Flyer Videoüberwachung

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Lohnt sich Videoüberwachung?

Die Videoüberwachung öffentlicher Räume wird immer häufiger gefordert und in vielen Städten auch schon angewandt. Doch was bringt es tatsächlich, Orte mit Kameras zu filmen? Sind die Versprechungen der Politiker, die sich um den Einsatz von Videoüberwachung bemühen, ernst zu nehmen? Oder gibt es vielleicht bessere Möglichkeiten Kriminalität effektiv zu verhindern?

Trugschluss: "Videoüberwachung verhindert Verbrechen". Es ist naheliegend, dass Verbrecher bei ihren Taten nicht gefilmt werden wollen, um nicht bestraft zu werden. Vergessen wird dabei jedoch, dass immer nur einzelne Plätze von Kameras gefilmt werden. Dies bedeutet, dass Verbrecher an anderen Orten ihren Aktivitäten nachgehen können, ohne gefilmt zu werden. Verbrechen werden also nicht verhindert, sondern verlagert. Eine flächendeckende Überwachung der Städte dürfte aber von jedem als unverhältnismäßig angesehen werden. Es geht also häufig nur um die Überwachung von sogenannten Kriminalitätsschwerpunkten.

Dass es effektivere Möglichkeiten gibt, um Kriminelle von bestimmten Orten zu vertreiben, wird dabei nicht berücksichtigt. So können zum Beispiel schon eine bessere Beleuchtung oder häufigere (berittene) Polizeistreifen an Kriminalitätsschwerpunkten zu einer Verdrängung oder gar Ergreifung von Kriminellen führen. Und dies ohne die Privatsphäre unbescholtener Bürger zu beeinträchtigen. Beleuchtung und Polizeistreifen sind zudem billiger für unser Gemeinwesen und flexibler einsetzbar als Überwachungskameras. Denn auch hinter Kameras müssen Polizisten sitzen, um notfalls mit einiger Verzögerung im Falle eines Verbrechens wirklich eingreifen zu können.

Das Beispiel des Münchener Rentners, der in einer U-Bahn-Haltestelle verprügelt wurde, oder die sogenannten Kofferbomber, die versuchten Sprengstoffanschläge auf Nahverkehrszüge zu verüben, zeigen, wie wenig Kameras dazu beitragen, Verbrechen zu verhindern. Weder die Münchener Gewalttäter noch die Kofferbomber wurden durch die Kameras aufgehalten. Auch ist bis jetzt nicht schlüssig belegt worden, dass die Bilder zur Aufklärung der Taten beigetragen haben. Selbst ein Mitglied der britischen Polizei musste einräumen, dass die dort in einem erheblich größeren Umfang durchgeführte Videoüberwachung nur wenig effektiv ist (1).

Die minimalen Erfolge, die eventuell durch Videoüberwachung erreicht werden können, haben einen hohen Preis. Überwachung führt zu einer uniformen Gesellschaft. Ein Mensch verhält sich lieber wie jeder andere, unauffällig und unnatürlich, wenn er glaubt, dass er gefilmt wird. Sonst läuft er Gefahr, dass ihm sein ungewöhnliches Verhalten zu seinem Nachteil ausgelegt werden könnte. Wir opfern somit die Pluralität unserer Gesellschaft und unsere Möglichkeit uns frei und unbeschwert zu entfalten einer äußerst fragwürdigen Sicherheit. Wollen wir das wirklich? Das Bundesverfassungsgericht hat diese Gefahr bereits 1983 im Volkszählungsurteil erkannt und ihr einen entsprechenden Stellenwert zugestanden und ausgeführt, daß in solch einer panoptischen Gesellschaft keine lebendige Demokratie mehr möglich ist. Darauf aufbauend hat es 2007 die Videoüberwachung eines öffentlichen Platzes in Regensburg verboten (2).

Die Piratenpartei schließt sich der Sichtweise unseres höchsten Gerichtes in vollem Maße an. Wir lehnen eine Videoüberwachung von öffentlichem und quasiöffentlichem Raum (z.B. an Bahnhöfen) generell ab, da ihre Gefahren und Kosten ihren Nutzen übersteigen und sich Videoüberwachung somit nicht lohnt.