ZMZ Zinsfreie Marktwirtschaft durch Zentralbankkredit

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ZMZ Zinsfreie Marktwirtschaft durch Zentralbankkredit

Einleitung

Bei einer generellen Neukonstruktion der Geldordnung, bzw. des gesamten Wirtschaftssystems sollten möglichst alle bekannten fundamentalen Schwachstellen des heutigen Systems beseitigt werden. Die Konzeption, Diskussion und Durchsetzung einer neuen Wirtschaftsordnung ist ein komplexer und zeitintensiver Vorgang. Die benötigten Zeiträume bemessen sich selbst in Krisenzeiten auf Jahre, in „normalen“ Zeiten, in denen keinerlei Zwang besteht, Änderungen in kürzest möglicher Zeit durchzuführen, dürften sogar eher Jahrzehnte vergehen, bis sich alternative Ideen so weit Gehör verschaffen, dass sie sich in einer angewandten Wirtschaftsordnung wiederfinden. Lässt man bei einem Neuentwurf bereits bekannte Schwächen bestehen – egal ob aus prinzipieller Ablehnung gegenüber der Beschäftigung mit einer bestimmten Frage oder weil ein bestimmter Aspekt als nicht wesentlich beurteilt wird - so verspielt man damit unter Umständen auf Jahrzehnte die Möglichkeit diese Systemschwäche zu beseitigen.

Als eine zentrale Schwäche des aktuellen Systems ist die Existenz des Zinses zu werten. Warum dies so ist, und was unter „dem Zins“ zu verstehen ist, den es abzuschaffen gilt, wurde bereits im Artikel die drei Hauptprobleme mit dem Zins dargelegt.

Bevor nun eine mögliche zinsfreie Geld- und Wirtschaftsordnung entwickelt wird, sollen zunächst ein paar Betrachtungen zur Entstehung des Zinses vorangestellt werden. Darüber, was der Zins ist und was ihn verursacht, gibt es bereits eine erhebliche Zahl verschiedener Theorien, so dass es müßig erscheint, diesen eine weitere hinzuzufügen. Dennoch können wir an dieser Stelle nicht auf ein paar einfache und grundlegende Überlegungen zur Entstehung des Zinses verzichten, weil sich aus diesen die Grundbeschaffenheit des neuen Systems in direkter Folge ableitet.


Die entscheidende Voraussetzung für die Entstehung des Zinses: Privateigentum

Es gibt eine Einrichtung, welche unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung des Zinses ist. Sie ist uns heute so selbstverständlich, dass wir sie kaum noch als menschengemacht wahrnehmen, und dennoch hat sie nicht in allen Gesellschaftsformen existiert. Die Rede ist vom Privateigentum. Gemeint ist damit nicht unbedingt das Privateigentum an Gegenständen des täglichen Bedarfs wie Kleidung, Bett etc. sondern das darüber hinaus gehende Privateigentum an allem, was verliehen, verpachtet oder in irgendeiner Form produktiv eingesetzt werden kann.

Warum dies so ist wird deutlich, wenn man sich einmal vor Augen führt, wie Wirtschaft – wohlgemerkt keine staatlich gelenkte Planwirtschaft sondern eine auf privater Initiative basierende Wirtschaftsform - in einem System funktionieren würde, in welchem alles Kapital im Besitz der Gemeinschaft ist. Im Falle einer Unternehmensneugründung oder einer geplanten Neuinvestition würde der potenzielle Investor oder Firmengründer alle Gebäude, Investitionsgüter Rohmaterialien etc. von der Gemeinschaft kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, weil die Produkte, die er herstellen wird, ebenso wiederum kostenfrei an die Gemeinschaft gehen werden, so dass die Gemeinschaft (= der Staat) also ein Interesse an der Produktion dieser Waren hat. Niemand hat hier also die Möglichkeit für den Verleih von Geld Zinsen zu nehmen, weil eine Kreditaufnahme gar nicht notwendig ist.

Dass ein solches System vermutlich erhebliche Effizienzmängel aufweisen würde soll hier nicht weiter diskutiert werden. Es könnte sowieso nur funktionieren, wenn die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung bereit wäre ohne eigenen materiellen Vorteil nur als Dienst an der Gemeinschaft zu arbeiten. Und es soll hier natürlich ebenso keinesfalls behauptet werden, dass es sinnvoll wäre tatsächlich das Privateigentum abzuschaffen. Aber es ist interessant, sich vor Augen zu führen, welche Veränderungen sich in einem solchen System vollzögen, wenn man nun dort Privateigentum einführen würde: Ein Unternehmensgründer würde plötzlich von niemandem mehr Gebäude, Rohmaterialien und Ausrüstung gestellt bekommen, sondern müsste einen Kredit aufnehmen, um alles, was er für sein Unternehmen benötigt, auf Kredit zu kaufen. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden. Eine kreditbasierte Wirtschaft ist die logische Folge der Einführung von Privateigentum und ist keineswegs etwas Negatives. Doch wenn der potenzielle Kreditnehmer sich nun auf die Suche nach einem Kreditgeber macht, wird er feststellen, dass er niemanden findet, der ein direktes Eigeninteresse an der geplanten Unternehmensgründung hat. Deshalb verlangt nun ein jeder potenzielle Kreditgeber, dass man ihm einen Vorteil dafür anbietet, dass er sein Geld verleiht. Und dieser Vorteil ist der Zins. Wie schon im Text „Die drei Hauptprobleme mit dem Zins“ dargelegt, handelt es sich dabei weder um den Zinsanteil, welcher die Inflationsrate kompensiert, noch um den Risikoanteil, welcher einen möglichen Kreditausfall absichert. Dies sind lediglich Zinsanteile welche einen möglichen Nachteil, der dem Kreditgeber entstehen würde, kompensiert. Der darüber hinausgehende Teil des Zinses ist es, der dem Kreditgeber einen Vorteil verschafft, der ihn überhaupt erst zur Kreditvergabe motiviert.


Grundgedanke und Grundstruktur der ZMZ: Privatbanken vergeben Kredite - die Zentralbank schöpft die Kreditmittel dafür

Will man nun die Entstehung von Zinsen verhindern, so muss man diejenige Instanz finden, welche ein Eigeninteresse daran hat, dass neue Investitionen getätigt und neue Firmen gegründet werden können und die deshalb bereit wäre Kredite zinsfrei zu vergeben. Wer könnte also an einem funktionierenden Kreditwesen ein Eigeninteresse haben? Die einfache Antwort lautet: Die Gemeinschaft! In welchem Rahmen auch immer sich Menschen organisieren - auch wenn keine Einzelperson ein Eigeninteresse an der Vergabe eines bestimmten Kredites hat, so hat doch stets die Gemeinschaft aller Menschen ein erhebliches Eigeninteresse am Vorhandensein eines funktionierenden Kreditwesens, da dies Grundvoraussetzung für eine effizient funktionierende Wirtschaft ist, von der letztlich alle profitieren.

Daraus folgt, dass die Zur-Verfügungstellung von Kreditmitteln natürlicherweise von einer Instanz erfolgen sollte, welche dem Gemeinwohl und nicht privaten Profitinteressen verpflichtet und die im Besitz der Gemeinschaft – also des Staates - ist. Dies würde dann die zinsfreie Vergabe von Krediten ermöglichen und sämtliche zinsbedingten Probleme beseitigen. Im Prinzip könnte diese Aufgabe von einer Zentralbank durchgeführt werden, so dass nicht einmal eine komplette Neugründung einer Institution notwendig würde, sondern nur eine gewisse Umstrukturierung.

Dies bedeutet allerdings keineswegs, dass der gesamte Kreditvergabeprozess auf die Zentralbank umverlagert werden muss. Es sollten weiterhin die Geschäftsbanken sein, welche auf einem wohlregulierten Markt in Konkurrenz zueinander treten und die Kreditvergabe zu den effizientest möglichen Bedingungen vornehmen. Allerdings stellen diese nur noch Dienstleister dar, welche für die Kreditvermittlung bezahlt werden, und welche das Risiko, das jeder Kreditvergabe innewohnt, abschätzen, in den Kreditzins einpreisen und ggf. auch tragen. Die vergebenen Kreditmittel tauchen jedoch nicht in den Bilanzen der Geschäftsbanken auf. Das Geld wird im Moment der Kreditvergabe bei der Zentralbank geschöpft und auf das Zentralbankkonto des Kreditnehmers überwiesen. Erst, wenn es zu einem Kreditausfall kommt, schlägt sich dieser in der Bilanz der Geschäftsbank nieder, da nun die Geschäftsbank den Kreditausfall aus ihrem Eigenkapital begleichen muss.

Ebenso befinden sich alle Gelder, welche Firmen oder Privatpersonen besitzen, auf Konten bei der Zentralbank. Dies sind nun nicht mehr Guthaben, in dem Sinne, dass es sich dabei um Geld handelt, das die Bank zu einem erheblichen Teil weiterverliehen hat, sondern es ist tatsächlich Zentralbankgeld, welches ohne jegliche Fristen ausgegeben werden kann, ganz so, wie wir es vom heutigen Giral- oder Bargeld kennen.

Ein entscheidender Vorteil einer solchen Konstruktion besteht, darin, dass ein Bankrun nicht mehr möglich ist.

Darüber hinaus gibt es auch keinerlei Verflechtungen in Form von Kreditverpflichtungen der Banken untereinander. Dadurch kann keine Bank – wie groß sie auch ist - jemals systemrelevant werden, weil im Falle einer Insolvenz die Verwaltung der vorhandenen Konten einfach von einer anderen Bank übernommen werden kann. Somit entfällt jeglicher Grund und jeglicher Vorwand für Bankenbailouts. Es wäre sogar denkbar Bankenbailouts gesetzlich zu verbieten.

Beim Auftreten eines Kreditausfalls erleidet nun also keineswegs die Zentralbank den Verlust, sondern die Geschäftsbank, welche den Kredit vergeben hat. Dennoch könnte es in einem solchen System zu einem Verlust für die Zentralbank kommen, nämlich dann, wenn so viele von einer bestimmten Geschäftsbank vergebenen Kredite zugleich faul werden, dass die Bank insolvent wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Fall auftritt, muss durch entsprechende Vorkehrungen so weit wie irgend möglich minimiert werden.


Maßnahmen zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit eines Verlusts der Zentralbank

Hohe Eigenkapitalquote der Geschäftsbanken

Die wichtigste diesbezügliche Maßnahme ist die Festlegung einer signifikanten Eigenkapitalquote für die Geschäftsbanken, so dass Verluste möglichst immer aus deren Eigenkapital beglichen werden können. Wie hoch diese genau angesetzt werden sollte, ist eine Frage, die sich nicht zuletzt aus dem Systemverhalten der neuen Wirtschaftsordnung ergibt. Es ist davon auszugehen, dass Fehlallokationen und Schwankungen der Wirtschaftsleistung in einem verbesserten Wirtschaftssystem deutlich reduziert werden können, so dass auch Kreditausfälle aufgrund von Fehlplanungen seltener auftreten sollten als heutzutage. Dazu kommt noch, dass aufgrund deutlich geringerer Kreditzinsen als heute (es bleiben nur die Opportunitätskosten - Bezahlung der Arbeit der Bank plus Risikomarge - der Geschäftsbanken als Zinslast übrig) die Rückzahlung von Krediten durch ungeplante Verzögerungen (Verluste bei Unternehmen, Arbeitsplatzverlust bei Privatpersonen) nicht derart dramatisch erschwert wird wie heutzutage, weil die insgesamt zu tilgende Summe aufgrund der geringeren Zinslast wesentlich langsamer wächst.

Es wäre darüber hinaus zu überlegen, ob man die Eigenkapitalbeschaffung der Geschäftsbanken dem Markt überlässt, oder ob der Staat über eine entsprechende Steuerpolitik dafür sorgt, dass der Eigenkapitalbestand des gesamten Bankensektors stets um ein bestimmtes Mindestmaß über der vorgegebenen Mindestquote liegt. So könnte zum Beispiel auf Vermögen eine erhebliche Steuer erhoben werden, die nur dann deutlich gemindert würde, wenn ein bestimmter Teil des Vermögens (nach Berücksichtigung eines erheblichen Freibetrages) als Eigenkapital bei einer Bank angelegt ist. Auf diese Weise wäre sicher verhindert, dass es zu einem Engpass bei der Kreditvergabe kommen kann. Das könnte dann zum Beispiel so aussehen, dass den Geschäftsbanken eine Mindesteigenkapitalquote von 25% vorgeschrieben wird, und die Zentralbank (ja, dies ist eine Steuerungsaufgabe und deshalb ist sie bei der Zentralbank und nicht bei der Regierung richtig angesiedelt) über die entsprechende Gestaltung der Freibeträge die Eigenkapitalquote des gesamten Geschäftsbankensektors so steuert, dass diese stets bei ca. 35% liegt. Unterschreitet die Eigenkapitalquote einer Bank die 25%, so darf sie keine neuen Kredite mehr vergeben. Wie hoch die Mindestkapitalquote sein muss um Verluste der Zentralbank vollständig zu verhindern wird sich letztlich als Erfahrungswert in der Praxis ergeben.


Portfoliodiversifizierung

Eine weitere wichtige Maßnahme werden Vorschriften zur Risikominimierung durch Diversifizierung sein. Eine Insolvenz einer Geschäftsbank ist dann am wahrscheinlichsten, wenn sie bei ihrer Kreditvergabe auf eine bestimmte Kreditsparte spezialisiert ist. Vergibt eine Bank z.B. ausschließlich Immobilienkredite, so ist ihr Insolvenzrisiko im Falle einer Immobilienkrise ähnlich derjenigen, welche sich ab ca. 2007 auf dem amerikanischen Markt ereignet hat, wesentlich größer, als wenn Immobilienkredite nur einen gewissen begrenzten Prozentsatz ihres Portfolios ausmachen. Es gilt also dafür zu sorgen, dass Verluste einer Bank bei einer Krise in einer bestimmten Branche niemals so groß werden, dass sie nicht aus deren Eigenkapital getragen werden können.


Verschiedene Kredittypen: Konsumentenkredite und Investitionskredite

Bei nur sehr geringen Kreditzinsen sinkt der Anreiz die Kreditlaufzeiten zu minimieren. Angesichts dieser Tatsache macht es Sinn, eine Unterscheidung in der Behandlung von Konsumentenkrediten und von Investitionskrediten vorzunehmen.

Bei Investitionskrediten ergibt sich die Maximallaufzeit aus der Lebensdauer der Investition. Soll zum Beispiel eine Werkzeugmaschine angeschafft werden, für die eine Nutzungsdauer von zum Beispiel zwölf Jahren zu erwarten ist, so muss der Kredit für diese Maschine spätestens nach zwölf Jahren getilgt sein, da eine Maschine, die auf dem Schrottplatz steht, natürlich keinen Gewinn mehr abwirft, der zur Tilgung des Kredits verwendet werden kann.

Für sehr große Projekte, wie zum Beispiel die Entwicklung eines neuen Verkehrsflugzeuges, kann die Kreditvergabe auch projektbezogen erfolgen, ohne dass sie separat für verschiedene Ausgaben wie Forschung, Fertigungshallen, IT-Infrastruktur etc. aufgesplittet werden muss. In einem solchen Falle würde zum Beispiel zunächst die Auszahlung des Kredits entsprechend der anfallenden Kosten gestaffelt erfolgen. Als erstes fallen nur Kosten für Forschung und Entwicklung an, dann müssen konkret Fertigungseinrichtungen geplant und erstellt werden, danach Rohstoffe beschafft und Personal in der Fertigung geschult und erste Prototypen gebaut werden. Bis hierhin hat die Firma noch keinen einzigen Euro eingenommen, weshalb auch noch keine einzige Rate des Kredits getilgt werden konnte. Mit dem Start des Verkaufs beginnt dann die Tilgung des Kredits, die zeitlich so angelegt ist, dass sie innerhalb der zu erwartenden Laufzeit des Produkts beendet werden kann.

Im Gegensatz dazu hängt die Rückzahlbarkeit von Konsumentenkrediten ausschließlich vom privaten Einkommen des Konsumenten ab und nicht von dem mit dem Kredit Erworbenen. Deshalb gibt es hier auch keine „natürliche“ Begrenzung der Kreditlaufzeit. Unter Umständen wäre es also sinnvoll, über eine Steuerung der Kreditlaufzeiten bei Konsumentenkrediten seitens der Zentralbank nachzudenken. Man könnte zum Beispiel derart vorgehen, dass man Konsumentenkredite nur für eine gewisse Maximallaufzeit zinsfrei vergibt, und für darüber hinausgehende Laufzeiten einen gewissen Zinssatz nimmt. Für Verkehrsmittel und Immobilien können davon abweichende Maximallaufzeiten definiert werden, da diese Güter oft sehr hochpreisig sind, so dass sie von den meisten Menschen nur über lange Zeiträume abbezahlt werden können. Da diese Zinsen von der Zentralbank eingenommen werden, stellen sie kein leistungsloses Einkommen für Privatpersonen dar und sind deshalb unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten unbedenklich. Sie führen auch nicht zum Entstehen von Zinsanteilen in Produktpreisen. Durch eine Variation der zinsfreien Kreditlaufzeiten für Konsumentenkredite könnte darüber hinaus auch noch eine spezifische Steuerung der Nachfrage erfolgen.


Steuerungsfunktion der Zentralbank

Nach wie vor wird die Zentralbank eine wichtige Steuerungsfunktion innehaben. Die Steuerung der Inflationsrate wird weiterhin eine wichtige Aufgabe bleiben, aber hinzu kommt nun noch die Steuerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage.

In einer Volkswirtschaft mit ausgeglichener Handelsbilanz kommt es bei einer über längere Zeiträume vorliegenden positiven Sparquote zwangsläufig zu einem Ansteigen der Arbeitslosigkeit. Eine positive Sparquote bedeutet schließlich nichts anderes, als dass nicht alle in einem bestimmten Zeitraum von der Gesamtbevölkerung verdienten Einkommen wieder ausgegeben werden, und somit ein Teil der produzierten Waren bzw. angebotenen Dienstleistungen nicht nachgefragt wurde. Die Unternehmer werden dementsprechend feststellen, dass sie in ihren Firmen Überkapazitäten haben und diese früher oder später abbauen – indem sie Arbeitnehmer entlassen. Das reduziert wiederum die Nachfrage, da die Entlassenen nun weniger konsumieren können, was im schlimmsten Fall zu einer wirtschaftlichen Negativspirale führt. Üblicherweise wird ein solcher Nachfragemangel dann über kreditfinanzierte Nachfrage des Staates zumindest abgemildert. Es kommt also nicht zwangsläufig zu einer wirtschaftlichen Negativspirale sondern zu einer eskalierenden Staatsverschuldung – wie sie in den meisten Ländern Europas zur Zeit zu besichtigen ist.

Die Steuerung der Sparquote auf einen Wert möglichst nahe bei Null ist also die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von Massenarbeitslosigkeit. Dazu sind dort Steuern zu erheben, wo sie den Konsum am wenigsten reduzieren – nämlich bei großen Vermögen – und die Gelder sind als Zahlungen an die einkommensschwachen Haushalte auszuschütten (vielleicht die ärmere Hälfte der Bevölkerung), die eine hohe Konsumquote haben. Alternativ können diese Mittel auch für sinnvolle Staatliche Ausgaben benutzt werden. (Der Staat hat schließlich ebenfalls eine Konsumquote von 100%).

Die heute übliche Steuerung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität durch eine Variation der Zentralbankzinsen sollte lediglich als Notoption weiterhin zur Verfügung stehen. Würde die Zentralbank damit beginnen, auf die von ihr vergebenen Kreditmittel Zinsen zu nehmen, so würde damit automatisch alles Kapital, was in Privatbesitz ist, wieder Zinsen abwerfen – mit allen bereits aufgezählten negativen Folgen, mit der Ausnahme, dass zumindest die Kreditzinsen immerhin zur Zentralbank und nicht in die Taschen von Privatpersonen flössen. Darüber hinaus generieren variierende Zinsen tendenziell noch größere Fehlallokationen als Zinsen dies generell ohnehin schon tun.


Wiederherstellung funktionierender Märkte

In vielen Publikationen wird die Möglichkeit zur praktisch unbegrenzten Generierung von Kreditmitteln seitens der Geschäftsbanken als eine der Hauptursachen der Weltwirtschaftskrise seit 2007 genannt. Eine wichtige Frage wird dabei allerdings außer Acht gelassen: Warum entwickelt sich ein Markt wie der Immobilien- oder der Aktienmarkt überhaupt so, dass seine Preise nicht mehr das Verhältnis von realwirtschaftlichem Bedarf und realwirtschaftlicher Nachfrage wiederspiegeln? Die Preisbildung ist ja schließlich die Hauptfunktion von Märkten und die Basis für ihre Steuerungsfunktion, welche einer der Faktoren ist, aus denen sich die Überlegenheit von Marktwirtschaften gegenüber Planwirtschaften ergibt. Doch diese Funktion erfüllen Märkte oft nicht mehr – die Frage ist: warum?


Marktgerechte Mindesthaltefristen

Betrachten wir beispielsweise den Aktienmarkt. Wie sollte dort eigentlich die Preisbildung vor sich gehen?

Ein potenzieller Investor, der vor hat Aktien zu erstehen, wird sich zum einen über die zu erwartenden Entwicklungen in für ihn in Frage kommenden Märkten informieren und außerdem über die zu erwartende Performance von in diesen Märkten agierenden Unternehmen. Wenn er zu dem Schluss kommt, dass in einem bestimmten Markt die Nachfrage in Zukunft hoch sein wird, und ein bestimmtes Unternehmen in diesem Markt mit seinen Produkten bzw. seiner ganzen Unternehmensstrategie gut auf diese Entwicklung vorbereitet ist, und somit in Zukunft überdurchschnittlich erfolgreich an diesem Markt agieren wird, dann wird er Aktien dieses Unternehmens kaufen. Hat er mit seinen Einschätzungen richtig gelegen, wird er dafür mit einer Steigerung des Wertes seines Aktienpaketes und hohen Dividenden belohnt. Hat er sich geirrt, sinkt der Wert seiner Aktien und die Dividenden sind gering.

Der Markt bietet also einen Anreiz, sein Geld gerade in den Bereichen anzulegen, wo es auch auf einen tatsächlichen realwirtschaftlichen Bedarf trifft und sollte auf diese Weise eigentlich ein zwar nicht perfektes aber doch einigermaßen funktionierendes Steuerungsinstrument sein.

Nun ist aber immer wieder in verschiedenen Märkten eine Blasenbildung zu beobachten, welche nichts anderes als eine Abkopplung der Preisentwicklung vom realwirtschaftlichen Bedarf darstellt. Hier versagt der Markt also und lenkt Kapitalströme durch Preissteigerungen in Branchen und zu Firmen, wo sie fehlallokiert sind. Der dafür verantwortliche Mechanismus ist als der sogenannte Herdentrieb bekannt. Hier wird Kapital in Bereiche gelenkt, in denen gerade eine Preissteigerung stattfindet – aus welchem Grund auch immer. (Dies kann sowohl eine durch den Herdentrieb verstärkte Zufallsbewegung sein, aber auch eine von einem sehr großen Marktteilnehmer gezielt herbeigeführte Kursschwankung). Es findet überhaupt keine Analyse des realwirtschaftlichen Bedarfs und der zu erwartenden Entwicklung statt, sondern es wird mit der Prämisse gekauft, dass man die Aktien so lange hält, wie die Preissteigerung anhält, und sie dann, rechtzeitig genug wieder verkauft, wenn der Kurs wieder beginnt, sich an ein realwirtschaftlich gerechtfertigtes Niveau anzunähern. (Die DotCom-Blase hat gezeigt, dass sich solche Phasen durchaus auf mehrere Jahre erstrecken können und so dauerhaft erhebliche Mittel fehlgelenkt werden können. Immobilienblasen erweisen sich als vergleichbar langlebig.) Bei diesem Vorgehen wird also nicht einmal der Versuch gemacht, sein Kapital dort einzusetzen, wo es realwirtschaftlich gebraucht wird, sondern man hofft, schlauer als die Mehrheit der anderen Marktteilnehmer zu sein, und die Ein- und Ausstiegspunkte in einen bestimmten Markt möglichst so zu treffen, dass man einen möglichst großen Teil der Kurssteigerung mitnimmt, und möglichst rechtzeitig vor dem folgenden Kurssturz wieder verkauft. Somit kann ein Markt, auf dem ein solches Verhalten vorherrscht, seine Allokationsfunktion nicht mehr erfüllen.

Es bedarf also Regeln, welche sicherstellen, dass Kursänderungen durch den Herdentrieb nicht mehr auftreten können oder zumindest minimiert werden. Die Lösung für dieses Problem sind marktgerechte Mindesthaltefristen. In der Realwirtschaft gibt es nämlich einen Faktor, der auch im Funktionsmuster des entsprechenden Marktes abgebildet werden muss, soll dieser Markt funktionieren: Ein gewisser zeitlicher Abstand zwischen dem Einsatz von Kapital und dem Resultat dieses Einsatzes. Keine Firma ist in der Lage Kapital, dass sie sich z.B. durch eine Neuemission von Aktien beschafft hat, innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen in Gewinne umzusetzen. Die Entwicklung von neuen Produkten oder gar ganzen Technologien ist eine Sache von Jahren, und diese Zeiträume müssen sich auch in den Kapitalbewegungen auf dem Aktienmarkt widerspiegeln.

Führt man z.B. eine Mindesthaltefrist von Aktien von z.B. zwei Jahren ein, so dürfte die Zeit der Aktienblasen vermutlich beendet sein. Niemand kann mehr darauf spekulieren, dass er nach kurzfristigen Kursschwankungen seine Wertpapiere schnell wieder abstoßen kann, um seinen Gewinn mitzunehmen. Stattdessen weiß jeder Marktteilnehmer, dass er seine Aktien erst in zwei Jahren wieder verkaufen kann, und ist deshalb gezwungen, sich vor dem Kauf Gedanken über die möglichen mittel- bis langfristigen Entwicklungen an dem betreffenden Markt zu machen.

Generell ist es Aufgabe von Wirtschaftspolitik, das Funktionieren sämtlicher Märkte ständig zu beobachten und ggf. Maßnahmen zu ergreifen, die Fehlfunktionen beseitigen. Diese können je nach Markt (Rohstoffmärkte, Immobilienmärkte etc.) durchaus unterschiedlich sein.

Bodenreform

In einem zinsfreien System gibt es noch eine letzte Möglichkeit, leistungslose Einkommen zu erzielen: Nämlich über die Pacht. Anders all alle anderen Güter ist Boden nicht bei einem wachsenden Bedarf entsprechend vermehrbar, so dass Bodenbesitzer trotz zinsfreier Wirtschaftsordnung eine sogenannte Knappheitsrente aus ihrem Boden ziehen können, sofern man Privatbesitz an Boden in der heutigen Form weiter bestehen ließe. In welcher Form eine Bodenreform durchzuführen wäre, ist zu diskutieren. Ein Weiterbestehen der bisherigen Verhältnisse ist mit einer zinsfreien Wirtschaftsordnung jedoch unvereinbar.






Thomas Schindler