Liquid Democracy

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
Tango-text-x-generic with pencil.svg Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern hier findet/fand eine offene Diskussion des Themas statt.

Wenn Du meinst, diese Idee erweitern zu können, tu es, aber bitte beachte die Diskussionsregeln. Ist die Idee tragfähig und mehr als eine Einzelmeinung, so kann man das Ganze auch als Entwurf kennzeichnen.

Diese Seite widmet sich einem allgemeinen Konzept der 'Liquid Democracy'. Eine innerparteiliche Umsetzung von Liquid Democracy bei den PIRATEN wird auch im Rahmen der AG Liquid Democracy und unter Innerparteiliche Demokratie diskutiert.

Einführung

Was ist Liquid Democracy

Unter "Liquid Democracy" versteht man eine Mischform zwischen indirekter und direkter Demokratie. Während bei indirekter Demokratie ein Delegierter zur Vertretung der eigenen Interessen bestimmt wird und bei direkter Demokratie alle Interessen selbst wahrgenommen werden müssen, ergibt sich bei Liquid Democracy ein fließender Übergang zwischen direkter und indirekter Demokratie. Jeder Teilnehmer kann selbst entscheiden, wie weit er seine eigenen Interessen wahrnehmen will, oder wie weit er von Anderen vertreten werden möchte. Insbesondere kann der Delegat jederzeit sein dem Delegierten übertragenes Stimmrecht zurückfordern, und muss hierzu nicht bis zu einer neuen Wahlperiode warten. Es ergibt sich somit ein ständig im Fluss befindliches Netzwerk von Delegationen.

Es ist wichtig, zwischen den Anwendungsfällen

  • Liquid Democracy in der Gesamtgesellschaft
  • Liquid Democracy innerhalb von Organisationen (z. B. der Piratenpartei)

zu unterscheiden.

Unklarheiten bzgl. der Begriffsdefinition

Teilweise wird unter "Liquid Democracy" ein konkretes Konzept des sogenannten "delegated votings" verstanden, teilweise geht die Vorstellung von Liquid Democracy jedoch auch darüber hinaus. Es ist daher bei der Verwendung des Begriffs "Liquid Democracy" stets angebracht zu erläutern, was jeweils genau im Einzelfall darunter verstanden wird.

Warum Liquid Democracy?

Die Piratenpartei umfasst derzeit über 10.000 Mitglieder. Um weiterhin basisdemokratisch Entscheidungen treffen zu können, benötigen wir eine Alternativlösung zu den bisher bei Parteien üblichen Vertreterversammlungen.

Unabhängig von einem Einsatz der Konzepte der Liquid Democracy innerhalb der Piratenpartei, gibt es auch die Idee, das Parteiensystem durch eine Liquid Democracy abzulösen. Somit könnte der eigentliche Anspruch der Demokratie verwirklicht werden: Demokratie bedeutet, zu jeder Zeit gezielt zu einzelnen Themen verbindlich Stellung beziehen zu können und nicht nur alle vier Jahre die Wahl zwischen Parteien mit unverbindlichen Parteiprogrammen zu haben. Im Informationszeitalter haben sich die Voraussetzungen so verändert, dass demokratischer Diskurs auch in großen Gesellschaften potentiell möglich ist.

Kritik an Liquid Democracy

In Piraten - Partei oder Posse? vertritt Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros der Bildzeitung, die Meinung, anhand Liquid Democracy würden die Piraten mal so mal so entscheiden und folgert daraus, das wäre Quatsch und würde in Parlamenten nicht funktionieren.

Mit der Folgerung liegt er voraussichtlich falsch, die Beobachtung an sich ist aber teilweise richtig. Einerseits sind sich Abstimmende in Liquid wohl bewusst, über welchen Zeitraum und zu welchem Zweck eine Abstimmung gilt – wenn also eine Entscheidung für das Berliner Wahlprogramm gemacht wurde, dann ist die dort auch historisch verankert und gültig. Andererseits können die Piraten ohne Gesichtsverlust auch ihre Meinung ändern, sollten neue Erkenntnisse zu einer neuen Beurteilung des Sachverhalts führen.

Nehmen wir als Beispiel die CDU. Bis die CDU endlich hinnimmt, dass der gesellschaftliche Konsens seit über einem Jahrzehnt gegen die Atomenergie ist, müssen Atomreaktoren in die Luft gehen und Millionen Menschen auf die Straße. Die Kanzlerin muss daraufhin den Richtungswechsel zur Chefsache erklären, ihn von oben herab durchsetzen und sich noch Jahre später die Kritik von Teilen der Basis anhören.

Hätte die CDU in den 80er Jahren Liquid Democracy eingeführt, dann hätte sich in der Parteibasis schon früher eine Mehrheit gegen Atomenergie gebildet und dies mittels Liquid artikuliert. Selbst wenn diese Mehrheit erst nach Fukushima zustande gekommen wäre, Merkel hätte den vollen Rückenwind der Basis gehabt und bräuchte keinen Dissens von rechten Flügeln ihrer Partei befürchten, denn jeder weiss, dass wo ein Liquid-Beschluss existiert keine Mehrheit bestand, ergo es Quark ist, eine seinerzeit erwiesenermaßen nicht mehrheitsbefähigte Meinung nachträglich der Parteiführung vorzuwerfen.

Auch für den Wähler ist das erheblich nachvollziehbarer: Wenn die Partei im Laufe der Regierungsarbeit neue Erkenntnisse erhält (etwa durch die Lüftung von Geheimabkommen) und daher Wahlversprechen per Liquid-Abstimmung revidieren muss, so können die Wähler erstens begreifen, dass die gesamte Basis diesen Richtungswechsel mitträgt, und zweitens hätten sie durch Mitgliedschaft selbst mitentscheiden können. Wer mitentscheiden kann, soll sich nicht echauffieren.

Liquid treibt den Parteien also dieses periodische Wiederkäuen von Meinungen eher aus: Es ist sinnlos über die Agenda 2010 oder Hartz IV zu keifen, wenn es seinerzeit eine Liquid-Mehrheit in der SPD gegeben hätte. Stattdessen gab es eine Führungsriege, und die ist bis heute für ihre Entscheidungen angreifbar.

Kommt dazu, dass wenn entweder CDU oder SPD Liquid Democracy eingeführt und konsequent umgesetzt hätten, wir jetzt alle CDU- oder SPD-Mitglieder wären, weil es dann keiner anderen Parteien bedürfte, um direktdemokratisch das Land zu regieren.

[Abschnitt von —lynX 13:20, 24. Sep. 2011 (CEST)]

Wie könnte Liquid Democracy aussehen?

Mögliches Wahlverfahren

Jeder Teilnehmer kann zu jedem Zeitpunkt für sich selbst entscheiden, wo auf dem Kontinuum zwischen repräsentativer und direkter Demokratie er sich aufhalten möchte. Jederzeit. Das bedeutet, dass ich als Teilnehmer beispielsweise sagen kann:

„Für Steuerrecht möchte ich gerne durch die Partei SPD, für Umweltpolitik durch die Partei die Grünen und für die Schulpolitik durch die Privatperson Herrn Müller vertreten werden. Für die Entscheidung über das neue Hochschul-Zulassungsgesetz an den Universitäten möchte ich aber selbst abstimmen.“

Dieses Mix-Prinzip ist entscheidend, da man sich nicht mehr für ein Bündel von Prinzipien entscheiden muss, wie es beispielsweise eine Partei bietet, sondern man sich je nach Thema die Experten aussuchen kann, denen man vertraut - oder selbst entscheiden kann. Essentiell dabei ist auch, dass man diese "Stimmvergabeentscheidung" jederzeit ändern kann und sein Stimmgewicht umverteilen kann.

Veranschaulichung

Um das Ganze noch anschaulicher zu machen, soll "Delegated Voting" mit Hilfe einer neuen Grafik erklärt werden.

Testabstimmung

Anhand einer Abstimmung zur Akzeptanz von Liquid Democracy soll das Konzept praktisch erprobt und für jeden unmittelbar erlebbar werden. Jeder Interessierte ist aufgerufen sich daran zu beteiligen. Man kann seine Stimme entweder selbst abgeben oder sie an jemanden delegieren. Man hat jederzeit die Möglichkeit seine Entscheidung zu ändern und kann sich dabei aktiv oder passiv an der Diskussion beteiligen.

Umsetzung

Der Hauptartikel zur Umsetzung ist unter Liquid Democracy/Weitere Gedanken zur Umsetzung.

Auf dieser Testseite machen wir uns Gedanken, wie so etwas im Wiki aussehen könnte.

Eine Idee für die außerparteiliche Umsetzung ist die Wahllotterie.

Ok, wie wollen wir das in der Piratenpartei umsetzen?

  1. Zuerst wollen wir das Proxy-Prinzip für unsere internen Entscheidungen einführen. Das heißt, dass jedes Mitglied berechtigt ist, zu einem Thema selbst zu entscheiden oder seine Stimme an jemand Anderes abzugeben, wenn er selbst nicht erscheinen kann. Diese Vertrauenspersonen können ihre gewichtigere Stimme dann wieder weitergeben etc. Damit wollen wir Erfahrung sammeln, wie Liquid Democracy funktioniert; wobei allerdings der Kontext klein genug ist, dass wir experimentieren können, ohne das Ganze gleich in eine Software gießen zu müssen.
  2. Schritt zwei ist die Verankerung der Liquid Democracy in den Grundsätzen der Piratenpartei.
  3. Schritt drei wäre ein Testlauf auf einem Piratenparteitag (vor allem interessant für die, die nicht kommen können).
  4. Daran anschließend (und vorausgesetzt, dass der Versuch ein Erfolg war) kommt dann die Evaluierung von Softwarelösungen, um das zu unterstützen. Dabei graust es mir aber noch vor den Problemen, die dieser Schritt mit sich bringt. Naja, mal schaun.

Der Punkt 4 ist kein zwingender Punkt hierbei. Ich stelle dies hier heraus, da es nur einen potentiellen und keinen zwingenden Punkt darstellt. Liquid Democracy ließe sich auch ohne Software in Papierform durchführen.Aloa5 16:29, 26. Feb 2007 (UTC)

Ebenfalls zu Punkt 4 möchte ich gerne auf die (von mir/uns Dortmundern) schon seit langem geplante Integration in eine GroupWare-Lösung hinweisen, welche ich z. B. jetzt gerade wieder evaluiere. Erste Testläufe wurden schon vor ca. einem halben Jahr mit befriedigendem Ergebnis bereits durchgeführt. -- Telsh 15:21, 17. Jun 2007 (CEST)

Siehe auch Innerparteiliche Demokratie.

Stand der Umsetzung innerhalb der Piratenpartei

Der Landesverband Berlin setzt seit Anfang 2010 die Software LiquidFeedback zur innerparteilichen Entscheidungsfindung ein. Grundlage bildet hierzu die im Februar 2010 beschlossene Satzungsänderung, siehe § 11 Liquid Democracy der Berliner Landessatzung.

Der Berliner Landesverband betreibt eine LiquidFeedback Instanz und lädt andere Landesverbände ein, die Software ebenfalls zu testen. Hierzu wird interessierten Landesverbänden kostenlos eine eigene Instanz von LiquidFeedback installiert.

Zur Zeit setzt auch der Landesverband Nordrhein-Westfalen eine Test-Instanz von LiquidFeedback ein. Der Kreisverband Münster setzt für die Arbeit in der Kommunalpolitik und der Hochschulgruppe Adhocracy ein.

TODO: Weiteren Einsatz von Software (z.B. Adhocracy) bitte hier ergänzen.

Ziel

Bezüglich des innerparteilichen Einsatzes ist das Ziel, Entscheidungen nicht im Rahmen von Vertreterversammlungen zu treffen, sondern einen basisdemokratischen Ansatz auch bei steigenden Mitgliederzahlen umsetzen zu können. Somit wird es Lobbygruppen erschwert, durch die Manipulation weniger Parteimitglieder (z. B. Vorständen) auf den Kurs der Piratenpartei Einfluss zu nehmen. Andere Parteien könnten unter einen moralischen Druck gesetzt werden, ähnliche Konzepte zur Sicherstellung der Basisdemokratie umzusetzen. Nicht zuletzt wäre der Einsatz von Liquid Democracy bei der Piratenpartei ein echter Grund, diese zu wählen, da ihre Entscheidungen auf demokratischem Wege getroffen werden.

Auf jeden Fall müssen wir diese Ideen sorgfältig ausformulieren, schließlich sind wir nicht nur für Datenschutz und Datensparsamkeit, sondern auch gegen die nahezu dilettantischen Fehler, die bei der Implementierung von Wahlcomputern gemacht wurden. Die wollen wir nicht wiederholen. Elektronische Demokratie darf nicht 'zentrale Wahl-Manipulation' bedeuten.

Probleme und Einwände

  • Es hat in vielem die gleiche Problematik wie eine "einfache" direkte Demokratie. Was wird wann von wem entschieden?
  • Schriftliche Bestätigung / Wahlschein der jeweiligen Wahlentscheidung notwendig.
  • Hohe Anzahl von Wahlgängen führt zu verzögerten Entscheidungen.
  • nach Meinung einiger Piraten, in Opposition zu anderen: das Banzhaf-Paradox (Unterschied zwischen nomineller und reeller Stimmkraft).
Juristische Probleme
PartG §8 (1).
Ich kann kein Problem entdecken. LD besteht sowohl aus Mitgliedern als auch Vertretern. Beides ist rechtlich zulässig. Aloa5 14:06, 20. Sep. 2009 (CEST)
Parteien eignen sich nicht als Experimentierfeld, weil sie aus gutem Grunde in dieser Frage reguliert sind: http://www.gesetze-im-internet.de/partg/__15.html --Art 02:14, 22. Okt. 2009 (CEST)

Widerlegte Probleme und Einwände

  • Datensicherheit kann nicht garantiert werden.
    Hängt vom Wahlmodus und den Problemen von Wahlcomputern ab. Genügend Kryptographie-Kenntnisse in der Bevölkerung voraus gesetzt (!), lässt sich die Datensicherheit auf ein paar mathematische Annahmen reduzieren.
    Ergaenzung: Datensicherheit setzt (1) vernunftbegabte Waehler und (2) die Gueltigkeit kryptographischer Grundannahmen voraus. (1) kann man minimieren, indem man gute Software baut, die die kryptograhpischen Details in eine intuitive Oberflaeche einpackt. Es geht aber nicht darum, absolute Sicherheit zu erreichen, sondern nur darum, einen Mix aus Zuverlaessigkeit und Nutzen hinzukriegen, der besser ist als der des bestehenden Systems (in dem Betrug ja schliesslich auch vorkommt).
    Weitere Ergänzung: Es geht darum, geheime, aber nicht anonyme, Wahlverfahren zu etablieren. Echtheit und Einzigartigkeit von Stimmen kann man über Krypto gut verifizieren, ohne dass herausgefunden werden kann, wer sie abgegeben hat; mehr als einen Private Key zu generieren muss man dem User nicht zutrauen (und selbst dafür kann man ihnen ein Tool zur Verfügung stellen). Den Rest sollte die Software automatisch machen (LD erfordert relativ komplizierte, für den Abstimmenden aber irrelevante Zertifikats- und Signaturverfahren).
  • Geht nur mit zentraler Registratur wer was wann wo gewählt hat. (Datensparsamkeit?)
    Mittels Kryptographie kann eine nachvollziehbare, geheime Wahl stattfinden. Allein eine Registratur der Bürger ist nötig, wobei auch diese dezentralisiert werden kann.
    Ergaenzung: Mit Blindsignaturen und sicheren Pseudonymen kann sogar erreicht werden, dass Stimmen nicht Personen zugeordnet werden koennen und trotzdem jeder nur ein Pseudonym hat, mit dem er abstimmen kann.
    Ergänzung: Es braucht keine Pseudonyme, nur Benutzeraccounts (einen pro Mitglied). Namen, egal welcher Art, brauchen nie irgendwo aufzutauchen, das Einzige, das hinterher vorliegt, ist die "Stimme" als einzigartige, garantiert als echt verifizierbare, aber nicht zurückverfolgbare Signatur.
  • Ein dezentrales Wahlsystem könnte Manipulationen sehr schwierig bis unmöglich machen. Es sollte vollkommen offen sein und Jeder könnte (zumindest theoretisch) die Auszählung selbst durchführen und auch überprüfen.
    Ergänzung: Dezentrale Wahlsysteme sind dann aber eventuell anonym, sprich, der Betreiber eines Dezentralen Subsystems könnte anonyme Stimmen generieren, die nicht zwangsläufig von Stimmberechtigten kommen, etc. Es braucht aber gar nicht dezentral zu sein, wenn die Zentrale die Daten ordentlich verwaltet (alles außer den Signaturen/Stimmen wird sofort verworfen, genau wie im Wahllokal sich die Leute ja auch nicht das Gesicht und die Faltung des Stimmzettels für jeden Wähler merken)

In der aktuellen Implementation von LiquidFeedback wurde hier beschriebene Geheimhaltung allerdings nicht umgesetzt. Weitere Gedanken, wieso Liquid Democracy um Geheimhaltung erweitert werden sollte, und wie.

Hier gibt es eine separate Seite für Ausführliches! Liquid Democracy Einwände

Verweise

Neue Projekte 2011:


Go-next.svg Siehe auch: Abstimmtool, Diskussionsplattform