AG Geldordnung und Finanzpolitik/ThemaUngleichverteilung4

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Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Patrik vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel.


Das Boom-Bust-Spiel

Aus der Möglichkeit der Geschäftsbanken im Prinzip unlimitert Giralgeld schöpfen zu können, ergibt sich eine Möglichkeit, gezielt die Wirtschaft im großen Stil zu manipulieren. Diesen Vorgang will ich als Boom-Bust-Spiel bezeichnen.

Dass es einen Boom-Bust-Zyklus gibt und dieser maßgeblich von der Kreditvergabe beeinflusst ist, wird spätestens seit der Finanzkrise von niemandem bestritten, und auch der Ablauf ist wohl verstanden.

Im Wesentlichen wird argumentiert, dass sich die Kreditvergabe pro-zyklisch entwickelt und so Phasen starker Über- und Unterinvestition auslöst. In aller Kürze kann man es so beschreiben:

  1. Geld entsteht aus Schulden, deshalb sind Schulden erstmal kein Problem, sondern Voraussetzung für eine Geldwirtschaft
  2. Schulden können zu einem Problem werden, wenn sie nicht zu mehr Einkommen führen, sondern nur Vermögensblasen erzeugen.
  3. Dies passiert dann, wenn nicht in die Produktion neuer Güter investiert wird, sondern in bestehende Vermögenswerte (bspw. Häuser oder Finanzanlagen).
  4. Das Problem an Vermögensmärkten ist, dass sie nicht, wie Gütermärkte, zu einem Gleichgewicht neigen, sondern selbstverstärkend sind.
  5. In der Folge kommt es immer wieder zum Boom-Bust-Zyklus.
  6. Das Problem ist, dass in der Boom-Phase immer mehr Schulden aufgenommen werden, die den Schuldendienst massiv erhöhen und so das verfügbare Einkommen reduzieren.
  7. Im Boom ist das kein Problem, weil die dadurch fehlende Nachfrage durch weitere Schulden kompensiert werden kann. Wird die Kreditvergabe aber eingeschränkt, tritt der Nachfragemangel aber zu Tage und es kommt zu Rezession.

Weniger oft wird in akademischen Kreisen darüber diskutiert, warum die Kreditvergabe plötzlich eingeschränkt wird und welche Auswirkungen das Boom-Bust-Spiel auf die Vermögensverteilung hat. Der Boom-Bust-Zyklus wird als "naturgegeben" hingenommen und schöngeredet.

Die "klassische" Argumentation

„Punktuelle "Übertreibungen" des Marktes und Blasen haben nicht per se etwas schlechtes. Hätten wir jetzt ein flächendeckendes Eisenbahnnetz, hätten die Investoren in der Gründerzeit geahnt dass sie damit langfristig kein Geld verdienen? Hätten wir jetzt stabile und preiswerte Mobilfunk und Datennetze, hätten die Anbieter gewusst das Ihnen keine relevante Marge bleibt? Das sie die Milliarden für die Netzauktionen nie einspielen werden?
Und nun aber zu den Übertreibungen, wie bspw. den Handeln mit amerikanischen Schrottverbriefungen und der zugrundeliegende Immobilienboom in den USA + PIGS: dieser Boom wurde nicht durch private Geldschöpfung, sondern durch das Handeln demokratisch legitimierter Exekutiven, dem Volke wohlgemeint, ermöglicht, die private Immobilienspekulation war staatlich gefördert und gewollt.
Die private Geldschöpfung bildet nur realwirtschaftlich begründete Forderungsbewegungen ab.“

Klassischerweise nimmt man an, dass Geld nur ein Mittel ist, das zum Einsatz kommt, um realwirtschaftliche Vorgänge zu ermöglichen oder zu vereinfachen. Das Geld(system) selbst ist dabei neutral.

Auch hier kann es zu Konjunkturzyklen kommen, aber am Ende wirken sie segensreich, weil im Bust veraltete Technologien, die ihren Zenit überschritten haben, nicht mehr schuldenfinanziert am Leben gehalten werden, und so den Weg frei machen für neue Technologien, die im nachfolgenden Boom schuldenfinanziert aufgebaut werden. Auf diese Weise wird die Volkswirtschaft bei jedem Durchlauf real reicher.

Störend wirkt sich auf diesen segensreichen Vorgang nur Volkes Wille aus, wenn er die Weisheit der Märkte nicht zur vollen Entfaltung kommen lässt.

In der Tat ist da bei sehr oberflächlicher Betrachtung einiges dran, allerdings krankt diese Darstellung an drei Punkten:

  1. Es wird nicht gefragt, wem der so entstandene neue Reichtum zufliesst
  2. Es wird nicht gefragt, ob "die Märkte" bei objektiver Betrachtung wirklich so weise sind
  3. Es wird vollkommen ignoriert, dass Geld heutzutage keineswegs nur geschöpft wird, um realwirtschaftliche Vorgänge abzuwickeln

Die Wirklichkeit

Tatsächlich besteht heute der allergrößte Teil aller Transaktionen aus reinen Finanzgeschäften, die weitestgehend losgelöst von realwirtschaftlichen Vorgängen stattfinden. Schätzungen zufolge beträgt das jährliche Handelsvolumen mit Finanzderivaten ein Vielfaches des gesamten Welt-BIPs, welches im Jahr 2008 ca. 61 Billionen USD betrug.

Siehe auch hier: Neue Regeln für OTC-Handel

„Weltweit versuchen die Aufsichtsbehörden, schärfere Regeln für den Markt mit OTC-Derivaten mit einem Volumen von 639 Billionen Dollar einzuführen. In ihr Visier geriet der Markt nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers Holdings Inc. 2008 und der Rettung von American International Group Inc., zwei der größten Händler von Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS).“

Und zum Thema Shadow Banking:

„Der Kampf gegen die Schattenbanken zeigt bislang wenig Erfolg. Im Gegenteil, die Nicht-Banken sind sogar größer geworden: Der FSB bezifferte das Volumen zum Ende des vergangenen Jahres auf 67 Billionen Dollar (Bericht als PDF). Zum Start der Krise 2007 waren es erst 62 Billionen Dollar, vor zehn Jahren noch 26 Billionen.
Den größten Schattenbanken-Sektor haben nach den FSB-Daten die USA: Er ist dort allein 23 Billionen Dollar groß und macht 35 Prozent des gesamten Finanzsektors aus. Die gesamte Euro-Zone kommt auf 22 Billionen Dollar. In internationalen Finanzzentren wie Hongkong, Großbritannien, Singapur und der Schweiz erreicht das Volumen der Schattenbanken ein Vielfaches des Bruttoinlandsprodukts (BIP).“

Das Finanzvermögen übersteigt in vielen entwickelten Volkswirtschaften bereits das Realvermögen.

Warum ist das so? Wer profitiert davon?

Heute liegt eine WESENTLICHE (wenn nicht gar die zentrale) Stellgröße der Volkswirtschaft in den Hände sehr weniger Leute, denen am Gemeinwohl - nachweislich - wenig liegt.

Eine kleine Gruppe von Menschen hat es in der Hand, allein aufgrund ihrer eigenen Präferenzen entweder die Märkte mit Geld zu fluten und so einen verschuldungsinduzierten Boom anzufachen (siehe spanische oder amerikanische Immobilienblase) oder bei passender Gelegenheit durch restriktive Kreditvergabe diese Blase platzen zu lassen.

Bei oberflächlicher Betrachtung mag es einem wie Schicksal vorkommen; tatsächlich ist es ein gelenkter Prozess.

Die Frage ist: WER entscheidet denn, ob die Banken Kredite vergeben oder nicht?

Genau, die Banken! Und keiner sonst.

Das gibt ihnen unglaubliche "Gestaltungsmöglichkeiten" und ein ungeheures Erpressungspotential gegenüber jeglicher Regierung, das bspw. in der Eurokrise sehr offensiv eingesetzt wurde.

Die Banken haben mittlerweile überhaupt kein Interesse an stabilen Verhältnissen, denn sie verkaufen ja Produkte, die gegen genau diese Schwankungen absichern sollen - und die sind umso mehr wert, je größer die Schwankungen sind (siehe hierzu: Black-Scholes-Modell).

Der wirtschaftliche Abschwung ist für die Banken "Erntezeit". Im Boom sorgen die Banken dafür, dass sich alle für irgendwelche Güter bis an den Anschlag verschulden, dann wird der Kredithahn zugedreht, die Leute gehen pleite und die Sicherheiten werden eingesammelt, z.B. von Verwertungsgesellschaften, die wiederum von den Banken finanziert werden. Wer in dieser Situation noch einkaufen kann, gehört zu den Gewinnern.

Wie funktioniert das Boom-Bust-Spiel

Einen wesentlichen Anteil am Gelingen dieses Boom-Bust-Spieles hat die Zentralbank.

Es muss ja für die Geschäftsbanken ein "Signal" geben, wann die freizügige Kreditvergabe beendet werden soll. Eine Bank alleine kann aus spieltheoretischen Gründen diese Kehrtwende nicht einleiten. Würden einzelne Banken ihre Kreditvergabe einschränken und ihr Zinsniveau anheben, würde sie einfach aus dem Markt gekegelt. Das Ganze funktioniert nur, wenn alle gemeinsam handeln.

Dieses tun Banken, indem sie den "Signalen" der Zentralbank folgen. Dabei spielt sich die Preisgestaltung in einem ähnlich engen Rahmen ab wie bei den Ölkonzernen - wobei es sich in beiden Industrien selbstredend nicht um Kartelle handelt; die erstaunliche Gleichzeitigkeit der Preisbewegungen ergibt sich natürlich vielmehr aus dem gnadenlosen Wettbewerb und der hohen Markttransparenz....

Des Pudels Kern

Die Annahme, dass Banken koordiniert handeln, ist keineswegs eine "Verschwörungstheorie" oder irrational. Studien haben gezeigt, dass zwischen den Finanzinstituten eine ungewöhnliche starke Vernetzung vorliegt, die weit über das Maß hinausgeht, welches man erwarten würde.

„This is the first time a ranking of economic actors by global control is presented. Notice that many actors belong to the financial sector (NACE codes starting with 65,66,67) and many of the names are well-known global players. The interest of this ranking is not that it exposes unsuspected powerful players. Instead, it shows that many of the top actors belong to the core. This means that they do not carry out their business in isolation but, on the contrary, they are tied together in an extremely entangled web of control. This finding is extremely important since there was no prior economic theory or empirical evidence regarding whether and how top players are connected.“

Übersetzung:

„Hier wird zum ersten Mal eine Rangfolge der Wirtschaftsteilnehmer erstellt, die sich nach dem Ausmaß ihrer globaler Kontrolle richtet. Es ist bemerkenswert, dass viele aus dem Finanzsektor stammen und viele wohlbekannte Global Player sind. Das interessante an dieser Rangfolge ist nicht so sehr, dass es unvermutet mächtige Wirtschaftsteilnehmer aufzeigen würde, sondern dass viele dieser Akteure zum "Kern" gehören. Das bedeutet, dass sie ihr Geschäft nicht losgelöst voneinander betreiben, sondern in einem extremen dicht verflochtenen Kontrolnetzwerk eingebunden sind. Diese Erkenntnis ist extrem wichtig, da es bisher weder eine ökonomische Theorie noch einen empirischen Nachweis darüber gab, ob und wie stark diese Top Akteure verbunden sind.“

Dieses gilt für die Industrie:

„Es ist nur ein Ausschnitt der Verflechtungen deutscher Spitzenmanager, aber er zeigt klar: "Um einige der größten Dax-Unternehmen herum gibt es einen sehr eng verknüpften Kern von Managern, dessen Dichte auch über die Jahre nicht abnimmt", sagt Thomas Lux, Professor für internationale Finanzmärkte an der Universität Kiel.
...
Der Kieler Forscher Lux kommt in seiner aktuellen Studie gemeinsam mit seinen Kollegen Mishael Milakovic und Simone Alfarano zu dem Schluss, dass der Kern des deutschen Manager-Netzwerks seit fast 20 Jahren stabil sei – und die mächtigsten Unternehmen im Land kontrolliert.“

aber in gesteigertem Maße für Banken:

„Wie weit die Machtkonzentration der Topkonzerne reicht, zeigen Forscher der Züricher Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Sie haben die Eigentumsverhältnisse bei über 40.000 internationalen Unternehmen untersucht – und stießen auf einen Kern von rund 1300 Firmen, die 80 Prozent des Gesamtnetzwerks der Unternehmen gewichtet nach Börsenwert kontrollieren können. Damit nicht genug: Das Zentrum bilden 147 Akteure, die allein 40 Prozent aller erfassten Unternehmen kontrollieren. "Dass dieser Kern so klein und so klar zu erkennen ist, hat uns wirklich überrascht", sagt James B. Glattfelder, einer der Autoren der Studie. "Normalerweise sind so starke Kerne viel größer, machen vielleicht 20 Prozent des Gesamtsystems aus, hier sind es deutlich weniger als ein Prozent." Und diese wenigen Unternehmen, angeführt von Banken und Versicherungen wie Barclays oder der amerikanischen Capital Group, kontrollieren sich zum Großteil auch noch untereinander.“

Die Annahme, dass zwischen den großen (Finanz-)Konzernen erbarmungsloser Wettbewerb herrscht, der im Ergebnis die Wohlfahrt aller maximieren würde, so wie es die gängige Theorie voraussetzt, ist fern der Wirklichkeit. Es ist also schlicht unrealistisch anzunehmen, dass "die Märkte" von einer "unsichtbaren Hand" gelenkt werden - da haben andere ihre Hände im Spiel.

Die Beschäftigung mit diesem Thema unterliegt aber einem Tabu (warum wohl?) - und das schon seit langer Zeit:

„We rarely hear, it has been said, of the combinations of masters, though frequently of those of workers. But whoever imagines, upon this account, that masters rarely combine, is as ignorant of the world as of the subject.“

Adam Smith (Wealth of Nations, book 1, chapter 8)

Übersetzung:

„Selten hört man, wie gesagt, von der Verbindungen der Herrschenden, hingegen sehr häufig von jenen der Arbeiter. Wer sich aber deshalb einbildet, dass sich die Herrschenden selten verbinden würden, der versteht ebenso wenig von der Welt wie von der Sache.“

Phase 1

Stellen wir uns also vor, wir befinden uns in der Hochkonjunktur: Das Produktionspotential ist ausgelastet, das Lohnniveau ist hoch, ebenso die Einkommen und in der Folge die Nachfrage, die Preise steigen. Was macht die Zentralbank? Ganz klar, sie wirkt der Inflationsgefahr entgegen und erhöht die Zinsen (flankiert von den üblichen Horrormeldungen über Hyperinflation, etc. in der Presse). Dies ist das "Signal".

Damit steigt der Schuldendienst und es sinken die verfügbaren Einkommen der breiten Masse, die zum großen Teil ähnlich viel Schulden wie Vermögen hat, und damit ist die Inflationsgefahr (der Konsumentenpreise) gebannt; es gibt dabei aber einen "bedauerlichen" Nebeneffekt: Die Einkommen der Vermögenden steigt dabei natürlich, denn das höhere Zinsniveau führt zu höheren Vermögenseinkommen. Man könnte dies auch als Umverteilung von unten nach oben bezeichnen.

Die Einkommenseinbußen führen zu Nachfrageausfall, in der Folge wird die Konjunktur abgewürgt und immer mehr Unternehmen und private Haushalte geraten in Notlage, weil zwar die Einkommen weg brechen, aber der Schuldendienst in voller Höhe erhalten bleibt (siehe oben).

In dieser Lage wird der Kreditvergabe reduziert, was die Krise weiter verstärkt.

Phase 2

Wegen der schlechten Konjunktur liegen nun die Assetpreise am Boden und können günstig von den Vermögenden aufgekauft werden, die ja aufgrund der hohen Vermögenseinkünfte volle Kassen haben; nun folgt eine erneute Intervention der Zentralbank - die Zinsen müssen wieder sinken, denn es muss ja die Konjunktur angeschoben werden (flankiert von Kommentaren der in der Presse, dass auf diese Weise das Geld der Sparer eher investiert würde und ähnlicher Unsinn).

Die Geldpolitik muss in dieser Situation selbstredend von der Fiskalpolitik unterstützt werden - also mehr Subventionen, mehr Staatsausgaben, niedrigere (Unternehmens-)Steuern. Hierzu werden wieder großzügig Kredite vergeben; zunächst an den Staat, dann an die Unternehmen und schließlich auch wieder and die Bevölkerung. (ironischerweise oder zynischerweise flankiert von Kommentaren in der Presse, dass der Staat nicht mit Geld umgehen kann und durch seine Schuldenexzesse die Krise erst verursacht hat....)

Die Investitionen rentieren sich so prächtig, die Eigentümer verdienen ordentlich, die Löhne steigen, in der Folge die Einkommen und damit die Nachfrage. Aber Vorsicht, Inflation droht wieder - zurück zu Phase 1.

Offiziell firmiert dieser Vorgang unter dem Namen "Konjunkturpolitik".

Ergebnis

Dieses Spiel funktioniert immer und immer wieder, mit dem Ergebnis, dass die Vermögenden immer vermögender werden - selbst im Bust:

„Reiche Deutsche werden trotz Krise immer reicher
Die Bürger in Deutschland haben ihren Wohlstand in den letzten zwanzig Jahren mehr als verdoppelt. Ein Bericht der Bundesregierung stellt aber eine "sehr ungleiche Verteilung" des Vermögens fest.
Das private Nettovermögen hat sich nach den Regierungsangaben allein zwischen 2007 und 2012 um 1,4 Billionen Euro erhöht. Hinter diesen Zahlen stecke jedoch auch "eine sehr ungleiche Verteilung der Privatvermögen". So vereinten "die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich".
Der Anteil dieses obersten Zehntels sei dabei "im Zeitverlauf immer weiter gestiegen". 1998 belief er sich laut den amtlichen Zahlen auf 45 Prozent, 2008 war in den Händen dieser Gruppe der reichsten Haushalte bereits mehr als 53 Prozent des Nettogesamtvermögens. Die untere Hälfte der Haushalte verfüge über nur gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, heißt es in dem Bericht weiter.“

Dieses ist maßgeblichen auf die Interventionen der Zentralbank zurückzuführen:

„Aktienboom macht Ultra-Reiche noch reicher
Weltweit stieg das Vermögen im vergangenen Jahr um 7,8 Prozent auf 135,5 Billionen Dollar. Damit hat sich die Spirale nach oben sogar noch einmal beschleunigt. 2010 lag der Zuwachs bei 7,3 Prozent, 2011 bei 3,6 Prozent. Grund sei die Erholung der Aktienmärkte in der zweiten Jahreshälfte, heißt es in der Studie. So hätte eine Reihe von Börsen in Europa in der ersten Jahreshälfte wegen der Schuldenkrise noch im Minus gelegen, nach dem bedingungslosen Bekenntnis von Zentralbankpräsident Mario Draghi zum Euro ("Was immer es kostet"), zogen die Kurse dann aber deutlich an.“

FAZIT

  • Das Boom-Bust-Spiel ist kein gottgegebenes Phänomen ähnlich den Wellen auf dem Meer, sondern wird aktiv von den Banken durch die Freizügigkeit der Kreditgewährung beeinflusst.
  • Das Spiel wirkt nicht nur destabilisierend, sondern auch umverteilend, was sich in der aktuellen Krise sehr gut beobachten lässt.
  • Am Ende jedes Zyklus mag zwar der Wohlstand steigen - unter der Bedingung, dass alte Strukturen durch neuere, effizientere abgelöst werden - aber oftmals besitzen nur die Vermögenden am Beginn eines neuen Aufschwungs über die Mittel, um frühzeitig einzusteigen und davon zu profitieren.
  • Sobald die breite Bevölkerung in den Genuss höherer Einkommen kommt, interveniert die Zentralbank um einer Nachfrageinflation entgegenzuwirken und leitet so den Abschwung ein.
  • Im Abschwung können sich die Vermögenden mittels der Ersparnisse aus der Boom-Phase günstig weiteres (Real-)Vermögen hinzukaufen.

Ursächlich ist die Tatsache, dass so ein gewaltiges Machtpotential wie die Geldschöpfung einer kleinen Gruppe von rein privatwirtschaftlich orientierten Menschen überlassen wird.

Markt funktioniert aber nur, wenn alle Teilnehmer halbwegs gleiche Voraussetzungen mitbringen - so wie es heute läuft, ist es ein Autorennen, bei dem ein paar Teilnehmer entscheiden, wer wieviel Benzin kriegt - ist es da ein Wunder, dass immer die selben gewinnen?

Man muss verstehen, dass Geld kein Gut wie jedes andere ist, sondern in erster Linie eine volkswirtschaftliche Stellgröße und ein Machtinstrument.

Und als Demokraten muss uns daran gelegen sein, dass diese Macht in der Hand des Souveräns liegt - sonst ist er nämlich keiner.

Das Problem ist, dass sich die Finanzelite ihres Machtmittels durchaus bewusst ist und bestimmt nicht aus Einsicht darauf verzichten wird.

Hierzu abschließend ein Zitat:

„Die Wenigen, die das System verstehen, werden dermaßen an seinen Profiten interessiert oder so abhängig von seinen Vorzügen sein, dass aus ihren Reihen niemals eine Opposition hervorgehen wird. Die große Masse der Leute aber, geistig unfähig zu begreifen, wird seine Last ohne Murren tragen, vielleicht sogar ohne je Verdacht zu schöpfen, dass das System ihnen feindlich ist.“

Gebrüder Rothschild, London, am 28. Juni 1863 an US-Geschäftspartner

Lösungsvorschlag: Endogenes Geldsystem

Da die Koordinierung der Geschäftsbanken über die Zentralbank erfolgt, wäre ein Lösungsansatz, die Zentralbank schlicht abzuschaffen und ein endogenes Geldsystem mit klaren Kreditvergaberegeln zu etablieren.

Das endogene Geldsystem zeichnet sich dadurch aus, dass das Geldangebot strikt von der Geldnachfrage der Nichtbanken abhängt und nicht von einer zentralen Stelle (quasi-)exogen vorgegeben wird. Dieses muss durch Steuern flankiert werden, die greifen, wenn es zu Vermögenspreisinflation bei einzelnen Vermögensklassen kommt, oder die Vermögenskonzentration volkswirtschaftlich schädliche Ausmaße annimmt.

In der aktuellen Krise kann man beobachten, dass die günstigen Zinsen und das de facto unbegrenzte Geldangebot vornehmlich dazu benutzt wird, um Assetblasen aufzupumpen, wovon die ohnehin vermögenden überproportional profitieren.

Dieses ist darauf zurückzuführen, dass immer noch der unspezifisch wirkenden Geldpolitik der Vorzug gegenüber der spezifisch wirkenden Fiskalpolitik gegeben wird - aus reiner Ideologie, weil man meint, dass "die Märkte" schon besser als der Staat wüssten, was dem Allgemeinwohl dient, und automatisch über den Preismechanismus zur optimalen Ressourcenallokation führen. Angesichts der aktuellen Krise und der erneut deutlich sichtbaren Fehlallokation ist das reiner Dogmatismus.

Ein weiterer Vorteil eines wahrhaft endogenen Geldsystems mit explizit formulierten Kreditvergaberegeln - im Gegensatz zu einem, das über eine Institution wie einer Zentralbank vorgibt über eine exogene Steuerung zu verfügen - ist ein kultureller:

  1. Wir erkennen an, dass wir de facto ein endogenes Geldsystem haben und hören auf zu argumentieren als wenn es nicht so wäre (die meisten Missverständnisse und Fehlschlüsse sind nämlich darauf zurückzuführen; insbesondere, weil die Zentralbank als Institution schon aus Selbstschutz und Existenzsicherung kaum dazu beitragen wird, ihr Unvermögen bzgl. der Geldmengensteuerung einzuräumen)
  2. Wir erkennen an, dass die Kreditvergabe de facto unbegrenzt ist und sämtliche Theorien, die dieses nicht anerkennen schlicht falsch sind. Wenn wir wollen, können wir über Nacht Milliarden aus dem Nichts schaffen (denn wir haben es bereits getan, siehe LTRO). Finanzierungsvorbehalte wegen Geldknappheit sind schlicht Unsinn.
  3. Wir erkennen an, dass die Kreditvergabe dem Wohl der Allgemeinheit dienen muss, und deshalb einem demokratisch legitimiertem und definiertem Regelwerk zu folgen hat. "Die Märkte" werden durch "Die Demokratie" als Steuerungsmechanismus (besser: -institution) abgelöst.

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