SH:Landtagswahl 2012/Wahlprogramm/Kapitel05

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Inneres und Justiz

- Alles, was Recht ist -

Die Piratenpartei ist der Auffassung, dass hoheitliche Verwaltung und Justiz eine lediglich der freiheitlichen Betätigung der Bürger dienende Funktion haben dürfen. Dennoch stehen sie dem einzelnen Bürger nicht auf gleicher Ebene gegenüber, sondern nehmen Kompetenzen in Anspruch, die der Bürger nicht hat. Gerade weil sie nur eine dienende Funktion haben, dürfen die spezifisch-hoheitlichen Rechte der Verwaltung nur dort gewährt werden, wo sie letztendlich der Ausübung der freiheitlichen Betätigung dienen.

Diese Grenzen garantieren zugleich die Einhaltung des grundgesetzlichen Leitbildes einer selbstbestimmten und vor staatlichen Eingriffen grundsätzlich freien Entfaltung der Persönlichkeit. In Zeiten immer weiter gehender und intensiverer Regulation und Überwachung sowohl privater wie auch öffentlicher Bereiche steht die Piratenpartei dafür ein, dass diese Grenzen gewahrt und gefestigt werden.

Überflüssige Gesetze abschaffen – veraltete Gesetze reformieren

Alleine in Schleswig-Holstein existieren ohne die zahlreichen kommunalen Satzungen über 1.500 Gesetzen und Verordnungen, die sowohl das Leben aller Einwohner des Landes regulieren und bestimmen wie auch den Verwaltungen viele Aufgaben auferlegen. Bei diesem Umfang an Regelungen ist es selbst für den erfahrenen Rechtsanwender schwer, den Überblick zu behalten; für den durchschnittlichen Bürger hingegen kaum möglich. Auch die Verwaltung wird durch nicht mehr erforderliche, aber noch bestehende Aufgaben und Pflichten ohne sachlichen Grund in Anspruch genommen. Dies führt letztlich zu einer unnötigen Mehrbelastung des Haushalts.

Wir setzen uns dafür ein, dass der Bestand an in Geltung befindlichen Gesetzen systematisch nach Erforderlichkeit untersucht und ggf. reduziert wird. Zugleich sollen die vorhandenen Gesetze auf die Möglichkeit der Vereinfachung und Zusammenfassung untersucht werden. Auch mit dem Erlass neuer Regelungen soll zudem äußerst sparsam verfahren werden.

Auf diesem Wege können einerseits für den Bürger ein sicherer Umgang mit den ihn betreffenden Regelungen wie auch eine spürbare Entlastung des Landeskasse bewirkt werden.

Arbeitsbeschleunigung bei Behörden

Wir sehen keinen sachlichen Grund, warum einerseits Behörden ohne negative Folge monatelang untätig sein dürfen, während von Bürgern ohne Rechtskunde erwartet wird, folgenreiche Entscheidungen über Widersprüche und Klagen binnen eines Monats treffen zu müssen. Aus diesem Grund soll in Zukunft grundsätzlich eine Frist von einem Monat gelten, binnen der ein Antrag zu bescheiden ist. Nach Ablauf dieser Frist soll die Genehmigung als erteilt gelten und nicht aufgrund bis dahin bereits bekannter Tatsachen zurückgenommen oder widerrufen werden können.

Bereits jetzt sieht das Landesrecht in §111a Landesverwaltungsgesetz vor, dass eine solche Genehmigungsfiktion durch Rechtsvorschrift zugelassen werden kann. Sie stellt jedoch weiterhin die Ausnahme dar. Wir wollen diese Ausnahme zur Regel machen.

Zugleich beabsichtigen wir, auch im Widerspruchsverfahren vor Behörden eine Frist einzuführen, nach deren Ablauf der Widerspruch als erfolgreich gelten soll.

Im Hinblick auf Verfahren, in denen auch Dritte betroffen sein werden, ist der Einfluss und eine Ausgestaltung der Genehmigungsfiktion weitergehend zu prüfen.

Aufgabenverteilung zwischen Land, Kreisen und Kommunen

Wir wollen eine umfangreiche Überprüfung der Aufgaben- und Haushaltsmittelverteilung von Land, Kreisen und Kommunen, um Missstände, die durch nicht mehr zeitgemäße Strukturen entstanden sind, zu beseitigen.

Angesichts eines immer stärkeren Einflusses europäischer Gesetzgebung und der desolaten Haushaltslage müssen auch die Grundstrukturen tabufrei und ergebnisoffen auf Reformmöglichkeiten untersucht werden.

Solche Reformen sollen dem Grundsatz folgen, Entscheidungsebenen zu entflechten und so eindeutige Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten schaffen.

Für notwendige Reformen darf eine Änderung der Landesverfassung kein Hinderungsgrund sein.

Freiheitspaket verabschieden

Wir wollen dem fortschreitenden Abbau der Bürgerrechte entgegentreten, der seit 2001 dramatische Ausmaße angenommen hat. Unnötige und exzessive Überwachungsgesetze der letzten Jahre wollen wir mit einem »Freiheitspaket« wieder aufheben oder auf ein freiheitsfreundliches Maß beschränken, beispielsweise in den Bereichen »Vorbeugende Bekämpfung von Straftaten«, Videoüberwachung, Wohnungsüberwachung (»Lauschangriff«), Telekommunikationsüberwachung, Rasterfahndung, Schleierfahndung und Datenübermittlung an ausländische Stellen.

Anonymität im Internet

Die Möglichkeit, sich im Internet anonym zu äußern, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass es echte Meinungsfreiheit gibt. Jeder Bürger muss sicher sein, dass er seine freie Meinung ohne Angst vor Konsequenzen äußern kann. Wir setzen uns auf Landes- und Bundesebene nachdrücklich dafür ein, dass diese Anonymität, zum Beispiel in Foren, Blogs und anderen öffentlichen Diskussionsräumen, gewahrt bleibt. Das Recht auf die Verwendung von Pseudonymen muss gewahrt bleiben.

Privatsphäre rechtstreuer Bürger achten

Zur Bewahrung unseres historischen Erbes an Freiheitsrechten und zur Sicherung der Effektivität der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung treten wir dafür ein, dass eine staatliche Informationssammlung, Kontrolle und Überwachung künftig nur noch gezielt bei Personen erfolgt, die der Begehung oder Vorbereitung einer Straftat verdächtig sind. Zum Schutz unserer offenen Gesellschaft und im Interesse einer effizienten Sicherheitspolitik wollen wir auf anlasslose, massenhafte, automatisierte Datenerhebungen, Datenabgleichungen und Datenspeicherungen verzichten. In einem freiheitlichen Rechtsstaat ist eine derart breite Erfassung beliebiger Personen nicht hinnehmbar und schädlich.

Moratorium für neue Überwachungspläne

Solange nicht eine systematische Revision der bestehenden Sicherheitsgesetze erfolgt ist, treten wir für ein Moratorium für weitere Eingriffe in unsere Rechte im Namen der Kriminalitätsbekämpfung ein. Zur Gewährleistung unserer Sicherheit brauchen wir keine neuen Gesetze; die vorhandenen Gesetze reichen aus.

Stopp der staatlichen Überwachung & Datensammlungen

Wir lehnen die Überwachung des öffentlichen Raums, sei es durch Videokameras oder Kfz-Kennzeichenscans, strikt ab. Mit diesen Maßnahmen werden alle Nutzer öffentlicher Flächen unter Generalverdacht gestellt, ohne dass eine tatsächliche Steigerung der Zahl aufgeklärter oder verhinderter Straftaten belegt werden kann. Auch die Erfassung biometrischer Daten ohne Anfangsverdacht wird von uns kategorisch abgelehnt. Wir fordern die Rückkehr zu den bisherigen Personalausweisen und Reisepässen ohne biometrische Daten. Bisher auf diese Weise gesammelte Daten müssen unverzüglich gelöscht werden.

Der Staat darf nach unserer Auffassung Daten nur dann erfassen, wenn hierfür ein begründeter Anlass besteht. Uns ist dabei durchaus bewusst, dass gerade bei präventiven Maßnahmen ein solcher Anlass teilweise nur schwer darzulegen ist. Deshalb aber gänzlich auf das Gebot der Erforderlichkeit zu verzichten, ist der falsche Weg. Vielmehr müssen auch komplexe und langfristige Maßnahmen nachprüfbar sachlich fundiert sein.

Die Kosten der anlasslosen Datensammlung und Überwachung stehen in keinem Verhältnis zu dem behaupteten Nutzen. Die durch den Abbau anlassloser Überwachung eingesparten Mittel sind für Maßnahmen der Kriminalprävention einzusetzen, deren Wirksamkeit erwiesen ist.

Sicherheitsbewusstsein stärken

Die gefühlte Sicherheit ist eine wichtige Voraussetzung für unser persönliches Wohlbefinden. Forschungsergebnisse zeigen aber, dass das hohe Maß an Sicherheit in Deutschland verbreitet unbekannt ist und dass das Kriminalitätsrisiko teilweise weit überschätzt wird. Wir wollen ein Programm zur Stärkung des Sicherheitsbewusstseins und zur sachlichen Information über Kriminalität in Schleswig-Holstein auflegen, um verzerrten Einschätzungen und Darstellungen der Sicherheitslage entgegen zu wirken.

Sicherheitsforschung demokratisieren

Die Sicherheitsforschung aus Steuergeldern wollen wir demokratisieren und an den Bedürfnissen und Rechten der Bürgerinnen und Bürger ausrichten. In beratenden Gremien sollen künftig neben Verwaltungs-, Wissenschafts- und Industrievertretern in gleicher Zahl auch Volksvertreter sämtlicher Fraktionen, Kriminologen, Opferverbände und Nichtregierungsorganisationen zum Schutz der Freiheitsrechte und Privatsphäre vertreten sein. Eine Entscheidung über die Ausschreibung eines Projekts soll erst getroffen werden, wenn eine öffentliche Untersuchung der zu schaffenden Grundrechteagentur über die Auswirkungen des jeweiligen Forschungsziels auf unsere Grundrechte (impact assessment) vorliegt. Die Entwicklung von Technologien zur verstärkten Überwachung, Erfassung und Kontrolle von Bürgerinnen und Bürgern lehnen wir ab. Stattdessen muss die Sicherheitsforschung auf sämtliche Optionen zur Kriminal- und Unglücksverhütung erstreckt werden und eine unabhängige Untersuchung von Wirksamkeit, Kosten, schädlichen Nebenwirkungen und Alternativen zu den einzelnen Vorschlägen zum Gegenstand haben.

Weil auch die gefühlte Sicherheit eine wichtige Voraussetzung für unser Wohlbefinden ist, wollen wir zudem erforschen lassen, wie das öffentliche Sicherheitsbewusstsein gestärkt und wie verzerrten Einschätzungen der Sicherheitslage entgegen gewirkt werden kann.

Für eine intelligente, rationale und evidenzbasierte Sicherheitspolitik

Ein angemessener Schutz vor Kriminalität ist eine wichtige staatliche Aufgabe, die nach unserer Überzeugung nur durch eine intelligente, rationale und evidenzbasierte Sicherheitspolitik auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse erfüllt werden kann. Um kluge Sicherheitsmaßnahmen fördern und schädliche Maßnahmen beenden zu können, wollen wir, dass eine dem Landtag unterstellte Grundrechteagentur alle bestehenden Befugnisse und Programme der Sicherheitsbehörden in Schleswig-Holstein systematisch und nach wissenschaftlichen Kriterien auf ihre Wirksamkeit, Kosten, schädliche Nebenwirkungen, auf Alternativen und auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten untersucht (systematische Evaluierung). Auf dieser Grundlage können wir sodann Grundrechtseingriffe aufheben, wo dies ohne Einbußen an Sicherheit – also ohne Einfluss auf die Kriminalitätsrate – möglich ist. Auch im Bereich der Sicherheit ist das Kosten-Nutzen Prinzip anzuwenden, um mit den aufgewendeten Mitteln ein Höchstmaß an Sicherheit zu erreichen.

Unabhängige Untersuchungskommission

Wir setzen uns dafür ein, dass auf Landesebene eine unabhängige Kommission zur Untersuchung von Straftaten im Amt eingerichtet wird. Gerade bei dem Verdacht von Straftaten im Amt durch Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaften, Polizei) erfolgt die Untersuchung bislang durch die gleiche Behörde. Dies gewährleistet weder eine unabhängige noch eine effektive Untersuchung. Aber auch in anderen Verwaltungszweigen besteht in der Regel eine Interessenkollision zwischen dem Ermittlungszweck und dem Schutz »der eigenen Seite«. Durch die Einrichtung der Kommission wird in Zukunft die Gefahr von Interessenskollisionen verringert. Um dies zu erreichen darf die Kommission keine Mitglieder aus dem jeweils betroffenen Behördenzweig haben (z.B. Verdacht der Straftat durch einen Polizisten, daher keine dem Landesinnenministerium unterstellten Mitglieder). Ferner soll die Kommission auch nicht im öffentlichen Dienst stehende Mitglieder haben. Ergebnisse in anderen Staaten, z.B. Großbritannien, haben den Nutzen einer unabhängigen Kommission bereits belegt.

Kriminalpräventionsstrategie

Wir wollen einen Schwerpunkt unserer Sicherheitspolitik auf die Förderung von Präventionsmaßnahmen und -projekten legen, deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist. Nur so kann schon den Ursachen von Kriminalität entgegengewirkt werden. Besonders wichtig ist uns dies bei Jugendlichen. Wir wollen dazu eine Landespräventionsstrategie entwickeln und die bisher zersplitterten Ministerialzuständigkeiten für Kriminalprävention auf das Innenministerium vereinen.

Löschen der Darstellung von Kindesmissbrauch im Internet

Wir wollen die Verbreitung von Bildern und Videos, die Kindesmissbrauch zeigen, wirksam verhindern. Deswegen muss die Polizei in der Lage sein, Beweise gerichtsfest zu sichern und unverzüglich die Löschung solcher Bilder und Videos von den Servern zu veranlassen. Dazu werden wir bei Bedarf auch die Polizeibehörden personell und technisch besser ausstatten. Den Aufbau einer Sperrinfrastruktur lehnen wir ab, da diese grundsätzlich die Gefahr birgt, für beliebige weitere Sperrmaßnahmen bis hin zur Zensur missbraucht zu werden.

Keine Privatisierung hoheitlicher Aufgaben

Das Gewaltmonopol des Staates darf nicht an Privatfirmen delegiert werden. Aufgaben der Polizei und des Strafvollzugs müssen vollständig in staatlicher Hand bleiben. Auch in anderen Bereichen ist die Auslagerung grundsätzlich nur dann zu billigen, wenn die Bereithaltung der Kapazitäten durch den Staat aufgrund zu hoher Kosten oder zu seltener Inanspruchnahme nicht möglich ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass private Anbieter der Leistungen in der Regel teurer sind, da sie auf Gewinn ausgerichtet sind.

Bessere Ausstattung der Polizei

Um der Polizei die Erfüllung ihrer Aufgaben in einem vernünftigen Maße zu ermöglichen, muss die materielle und personelle Ausstattung verbessert werden. Die Anschaffung von persönlicher Ausrüstung darf nicht dem einzelnen Polizisten aufgebürdet werden. Gleichzeitig müssen ausreichend Beamte beschäftigt werden, um die Polizeiarbeit angemessen bewältigen zu können. Vor allem die Präsenz – und damit eine verbesserte Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit vor Ort – ist auch in den Stadtteilen und auf dem Land sicherzustellen.

Polizeiarbeit im Internet

Wir wollen die Ausbildung und Ausstattung der Polizei für die Strafverfolgung im Internet verbessern. Dazu müssen zum Beispiel auch bestehende Möglichkeiten, Gesetzesverstöße im Internet zu melden, vereinfacht und ausgebaut werden. Jedoch müssen auch im Internet die Grundrechte und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Eingriffe in private Kommunikation, etwa das Mitlesen von E-Mails, dürfen nur nach richterlicher Anordnung möglich sein. Das Einschleusen von Software in private Computer lehnen wir vollständig ab.

Eindeutige Kennzeichnung von Polizisten

Bei geplanten Veranstaltungen wie Demonstrationen oder Einsätzen bei Sportereignissen sollen Polizisten eindeutig identifiziert werden können, zum Beispiel durch eine gut sichtbare Identifikationsnummer. Für den Fall unverhältnismäßiger Gewaltanwendung oder anderer gesetzeswidriger Handlungen durch Polizisten muss sichergestellt werden, dass deren spätere Identifikation möglich ist. Dabei sind die Persönlichkeitsrechte der Polizisten zu wahren. Im Fall einer Anzeige soll daher erst auf richterlichen Beschluss hin die Identifikation erfolgen. Hierfür ist ein geeignetes und praktikables Verfahren zur Verteilung der Identifikationsnummern und zu deren Gestaltung in Zusammenarbeit mit der Polizei zu entwickeln.

Dokumentation bei Vernehmungen

Wir setzen uns dafür ein, dass Vernehmungen der Polizei und Staatsanwaltschaften grundsätzlich in Wort und Bild aufgezeichnet werden. Auf diese Weise soll für Gerichte nachvollziehbar sein, auf welche Weise Aussagen oder Geständnisse von Beschuldigten zustande gekommen sind. Die materielle Ausstattung muss gewährleistet werden.

Entschädigung für gesetzgeberisches Unrecht

In den letzten Jahren mussten Verfassungsgerichte immer häufiger Gesetze aufheben, die unsere Grund- und Freiheitsrechte verletzten. Damit solche Grundrechtsverstöße nicht wie bisher sanktionslos bleiben, wollen wir dem Landesverfassungsgericht das Recht geben, den zwischenzeitlich von dem verfassungswidrigen Gesetz in ihren Grundrechten verletzten Bürgerinnen und Bürgern (nicht nur den Kläger/innen) eine angemessene Entschädigung zuzusprechen.

Menschenwürde Unschuldiger achten

Menschen, die zu Unrecht in Haft saßen, müssen angemessener entschädigt werden als dies zurzeit üblich ist. Justizirrtümer sind leider unvermeidlich, aber deren unschuldige Opfer sollten darunter nicht leiden. Unschuldig inhaftiert zu sein, bedeutet nicht nur den Verlust der Freiheit und der Selbstbestimmung, sondern immer auch ein unvorstellbares Maß an Verzweiflung über die Aussichtslosigkeit der eigenen Lage.

Die derzeitige geringe Entschädigung von 25 Euro pro Hafttag ist skandalös und eines Rechtsstaates nicht würdig. Wir fordern eine gerechtere Entschädigung für vollständige oder für im Wesentlichen für unschuldig befundene Personen. Es ist zudem zynisch, dass von diesem Betrag ohne Rechtsgrundlage noch Verpflegungskosten abgezogen werden. Wir wollen über den Bundesrat eine Entschädigung ohne Abzüge von mindestens 250 Euro pro Tag erreichen.

Grundrechtskonformität erhöhen

Zur präventiven Stärkung der Verfassungskonformität der Gesetzgebung wollen wir einem Drittel des Landtages oder zwei Fraktionen das Recht geben, ein Rechtsgutachten des Landesverfassungsgerichts zur Verfassungskonformität eines Gesetzesvorhabens einzuholen. Die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident soll darüber hinaus das Recht erhalten, bei verfassungsrechtlichen Zweifeln vor der Ausfertigung eines Gesetzes das Landesverfassungsgericht anzurufen.

Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften

Staatsanwälte sind an dienstliche Anweisungen ihrer Vorgesetzten gebunden. Dadurch besteht die Gefahr der politischen Beeinflussung von Strafverfahren. Um die Unabhängigkeit der Justiz und den Rechtsstaat zu stärken, fordern wir, dass die Landesregierung von ihrem Weisungsrecht gegenüber den Landesstaatsanwälten keinen Gebrauch mehr macht. Insbesondere soll es keine Dienstanweisungen mehr geben, die sich auf einzelne Verfahren beziehen.

Waffenrecht

Die Verschärfungen der Waffengesetze in den letzten Jahren dienten vor allem dazu, Sicherheit vorzutäuschen und einfache und schnelle Antworten auf komplizierte Probleme zu geben. Wir setzen uns für Waffengesetze ein, welche die sorgfältige Aufbewahrung von Schusswaffen regeln und dadurch die Sicherheit aller Bürger gewährleisten. Wir lehnen es aber ab, beispielsweise Sportschützen zu Sündenböcken für gesellschaftliche Probleme zu machen.

Streichung von §90 StGB

Wir setzen uns im Rahmen einer Bundesratsinitiative gem. Art. 76 GG dafür ein, dass § 90 StGB (Verunglimpfung des Bundespräsidenten) gestrichen wird.