HH:Arbeitsgruppen/Stadtentwicklung/Anträge BPT131
Inhaltsverzeichnis
Anträge BPT13
Bauen und Verkehr
Modul 1
Bauen und Wohnen (Präambel)
Zur Würde des Menschen gehört auch würdevolles Wohnen, Wohnraum muss daher für alle bezahlbar sein. Derzeit ist eine starke soziale Entmischung in den Städten zu beobachten, die sich besonders deutlich in einer zunehmenden Konzentration von einkommensschwachen Haushalten in den Großwohnsiedlungen am Stadtrand sowie einer intensiven Gentrifizierung - also einer Aufwertung mit weitreichenden sozialen Folgen - der innerstädtischen Altbauquartiere äußert. Der Gentrifizierung ist durch integrierte, partizipative und transparente Planung, sowie stärkere Berücksichtigung sozialer Aspekte entgegenzuwirken. Darüber hinaus ist ein Wiedereinstieg des Bundes in den sozialen Wohnungsbau unabdingbar. Die Entwicklung von Baukultur muss ein gemeinsames, öffentlich gefördertes Anliegen sein. Bei allen baulichen Maßnahmen soll auf die natürlichen Ressourcen, also Natur und Landschaft, besondere Rücksicht genommen werden; eine Zersiedelung der Landschaft ist zu vermeiden.
Modul 2
Vergabe öffentlicher Aufträge
Bauen ist auch Verantwortung, daher muss sichergestellt werden, dass bei allen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen nur geeignete Fachkräfte und Unternehmen tätig werden können. Die Bauwirtschaft und ihre Auftraggeber sind stärker als bisher zu kontrollieren. Alle öffentlichen Aufträge und Vergaben sollen transparent und nachvollziehbar veröffentlicht werden und kontrollierbar sein. Die Bauaufsicht als Kontrollinstanz ist deutlich zu verstärken. Wir wollen ein Vergaberegister schaffen, mit dessen Hilfe bereits auffällig gewordene Firmen künftig von der Vergabe öffentliche Aufträge ausgeschlossen werden, bis diese nachweislich die Gründe, die zuvor zur Sperrung geführt haben, für zukünftige Bauaufträge behoben haben. Diese Informationen sollen nicht nur Behörden, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen
Modul 3
Alters- und Familiengerechtes Bauen und Wohnen
Die Piratenpartei setzt sich für ein generationsübergreifendes Wohnen ein. Die Stadtentwicklung, der Wohnungsbau und die sozialen Infrastrukturen müssen als Reaktion auf den demographischen Wandel stärker den Bedürfnissen einer Gesellschaft mit steigender Lebenserwartung angepasst werden. Wir fordern und fördern den barrierearmen Umbau von Wohnraum sowie die Anpassung an die Bedürfnisse junger Familien und älterer Menschen. Alle Neubauten sind barrierearm, kinder- und altersgerecht zu errichten, Altbauten möglichst entsprechend zu modernisieren. Bei Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, beispielsweise Krankenhäuser und Bahnhöfe, muss das Prinzip der Barrierearmut gelten.
Modul 4
Sicherung eines bezahlbaren Wohnens
Insbesondere in den Städten wird bezahlbarer Wohnraum immer knapper. Die Gründe dafür sind vielfältig: steigende Nachfrage nach größeren Wohnungen, anhaltender Trend zu Einpersonenhaushalten, geringere Einkommen, steigende Mieten durch "Aufwertung" und vor allem der Rückzug der öffentlichen Hand bei der Schaffung preiswerten Wohnraums. Bezahlbarer und vor allem alters- und familiengerechter Wohnraum wird zunehmend nur in Randlagen angeboten, während die teuren Innenstadtlagen einer besser verdienenden Zielgruppe vorbehalten bleiben. Dies führt zu einer nicht akzeptablen sozialen Segregation in unserer Gesellschaft.
Die Piratenpartei fordert daher eine dauerhafte Förderung eines gemeinnützigen Wohnungsbaus auf Bundes- und Länderebene. Dieser sichert nicht nur Wohnraum für finanziell schlechter gestellte Haushalte, er spart letztlich auch Transferleistungen und wirkt dämpfend auf das allgemein ansteigende Mietzinsniveau. In diesem Zusammenhang sollen auch der genossenschaftliche Wohnungsbau und Mietshäusersyndikate gefördert werden, die den Zweck haben, ihren Mitgliedern dauerhaft preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die öffentliche Hand muss im Rahmen transparenter Planung Rechenschaft darüber ablegen, welche Grundstücke sich im öffentlichen Besitz befinden und warum diese nicht für die Schaffung preiswerten Wohnraums zur Verfügung gestellt werden. Grundstücke der öffentlichen Hand sollen nicht verkauft, sondern nach Projektqualität in Erbbaupacht, mit periodischen Pachtabschlägen vergeben werden. Infrage kommende Grundstücke sollen dabei vorrangig für genossenschaftlichen und sozialen Wohnbau verwendet werden.
Modul 5
Modernisierungsumlagen abschaffen
Derzeit können Eigentümer die Kosten für Modernisierungsmaßnahmen mit 11% pro Jahr auf die Miete umlegen. Diese Umlage wird dauerhaft erhoben, auch wenn die Modernisierungsmaßnahmen längst abbezahlt sind. Die Piratenpartei fordert diese Umlagen zu streichen.
Energetische Sanierungen
Die Piratenpartei fordert, dass nach vorgenommener energetischer Sanierung eine Mieterhöhung maximal in Höhe der durchschnittlichen Energiekosteneinsparung gestattet wird. Aus der Energiesanierung darf dem Mieter bei durchschnittlichem Heizwärmeverbrauch kein finanzieller Nachteil entstehen. Zur Finanzierung der energetischen Sanierungen von Wohngebäuden können von den Eigentümern Fördermittel zur Energieeinsparung für die Sanierung von Wohnraum (KfW, Städtebauförderung, EU-Fonds etc.) in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme von Fördermitteln muss verpflichtenden Vorrang haben vor der Umlage auf die Mieten.
Modul 6
Mietendeckelung bei Neuvermietung
Bei Neuvermietungen von Bestandswohnungen darf die Miete nicht mehr als 10% über der ortsüblichen, durchschnittlichen Vergleichsmiete nach gültigem Mietenspiegel liegen.
Grundmietenerhöhung
Die Kappungsgrenze (§ 558 Absatz 3 BGB) bei der Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete (Mietspiegelmiete) soll auf maximal 15% in vier Jahren geändert werden. Eine Miete, welche die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20% übersteigt, soll als ordnungswidrig gelten.
Modul 7
Sozialer Wohnungsbau
Die Piratenpartei fordert eine Neuorientierung der Wohnraumförderung mit dem Ziel, den Neubau von öffentlich geförderten Wohnungen zu stärken. Wohnungsbaupolitische Ziele müssen sich am Bedarf orientieren. Derzeit fallen ständig mehr Sozialwohnungen aus der Bindung, als neue geschaffen werden, sodass die Zahl der Sozialwohnungen beständig sinkt. Städtische Wohnungsbauunternehmen sollen verpflichtet werden, Unternehmensüberschüsse in den sozialen Wohnungsbau zu reinvestieren. Die Bindungsfristen von Sozialwohnungen müssen verlängert werden, um den Bestand ausbauen zu können.
Schutzschild gegen Gentrifizierung
Mit dem Öffnen der sozialen Schere zwischen armen und reichen Stadtteilen in den Städten ist eine Neubewertung vieler innenstadtnaher Altbauquartiere verbunden, in denen im Vergleich zur Gesamtstadt weit überproportionale Mietpreissteigerung zu beobachten sind. Dieses als Gentrifizierung bekannte Phänomen führt zu einer weiteren Entmischung der Einkommensgruppen und einer Verschärfung der sozialräumlichen Polarisierung. Die Piratenpartei lehnt diese unsoziale Politik, die auf Kosten der einkommensschwächeren Einwohner geht, grundsätzlich ab und fordert einen Schutzschild gegen Gentrifizierung, der aus Komponenten der Beobachtung der sozialräumlichen Entwicklung sowie Interventionen auf dem Wohnungsmarkt besteht.
Soziale Erhaltungsverordnungen
Bei Entwicklungen, die auf Gentrifizierung hindeuten, muss umgehend der Erlass von sozialen Erhaltungssatzungen für die entsprechenden Gebiete geprüft und bei Bedarf zeitnah erlassen werden. Auf Bundesebene muss geprüft werden, in wie fern das Instrument der sozialen Erhaltungssatzung zur wirkungsvollen Eindämmung von Gentrifizierung geeignet ist. Durch eine Reform von §172 BauGB (Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart von Gebieten) soll die Regulation der Mietentwicklung als Teil der Erhaltungssatzung festgeschrieben werden.
Mietergemeinschaften sollen ein Vorkaufsrecht bei Veräußerung der von ihnen bewohnten Immobilien bzw. beim Neubau anstelle der alten Immobilie gewährt werden. Bei Neubau gelten die Mieter als berechtigt, denen aufgrund des Abrisses die Kündigung ausgesprochen wurde bzw. die mit Begründung des Abrisses selbst die Kündigung ausgesprochen haben. Die Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft bzw. in einem Wohngemeinschaftsprojekt ist finanziell zu fördern und die ausreichende Versorgung der Hamburger mit preiswertem Wohnraum muss sichergestellt werden.
Alternative Wohnformen
Mit dem sozialen Wandel unserer Gesellschaft geht auch eine Pluralisierung der Lebensentwürfe und Wohnpräferenzen einher, der derzeit stadtpolitisch noch zu wenig Rechnung getragen wird. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass auch alternative Wohnformen - wie etwa Bauwagenplätze - legalisiert werden. Geeignete Standorte für alternative Wohnformen sind auf Basis partizipativer Verfahren zu bestimmen.
Maklerunwesen abschaffen
Maklergebühren für Mietobjekte sollen nicht länger von Mietern getragen werden müssen, da sie ihnen in Städten mit stark umkämpften Mietwohnungsmarkt keine Vorteile bringen. Da die Dienstleistung des Wohnungsmaklers dem Vermieter zu Gute kommt, muss dieser auch die Kosten hier für tragen.
Verhinderung von Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum
Um dem ausufernden spekulativen Leerstand und der Zweckentfremdung von Wohnraum, z.B. als Arztpraxen, Anwaltskanzleien oder als Ferienwohnungen, Einhalt zu gebieten sollen Wohnraumschutzgesetze konsequenter als bisher angewendet werden. Darüber hinaus fordert die Piratenpartei eine Ergänzung um folgende Punkte: Eigentümer von Wohnraum sollen einer bußgeldbewehrten Anzeige bei einem länger als 3 Monate andauernden Leerstand verpflichtet werden Den Kommunen soll ein Belegungsrecht eingeräumt werden, wenn 3 Monate nach Bußgeldverhängung keine Vermietung erfolgt ist Nach Leerstand von mehr als 12 Monaten soll ein beschleunigtes Vermietungsverfahren Anwendung finden Nach Leerstand von mehr als 6 Monaten z.B. bei Abriss- bzw. Neubauplanung soll eine Zwischenvermietung angeordnet werden können Bei Sanierungs- und Umbaumaßnahmen dürfen Wohnungen höchstens doppelt solange wie allgemein üblich leer stehen. Darüber hinaus sollen die Kommunen eine vom Bund geförderte Möglichkeit erhalten, das Personal in den Wohnraumschutzabteilungen aufzustocken. Die Besetzung von widerrechtlich leerstehendem Wohnraum soll entkriminalisiert werden.
Modul 8
Kündigung, Mietminderung, Betriebskostenumlage
Anfang 2013 wurde von der schwarz-gelben Bundesregierung das Mietrechtsänderungsgesetz verabschiedet, welches im April desselben Jahres in Kraft trat. Dies verschiebt ein notwendiges Gleichgewicht zwischen Eigentümer- und Mieterinteressen zu Ungunsten der Mieter. Anliegen der PIRATEN ist es hier wieder einen gerechten Interessenausgleich herzustellen.
Ordentliche Kündigung
Fristgerechte Kündigungen wegen Zahlungsverzugs sollen, wie fristlose Kündigungen, unwirksam werden, wenn der Mieter innerhalb einer Frist die Ausstände nachzahlt. Fristlose, wie fristgerechte Kündigungen wegen nicht gezahlter Mieterhöhung sollen erst möglich sein, wenn die Berechtigung zur Mieterhöhung rechtskräftig festgestellt ist und der Mieter den Erhöhungsbetrag dennoch nicht zahlt. Die Möglichkeit zur Kündigung wegen Eigenbedarf soll auf Eigenbedarf zum Wohnen und auf Verwandte in gerader Linie beschränkt werden.
Mietminderungsrecht
Die Einschränkungen des Mietminderungsrechts durch das Mietrechtsänderungsgesetz von 2013 sollen zurückgenommen werden, so dass ein Recht zur Mietminderung bei eingeschränkter Nutzbarkeit der Mietsache durch Modernisierungsmaßnahmen nicht erst nach drei Monaten besteht.
Betriebskostenumlagen
Der Mieter soll immer, wie bislang nur für Sozialwohnungen gesetzlich geregelt, das Recht, zur Prüfung von Heiz- und Betriebskostenabrechnungen haben und dafür Kopien der Kostenbelege erhalten. Bei der Abrechnung von Heiz- und Betriebskosten ist immer die tatsächliche Wohnfläche zu Grunde zu legen und nicht die vereinbarte.
Stadtplanung
Modul 1
Stadtplanung (Präambel)
Alle Planungen der öffentlichen Hand dienen einer gerechten Abwägung öffentlicher und privater Interessen im Zusammenleben der Menschen. Planung ist unverzichtbar und darf nicht zugunsten einseitiger Interessen eingeschränkt oder aufgegeben werden. Planung soll immer ein ausgewogenes Mit- und Nebeneinander von Bedürfnissen des Wohnens, des Arbeitens, des Verkehrs, der Infrastruktur, der Kommunikation, der Bildung, des Sports und Kultur sowie der Freizeitgestaltung regeln.
Auf allen Entscheidungsebenen (Bund, Land, Bezirke / Kommunen) soll die jeweils betroffene Bevölkerung in offenen Verfahren rechtzeitig und umfassend beteiligt und informiert werden. Ihre Bedürfnisse sollen entsprechend berücksichtigt werden. Unkomplizierte und effektive Verfahren zur Bürgerbeteiligung müssen dabei entwickelt und konsequent ausgebaut werden. Alle für die Planung relevanten Informationen und Grundlagen sind öffentlich zugänglich zu machen und zu erläutern.
Modul 2
Verfahren zur Bürgerbeteiligung
Der Begriff der "Bürgerbeteiligung" bezeichnet die Partizipation der Bürger an politischen und planerischen Entscheidungen. Dabei werden grundsätzlich zwei Arten von Beteiligungsverfahren unterschieden: Zum einen die gesetzlich vorgeschriebenen, also formellen, Beteiligungsverfahren und zum anderen die freiwillige, die informelle, Bürgerbeteiligung. Durch die Beteiligung der Bürger soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Interessen im Planungsverfahren zu wahren. Eine möglichst frühzeitige Bürgerbeteiligung erhöht hierbei die Akzeptanz der geplanten Maßnahmen. Im Planungsprozess sollen verschiedene Verfahren zur Bürgerbeteiligung angewendet werden.
Modul 3
Einsatz neuer Informations- und Kommunikationsmedien
Die Piratenpartei fordert und fördert die verstärkte Nutzung neuer Kommunikationsmedien zur Information und Beteiligung der Bevölkerung. Für die vereinfachte und beschleunigte Durchführung von Beteiligungsverfahren kann das Internet eingesetzt werden, der Begriff der "E-Partizipation" umfasst dabei alle internetgestützten Verfahren. Wie bei den klassischen Beteiligungsverfahren ist auch bei der E-Partizipation zwischen den formellen und informellen Verfahren zu unterscheiden.
Freier Zugang zu Planungsunterlagen
Für eine erfolgreiche Partizipation der Bürgerschaft an politischen und planerischen Entscheidungen ist es notwendig, alle für die Planung relevanten Informationen und Grundlagen ohne unnötige Barrieren öffentlich zugänglich zu machen und zu erläutern. Nur dadurch hat die Bevölkerung die Möglichkeit, ihre Wünsche, Bedürfnisse und Ängste frühzeitig in den Planungsprozess einzubringen.
Dieser freie Zugang zu Planunterlagen soll zum einen über den herkömmlichen analogen Weg, zum anderen aber auch über den neuartigen digitalen Weg ermöglicht werden.
Modul4
Stärkere Kooperation aller Ebenen
Wir wollen das Zusammenwirken zwischen den staatlichen Ebenen, also Bund, Land, Kommune, aber auch den Bürgern, fördern, um allen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen und Maßnahmen effektiver durchzuführen. Neben dieser intra- und interkommunalen Kooperation soll auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in allen Bereichen der Planung intensiviert werden. Diese verstärkte Kooperation ist, genauso wie gleichwertige Lebensverhältnisse, eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Lebensqualität und die Beteiligung der Bürger.