AG Geldordnung und Finanzpolitik/Grillfeste/Positionspapier Wachstumszwang

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Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von den Mitgliedern hueisner und Christoph Ulrich Mayer vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel.


Wachstumszwang

Aus volkswirtschaftlicher Sicht

Der Wachstumszwang, dem unser heutiges Wirtschaftsmodell unterliegt, resultiert aus dem Zusammenwirkungen von drei Phänomenen:

- Ungleichverteilung von Vermögen

- Rendite auf Vermögen

- positiver Sparquote/Vermögenswachstum

Grundsätzlich wird das Volkseinkommen zwischen Arbeitseinkommen und Vermögenseinkommen aufgeteilt. Vermögenseinkommen sind gleich Vermögen x Renditesatz.

Daraus folgt: Volkseinkommen = Arbeitseinkommen + (Vermögen x Renditesatz)

Das Volkseinkommen und das BIP sind sehr eng korreliert (vgl.http://de.wikipedia.org/wiki/Volkseinkommen); daher ist ein nennenswertes Wachstum des Volkseinkommens ohne Wachstum des BIP nicht möglich,

Ein Verzicht auf Wachstum des BIP erfordert also eine Konstanz von Arbeitseinkommen, Vermögen und Renditesatz, oder – wenn einer der Faktoren ansteigt – ein Absinken mindestens eines der anderen Faktoren, der den Anstieg kompensiert.

Die Sparquote in Deutschland liegt relativ konstant bei über 10%, d.h. Vermögen in obiger Gleichung steigt in der Zeit.

Beleg: Grafiken der Bundesbank zu Einkommen der privaten Haushalte: Sparquote saisonbereinigt
Info: www.bundesbank.de Makroökonomische Zeitreihen

Daraus ergeben sich für ein BIP ohne Wachstum folgende 2 Optionen:

1. Wenn Renditesatz konstant bleiben (oder steigen) soll, muss Arbeitseinkommen fallen.

2. Wenn Arbeitseinkommen konstant bleiben (oder steigen) sollen, muss Renditesatz fallen.

Option 1 über einen längeren Zeitraum führt zu zunehmender Verarmung bis Verelendung immer größerer Teile der Bevölkerung, bis das System politisch instabil wird.

Option 2 führt zu Abwanderung von immer größeren Kapitalmengen in spekulative Blasen, die das System ökonomisch destabilisieren.

Um das bestehende System stabil zu halten, ist daher Wachstum alternativlos.

Da seit geraumer Zeit kein ausreichendes Wachstum mehr zu generieren ist, ist faktisch eine Mischung der Optionen 1 und 2 zu beobachten.

Wachstumszwang aus Geldsicht

Wenn durch Zins Vermögenseinkommen entsteht und es dadurch zu Vermögensakkumulation kommt, steigen automatisch wiederum die Zinszahlungen und die Macht der Geldinhaber (aufgrund dieser Macht im Geldmarkt bleibt der Zinssatz relativ gesehen hoch). Der Anteil des Vermögenseinkommens wird deshalb im Wirtschaftssystem immer größer, die Unternehmen der Realwirtschaft müssen diesen erwirtschaften. Um ihn zu erwirtschaften, müssen die Unternehmen immer weiter wachsen.

Wenn die Vermögen wachsen, dann sinkt bei konstanter Geldmenge die verfügbare Geldmenge im Wirtschaftskreislauf. So käme es zur Deflation und zum Stocken der Wirtschaft. Deshalb müssen immer neue Kredite vergeben werden, um die Liquidität, die Geldmenge M0/M1 aufrecht zu erhalten oder zu erhöhen. Deshalb muss die Geldmenge stetig wachsen, um den wirtschaftlichen Zusammenbruch zu vermeiden. Um die steigende Geldmenge zu decken, muss auch die Realwirtschaft wachsen.

Ebenso sinkt bei steigenden Vermögenseinkommen der relative Anteil des Arbeitseinkommens in der Wirtschaft und mit ihr die Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen (relativ zum BIP), also auch die Renten- und Sozialeinkommen. Wenn die Arbeits- und Sozialeinkommen relativ sinken, wird wiederum eine Lohnerhöhung notwendig, um die Lebenshaltungskosten bezahlen zu können. Die Folge sind dann högere Löhne oder aber mehr Armut, je nachdem wie erfolgreich die Lohnverhandlungen sind. Steigen die Löhne nicht, wächst der Anteil des Vermögenseinkommens weiter. Steigen die Löhne, dann steigt die Nachfrage, in der Folge steigen die Preise und es kommt zur Inflation.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht

Die Notwendigkeit für Unternehmen, sich Geld zu leihen, kommt auch aus dem Wachstumsdruck: In einem schnell wachsenden Markt muss sich eine Firma möglichst schnell neueste Maschinen/ Arbeitsmittel wie IT zulegen, um konkurrenzfähig zu bleiben und sich einen relevanten Marktanteil zu erkämpfen. Ein Beispiel: Eine Firma wie Google kann nicht so schnell wachsen, wenn kein Kapital von außen zufließt. Es müssen Server und Webdesigner, Redakteure und Infrastrukturen beschafft werden, damit man schneller wachsen kann als die Konkurrenz. Google konnte sich Kapital über den Börsengang holen, andere Firmen haben die Möglichkeit nicht oder scheuen deren (andere) Konsequenzen.

Der Wettbewerber, der zuerst investiert, hat einen Vorteil am Markt. Er kann aber nur der Erste sein, wenn er vorher genug Geld angesammelt hat (selten der Fall) oder Kredit aufnimmt. Der Kredit müsste zurückbezahlt werden. Durch den Konkurrenzdruck jedoch werden die Kredite nicht zurückbezahlt, sondern mit neuem Geld neue Maschinen gekauft. Tendenziell wächst der Schuldenberg und durch den Zinseszinseffekt gerät die Firma immer weiter unter Druck. Die Zinszahlungen vermindern oder verhindern die Kapitalverzinsung. Investoren ziehen sich zurück, der Geldhahn geht zu. Die Firma muss verkauft oder fusioniert werden. Die Firmen, die keinen Kredit aufnehmen, wachsen zu langsam, haben einen zu kleinen Marktanteil um Effizient zu sein und werden zwischenzeitlich von den großen Unternehmen „geschluckt“. Eine Zwickmühle.

Auswirkungen des Wachstumsdrucks aus dem Geldsystem

Was Karl Marx schon erkannte: Wenn Geld, das im Produktionsprozess vermehrt wurde, wieder investiert wird und wieder vermehrt wird, muss es ja immer mehr Geld geben, das für den Warenkonsum ausgegeben wird, sonst stockt der Prozess. Er nannte das „der rastlose Trieb des Kapitals nach Verwertung“ [Senf, 2001]. Gleichzeitig werden die Löhne zugunsten der Kapitalverzinsung immer weiter gedrückt, wodurch die Menschen immer weniger Geld haben, um genau diese Waren zu kaufen. So sind „immer wiederkehrende und sich verschärfende Krisen des Kapitalismus“ systemimmanent und zwangsläufig. Marx führte das Thema damals aber leider nicht weiter aus. Er untersuchte das Geldsystem selbst leider kaum.



Benedikt Weihmayr:

Die wissenschaftliche Arbeitsgruppe hat schlüssig dargelegt, woraus in unserer Geldwirtschaft ein Wachstumszwang bzw -drang resultiert. Ich hab leider im Moment keine Zeit das aufzudröseln, aber wenn man das Griffest doch noch durchführt, könnte ich mir durchaus Zeit nehmen. Hier der Link zur Studie: http://geld-und-nachhaltigkeit.de/files/geld-und-nachhaltigkeit_de__wachstumszwaenge_in_der_geldwirtschaft.pdf





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