SH:Aufgaben/Presse/PU20111016-02

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Zur Löschung unserer Fanpage auf Facebook

Dies ist eine Stellungnahme zu unserer Entscheidung, unsere Fanpage auf Facebook zu löschen, die wir mit einer Pressemitteilung veröffentlicht haben. Wir grenzen uns damit von kurzfristigen Streikaktionen anderer Parteien ab.

Wir haben uns nach intensiver Diskussion unter zahlreichen Mitgliedern dazu entschlossen, unsere Fanpage stillzulegen. Während der Debatte auf einer unserer Mailinglisten und im Rahmen öffentlicher Themenabende kristallisierte sich heraus, dass sowohl die rechtliche als auch die moralische Betrachtung der Vorgehensweise des ULD für diese Entscheidung zweitrangig ist.

Fest steht, dass durch den Besuch einer Fanpage personenbezogene Daten des Besuchers an Facebook (USA) übertragen werden und dort zu umfangreichen Profilen verknüpft werden können. Niemand weiß, was mit diesen Daten heute und in Zukunft geschieht, wer sie wofür verwenden wird. Sicher ist jedoch, dass die Datenschutzgesetze in den USA wesentlich lockerer gestrickt sind als die in Deutschland.

Wie durch einen Österreichischen Studenten belegt [1, 2], sammelt Facebook alle personenbezogenen Daten, derer es habhaft werden kann und löscht sie auch dann nicht, wenn ein Benutzer sie aus seinem Konto entfernt hat. Zudem werden diese Datensätze mit Informationen aus Konten anderer Benutzer ergänzt.

Das Problem der „Datenkrake Facebook“ ist nicht neu. Den meisten Nutzern ist oberflächlich bekannt, dass Facebook von ihren Daten lebt. Doch kann davon ausgegangen werden, dass die unglaublich komplizierten AGB in den seltensten Fällen gelesen, geschweige denn verstanden werden. Der Masse der Benutzer ist schlicht nicht bewusst, wie viele Daten sie Facebook tatsächlich liefern und welche Folgen daraus entstehen können. Sie befinden sich im falschen Glauben, die Kontrolle in ihrer Hand zu haben.

Die Piratenpartei steht wie keine andere Partei für den Datenschutz und ebenso für die intensive Nutzung und Auslotung der Möglichkeiten des Internets. Wir geraten deshalb in einen Gewissenskonflikt. Dessen Kern liegt in der Rolle des Lockmittels, die Betreiber von Fanpages einnehmen. Sie sind der Käse in Facebooks Datenfalle. Die Schleswig-Holsteiner PIRATEN wollen das nicht sein und verzichten daher auf die Nutzung einer Fanpage, bis sich an dieser Stelle etwas ändert. Zudem werden wir Interessierte auf Info- und Diskussionsabenden über die Thematik aufklären.

Facebook wird natürlich nicht kratzen, was eine kleine Partei in Schleswig-Holstein macht, doch das ist auch nicht unser Ansinnen. Wir haben uns den Datenschutz auf die Fahnen geschrieben. Für viele unserer Mitglieder ist er einer der wichtigeren Gründe, sich bei den PIRATEN zu engagieren. Sie wollen glaubwürdig bleiben.

Wir sind insofern auf der Seite des ULD, als das wir die nicht beeinflussbaren Datenübermittlungen an Facebook beim Aufrufen einer Fanpage oder einer Website mit „Gefällt mir“-Button, je nach Nutzertyp (ohne oder mit Facebook-Konto), von bedenklich bis nicht tragbar einstufen. Zudem sind die Informationen, die Nutzer darüber erhalten, was mit welchen ihrer Daten wann passiert, unzureichend.

Die Vorgehensweise des ULD, öffentlichkeitswirksam die Nutzer Facebooks als Betreiber einzustufen und mit Bußgelddrohungen anzugehen, halten wir dagegen für den falschen Weg. Viele der vom ULD als eindeutig dargestellten Punkte sind unter Experten umstritten. Das betrifft zum Beispiel die genaue Klärung, welche Daten tatsächlich personenbezogen sind und das Heranziehen der Nutzer anstelle des eigentlichen Betreibers Facebook.

Es zeigt sich hier die Hilflosigkeit der lokalen Datenschutzbehörden gegenüber globalen Unternehmen mit Sitz im Ausland. Es zeigt sich außerdem, dass die Entwicklung unseres Datenschutzgesetzes, trotz einiger Anpassungen in den letzten Jahren, nicht ansatzweise mit den schnellen Veränderungen des Internets und der damit verbundenen gesellschaftlichen Wandlung mithalten kann.

Hier besteht dringender Bedarf, nachzuarbeiten, möglichst auf europäischer und globaler Ebene. Von alleine werden Facebook und vergleichbare Firmen sich nicht einschränken oder anpassen, sondern noch nachlegen. Andererseits dürfen die Datenschutzregelungen nicht durch unrealistische Anforderungen jeglichen Fortschritt blockieren. Feingefühl, Weitblick und Zusammenarbeit sind gefragt.

Gerade anhand der Social Networks wurde in den ersten Monaten dieses Jahres klar, wie wichtig diese Art der Kommunikation und Verbindung heute schon ist. Der Arabische Frühling war keine „Internetrevolution“, hätte ohne Social Networks wie Facebook und Twitter jedoch nicht stattgefunden. In Zukunft wird sich noch viel mehr zeigen, wie wichtig das Internet für die Erhaltung und Verbesserung der Demokratie ist. Sofern wir es zulassen.