Bundesparteitag 2012.1/Antragsfabrik/Programmänderung 017

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Programmänderung (im Entwurfsstadium) für den Bundesparteitag 2012.1.

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Antragstitel

Blasphemie

Antragsteller

Bvo

Antragstyp

Programmänderung

Antragstext

Es wird beantragt, in zukünftigen Wahlprogrammen der Partei zu Bundestagswahlen folgendes einzufügen:

Im Rahmen der Trennung von Staat und Religion ist festzustellen, dass religiöse Gefühle keines über das normale Maß hinausgehenden Schutzes bedürfen. Daher fordert die Piratenpartei die ersatzlose Streichung des §166 StGB (Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen).


Antragsbegründung

Mit Paragraph §166 StGB werden die Religionen unter einen besonderen Schutz gestellt, der durch Nichts zu rechtfertigen ist. Er dient ausschließlich dazu, das grundlegende Menschenrecht der Meinungs- und Pressefreiheit in Bezug auf religiöse Gefühle einzuschränken. Religiöse Gefühle sind aber nicht heilig und bedürfen daher keines besonderen Schutzes. In der Praxis kann das Gesetz zu einer Einschränkung künstlerischer Arbeit führen. In anderen Ländern wird Blasphemie zum Teil schwer bestraft bis hin zur Todesstrafe (z.B. Iran, Saudi-Arabien, Pakistan, Afghanistan). Unser Land sollte da mit gutem Beispiel vorangehen und das Verbot der Blasphemie abschaffen.

Die Religionsfreiheit nach §4 GG bliebe bei einer Streichung des Paragraphen völlig unberührt.

Ergänzung von BurkhardHH: Paradox am existierenden Paragrafen ist ja, dass er die Strafbarkeit an der Eignung der betroffenen Äußerung misst, "den öffentlichen Frieden zu stören". Das bedeutet, dass Religionsgemeinschaften mit fanatischen, leicht beleidigten Anhängern einen höheren Schutz genießen, als Weltanschauungen mit genügsamen, toleranten Vertretern, die niemals als Folge verbaler Äußerungen den öffentlichen Frieden gefährden würden. Das verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Auszug aus Wikipedia zum Thema: Nach § 48 der Stellungnahme aus dem Jahr 2011 des Menschenrechtskomitees der Vereinten Nationen, dem Gremium aus achtzehn unabhängigen Experten, die damit beauftragt wurden, Beschwerden hinsichtlich des Internationalen Pakts über Bürgerliche und Politische Rechte zu bewerten, „sind Verbote von Darstellungen mangelnden Respekts vor einer Religion oder anderen Glaubenssystemen, einschließlich Blasphemiegesetzen, mit dem Vertrag inkompatibel, außer in den bestimmten Umständen, wie sie in Art. 20, Absatz 2 des Vertrags vorausgesehen sind.“ Der Art. 20 Abs. 2 ruft Staaten dazu auf, Folgendes zu verbieten: „Die Verfechtung nationalen, rassistischen oder religiösen Hasses, welche zur Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt anstiftet.“ Der Kommentar verlangt mit Bedacht, dass keine Restriktion die Garantien des Abkommens auf Gleichberechtigung vor dem Gesetz (Art. 26) und der Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion (Art. 18) verletzen darf. Gesetze, die Blasphemie einschränken, sind als solche somit mit den allgemeinen Menschenrechtsstandards inkompatibel.

Gegen dieses Menschenrecht wird jedoch in vielen Staaten verstoßen. So gilt Gotteslästerung in vielen Religionen als schweres religiöses Vergehen, wenn es die eigene Religion betrifft.

LiquidFeedback
Datum der letzten Änderung

29.04.2012


Anregungen

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Diskussion

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Contra-Argument: Innerer Frieden

  • Die Regelung besteht aus gutem Grund, zumindest für diejenigen, die alt genug sind, sich an die Bürgerkriege in Jugoslawien oder den Nordirland-Konflikt zu erinnern. Toleranz muß einklagbar bleiben; ein ex-Bundesbanker, der mit Wikipedia-logo.pngEugenik-Begründungen die vermeintliche Dummheit von "Kopftuchmädchen" (und Klugheit von Juden) begründen will und damit das meistverkaufte Buch seit "Mein Kampf" produziert, wurde danach nicht angeklagt, obwohl er zu Recht mit Wikipedia-logo.pngTreitschke verglichen wurde. Es sind noch genug Zeitzeugen selbst innerhalb der Piratenpartei, die bestätigen können, daß der Innere Friede durch religiöse Pogrome sehr stark gestört werden kann und zu blutigen Bürgerkriegen und dem Zerfall ehemals einträchtiger Nationen führt - romkatholisches Kroatien, serbisch-orthodoxes Serbien, Bosnien-Herzegowina mit einem großen moslemischen Anteil, Nordirland. Deutschland ist nach dem Dreißigjährigen Krieg, dem langen Kampf um Religionsfreiheit ausgehend von Preußen, der Wikipedia-logo.pngZerstörung Löwens im Ersten Weltkrieg und der Shoah ganz sicher das falsche Land, darin zu behaupten, "religiöse Gefühle" bedürfen keines besonderen Schutzes. Dafür gab es zu viele Religionskonflikte. - Gleiche Begründung gilt, wenn die Abschaffung des Volksverhetzungs-§130 StGB in einem anderen Programmantrag gefordert werden sollte. --Dingo 02:41, 9. Mär. 2012 (CET)
    • Toleranz als einklagbares Recht? Wovon träumst du nachts. Glaubst du wirklich, dass irgendein intoleranter Mensch toleranter wird, wenn ein Richter entscheidet: "Der Beklagte ist zur Toleranz verpflichtet." Und noch eines, aufgrund der Einschränkung, dass der öffentliche Friede durch die Tat gestört wird, läuft die ganze Bestimmung in der Praxis darauf hinaus, dass nur die katholische und evangelische Kirche geschützt werden - alle anderen sind viel zu klein, als dass eine Äußerung den öffentlichen Frieden überhaupt stören kann. Und was dein Kriegsszenario angeht. Pogrome kannst du durch diesen Paragraphen überhaupt nicht verhindern, und der strafrechtliche Schutz folgt aus anderen Strafbestimmungen (Mord, Totschlag, Körperverletzung, Landfriedensbruch etc.). Religionskriege auch nicht, auch wenn sie in Form eines Bürgerkrieges stattfinden. Im übrigen ist der Aufruf zum Religionskrieg auch ohne § 166 StGB strafbar. Kurz und gut: Obwohl ich gegen § 166 StGB bin, gebe ich durchaus zu, dass es bedenkenswerte Argumente für eine Beibehaltung gibt, erst nach Abwägung von Pro und Contra komme ich zu dem Ergebnis, das er abgeschafft werden sollte, aber was du hier schreibst ist, mit allem Respekt gegenüber deiner Person gesagt, glatter Unsinn, denn nach seiner Intention soll der § 166 StGB weit unterhalb der Verhinderung von Religionskriegen, was durch andere Strafbestimmungen gewährleistet wird, das friedliche Zusammenleben unterhalb der Schwelle von bewaffneten Auseinandersetzungen gewährleisten.

Bvo: Wie sieht es denn mit der Toleranz der Gläubigen gegenüber Nichtgläubigen aus? Über Jahrtausende hinweg wurden Nichtgläubige beleidigt, verfolgt, gefoltert und ermordert. Im Zeichen des Kreuzes wurden mehr als 100 Millionen Menschen ermordet. Das Problem ist nicht der mangelnde Schutz des irrationalen Glaubens, sondern der Glaube selbst mit den daraus abgeleiteten mittelalterlichen Vorstellungen von Ethik und Moral. Der innere Friede wird dadurch gewahrt, dass der Glaube zur reinen Privatsache wird und der Staat sich vollkommen raushält.

  • Eine Gesellschaft ändert sich durch Wikipedia-logo.pngEvolution, nicht Wikipedia-logo.pngIntelligent Design. Die Gesellschaft so ändern zu wollen, ist, als ob Du Dein Haus und die Umgebung grau färbst, um damit zu erreichen, daß die Sachen nur noch soviel wiegen wie auf dem Mond (wobei Du nicht beachtest, daß die Masse gleich bleibt).
  • "Nichtgläubige" in Massen sind ein recht neues Phänomen, sie waren ansonsten nur sehr kleine Gruppen - die allerdings doch an allerlei übersinnliches glaubten. Die Verfolgungen "über Jahrtausende" waren Verfolgungen von Andersgläubigen, und hier auch oft nicht aus echten Glaubensgründen, sondern die sind vorgeschoben und es geht um Machterhalt sehr weltlicher Herrscher.
  • Des weiteren, Geschichte zu kennen (und, q.e.d., auch korrekt zu kennen) ist wichtig; trotzdem gilt zu "Jahrtausende hinweg" gehenden Mißständen: "Jetzt sind wir hier. Was jetzt geschieht, geschieht uns." (Wikipedia-logo.pngAnna Seghers, Wikipedia-logo.pngDas siebte Kreuz) Wenn wir im Saarland (bzw. Deutschland) uns diese Argumentation leisten würden, wäre die D-F-Freundschaft und die Wikipedia-logo.pngElysee-Verträge nie geschlossen worden, auch nicht die Wikipedia-logo.pngOstverträge.
  • Du bist Dir im Klaren, daß "Religion" nicht nur aus "Evangelisch/Katholisch" besteht, sondern es weitere Konfessionen und Religionen in Deutschland gibt? Du hast Dir versucht vorzustellen, wie es sich für Wikipedia-logo.pngJuden anfühlen muß, 67 Jahre nach Ende der letzten offiziellen Diskriminierung im Westen und 23 Jahre im Osten plötzlich wieder mit auch nur der Forderung nach so etwas konfrontiert werden? - Und Du kannst Dir vorstellen, was für einen Tanz diejenigen, die sich mit ihnen dann solidarisieren (e.g. yours truly), dann veranstalten werden (und ich bin sogar einer der NETTESTEN von denen)? --Dingo 00:55, 13. Mär. 2012 (CET)

Pro/Contra-Argument: ...

... Bvo: Du schreibst: "und ich bin sogar einer der NETTESTEN von denen)? --Dingo"

... ich bin einer von den Nettesten von den anderen. Mir ist nicht bekannt, dass sich Anhänger des jüdischen Glaubens hier in Deutschland jemals auf den Blasphemieparagraphen berufen hätten. Wenn überhaupt, so wird er vorwiegend von christlichen und islamischen Fundamentalisten genutzt und dann in der Regel gegen Künstler (Karikaturen, Bühnenstücke usw.).

  • Das Gesetz ist sowieso total lückig. Wenn ein Mensch jetzt öffentlich verkünden würde (Das ist nur ein Beispiel)Jesus war eine Ausgeburt Satans, oder Buddha hat kleine Mädchen vergewaltigt oder was weiß ich, dann kann man ihn ja strengenomen nicht bestrafen, schlieslich darf er ja Glauben was er möchte und es auch sagen.

Unterstützung / Ablehnung

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

  1. Bvo
  2. --Spearmind 22:01, 16. Mär. 2012 (CET)
  3. NineBerry 17:09, 28. Mär. 2012 (CEST) Man könnte erwähnen, dass gruppenbasierte Menschenfeindlichkeit auf der Grundlage einer Religion bereits ausreichend in §130 berücksichtigt ist.
  4. Käptn Nuss
  5. Michael Tödt
  6. Altstadtpirat
  7. Nagumo
  8. ...

Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen

  1. Dingo
  2. Wika
  3. Monarch 13:14, 4. Apr. 2012 (CEST)
  4. ...

Piraten, die sich vrstl. enthalten

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