Wahlen/Bund/2013/Analyse/Vorstandsarbeit

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Problemanalyse

  • schmidtlepp schreibt: Wir müssen ab heute die Europawahl und die nächste Bundestagswahl vorbereiten. Wir brauchen eine Kampagne die Menschen prägnant erklärt, warum es sinnvoll ist Piraten zu wählen, wir brauchen eine Parteistruktur, die in der Lage ist eine solche Kampagne zu fahren. Das geht nur, wenn wir innerparteilich lernen, Verantwortung zu delegieren und Verantwortliche innerhalb ihres Mandates arbeiten zu lassen. Es bringt nichts Leute in einen Bundes- oder Landesvorstand zu wählen, sie mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder einem Wahlkampf zu beauftragen, wenn sie keine Entscheidungskompetenzen haben oder sie nicht wahrnehmen, weil sie aus Angst vor dem Shitstorm gelähmt sind.
  • Fabio Reinhardt: Wir alle sehen, wie stark die Rotation im Vorstand ist. Auch wenn unter Hierarchieaspekten nett ist, dass dort nicht allzu viel Macht akkumuliert werden kann, können wir nicht weiter zulassen, dass uns gute Leute ausbrennen, viele Parteimitglieder durch ihre berufliche oder familiäre Situation für das Amt gar nicht in Frage kommen und in 7 Jahren Parteigeschichte bisher noch keine Frau in eine zweite Amtsperiode gewählt wurde. (Zu 90% durch Nicht-Wiederantritt. Das ist wohl kaum ein Zufall.)
  • Pavel Meyer dazu: Viele Mitglieder halten die Notwendigkeit der Existenz von Vorstandsämtern in der Partei für ein lästiges Übel, das allein dem Parteiengesetz geschuldet ist. Sie hätten lieber eine Partei ohne Vorstände. Daher gehören Vorstandsämter in der Piratenpartei zu den schlimmsten Ehrenämtern, die ich kenne, vor allem auf Bundesebene. Wer so verrückt ist, für den Bundesvorstand in der Piratenpartei zu kandidieren, den darf man eigentlich nicht wählen. Es gibt keine Bezahlung, es gehört zum guten Ton, Spesenaufwendungen an die Partei zu spenden, und es wird allgemein erwartet, dass man sieben Tage in der Woche rund um die Uhr für die Partei da ist. Dafür wird man dann von einem mehr oder weniger großen Teil der Piraten für diese Privilegien gehasst, und sobald man als Vorstand eine Entscheidung trifft wird man lautstark öffentlich angegangen. Außerdem trägt man generell die Verantwortung für alle Missstände. [...]

Problemlösungsvorschläge

Entscheidungskompetenzen

  • <schmidtlepp> Es bringt nichts Leute in einen Bundes- oder Landesvorstand zu wählen, sie mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder einem Wahlkampf zu beauftragen, wenn sie keine Entscheidungskompetenzen haben oder sie nicht wahrnehmen, weil sie aus Angst vor dem Shitstorm gelähmt sind.
  • <lynX> Wir können ihnen ja noch demokratisch legitmiertes Feedback und einen soliden Schutz gegen Shitstorms mitgeben, aber ab dann können und müssen sie fliegen lernen und dürfen nicht mehr in der Luft zerlegt werden.

Aufwandsentschädigung

  • <Fabio> Um dies zu verbessern sollten wir zum Einen über mehr bezahlte Stellen und zum Anderen über eine Ausfallentschädigung sprechen. Das sollte vor allem für Vorsitzende/r, PolGF, Stellvertreter/Sprecher, Gensek und SchatzmeisterIn getan werden. Nur mal so zum Vergleich: Bei den Grünen ist sogar ein Posten als LandesschatzmeisterIn der Grünen Jugend(!) mit einer Aufwandsentschädigung versehen. Im Übrigen gibt es auch Stellen, die einzurichten uns mehr Geld einbringen als kosten würde und unsere Finanzen konsolidieren würde. Hier sehe ich noch enormes Potential, was zu heben wir uns trauen sollten.
  • <Pavel> Vor nicht allzu langer Zeit gab es in Deutschland ein Diätenverbot, so dass Abgeordnete entweder reich sein mussten oder von der Partei bezahlt wurden. Die Mitglieder der SPD etwa haben daher früher sogar ihre Abgeordneten bezahlt. Mit unseren 30.000 Mitgliedern würde es jedes Mitglied 1-2 Euro im Monat kosten, damit 5-10 geschäftsführende Bundesvorstandsmitglieder bezahlt werden könnten. Mit weiteren 1-2 Euro könnte man auch Landesvorsitzende bezahlen. Dass die Partei sich bisher dazu nicht durchringen konnte, ist ein echtes Armutszeugnis. Damit erreichen wir nur eines: Wenn unsere Vorstände nicht reich, in Rente oder Abgeordnete sind, können sie entweder nur „Hobbyvorstände“ sein oder sie ruinieren sich finanziell. Tragische Beispiele für das letztere gibt es Einige, und wie die Partei sie anschließend ihrem Schicksal überlassen hat, ist auch eine Schande. [...] Eine stattgefundene Kulturveränderung wird man daran ablesen können, dass die Partei ihren geschäftsführenden Bundesvorstandmitglieder mindestens 3000-4000 Euro im Monat bezahlt.

Größere Vorstände und Vorstandspräsidien

  • Pavel Meyer: Bei den Piraten auf Landes- und Bundesebene gibt es nur kleine Vorstände mit fünf bis zehn Mitgliedern. Das war sicher sinnvoll, als die Partei nur einige hundert Mitglieder hatte, aber andere Parteien haben auf den oberen Gliederungen Vorstände mit zwanzig bis fünfzig Mitgliedern, und das aus guten Gründen. Was bei den Piraten derzeit der Vorstand ist, ist bei anderen Parteien das Vorstandspräsidium oder die Vorstandsgeschäftsführung. Die großen Vorstände haben andere Parteien, um die Partei horizontal und vertikal besser zu vernetzen. Zum einen sind in solchen Vorständen jeweils Funktionsträger aus den untergeordneten Gliederungen vertreten; im Bundesvorstand säße also mindestens ein Vertreter aus jedem Landesverband. Außerdem nimmt man Vertreter aus den Fraktionen und Regierungen mit hinein. Derzeit wird bei uns in Ländern, Bund und Fraktionen viel nebeneinander gearbeitet, und nicht selten gegeneinander. Ein großer Vorstand mit Präsidium ist zudem eine gute Übung für die Zusammenarbeit in einer Bundestagsfraktion, die letztlich ähnlich strukturiert und zusammengesetzt ist. Und schließlich motiviert es die Mitglieder, erlaubt mehr von ihnen Erfahrungen zu sammeln und mit mehr Gewicht in der Öffentlichkeit und Veranstaltungen aufzutreten. So ein großer, gesamter Vorstand trifft sich dann allerdings auch nur alle 1 bis 2 Monate, während das Präsidium alle ein bis zwei Wochen zusammenkommt. Vom Parteitag gewählt werden muss auch nur die Hälfte des Vorstands, die Mandatsträger oder Vorsitzende untergeordneter Gliederungen können z.B. auch durch Satzung zu Mitgliedern werden. Außerdem sitzen in einem solchen Vorstand bei anderen Parteien auch Mitglieder von Parteiorganisationen und Arbeitsgruppen, die bei uns aber keine Rechte haben und überwiegend für den Mülleimer arbeiten, aber das ist letztlich auch nur Ausdruck gegenseitigen Misstrauens und einer allgemeinen Ämterfeindlichkeit. Daher funktionieren unsere AGs auch eher schlecht als recht. Die Verantwortung dafür trägt aber auch die Partei, weil sie sich allen Versuchen massiv widersetzt hat, den AGs irgendwelche satzungsmäßigen Rechte einzuräumen. Schlimmer noch, es gab sogar massive Anfeindungen gegenüber den Leuten, die einfach versucht haben, Überblick in das Chaos zu bringen, Stichwort KoKo. Wir sind offenbar eine Partei von lauter Paranoikern. Damit wir als Partei funktionieren können, müssen wir unser gestörtes Verhältnis zu Amtsträgern aller Art in den Griff kriegen und verstehen, dass Parteiämter und ihre Inhaber etwas Nützliches und Wichtiges sind und kein lästiges Übel.

Teams wählen statt Individualisten

  • <Fabio> Ich bin es langsam ein bisschen leid, dass Menschen einzeln diskutiert werden, wenn es um ihre Qualifikation für den Bundesvorstand geht. Der Bundesvorstand sollte verschiedene Aspekte, Flügel, Gruppen, Denkrichtungen der Partei repräsentieren und gleichzeitig nach außen sprechfähig und nach innen arbeits- und teamfähig sein. Nach diesen Kategorien sollten wir auch seine Mitglieder auswählen. Dazu gehört dann auch, dass wir KandidatInnen immer im Lichte ihres möglichen zukünftigen Umfelds und ihrer Rolle im zukünftigen Gremium bewerten. Eine Kandidatin ist 10% qualifizierter als ein anderer? Das ist natürlich Quatsch, da überhaupt nicht berücksichtigt wird, welche Rolle welche/r in welcher Konfiguration einnehmen würde. Das ist eine Weisheit, die die anderen Parteien aufgrund längerer Erfahrung den Piraten leider schon voraus haben. Lasst uns Teams wählen, die ausgewogen sind und gut miteinander arbeiten und nicht SelbstdarstellerInnen oder vor allem von sich selbst Überzeugte, die ihre Rolle nicht ausreichend reflektieren. Für mich gilt: Wer sich für den Vorstand bewirbt, ohne seine Rolle dort in den verschiedenen Konfigurationen ausreichend darzustellen, ist als KandidatIn automatisch ungeeignet.
  • mab im Gespräch mit Fabio:
    • Die verschiedenen relevanten Gruppen/Machtzentren der Partei sollten im Bundesvorstand repräsentiert sein.
    • Der Auswahl der verschiedenen Gruppen/Personen in den Bundesvorstand sollte eine ausgewogene und intensive Diskussion in der Partei vorausgehen (in Schweden gibt es für die Bündelung dieser Diskussion ein eigenes Kommittee).
    • Kandidaten sollte nicht für sich selbst kandidieren, sondern immer für eine Gruppe, die sie auch vertreten können und wollen.
    • Bezahlt die Wahnsinnigen, die sich das antun wollen! Falls nicht, bezahlt wenigstens einige im geschäftsführenden Teil.
    • Unterteilt zwischen dem geschäftsführenden Vorstand und dem politischen Gesamtvorstand.
    • Beteiligt die Landtagsfraktionen, bringt ihr Wissen und ihre Expertise stärker in die Partei und die Gremien.
    • Im Bundesvorstand könnte dies geschehen, indem Mitglieder aller vier Fraktionen in den erweiterten, politischen Bundesvorstand gewählt werden.
    • Die Repräsentanten der Fraktionen sollte auch auf dem Bundesparteitag, also von allen Mitgliedern, damit ihre Legitimation möglichst hoch ist, gewählt werden.

Verteilter Vorstand

<lynX> Ihr wisst vielleicht noch, dass wir in Italien eine Partei ohne Vorstand betreiben, allein durch eine Ständige Mitgliederversammlung geführt. Im letzten Jahr habe ich gelernt, welche Funktionen eines Vorstandes man dezentral nachbilden muss. Auch wir könnten uns überlegen die Aufgaben des Vorstandes aufzuteilen in mehrere Rollen, und somit die innerparteiliche Gewaltenteilung stärken. Einige Funktionen kann man tatsächlich gemeinsam in einer SMV realisieren:

    • Textredaktion für Flyer, PMs etc
    • Geeignete operative Entscheidungen

Während man für andere sich überlegen kann, Personen direkt zu beauftragen:

    • CSO Strategiebeauftragte(r) – macht sich langfristige Gedanken und weiss Dinge, die Piraten im Vertrauen gesagt wurde
    • COO Umsetzungsbeauftragte(r) – hält Kontakt zu allerlei Beauftragten und stellt freundlich sicher, dass Jobs erledigt werden
    • CTO Technikbeauftragte(r) – kennt Passwörter und hält Systeme am laufen
    • CCO Pressekontakt – Ansprechspartner für die Medien
    • Frontsau

<lynX> Das mag jetzt so klingen, als können wir uns das bei unseren Bundesparteitagen gar nicht leisten, soviele Funktionen zu wählen, aber wenn im Idealfall eine Partizipationsplattform die Programmdebatte neu und demokratischer kanalisiert, bleiben die Bundesparteitage 100% für Personenwahlen. Im Falle eines Rücktrittes muss jemand aus einer Liste nachrücken, oder der Vorstand muss dann doch wieder jemanden ernennen. Regionales Verteilen der Entscheidungsbefugnis (Subsidiarität) würde ich jedoch infrage stellen wollen.