Wahlen/Bund/2013/Analyse/Frontsau

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Analyse

  • Fulleren: Die Bundestagswahl 2013 wurde im Sommer 2012 verloren. Wir haben uns mit der Eintrittswelle übernommen. Wir haben um eine neue Identität gerungen, da pro Mitglied mehr als 2 Neumitglieder dazugekommen sind. Wir konnten den Nutzen von Piraten in den Parlamenten nur unzureichend deutlich machen. Wir haben unser Kandidaten nicht langfristig bekannt gemacht.
  • schmidtlepp meint: Wir haben keine Personen nach vorne geschickt. Zwar gab es einzelne Kandidatinnen und Kandidaten, die in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen worden sind, aber wir hatten keine Spitzenkandidatin. Das bedeutet, wir hatten niemanden der erster Ansprechpartner für Medien/Öffentlichkeit war, niemanden der den Piraten im Wahlkampf ein Gesicht gab und sie damit menschlich, wählbar machte. Auch deswegen waren wir in der Öffentlichkeit nicht präsent, als uns mit der NSA-Affäre ein Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt wurde, wie Sascha Lobo es formulierte.
  • Ähnliches schreibt Pavel Meyer. Ausserdem: Zum einen braucht es Vertrauen, und das bildet sich im Laufe der Zeit durchaus heraus. Zum anderen braucht es Menschen in der Partei, die über genügend Macht verfügen, um einen hinreichend großen Teil der Partei hinter sich zu bringen. Dafür müssen aber auch hinreichend viele Mitglieder akzeptieren, dass die Konzentration von Macht etwas ist, was es positiv zu organisieren und nicht zu bekämpfen gilt. Faktisch gibt es diese Konzentration nämlich seit langem. Es wird aber in der Partei sehr viel Energie darauf verwendet, sie zu bekämpfen statt sie demokratisch zu organisieren. Gerhard Anger hat einmal sehr schön gesagt: „Wir sitzen zwei Tage lang in einer Halle, um in einem hoch demokratischen Prozess einen Vorstand zu wählen, und anschließend tun wir so, als wäre er uns von einer fremden Obrigkeit aufgezwungen worden“. Das zeigt, dass nicht wenige bei den Piraten das Prinzip von demokratischen Wahlen nicht verinnerlicht haben. Der Deal in einer Partei ist aber letztlich der: Ich gebe erst mal Macht ab, damit die Partei als Ganzes Macht erlangt. Wenn das klappt, habe ich dann als Mitglied mehr Macht, als ich mal abgegeben habe. Wenn ich aber nichts abgebe, kommt der Deal einfach nicht zu Stande. Das ist unser Problem.
  • Die Direktkandidaten NRW meinen: Grosse Verwirrung herrschte aus Direktkandidatensicht unter der Wählerschaft wegen den vielen Kopfplakaten. Die Leute wussten nicht, wer Direktkandidaten sind. denn auf allen Piratenplakaten waren irgendwelche Köpfe zu sehen, da gingen die Direktkandidatenköpfe wahrnehmungstechnisch unter.
  • Wika sagt: Unsere Themen waren gut. Schwierig war, dass die Presse uns nicht mehr interessant fand. Zur Landtagswahl NRW waren wir noch schick. Was dann allerdings interessierte waren Skandale und Sandälchen. Dass wir uns dann auch noch gegen Köpfe und für Themen entschieden haben, wurde uns von den Wählern sehr übel genommen. Sie liebten Marina.

Lösungsansätze

Mehr Kohäsion, so wie in Berlin 2011

<lynX> 2011 hatte es funktioniert, keine Frontsau zu haben, weil alle Piraten aus derselben Kanone geschossen hatten. Egal wer im Wahlkampf sprach, es kamen immer dieselben Programminhalte heraus, und immerwieder gut begründet - nur die Formulierungen waren verschieden. Dieser Zusammenhalt, trotz extrem unterschiedlichen visuellen Auftreten der Einzelpersonen, muss sehr beeindruckend gewesen sein. Wir müssen diesen Zustand wieder herstellen, durch bessere Vernetzung, Disziplin & Fairness. Ob es dann noch einer bestimmten einzelnen Frontsau bedarf, ist fraglich. Mehrere davon zu haben, die allesamt souverän auftreten können, könnte wieder ein Markenzeichen werden – somit hätten wir den Wechsel zu einer and3ren Politik tatsächlich vollzogen. Der Lösungsansatz ist also die anderen beiden Probleme zu lösen (klick die Links oben zur Vertiefung), dann erledigt sich dieser Punkt idealerweise von alleine. Gerüchte besagen, dass diese Kohäsion seinerzeit einem extrem erfolgreichen Einsatz von Liquid Democracy zu verdanken wäre, sowie aus einer Prise Demut, die damals fast alle Beteiligten aufzubringen fähig waren. Mehr Partizipation, und anschließend mehr Respekt für die gemeinsame Entscheidung. Öffentliches rumkritteln an dem, was wir letzte Woche beschlossen haben, darf nicht sein. Dafür hat es parteiinterne Werkzeuge zu geben.

Die Bundesvertrauensfigur der Piraten

<lynX> Die guten Erststimmenresultate signalisieren uns zwei Dinge: Es existiert ein Vertrauen gegenüber den lokalen Repräsentanten der Piraten in den jeweiligen Bezirken, aber weniger gegenüber der Kakophonie auf Bundes- bzw. Landesfraktionsebene. Auch die Art und Weise wie die Person Merkel in der Wahlentscheidung weit vor anderen Kriterien entscheidend war, deutet an, dass die Mehrheit der Menschen immernoch nach persönlichem Sympathieempfinden entscheidet – sofern nicht arg viele Shitstorms über die Person ergangen sind. Somit ist die CDU optimal aufgestellt. Lauter Blitzableiter um Frau Merkel herum, welche eventuelle Shitstorms in den Boden leiten. Die Führungsfigur bleibt von alldem abgehoben und unbelastet. Selbst der NSA-Skandal wird ihr nicht angerechnet. Kohl ist auch erst gekippt, als er persönlich in einem Skandal verwickelt war. Unsere Frontfiguren, die Vertrauen im Sturm hätten ausstrahlen können, waren entweder selbst darin verwickelt, oder hatten sich ausgeklinkt. Katta konnten wir nicht mehr schnell genug als Vertrauensfigur aufbauen. Eine Bundesvertrauensfigur müsste den Eindruck vermitteln, dass sie den Kahn in seiner Bahn hält, egal wieviel Sturm drumrum ist. An sich ist das ja auch nicht schwierig, denn die Shitstorms haben die Funktionsfähigkeit der Partei nie tangiert, lediglich das Erscheinungsbild – aber das weiss ausserhalb der Partei keiner. Ist klar, dass eine Vertrauens- und Identifikationsfigur dann 100% den Willen der Partei heiraten müsste und 0% eigene politische Inhalte vorantragen dürfte.

Kreative Betitelung

Fabio Reinhardt: Warum kommunizieren wir eigentlich die im Parteiengesetz festgeschriebenen Posten genauso nach außen? Warum nennen wir nicht zwei bis drei Mitglieder des Bundesvorstands gleichberechtigte Sprecher (unabhängig davon, was ihr offizieller Titel ist)? Das haben die Grünen in den Achtzigern gemacht, andere Parteien machen das auch. Falls es dazu inhaltliche Bedenken gibt, bitte. Aber legale sind hier unangebracht. Das ist nur ein Beispiel. Ich bin mir sicher, euch fallen noch andere ein.

Fazit

<lynX> Mir ist klar, dass ich teilweise gegenteilige Modelle hier beschrieben habe. Soll andeuten, dass der Gedankenprozess nicht abgeschlossen ist. Wer hat noch Gedankengut beizusteuern? Her damit. Modell Kohäsion wäre innovativ und frisch. Modell Vertrauensfigur wäre sehr an herkömmliche Politik angelehnt. In beiden Fällen wird von Piraten verlangt, dass sie ihr Ego zurücknehmen und den Parteikonsens herüberbringen. Geschichte hat uns gelehrt, dass das normalerweise auf Dauer schief läuft – und man muss sich fragen, ob wir durch Technologie etwas daran ändern können – Menschen allein können nicht besser und and3rs sein, das ist Wunschdenken.