würde das Gleiche wie oben beim Szenario mit der einzelnen Bank passieren. Die Monopolbank wäre gezwungen, sich bei den ausländischen Banken zu verschulden. Dies wäre bei festen Wechselkursen wie im Euro auf jeden Fall so.


Möglichkeit Auslandsbankenkredite

WarumSparzinsenMonopolbankOffeneWirtschaft.png

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Bei festen Wechselkursen, wie im Euro, könnte sich die Monopolbank natürlich auch das benötigte Zentralbankgeld, wie Bank A im Szenario einer einzelnen Bank, von der nationalen Zentralbank leihen. Dann gäbe es aber auch die gleichen Probleme.

Bei flexiblen Wechselkursen ist es komplizierter. Vielleicht können wir darüber diskutieren.



Alle Banken zahlen keine Guthabenzinsen mehr

Falls sich alle Banken gemeinsam dazu entschließen, keine Guthabenzinsen mehr zu bezahlen, treten die gleichen Probleme wie im Szenario mit der Monopolbank auf. Auf Bilanzdarstellungen wurde deshalb an dieser Stelle verzichtet.