AG Geldordnung und Finanzpolitik/Grillfeste/Kontrapapier Eine Währung braucht keine Zentralbank

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Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Arne Pfeilsticker vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel.


Der Originaltext des Pro-Papiers ist in schwarzer Schrift.

Alle Anmerkungen Argumente von Arne werden in grüner Schrift eingefügt.

Antworten werden in roter Schrift eingefügt.

Kontrapapier: Eine Währung braucht keine Zentralbank

Ausgangspunkt

Im Geldverständnis der meisten Menschen spielt das Vorhandensein einer Zentralbank als Geldemittent eine herausragende Rolle. Oft basiert dies auf der Vorstellung, dass nur die Zentralbank "echtes" Geld emittieren kann, welches dann von den Geschäftsbanken gehandelt wird. Sie ist also SYSTEMATISCH notwendig.

Letztlich basiert dieses Geldbild auf der Münze des Landesfürsten, der Taler prägen lässt und diese durch eigene Ausgaben in Umlauf bringt.

Die Banken geben lediglich Kredite, in denen sie sich verpflichten, dem Schuldner dieses "echte" Geld zur Verfügung zu stellen, welches sie sich also konsequenterweise irgendwoher besorgen müssen.

Es gibt also in einem solchen Geldsystem einen Unterschied zwischen dem physikalisch vorhandenen Geld und den Werten in den Büchern der Banken - das eine ist "echtes" Geld, das andere nur Ansprüche auf dieses Geld.

Im Ausgangspunkt wird nicht klar genug der Unterschied zwischen Kreditgeld und Kurrandgeld herausgearbeitet.

Kreditgeld ist ein abstrakter Rechtsanspruch, ein sog. subjektives Recht, zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner auf eine Leistung. Auf der Seite der Gläubigers nennt man den Anspruch Forderung; auf der Seite des Schuldners Verbindlichkeit.

Das Besondere an Geld ist, dass die Leistung, auf die sich der Anspruch bezieht Geld ist. D.h. Geld ist ein Anspruch auf Geld. Die Leitung die man bekommt ist wieder ein Anspruch.

Kurrandgeld dagegen ist ein Eigentumsrecht an einer bestimmten Menge Edelmetall.

Unsere heutigen Münzen haben nichts mit Kurrandgeld gemeinsam. Sie sind wie Banknoten verbriefte Forderungen.

Der Trugschluss

Nun ist den meisten bewusst, dass unser heutiges Geld im Wesentlichen nicht mehr aus Geldmünzen besteht, sondern aus digitalen Beträgen.

Unser heutiges Geld besteht genau nicht aus digitalen Beträgen, sondern aus (Rechts-)Ansprüchen, die in einer bestimmten Währungseinheit gemessen werden.

Diese Ansprüche können entweder als verbriefte Rechte in Form von Bargeld oder als sog. verbuchte Rechte in Datenbanken der kontoführenden Bank nachgewiesen werden. Die Einträge in den Datenbanken, die hier als „digitale Beträge“ bezeichnet wird, sind der Nachweis des Anspruchs, aber – und das ist der entscheidende Punkt – nicht der Anspruch selbst. Das wäre so, wie wenn man einen Personalausweis und die in dem Ausweis nachgewiesene Person miteinander verwechseln würde.

Es wird also vorschnell eine Analogie angenommen: das Zentralbankgeld entspricht dem Gold der fürstlichen Münze und die Girokonton den Buchwerten in der Bilanz der Geschäftsbanken; es ist also alles beim alten, außer dass jetzt statt eines festen Stoffes eine digitale Information als Grundlage dient.

Dabei gibt es aber einen erheblichen Unterschied, der dazu führt, dass unser Geldsystem ganz anders aufgebaut ist und ohne "Münze" auskommt, nämlich die Tatsache, dass JEGLICHES Geld nichts weiter als eine FORDERUNG auf anderes Geld ist (selbst das Zentralbankgeld).

Der Unterschied

Als der Fürst Münzen schlagen ließ, ERZEUGTE er damit einen Wertgegenstand (Aktivum), den er in der Folge gegen Waren und Dienstleistungen eintauschen liess. Die Ausgabe dieser Münzen verpflichteten ihn zu GAR NICHTS mehr, mit dem Austausch war er von jeglicher Verbindlichkeit frei.

Beim Zentralbankgeld verhält es sich anders; das Zentralbankgeld - als Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank - ist eine VERBINDLICHKEIT der Zentralbank gegenüber der Geschäftsbank auf Auszahlung von Zentralbankgeld, z.B. in der Form von Banknoten.

Man könnte also unterstellen, dass demnach Banknoten das Substitut für die Goldmünzen wären, aber weit gefehlt; während die Übertragung der Goldmünze tatsächlich den Emittenten von jeglicher weiteren Verpflichtung befreit, stellt auch die Banknote lediglich eine weitere FORDERUNG gegen die Zentralbank dar.

Die Sichteinlage bei der Zentralbank stellt also aus Sicht des Halters eine FORDERUNG gegen die Zentralbank dar, und zwar auf Auszahlung einer Banknote, die aber ihrerseits nichts weiter als eine FORDERUNG des Halters gegenüber der Zentralbank ist.

Im Gegensatz zur geschlagenen Münze des Landesfürsten kann sich die Zentralbank also mit der Ausgabe von Banknoten nicht "freikaufen".

Bilanziell kann man das so ausdrücken:

  • Wenn der Landesfürst Münzen schlagen ließ, erzeugt er damit ein Aktivum (Vermögensgegenstand), den er dann gegen ein anderes handelte (Aktivtausch).
  • Wenn die Zentralbank Geld erzeugt, indem sie typischerweise Kredite vergibt, entsteht eine Sichteinlage auf der Passivseite (Verbindlichkeit); wird diese in Form von Banknoten ausgezahlt, dann verwandelt sich lediglich die Dokumentation dieser Verbindlichkeit (Passivtausch).

Es hat also durch den Übergang von "Hartgeld" zu "Buchgeld" nicht nur eine Substitution stattgefunden, sondern es hat sich qualitativ etwas geändert:

Zentralbankgeld bleibt ein Anspruch gegen die Zentralbank, egal in welcher Form; sie kann sich nicht von ihrer Verbindlichkeit befreien - anderseits muss sie auch nie etwas anderes herausgeben als Zentralbankgeld.

Dieser letzte Umstand ist für viele Menschen schwer zu akzeptieren. Zentralbankgeld ist KEIN Wertgegenstand, sondern bleibt immer nur eine Forderung (auf Zentralbankgeld, und nichts anderes).

Genau hier liegt ein entscheidender Fehler: Der Anspruch, den Zentralbankgeld darstellt, hat ein Forderungs- und ein Verbindlichkeitsende. Das Forderungsende ist sehr wohl ein Wertgegenstand. Wenn man ohne näher darauf einzugehen von Geld redet, dann meint man i.a. das Forderungsende. Deshalb sind 100 Euro genauso viel Wert wie die entsprechende Menge Gold.

Wäre Geld kein Wertgegenstand, dann würde es nicht auf der Aktiva-Seite der Bilanz stehen.

Richtig! Und WEIL Geld KEIN Wertgegenstand ist, steht es bei der Zentralbank - am Forderungsende - konsequent NUR auf der Passivseite. Womit bewiesen wäre, dass das "Forderungsende" kein Wertgegenstand ist. Was ist aber nun FAKTISCH eine Forderung auf etwas, das kein Wertgegenstand ist?

Je nach emotionaler Ausstattung kann man nun sagen, dass es eine Forderung auf eine Forderung auf eine Forderung, etc. ist, oder man blickt den Tatsachen ins Gesicht, dass es zwar formaljuristisch eine Forderung ist, aber faktisch ist es einfach eine Forderung auf "Nichts".

Hier liegt ein weitere entscheidender Fehler: Eine Forderung auf Nichts, wäre keine Forderung.

Faktisch.

Geld hingegen ist ein Anspruch auf Geld.

Formaljuristisch.

Genau hierin liegt die geniale Idee des Kreditgeldes. Geld hat gewissermaßen eine unendliche Eigenschaft. – Egal wie oft man es bereits gebraucht hat, man kann es immer noch einmal gebrauchen.

Allenfalls muss beim Bargeld der materielle Nachweis erneuert werden; das in dem Nachweis nachgewiesene Recht bleibt unverändert erhalten. 100 Euro sind auch in Zukunft genau 100 Euro Wert.

Die Kaufkraft kann und wird sich natürlich ändern. – Aber die Kaufkraft ist der äußere Wert des Geldes; d.h. der Wert den Geld hinsichtlich andere Waren und Dienstleistungen hat.

Man kann mit Zentralbankgeld nichts anderes fordern außer Zentralbankgeld.

Das ist ungefähr so, als wenn man von einem Kaufhaus einen Geschenkgutschein erhält, den man jederzeit in einen anderen Geschenkgutschein einlösen kann; die meisten Menschen würden das wohl als reine Verarschung empfinden und diesen Gutschein (obwohl er einen legalen Anspruch darstellt) als wertlos bezeichnen - bei Geld ist das erstaunlicherweise anders, vermutlich aus Unkenntnis der realen Verhältnisse.

Kreditgeld verstanden als ein Anspruch auf Geld ist nur insofern wertlos, wenn man die Forderung und die Verbindlichkeit zusammen betrachtet. Die 10 Euro Forderung in Form einer 10-Euro-Banknote und die entsprechende 10-Euro-Verbindlichkeit auf dem Konto Bargeldumlauf bei der Zentralbank sind invers zu einander. D.h. wenn man sie addiert kommt 0 heraus. – Getrennt verhalten sie sich wie Materie und Anti-Materie oder besser wie die Plus-Spannung und die Minus–Spannung in einem Stromkreis.

Irrelevanter Vergleich, weil er nicht auf den Kern der Fragestellung eingeht: Was ist der Unterschied zwischen Geld als einem Anspruch auf Geld und einem Geschenkgutschein als Anspruch auf einen Geschenkgutschein?

Wozu Zentralbankgeld?

Es wird nun angenommen, dass sich im Geschäftsverkehr die Teilnehmer auf einen Wertmaßstab einigen müssen, um miteinander Handel treiben zu können, und man nimmt also an, dass es sich bei Zentralbankgeld um einen solchen Wertmaßstab handeln würde - ähnlich wie die Goldmünze ein "Referenzgut" war.

Folgt man dieser Logik, scheint es so zu sein, dass es unabdingbar ist, dass eine Institution dieses Referenzgut zur Verfügung stellt und kontrolliert, und dieses zur Verrechnung gegenseitiger Verbindlichkeiten verwendet wird.

Dies kann zwar auch so erfolgen, dass lediglich Forderungen auf dieses Gut erstellt und gehandelt werden - ohne dass das Gut selbst bewegt würde - aber in irgendeiner Weise führt die theoretische Einlöseverpflichtung zu einer Begrenzung der Forderungserstellung und letztlich wird so sichergestellt, dass hinter den Forderungen - wie verschachtelt sie auch sein mögen - am Ende ein konkreter "Vermögensgegenstand" steht.

Wie ist das aber nun in unserem System zu beurteilen?

  • Zentralbankgeld ist eine Forderung auf Zentralbankgeld (siehe oben)
  • Geschäftsbankengeld (Giralgeld) ist eine Forderung auf Zentralbankgeld

Diese Formulierungen sind zu unpräzise und deshalb erscheint es so, als ob Zentralbankgeld und Geschäftsbankengeld das Gleiche wären.

Richtig muss es heißen:

  • Zentralbankgeld ist eine Forderung gegenüber der Zentralbank auf Zentallbankgeld
  • Giralgeld der Geschäftsbank A ist ein Forderung gegenüber der Geschäftsbank A auf Zentralbankgeld.

Es ist richtig, dass im Euro-System Zentralbankgeld und Geschäftsbanken-Giralgeld beides Geld sind. Aber jede Geschäftsbank hat im Grunde ihr eigenes Geschäftsbanken-Giralgeld.

Richtig. Theoretisch müsste es den Commerzbank-€, den Deutsche Bank-€, den Sparkassen-€, etc. geben. Gibt es aber nicht.

Der Unterschied wird spätestens dann deutlich, wenn eine Bank Pleite geht. Wäre das Geschäftsbankengiralgeld eine Forderung gegen die Zentralbank, dann wäre dieses Geld gegen eine Bankeninsolvenz geschützt.

Die Tatsache, dass es nicht als Bank-€, sondern nur als € geführt wird, verdeutlicht grade den Umstand, dass es letztlich einen "Zentralbank-€" darstellt.

Es wäre nicht einmal in der Bilanz der Geschäftsbank. Das ist eine der Gründe für ein Vollgeld-System.

Es ist also beides DAS SELBE - und dieses muss man verstehen: Giralgeld IST Geld ebenso wie Zentralbankgeld Geld ist.

(Zwei unterschiedliche Dinge können niemals das Selbe sein, sondern allenfalls das Gleiche.)

Wenn es erlaubt wäre, würde es faktisch und praktisch keinen Unterschied machen, ob ich als Kunde mein Konto bei der Zentralbank habe oder bei einer Geschäftsbank - ich halte ein Sichtguthaben, das mich zum Bezug von Zentralbankgeld berechtigt.

Der einzige Unterschied besteht in der Tatsache, dass ich als Kunde der Zentralbank mit der Gutschrift auf mein Konto bereits Zentralbankgeld erhalten habe, während es mir bei der Geschäftsbank nur in Form von Bargeld ausgehändigt werden kann. Andererseits kann mir auch die Zentralbank einen Betrag nur in Form von Bargeld aushändigen - die Zentralbank ist also faktisch eine Bank wie jede andere auch.

Nun wird eingewendet, dass der Unterschied der Umstand wäre, dass die Zentralbank im Gegensatz zur Geschäftsbank nicht illiquide werden kann, weil sie durch Gutschrift Zentralbankgeld in beliebiger Höhe erzeugen kann, während die Geschäftsbank sich dieses Zentralbankgeld erst besorgen muss; dieses soll ein unbeschränktes "Gelddrucken" der Geschäftsbanken verhindern.

Dieses ist aber letztlich nicht SYSTEMATISCH zwingend, sondern nur darauf zurückzuführen, dass es derzeit gesetzlich so geregelt ist. Eine rein willentliche Entscheidung - es ginge auch anders. Anstatt nur EINER Institution dieses Privileg einzuräumen, könnte man es auch mehreren einräumen (ist bspw. beim EZBS in Form der NZB der Fall), oder eben auch allen. Das Gegenargument ist die Annahme, das in diesem Fall, die Geldmenge außer Kontrolle geriete.

Faktisch hat aber die EZB verlautbart, dass sie auf unabsehbare Zeit JEDEN Zentralbankgeldbedarf der Geschäftsbanken bedienen wird, damit ist aber die gesetzliche Intention ad absurdum geführt worden.

Faktisch kann jetzt jede Geschäftsbank nach Belieben "Geld drucken"; sei es, indem sie Kredite vergibt und die entsprechenden Forderungen in Pension gibt, oder gar "Finanzprodukte" erzeugt, die sie dann an die Zentralbank verkauft, und sich damit von jeglicher Rückzahlungsverpflichtung frei macht.

Weder theoretisch noch faktisch kann eine Geschäftsbank im Euro-System beliebig „Geld schöpfen“. Der begrenzende Faktor ist

  1. die Kreditnachfrage der Nichtbanken Auch Banken können als Kreditnachfrager auftreten, was hat das mit den Nichtbanken zu tun?
  2. die Sicherheiten, die die Kreditnehmer den Geschäftsbanken zur Verfügung stellen können Was Banken als Sicherheit akzeptieren, bleibt ihnen ganz alleine überlassen und
  3. die Eigenkapitalvorschriften. Der Bankensektor kann sein Eigenkapital beliebig ausdehnen, sei es durch Aktientausch, sei es durch Ankauf von Aktien gegen Gutschrift

Die Tatsache, dass sich Geschäftsbanken für die Abwicklung ihrer Geschäfte Zentralbankgeld besorgen müssen, erzeugt also unter diesen Umständen keinen Zwang und Kontrollmöglichkeit mehr - genau so gut könnte man den Geschäftsbanken erlauben, auch einfach so Zahlungsverpflichtungen einzugehen - sprich: Giralgeld zu erzeugen.

Die empirische Beobachtung ist: Es funktioniert trotzdem!

Schlussfolgerung

In der gegenwärtigen Situation erzeugen die Geschäftsbanken Giralgeld nach freiem Willen in beliebiger Höhe und sind nicht darauf angewiesen, in irgendeiner Form Zentralbankgeld vorzuhalten. Wenn sie welches zu Verrechnungszwecken brauchen, kriegen sie es.

Diese Schlussfolgerung ist falsch. Ohne Kreditnachfrage keine Geldschöpfung. Die Kreditnachfrage ist eine Bedingung, die nicht im Willen der geldschöpfenden Bank liegt.

Falsch. Banken könne Kredite in beliebiger Höhe an MFI vergeben, die sie selbst besitzen. Als Sicherheiten werden Anteilsscheine dieser MFI gerne akzeptiert.

In einer solchen Situation muss man sich fragen, welche essentielle Funktion die Zentralbank überhaupt noch hat.

Letztlich ist sie nur noch eine Verrechnungsstelle des Bankensektors, in denen die Banken ihre gegenseitigen Verpflichtungen über ihre Konten bei der Zentralbank abwickeln.

Dieses könnten sie aber theoretisch auch außerhalb der Zentralbank bei jeder anderen Institution tun, oder indem sie gegenseitig Konten bei ihren Handelspartnern halten und die Verrechnung dort stattfindet. Das Vorhandensein der Zentralbank ist also aus diesem Grund kein systematischer Zwang, sondern einfach Konvention. Jedes andere Clearingsystem könnte den selben Zweck erfüllen.

Die Clearing-Funktion ist eine der wichtigsten Zentralbankfunktionen. Natürlich könnte man eine Institution aufbauen und diese Institution „Ich-bin-keine-Zentralbank“ nennen und ihr die Zentralbankfunktionen übertragen. Aber damit hat man nicht bewiesen, dass man ohne Zentralbankfunktionen auskommt. Es geht nicht um die Bezeichnung, sondern um die Zentralbankfunktionen.

ENTSCHEIDEND ist die Tatsache, dass die Clearing-Funktion nicht notwenidigerweise von EINER einzigen Institution wahrgenommen werden muss, sondern von beliebig vielen (im Extremfall von allen)

Darüber hinaus wird in den Ausführungen nicht darauf eingegangen was die Aufgabe eines Clearingsystems eigentlich ist. Clearing bedeutet, dass die offenen Salden der Banken untereinander ausgeglichen werden. Und um diesen Ausgleich zu schaffen, bedarf es nicht nur einer Clearingstelle, sondern auch eines Mittels, mit dem der Ausgleich geschaffen wird. In Goldstandardzeiten war dieses Mittel das Gold; in Kreditgeldzeiten ist das Zentralbankgeld das Zahlungsmittel, mit dem die offenen Salden der Banken ausgeglichen werden.

ENTSCHEIDEND ist die Tatsache, das dieses Clearing nicht notwendigerweise den selben Standard für alle Geschäfte voraussetzt; natürlich ist es im allgemeinen sinnvoll sich auf eine gemeinsame Referenz zu einigen, dieses ist aber systematisch nicht ZWINGEND so - verschiedene "Geschäftskreise" können sich durchaus auf unterschiedliche Referenzen einigen.

Dieses Clearing kann durch Interbankenkredite umgangen werden. In diesem Fall wird nicht ausgeglichen sondern angeschrieben. Aber auch dieses Anschreiben muss in Zentralbankgeld erfolgen, weil das die gemeinsame Basis ist. Die Verpflichtung der Geschäftsbanken ihr Geld jederzeit 1 zu 1 in Zentralbankgeld zu tauschen verbindet alles Geschäftsbankengeld und das Zentralbankgeld zu einer einzigen Währung. Genau hierin liegt die Funkion des Zentralbankgeldes.

Ohne Zentralbankgeld haben wir unterschiedliche Währungen, die durch Wechselkurse miteinander verbunden sind.

Letztlich bleibt also einzig und allein die Funktion der (unbeschränkten) Quelle für Zentralbankgeld - i.S.v. Sichtguthaben bei der Zentralbank.

Nur weil Geschäftsbanken GEZWUNGEN werden, bei einer Bank namens "Zentralbank" ein Konto unterhalten zu müssen, gibt es überhaupt einen Bestand an Zentralbankgeld - wirklich benötigt wird es nicht. Banken könnten auch jede andere beliebige Referenz zur Verrechnung verwenden und es würde ebenso funktionieren.

In vielen ärmeren Ländern, werden bspw. bedeutende Geschäfte ausschliesslich in "Devisen" abgewickelt, weil man (irrigerweise) unterstellt, dass diese werthaltiger wären als die heimische Währung - das eigene Zentralbankgeld ist also komplett bedeutungslos und dennoch funktioniert es, obwohl der Handel selbst über ganz andere Kanäle als den Zentralbankkonten der beteiligten Geschäftsbanken abgewickelt wird.

FAZIT

  • Zentralbankgeld ist genauso wenig werthaltig, wie jede andere Geldform; es ist folglich lediglich eine Referenz
  • Im Geschäftsverkehr kann auch jede andere Referenz etabliert werden, ohne dass es hierzu einer Zentralbank bedarf
  • Faktisch kontrolliert die Zentralbank die Geldmenge nicht mehr, dies sollte aber theoretisch ihr Auftrag sein, trotzdem funktioniert es - dies zeigt anschaulich, dass diese Funktion de facto nicht benötigt wird
  • Die Abwicklung der Bankengeschäfte findet sowohl innerhalb als auch außerhalb der Zentralbank statt, theoretisch könnte dies auch vollständig außerhalb der Zentralbank in anderen Clearingsystemen stattfinden.
  • Es gibt keinen SYSTEMATISCHEN Zwang eine Zentralbank unterhalten zu müssen; dass es getan wird, ist einerseits gesetzlicher Zwang, andererseits Konvention.

Fazit Kontraposition

  • Es geht um die Funktionen der Zentralbank und nicht um die Bezeichnung. Es geht im Kern um die Frage, ob es genau EINE Institution geben muss, die die Zentralbankfunktion übernimmt, oder beliebig viele.
  • Es wurde nicht gezeigt, dass auf die Zentralbankfunktionen verzichtet werden kann. Das war auch nicht die Eingangsthese.
  • Es wurde nicht gezeigt, was die Clearingfunktion bedeutet. Das war auch nicht das Thema und wurde bereits beim Thema Refinanzierung ausgiebig erörtert.
  • Auf die Funktion des Zentralbankgeldes wurde nicht eingegangen. Doch, es ist eine Referenz, mehr nicht; die These ist, dass es auch beliebig viele andere Referenzen geben kann.
  • Das Propapier hat nicht gezeigt, dass ein Währungssystem mit einer Währung auf eine Zentralbank verzichten kann. Das ist Ansichtssache.