Diskussion:AG Migration/Thesenpapier
Weitere Thesen für eine Piratige Migrationspolitik
1) Es gibt nichts Wahres im Falschen
Der Ausgangspunkt, der seit Bestehen der Bundesrepublik in Bezug auf die auf Migrationspolitik besteht, war von Anfang an Falsch! Beruhend auf diesem falschen Ansatzpunkt können auch keine „richtigen“ Resultate die Folge sein.
Die Regierung der Bundesrepublik und ein Großteil der Bevölkerung war und ist nicht bereit die reale Bevölkerungszusammensetzung und somit die gesellschaftliche Wirklichkeit und zu akzeptieren. Man war und ist in weiten Teilen nicht bereit, anzuerkennen, dass wir in einem vielfältigen, internationalen und interkulturellen Land Leben. Die Einwanderungspolitik der Bundesrepublik zeichnet sich dadurch aus, dass es einerseits ewig dauerte, bis ein Zuwanderungs _begrenzungs_ gesetz verabschiedet wurde und andererseits trotzdem weiterhin offiziell keine Zuwanderungsstrategie existiert. Diese fehlende Strategie wird durch die Realität, in der es faktisch sehr wohl Zuwanderung gibt, etwa durch den Familiennachzug und durch papierlose Einwanderer täglich aufs Neue ad absurdum geführt.
Bis heute werden real stattfindende Einwanderungsprozesse nicht als solche wahrgenommen, geschweige denn das es eine Planungsperspektive des Gesetzgebers gibt, welche verschiedene Zuwanderungsformen zusammenfasst und so eine zukunftsfähige Lösung anbietet.
Die Praxis zeigt zudem, dass seit mehr als 50 Jahren von „Integration“ geredet, Assimilation erwartet und Ausgrenzung betrieben wird.
Das Ergebnis dieser Praxis ist, dass sich hierzulande eine "Vier-Klassen-Gesellschaft" (Deutsche, EU-Bürger, Drittstaatsangehörige und Flüchtlinge incl. Papierloser und sogenannter bzw. "Statuslose") gebildet hat.
Hinzu kommt ein absurder Diskurs in den Medien, bei dem Einwanderer in solche „die nützen“ und solche, „die ausnutzen“ aufgeteilt werden. Ergänzt wird dies von der Diskussion um „Integrationswillige“ und „Integrationsunwillige“, was immer zu Lasten der Einwanderer geht.
Die aktuelle „ Migrationspolitik“ gibt ein Janusköpfiges Bild ab, das einerseits die Anwerbung Hochqualifizierter, die das demografische Defizit beseitigen sollen propagiert, und gleichzeitig eine Abschreckungspolitik gegenüber anderen, deren Rechte im Zuge jeder Ausländerrechtsreform eingeschränkt wurden, betreibt.
Dies führt zu einer Spaltung der Gesellschaft in Menschen mit unterschiedlichen politischen Rechten und Privilegien. Diese Spaltung ist aber nicht mit den Prinzipien unserer, auf unteilbaren Menschrechten beruhenden Demokratie vereinbar, und widerspricht fundamental dem Recht auf Gleichbehandlung und führt dadurch in Einzelbereichen den demokratischen Rechtsstaate ad absurdum.
2) Integration und Inklusion
Wenn in der öffentlichen, politischen oder medialen Debatte von Integration die Rede ist, geht es meist um Defizite (wie höhere Arbeitslosigkeit, soziale und/oder bildungspolitische Probleme). Dabei ist ein grundlegendes Umdenken notwendig. Sicherlich sind Migranten in dieser Gesellschaft vielseitigen Problemkonstellationen ausgesetzt, doch ist darüber nicht zu verschweigen, dass sie zugleich einen wesentlichen Beitrag für eine gemeinsame Gesellschaft leisten. Migranten sind nicht Objekte, sondern gleichberechtigte Subjekte von gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und politisch-demokratischen Prozessen.
In der Bundesrepublikanischen Debatten wird „Integration“ häufig zu einer Art Bringschuld von Einwanderern gemacht, bei der der gesamtgesellschaftliche, politische und sozioökonomische Kontext ausgeblendet bleibt. Tatsache ist das in unserer Gesellschaft nicht nur „Migranten“ diskriminiert werden. Diskriminierung ist ebenso ein Problem für Menschen mit körperlichen, intellektuellen bzw. psychischen Beeinträchtigungen, für arme Menschen, Frauen, junge und alte Menschen, queere Menschen. Sie alle werden in unterschiedlicher Form an der selbstbestimmten und gleichberechtigten Teilhabe an unserer Gesellschaft gehindert.
Bei dem Konzept der Integration von Menschen geht darum, Unterschiede wahrzunehmen und zuerst Getrenntes wieder zu vereinen. Inklusion hingegen versteht sich als ein Konzept, das davon ausgeht, dass alle Menschen mit ihrer Vielfalt an Kompetenzen und Niveaus aktiv an der Gesellschaft teilnehmen. Alle Menschen sollen sich als Teil einer Gesellschaft verstehen, in der jeder Einzelne seinen sicheren Platz hat und somit eine Teilnahme für alle am Gesellschaftlichen Leben möglich ist.
Ziel einer Inklusionspolitik sollte ist die Schaffung einer Gesellschaft sein, in der jeder Mensch an der Gesellschaft gleichberechtigt teilhaben kann, und zwar genauso, wie er oder sie ist. Die Vielfalt der unterschiedlichen Lebensrealitäten ist es, was inklusive Politik unterstützt. Unterschiede werden nicht hierarchisiert sondern anerkannt.
Das Recht aller auf Selbstbestimmung und auf gleiche Lebenschancen muss der Maßstab inklusiver Politik sein. Jeder Mensch hat den gleichen Anspruch auf Würde, auf uneingeschränkten, barrierefreien Zugang zur gesellschaftlichen Infrastruktur, zu Produkten und Dienstleistungen und die gleichen Rechte auf Teilhabe an der Gesellschaft.
Eine Politik der Inklusion geht davon aus, dass allerspätestens die zweite und damit auch alle nachfolgenden Einwanderergenerationen ebenso wie z. B. Menschen mit Behinderungen nicht außerhalb unserer Gesellschaft stehen, sie sind hineingeborener Bestandteil dieser Gesellschaft und müssen nicht erst integriert werden. Anstatt diese Nachkommen der ersten Einwanderergeneration als gleichberechtigt zu akzeptieren, gilt es als völlig „Normal“, von hier geborenen und aufgewachsenen Menschen zu verlangen, sich zu „integrieren“. Vielfalt bedeutet nicht, dass unsere Gesellschaft in lauter kleingruppen zerfällt. Eine inklusive Gesellschaft besitzt eine Gemeinsamkeit, einen Fixpunkt, die universellen Werte der Menschenrechte.
Dies ist wichtig, denn eine inklusive Gesellschaft kann nur auf der Basis gemeinsamer Wertvorstellungen möglich sein. Ungeachtet von Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Alter, sexueller Identität oder Behinderung soll jeder Mensch mit identischen Rechten und Pflichten wahrgenommen werden. Unabdingbare Voraussetzung für eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe aller Diese uneingeschränkte Akzeptanz der Menschenrechte sowie die Möglichkeit zur Verständigung in einer gemeinsamen Sprache sind meines Erachtens. Erst der gegenseitige Respekt erzeugt in einer vielfältigen Gesellschaft wie der unsrigen die notwendige Identifikation mit unserer demokratischen Gemeinwesen, allerdings nur dann, wenn der Grundsatz anerkannt wird, dass die Freiheit des Einzelnen immer da aufhört, wo die Freiheit anderer eingeschränkt wird. Maßstab ist hier unser Grundgesetz.
3) Islamfeindlichkeit hat nichts mit Religion zu tun
Die jüngsten „Salafisten Debatte“ und die zunehmend verbreitete Islamfeindlichkeit haben erneut den traurigen Zustand der Diskussionskultur hierzulande im Hinblick auf Migrationsfragen enthüllt. Sie tragen dazu bei, die Spaltung der Gesellschaft entlang ethnischer, rassischer und religiöser Bruchlinien zu vertiefen. Fatal ist es, migrationspolitische Auseinandersetzungen auf die „Islam-Frage“ zu reduzieren, wie es politische Akteure gegenwärtig meist praktizieren.
Es gilt meines Erachtens nach, klarzustellen, dass alle Spielarten des religiösen Fundamentalismus mit Piraten Positionen grundsätzlich unvereinbar sind. Die Prinzipien der Toleranz und Meinungsfreiheit erwachsen aus dem Bekenntnis zu demokratischen Werten. Eine Tolerierung von Organisation, die antidemokratische und diskriminierende Werte vertreten, kann aus diesem Grunde nicht mit demokratischen Prinzipien vereinbart werden. Die Piraten setzen sich für eine pluralistische und säkulare Gesellschaft ein, in der jede Religion, Glaubensgemeinschaft und politische Organisation gleichermaßen willkommen ist, sofern die Prinzipien der Toleranz, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Menschenrechte von jenen Organisationen uneingeschränkt akzeptiert werden.