Wahlen/Bund/2013/Analyse/Vernetzung
Aus Piratenwiki
Problembeschreibung
Kommunikation (parteiintern)
- Anett und Fabian schreiben: Es hapert an der Vernetzung. Vor allem in der Provinz sind die Piraten Einzelkämpfer. In den Städten hocken zwar mehr Mitglieder, doch selbst im urbanen Raum können die Piraten kaum noch punkten. Bei der Bayern-Wahl blieb man selbst in München deutlich unter drei Prozent. Auch hier fehlt oft die Basis, fehlen die Köpfe, die außerhalb der Stammwählerschaft punkten.
- Die Direktkandidaten NRW sagen: “Wir waren nichts besonderes mehr, eine Wischiwaschi-Partei. Keiner hat von oben herab kommuniziert, warum man Piraten wählen soll. Und dann kamen wir auch noch zerstritten rüber.” Gut war die NRW Direktkandidatenbetreuung. Weniger gut war die Überflutung mit Infos von allen Seiten an Direktkandidaten. Das war nicht koordiniert und lief oft ins leere. “Irgendwann machte ich mal mein eigenes Ding.”
- schmidtlepp schreibt:Die Piratenpartei hat sich nach der Bundestagswahl 2009 nicht auf die Bundestagswahl 2013 vorbereitet. Das bedeutet in vier Jahren wurden nicht die Strukturen aufgebaut, um bundesweit flächendeckend präsent zu sein. Spätestens 2011 hätte damit begonnen werden müssen. Es wurden nicht die Strukturen aufgebaut, um in einem Bundestagswahlkampf eine Kampagne fahren zu können. Wir waren nicht kampagnenfähig. Wir sind es im Moment nicht.
Kommunikation (parteiextern)
- schmidtlepp schreibt: Wir sind in der Gesellschaft nicht breit vernetzt. Uns fehlt ein Kreis an Unterstützerinnen, die sich im Wahlkampf für diesen mobilisieren lassen. Twitter ist schön, Facebook ist schön, aber Wahlen werden auf der Straße, in Kaffeeküchen und im Wohnzimmer gewonnen. Ohne Sympathisanten, die in Diskussionen am Arbeitsplatz, in der Familie und im Freundeskreis Partei für die Piraten ergreifen, lässt sich keine Wahl gewinnen.
Problemlösungsvorschläge (parteiintern)
Wir stellen die Subsidiarität mal infrage
- <lynX> Das Parteiengesetz zwingt uns nicht dazu, in jedem Bundesland eine vollständig eigenständige Partei aufzustellen - wir können den Föderalismus genau nach unseren Bedürfnissen dosieren. In jedem Bundesland eine eigene Mitgliederkartei aufzubauen war eine absolut unsinnige Aktion, sie hat uns 2011-2012 ganz schön Energien geraubt und ist mit der peinlichen Einführung einer nicht-freien Software immernoch nicht vollständig abgehakt. Dies nur als Beispiel. Subsidiarität hat ein positives Image, weil man damit die Wirkung der repräsentativen Demokratie abmildern kann. Die da oben können uns hier im Dorf nicht soviel reinreden - aber wenn wir tatsächlich eine partizipierte liquid- oder basisdemokratische Partei wären, dann sind dezentrale Entscheidungen eher kakofonisch bis hin zu respektlos gegenüber dem Willen der Gesamtbewegung. Nur in spezifischen Details ist es wahr, dass Lokalverantwortliche besser wissen, was für die lokale Kampagne notwendig ist - und dieses Wissen müssen wir auch kanalisieren und umsetzen - wenn aber eh schon Engpässe an Schlagkraft vorliegen, so sollten Lokalgruppen möglichst viel Arbeit vorgeliefert bekommen, und als Teil eines Symphonieorchesters den Eindruck einer konzertierten Partei vermitteln, die an jedem Gleidmaß genau weiss, wofür sie steht und wohin die Reise geht.
Vernetzung des Bundesvorstands mit den Fraktionen
- Fabio Reinhardt: Offensichtlich wurschteln der Bundesvorstand und die Fraktionen, allen voran die vier Landtagsfraktionen, ja seit mehreren Jahren erfolgreich aneinander vorbei. Nun kann man die Schuld dafür bei einzelnen Akteuren sehen oder man sucht nach strukturellen Gründen. So gibt es Treffen bzw. Klausuren des Bundesvorstands und die dreimonatigen gemeinsamen Treffen der Landtagsfraktionen. Diese beiden unterschiedlichen Treffen sollten schnellsmöglich stärker miteinander vernetzt werden. Seit 1,5 bis 2 Jahren häufen die Mitglieder der Fraktionen einen unglaublich reichen Erfahrungsschatz über Prozesse, Abläufe und Strukturen unserer Gesellschaft, unseres Medien- und Politiksystems an. Auch im Bundesvorstand ist dieses Wissen – richtig eingesetzt – Gold wert, um die strategische Planung zu beeinflussen und Impulse zur Weiterentwicklung der Partei zu geben. Fast alle Fraktionäre geben sich äußerste Mühe, dieses Wissen in die Partei weiterzugeben. Allerdings funktioniert dies auch nur begrenzt und jemanden in einem Gremium zu haben, der bestimmte Erfahrungen gemacht hat, ist immer noch etwas anderes, als jemanden in ein Gremium zu wählen, der/die von diesen Erfahrungen berichtet wurde. Insofern sollte auch eine stärkere direkte Einbeziehung der Fraktionen in die Parteigremien, zum Beispiel durch die Wahl von Abgeordneten in den Bundesvorstand oder äquivalente Gremien, erfolgen.
Problemlösungsvorschläge (parteiextern)
Direkter Draht zur Wählerschaft
- <lynX> Wir haben uns 2012 zu sehr auf unsere Präsenz in den Medien verlassen, und als diese mehr Interesse an unseren Internas zeigten, als für unsere Message, so haben wir uns mitten im NSA-Skandal fast ohne Kommunikationskanäle wiedergefunden. Man sagt uns, wir seien auf Facebook nicht genug aktiv gewesen - aber wollen wir überhaupt von solch fragwürdigen Plattformen abhängen, die ihre Wirkung verlieren an dem Tag an dem ihre Nutzer zurecht nicht mehr einloggen? Wir haben es seit ich 2009 beigetreten bin verpasst direkte Kommunikationswege zu unseren Sympathisanten aufzubauen. Es gibt sie noch, ich habe sie auf der Straße getroffen - Leute, die uns wohlwollen und es unendlich Schade finden, was da mit uns passiert ist. Wir können nicht erwarten, dass die eine Mailingliste abonnieren, mit dem ganzen Mailman-bürokratischen Trara, dass sie dann viel mehr Infos erhalten, als sie unbedingt benötigen, und zudem in jedem Bundesland mit einer unterschiedlichen Rangehensweise konfrontiert werden. Idealerweise sollten sie in Wahlkampfzeiten höchstens einmal täglich das beste des besten erhalten, ein Kondensat der Redaktionsarbeit im Bereich Presse und soziale Medien, und wenn es relevante Lokalnews gibt, die automatisiert angehängt bekommen. Besonders wichtig: Wenn in den Medien gerade eine schlechte Story über uns läuft, müssen wir den Leuten zügig unsere Sicht der Dinge liefern können, die ja oft genug diametral verschieden ist, damit diese sie in ihre sozialen Umfelde verteilen. Der Fall Klickmich, der bis heute von den Piraten selbst falsch eingeschätzt wird, hätte abgemildert werden können. Kurzum, wir brauchen einen E-Mail-Newsletter mit dedizierter Spezialsoftware (nie wieder Bcc-Vergeiger!) und vielleicht sogar einen SMS-Verteiler. Wir müssen im Extremfall 5% der Bevölkerung auch ohne Unterstützung der Presse erreichen können.
Präsenz vor Ort im Leben der Menschen
- schmidtlepp: Wir müssen uns vernetzen. Lokal. Baut Geschäftsstellen auf, macht Stammtische, vernetzt euch nicht nur mit anderen Piraten sondern bietet vor Ort niederschwellige Angebote an, Piraten und ihre Politik kennen zu lernen. Erklärt Menschen nicht nur wie man eine Email verschlüsselt, ladet einen jemanden ein, der zeigt wie schnell ein Türschloss geknackt ist und was man dagegen tun kann. Erklärt Menschen welche Mieterhöhung zulässig ist und welche nicht. Begleitet sie aufs Arbeitsamt, seid für andere da. Das darf nicht in Paternalismus ausarten. Wir sind nicht die Kümmerer, wir müssen diejenigen sein, die Menschen helfen, sich selbst zu helfen.
- Fabio Reinhardt: Um die Geschichte der Partei zu erzählen, brauchen wir auch mehr Nähe zu den BürgerInnen. Dazu lassen sich kommunale und Bezirksbüros nutzen. Die Reinickendorfer behaupten, anhand der Wahlkarte lasse sich klar ablesen, dass die Existenz des Bezirksbüros konkrete Auswirkungen auf das Wahlergebnis hat. Aber entscheidet selbst. Fakt ist, dass die Büros dazu animieren, sich “diese komischen Vögel” einfach mal direkt und selbst anzuschauen, was in den meisten Fällen eher zu positiven als negativen Aha-Effekten führt.