Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/P030

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Anträge werden 7 Tage nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt und im Forum in der Kategorie Antragsdiskussion zur Diskussion gestellt. Im Forum sollen Argumente für und gegen den Antrag diskutiert werden.

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Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer P030
Einreichungsdatum
Antragsteller

Altstadtpirat

Antragstyp Positionspapier
Antragsgruppe Internationale Beziehungen
Zusammenfassung des Antrags Ergebnis der Teilnahme der Piraten am Internationalen Afghanistan Friedenskongress - umgesetzt als Positionspapier.
Schlagworte Außenpolitik, Entwicklungspolitik, Sicherheitspolitik, Verteidigungspolitik, Afghanistan, Frieden, Entwicklung, NATO, ISAF, OEF
Datum der letzten Änderung 26.10.2012
Status des Antrags

Pictogram voting question.svg Ungeprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Positionspapier zu Afghanistan

Antragstext

1. Die Piraten erkennen das uneingeschränkte Recht auf Souveränität und Selbstbestimmung der Islamischen Republik Afghanistan an. Wir fordern die Bundesregierung auf, eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Afghanistans zu unterlassen.

2. Die Piraten fordern den Abzug aller fremden Truppen aus Afghanistan, dies beinhaltet einen vollständigen und unverzüglichen Abzug der deutscher Soldaten. Die Bundeswehr kann afghanische Sicherheitskräfte in Deutschland ausbilden, wie dies auch mit Soldaten anderer Nationen erfolgt. Es besteht keine Notwendigkeit der Präsenz der Bundeswehr vor Ort.

3. Die Piraten setzen sich für eine solidarische, transparente, nachhaltige und faire Entwicklungszusammenarbeit ein.

4. Die Piraten setzen sich für eine Förderung der Zivilgesellschaft ein.

5. Die Piraten unterstützen den Friedensplan von Naquibullah Shorish und den afghanischen Hohen Friedensrat, als mögliche Wegweiser zum Frieden in Afghanistan.

Antragsbegründung

Dieses Positionspapier wurde auf Basis der Ergebnisse des Internationalen Afghanistan Friedenskongresses (13.-14. Oktober 2012 Landesmuseum Bonn) erarbeitet. Informiert Euch selbst: Dokumentation und Videoeindrücke

Es gibt noch zwei konkurrierende Positionspapiere (P002,P022) zu Afghanistan. Leider hatten wir nicht mehr die Zeit sie zu bündeln, da sie sich inhaltlich doch etwas unterscheiden.

Eine multiperspektivische und differenzierte Betrachtung der Probleme & Ursachen würde die Antragsbegründung sprengen. Daher beschränke ich mich auf die Begründung der einzelnen Punkte.

Zu Punkt 1 Souveränität und Selbstbestimmung:

Aufgrund der geostrategischen Position leidet Afghanistan, inbesondere seit dem Einmarsch der Briten 1832 (vgl. "The Great Game" & "Heartland-Theorie"), unter der Durchsetzung machtpolitischer Interessen und ständigen Interventionen anderer Staaten. Durch eine Vielzahl von konkurrierenden Akteuren ist dieser Zustand im 21. Jahrhundert noch komplizierter und damit eine Friedenslösung umso schwieriger. Externe Mächte instrumentalisieren Bevölkerungsgruppen und Ethnien für Ihre Interessen und bereiten damit den Boden des andauernden Machtkampfes/Bürgerkrieg. Diese Einmischung ist eines der Grundprobleme.

Beispiele der Interessen:

  • Pakistan: Paschtunische Stammesgebiete als strategischer Rückzugsraum/Hinterland bei einem möglichen Konflikt mit Indien
  • China: Zugang zu den umfangreichen Rohstoffen (Kupfererzmine Anyak). Es sind geschätzte 1Billion $ und damit das 18-fache der ursprünglich angenommenen Menge an Eisen, Kupfer, Gas, Kohle, Edelstein, Öl, Gold, Lithium in Afghanistan vorhanden.
  • Russland, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan: Abwehr radikaler Tendenzen, Angst vor Destabilisierung, Gefährdung durch Drogen aus Afghanistan
  • Iran: Unterstützung der schiitischen Minderheiten (Hazara, Teile der Paschtunen) und der Tadschiken
  • Türkei: Unterstützung der Usbeken und Tadschiken, um eigenen Einfluss in der Region auszubauen
  • Golf-Staaten: Verbreitung des Salafismus und damit Ausdehnung des eigenen Einflusses
  • Indien: Aufbau einer zweiten Front im Kriegsfall mit Pakistan mit Hilfe der Tadschiken
  • USA: Zugang zu den Rohstoffen, Pipelinebau, Geostrategische vorteilhaft gelegene Militärbasen neben China, Iran und Pakistan und in der Südflanke Russlands (vgl. Brzezinski-Strategie)
  • Andere (NATO) Staaten: Betonung der weltpolitischen Relevanz durch Teilnahme an der Koalition der Willigen

Selbstbestimmung ist ein zentrales Element des Selbstverständnisses der Piraten. Dies gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Gruppen oder Gesellschaften. Nur ein selbstentwickelter gesellschaftlicher Konsens kann die Wunden der Kriege langfristig heilen. Solange aber Kriegsherren als Sicherheitsdienstleister angeheuert werden und mit der Förderung von lokalen Milizen das Machtgleichgewicht verändert wird, stärkt man die Falschen. Mit der Loja Dschirga hatte man die Chance, hat diese aber leichtfertig verspielt und mit der Regierung Karzai ein korruptes Klientelsystem installiert. Dieser Zustand hat sich in den letzten Jahren noch verschlimmert und nicht gebessert. Die logische Konsequenz ist, aus der Geschichte zu lernen und endlich den Afghanen die Möglichkeit zu geben ihre Zukunft wirklich selbst zu bestimmen. Die Bundesrepublik Deutschland und ihre Bürger würde sich die Einmischung anderer Nationen in eigene innere Angelegenheiten ebenso verbitten.

Zu Punkt 2 Abzug fremder Streitkräfte:

Die Präsenz der NATO ist eines der Haupthindernisse für Verhandlungen aller Teile der afghanischen Gesellschaft miteinander. Der ISAF-Einsatz hat sich schleichend, aber absehbar vom Stabilisierungs- zum Kriegseinsatz gewandelt. Der Einsatz von Panzerhaubitzen und Schützenpanzern Typ Marder sowie die Schützengräben des OP NORTH bei Kunduz führen uns dies vor Augen. Der Gefährdung von unbeteiligten Zivilisten durch Kampfhandlungen würde ausgeschlossen werden. Die Bundeswehr hat die Erfahrung, Lehreinrichtungen und Truppenübungsplätze, um Soldaten anderer Nationen hier in Deutschland umfassend ausbilden zu können. Dies ist bereits mit jemenitischen, albanischen, georgischen und mongolischen Soldaten geschehen. Die durch das Ende des Militäreinsatzes freigewordenen Mittel könnten der Entwicklungszusammenarbeit und dem Aufbau einer afghanischen Zivilgesellschaft zur Verfügung gestellt werden. Es wäre eine Win-Win Situation für Afghanistan und Deutschland.

Zu Punkt 3 Entwicklung:

Die Arbeitsgruppe Entwicklungspolitik hat dazu schon einen Programmantrag entwickelt. Die dort aufgeführten Vorschläge sind anzuwenden und können den Problemen wie Verschwendung, Korruption und Vetternwirtschaft entgegengesetzt werden. Die Bundesregierung setzt auf das Konzept der "Vernetzten Sicherheit" in Afghanistan und liefert damit die Entwicklungszusammenarbeit der Gefahr aus als Kriegspartei gesehen zu werden. Die bisherige Entwicklungspolitik konnte mangels finanzieller Ausstattung die Vielzahl von Erwartungen nicht erfüllen. Zum Thema Entwicklung wurden auf dem Internationalen Afghanistan Friedenskongress folgende Schlußfolgerungen gezogen:

  • Ein umfassender lang angelegter Versöhnungsprozess nach 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg.
  • Eine gleichberechtigte Partizipation von Frauen auf allen Ebenen und ein System der Absicherung der Frauen- und Menschenrechte.
  • Ein umfassendes Bildungs- und Ausbildungssystem für jede und jeden.
  • Ein dezentrales Gesundheitssystem, zu dem alle Zugang haben.
  • Die umfassende Förderung einer nachhaltigen, dezentralen, kleinbäuerlichen Landwirtschaft, die in der Lage ist, das Land selbst zu versorgen und den BäuerInnen ein Leben in Sicherheit und „kleinem“ Wohlstand ermöglicht.
  • Eine ökonomische Entwicklung entsprechend der Kultur, der Umwelt und den Bedürfnissen des Landes.

Zu Punkt 4 Aufbau einer Zivilgesellschaft:

Statt Sicherheitsdienstleistungen auf Warlords auszulagern und diese zu finanzieren sowie Problemdistrikte mit nur kurzfristig wirksamen "Quick-Impact Projects" zu überhäufen, sollte der Aufbau einer Zivilgesellschaft stärker gefördert werden, da dieser innerstaatliche, afghanische Kräfte freisetzt die diesem Land den notwendigen Entwicklungsschub geben. Die afghanische Zivilgesellschaft ist aktiv und facettenreich. Sportvereine, Jugendclubs, Gedichtwettbewerbe, Bildungseinrichtungen oder Frauentreffpunkte leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der von Konflikten zerissenen Gesellschaft. Wer "Good governance" predigt, sollte auch mit gutem Beispiel vorangehen. Der Widerspruch zwischen Anspruch und realem Handeln führt momentan zur Desillusionierung, Vertrauensverlust und entzieht damit die Grundlage für weitere Zusammenarbeit. Elementar für das Gelingen eines Projektes ist, dass die Auswahl und Durchführung von der Förderung nach einem überprüfbaren Kriterienkatalog von Afghanen für Afghanen vorgenommen wird.

Zu Punkt 5 Wege zum Frieden:

Ausführliche Informationen zum Friedensplan findet Ihr hier: Link

Naquibullah Shorish, Stammesführer der paschtunischen Kharoti, hat auf dem Internationalen Afghanistan Friedenskongress seinen Plan vorgestellt. Alle gesellschaftlichen Gruppen in Afghanistan haben diesem zugestimmt, selbst die kriegführenden Gruppen sind mit 95% des Inhaltes einverstanden. Zusammen mit dem afghanischen Hohen Friedensrat könnte ein Konsens für ein wirklich tragender afghanischer Lösungsansatz entstehen.

Details des Plans:

Der Shorish-Plan geht in seiner Analyse davon aus, dass sich der Afghanistankrieg in einer Sackgasse des militärischen Patts befindet. Der Plan sieht mehrere Phasen vor:

  • Vertrauensbildende Maßnahmen. Dazu zählen die Anerkennung der UNO-Charta und der UNO-Menschenrechtscharta als Grundlage für die innen- und außenpolitische Zukunft Afghanistans ebenso wie die Bereitschaft zu einem sofortigen und allseitigen Waffenstillstand.
  • Ene zweite „Petersberg-Konferenz“ unter Vorsitz der UNO, die eine Weichenstellung für eine Übergangsregierung und einen Zeitplan für einen Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan festlegt. An dieser Konferenz sollen Angehörige der Konfliktparteien, wie z.B. Vertreter der NATO, Mitglieder der Kabuler Regierung und Vertreter des bewaffneten Widerstands sowie einflussreiche afghanische Stammesführer teilnehmen.
  • Weitere Gespräche und Verhandlungen auf unterschiedlichen Ebenen, innerafghanisch, international und zwischen ISAF und Aufständischen.

Für die innerafghanischen Gespräche wird eine Jirga gebildet, der in der ersten Phase ausschließlich Stammesführer angehören, die alle Nationalitäten und zumindest die wichtigsten Stämme Afghanistans vertreten. Diese Jirga erarbeitet zuerst die Modalitäten aus für die innerafghanischen Gespräche und Verhandlungen und zieht danach Vertreter der unterschiedlichen Konfliktparteien hinzu.

Auf der internationalen Ebene wird eine internationale Konferenz Afghanistans und seiner Nachbarstaaten (Pakistan, Iran, Usbekistan, Tadschikistan u.a.) unter der Obhut der UN vorbereitet. Zwischen ISAF und Aufständischen geht es darum, den Weg für eine dauerhafte Beendigung des Krieges, eine international akzeptierte Friedenslösung und den Abzug der internationalen Truppen freizumachen.

  • Bildung einer Übergangsregierung für zwei Jahre. Diese soll den Entwurf einer neuen Verfassung ausarbeiten, die durch die traditionelle Loya Jirga beraten und beschlossen wird, Neuwahlen vorbereiten und den Drogenanbau bekämpfen.
  • Aufbau neuer Sicherheitsorgane aus den bisherigen nationalen Sicherheitskräften und den Widerstandskämpfern.

Erster Schritt muss die Entwaffnung aller illegal bewaffneten Gruppen und Milizen sowie der privaten Sicherheitsfirmen sein. Zum Aufbau neuer Sicherheitsorgane wird eine Koordinierungszentrale aus den bisherigen nationalen Sicherheitskräften und den Widerstandskämpfern geschaffen.

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge