BY:Landesparteitag 15.1/Anträge/Positionspapier 004
Dies ist ein Antrag für den Landesparteitag Bayern 15.1. Die Antragsseiten werden kurze Zeit nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich. |
Antragsnummer
POS -004 Einreichungsdatum
2015/8/27 23:58:00 UTC (unverbindlich, entscheidend für Frist ist Eingang bei der Antragskommission) Antragstitel
Konstruktive Familienpolitik Antragsteller
CEdge, Detlef Rausch, Jürgen Purzner Antragsart
Positionspapier Kurzzusammenfassung
Positionierung zur finanziellen Unterstützung von Familien, Sorge- sowie Umgangsrecht und der Rolle der Familiengerichte Antragstext
Der Landesparteitag möge folgenden Antrag beschließen:
Wir möchten die Privilegien, welche für Ehe und Elternschaft gewährt werden, deutlicher voneinander unterscheiden. Insbesondere möchten wir die aus der Ehe hervorgehenden Vorteile reduzieren und mit diesen Mitteln die Elternschaft stärker fördern. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Bestehen einer Ehe zu erheblichen Vorteilen in Bezug auf Besteuerung und Sozialleistungen berechtgt, während die in immer weniger Fällen damit verbundene Elternschaft relativ beschränkt gefördert wird. Unser Ziel ist eine Besserstellung von Familien mit Kindern zu Lasten kinderloser Lebensgemeinschaften. Die Unterstützungsleistungen für die Elternschaft und die damit verbundene Erziehung sollen auch im Fall einer gescheiterten Beziehung der Eltern weiterbestehen. Auch nach einer Trennung wollen und müssen Kinder versorgt und erzogen werden, folglich müssen auch die Unterstützungsleistungen unverändert gewährt werden. Wir unterstützen somit Eltern - unabhängig vom Beziehungsstatus - mehr, während kinderlose Paare weniger Förderung erfahren sollen. Solche Vorteile können steuerliche Vergünstigungen, geringere Sozialabgaben, Sachleistungen oder bessere Sozialleistungen sein. Betreuung und Erziehung von Trennungskindern Die heutige Praxis von Betreuung und Wahrnehmung der Interessen von Scheidungskindern durch Jugendämter und andere staatliche Institutionen ist mangelhaft. Auch mit der jüngsten Neuregelung [2] durch die etablierten Parteien wurde noch keine grundlegende Verbesserung zur Förderung des Kindeswohls und zur Gleichberechtigung beider Elternteile erreicht. Wir möchten unabhängig vom elterlichen Beziehungsstatus standardmäßig ein gemeinsames Sorgerecht beider Eltern ab Geburt des Kindes. Ausnahmen davon soll es nur in Sonderfällen geben. Bei getrennt lebenden Eltern soll in der Regel ein Wechselmodell für die Betreuung der Kinder angestrebt werden. Abweichungen davon sollen die Eltern im Trennungsfall nach Bedarf regeln können. Es gibt keine Musterlösung für die Vielzahl der verschiedenen Lebenswirklichkeiten. Die Regelung der Betreuung der Kinder muss vor negativen Einflüssen und Beweggründen - etwa aufgrund finanzieller Interessen - geschützt werden, egal ob diese von den Eltern, dem Sozialstaat oder den beteiligten Anwälten ausgehen. Desweiteren soll eine proportionale Aufteilung des Kindesunterhalts nach Betreuungsanteil und Einkommensverhältnissen beider Eltern als Norm gelten, wobei die Eltern im Trennungsfall eine abweichende Regelung treffen können. Aktuell kann der Unterhalt entweder nur dem einen oder dem anderen Elternteil zugewiesen werden. Eine flexiblere Aufteilung ist eine entscheidende Voraussetzung für die Motivation und Bereitschaft zur gemeinsamen Elternschaft. Zudem soll die gesetzliche Regelung einen Entfremdungsschutz beinhalten. Eine Entfremdung durch gezielten Entzug eines Elternteils und deren Folgen lassen sich praktisch nicht rückgängig machen. Das Kind hat ein natürliches Recht auf beide Eltern, dieses Recht muss der Staat im Rahmen seiner Möglichkeiten durchsetzen. Die Möglichkeiten der Einflussnahme und Sanktionen müssen in diesem Bereich verbessert und ausgeweitet werden. Rolle der Familiengerichte bei Trennung und Scheidung Das aktuelle Familienrecht begünstigt in vielen Fällen die Entstehung von Streitigkeiten oder trägt zur Eskalation bei. In diesem Zusammenhang mischt sich der Staat im Zuge einer Trennung häufig invasiver als nötig in die Lebensführung der Beteiligten ein, meist ohne die Lebensumstände und Bedürfnisse insbesondere der Kinder ausreichend bewerten zu können. Anstatt eines Verfahrens vor dem Familiengericht möchten wir in möglichst vielen Fällen eine einvernehmliche und deeskalative Regelung von Unterhalt, Betreuung der Kinder und sorgerechtlicher Fragen durch die Eltern erreichen. Zumindest die meisten Scheidungsfälle kommen ohnehin ohne Sorgerechtsentscheidung vor Gericht aus [1]. Daher möchten wir Methoden wie Mediation und Schlichtung zum Regelfall machen. Diese Methoden machen es notwendig, dass die Elternteile miteinander kooperieren. Die Möglichkeit sich selbst vor den Familiengerichten mittels vorgetäuschter Streitigkeiten Vorteile zu verschaffen, motiviert in vielen Fällen zur Eskalation der Konflikte. Weder Mütter noch Väter dürfen dafür belohnt werden, den anderen Elternteil schlecht zu machen. Festgehalten werden die Regelungen in einem Eltern-Vertrag zwischen den Beteiligten, der bis zu einem festzulegenden Zeitpunkt läuft und danach verlängert oder neu verhandelt wird. Dieses Vorgehen ist flexibler und unbürokratischer als ein Gerichtsverfahren. Die Familiengerichte und das beteiligte Jugendamt sollen ein Widerspruchsrecht haben. Die Familiengerichte greifen ein, wenn seitens der Eltern keine Einigung erfolgt oder möglich ist oder wenn der Eltern-Vertrag verletzt wird. Dabei sollen die Gericht jedoch die eigenverantwortliche Einigung der Eltern befördern und bevorzugen. Der Staat sollte sich nach Möglichkeit nicht in die Details der Lebensführung der Trennungsfamilie einmischen. Rechtsstaat und Justiz sollen sich auf die Rolle beschränken, zu der sie auch fähig sind, anstatt zu versuchen, die Eltern im Fall einer Trennung zu entrechten oder gar zu ersetzen [3]. Bei Eltern, die zusammenleben - egal ob friedlich oder im Streit - findet in der Regel auch keine Einmischung in dieser Form statt. Der Zwang zur Wahrheitsfindung und die qualitativen Anforderungen an die Urteilsfindung der Familiengerichte soll erhöht werden. Dies betrifft insbesondere hinzugezogene Gutachten und Aussagen von Eltern. Gegeneinander vorgebrachte Anschuldigungen, insbesondere in Bezug auf Straftaten, dürfen nur dann zu einem substanziellen Entzug von Elternrechten führen, wenn diese von Strafgerichten festgestellt wurden oder offensichtlich sind. Behauptungen vor dem Familiengericht dürfen nicht zu einer indirekten Bestrafung ohne Beweispflicht und Strafrechtsurteil führen. Desweiteren sollen Verhandlungen vor Gericht neben den Eltern auch nahen Verwandten grundsätzlich zugänglich sein.
Antragsbegründung (nicht Teil des Antrags)
Warum sollte sich die Piratenpartei mit diesem Thema beschäftigen? Das derzeitige Familienrecht trägt durch seine Mängel in vielen Fällen zu Eskalation oder zur Entstehung von Streitigkeiten bei. Darüber hinaus mischt sich der Staat invasiver als nötig in die Lebensführung und die Privatsphäre der Beteiligten ein. Dies führt zur Gefährdung der Rechte des Einzelnen, insbesondere im Bereich der Lebensführung und der Privatsphäre von Eltern und Kindern. Wir haben bisher zu den herkömmlichen familienpolitischen Themen so gut wie keine Positionen, weder in Bayern noch im Bund. Dabei sind selbst viele unserer eigenen Mitglieder und Anhänger, insbesondere aufgrund ihres Alters, als Eltern oder Scheidungskinder betroffen. Auch in der breiten Bevölkerung sind Menschen oft intensiv persönlich vom Familienrecht betroffen. Was ist der Sinn dieses Antrags? Das Thema ist weniger für das politische Schaufenster oder Wahlplakate gedacht. Wir wollen jedoch die politischen Grundwerte der Piraten auch bei diesem Thema anwenden, da eine Positionierung für viele betroffene Wähler sehr wichtig ist. Das Ziel ist also primär eine Aufnahme in Wahlprogramme im Einklang mit den politischen Kernbotschaften der Piratenpartei. Wie geht es danach weiter? Wir möchten zunächst prüfen, ob die formulierten Ansätze und Ziele Zustimmung auf dem Parteitag finden. Ausgehend davon möchten möchten wir einen detaillierteren Vorschlag erarbeiten. Auf dieser Basis wollen wir Inhalte für das Wahlprogramm - insbesondere im Bund - entwickeln und evtl. die Essenz davon für das Grundsatzprogramm ausformulieren.
[1] http://www.daserste.de/unterhaltung/talk/menschen-bei-maischberger/sendung/09092014-krieg-um-kinder-100.html - 30. Minute (Achtung: "Video verfügbar bis 10.09.2015") [2] http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2013-01/sorgerecht-neu Datum der letzten Änderung
06.09.2015 Status des Antrags
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