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2. Stammstrecke München

Stellungnahme zur den Planungen der Staatsregierung

Wir sehen die bisherigen Planungen der 2. Stammstrecke in München kritisch und fordern die vollständige Aufgabe der bestehenden Planungen. Diese Planungen werden trotz Investitionen jenseits der 2 Mrd. Euro nicht zu einem besserem S-Bahn-Verkehr in der Wirtschaftsmetropole München führen, sondern diesen verschlechtern:

Insbesondere kritisieren wir die geplante Aufgabe des geplanten attraktiven 10/20-Minuten-Takts für einen 15/30-Minuten-Takt als Standortschädigung für München und als schweren politischen Vandalismus am S-Bahn-Netz. In Summe werden trotz des Neubaus einer Stammstrecke kaum mehr Züge durch die Innenstadt fahren - nur dass diese sich auf 2 Tunnel verteilen. Die geplanten Express-S-Bahnen kritisieren wir, da diese das Angebot für viele Fahrgäste nicht verbessern werden. Der Großteil der Fahrgäste entsteht innerhalb der MVV-Ringe 6 und 7. Eine Fahrzeitverkürzung für die Ringe 8 bis 12 auf Kosten der höher ausgelasteten Kapazitäten innerhalb der Ringe 1 bis 7 ist jedoch eine falsche Prioritätensetzung. Wenn man nur Fahrgäste, die in der entfernten Peripherie wohnen anspricht, aber die sehr dicht bevölkerten Gebiete an den Stadtgrenzen vergisst, verschlechtert man insgesamt das Angebot und die Attraktivität. Damit wird für das kleinere Fahrgastpotenzial ein kilometer- und kostenaufwändiges Beförderungsangebot erstellt.

Außerdem dauert der „Genehmigungszirkus“ seit mehreren Jahren an: Nach einer ersten Kostenschätzung sollte der zweite Stammstreckentunnel lediglich 500 Mio. Euro kosten. In diesem Preis waren zahlreiche Zwischenbahnhöfe enthalten. Außerdem war eine wendefreie Einfahrtsmöglichkeit, also eine Tunnelverzweigung, über den Ostbahnhof nach Giesing vorgesehen. Mit 500 Mio. Euro wurde damals der zweite Stammstreckentunnel gleich teuer geschätzt wie ein unnötig übertriebener Maximalausbau des Südrings. Damit wurde der Südring verworfen. Doch die 500 Mio. Euro für die zweite Stammstrecke konnten die Planer nicht lange halten. Deswegen wurden die Tunnelverzweigung nach Giesing aufgegeben, etliche Zwischenbahnhöfe wieder gestrichen und an weiteren Stellschrauben der zweite Stammstreckentunnel verbilligt. Trotzdem deutet heute alles darauf hin, dass der Tunnel über 2 Mrd. Euro kosten wird. Außerdem sind nicht alle der Bauabschnitte bis dato endgültig planfestgestellt, da alle nochmal zur Verringerung der Kosten umgeplant werden mussten. Wir erklären, dass dieses Vorgehen, mit unfertigen Lösungen die Öffentlichkeit zu verwirren und unnötige Planungskosten aufzuwerfen, nicht hinnehmbar ist. Wir wollen deshalb einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der prüfen soll, ob schuldhaft und/oder taktisch die Kosten für den zweiten Stammstreckentunnel erst so niedrig angesetzt wurden, um einen Ausbau des Südrings zu verhindern, und wer die Verantwortung für diese inzwischen 10-jährige Verspätung des Netzausbaus durch die vielfachen Umplanungen trägt.

Weiterhin sprechen wir ein großes Lob allen im Sinne des Südringes engagierten Bürgern aus, die sich von den Irrungen der bayr. Verkehrspolitik mit den vielfachen Verstößen gegen unsere Ideale wie Transparenz und Bürgerbeteiligung nicht haben entmutigen lassen und für ein verbessertes S-Bahn-Konzept eingetreten sind.

Ziele der Piratenpartei bzgl. der S-Bahn München

Wir treten dafür ein, dass auf jedem S-Bahn-Ast ein 10-Minuten-Takt eingerichtet wird. Die bestehende Stammstrecke soll für einen 100-Sekunden-Takt der Züge ausgerüstet werden und der Südring soll ins Netz der S-Bahn einbezogen werden. Anstelle der Express-S-Bahnen soll ein Teil der Regionalbahnen und Regionalexpresszüge die Haltestellenpolitik des ehemaligen Nahverkehrsprodukts „Stadtexpress“ im Stadtgebiet wieder anwenden und einige wichtige Stationen mit vielen Zu-/Umsteigern bedienen.

Im Einzelnen bedeutet dies:

bestehende Stammstrecke

Wir möchten, dass die Abfertigungsprozesse verbessert werden: Die bestehende Stammstrecke soll eine Nachrüstung mit einer leistungsfähigeren Linienzugbeeinflussung (LZB) wie der bisherigen bekommen. Außerdem fordern wir eine Verlängerung der LZB bis zu jeweils der Station, ab der nur noch eine Linie verkehrt. Die neue, verbesserte LZB soll durch „Automatisches Fahren und Bremsen“ (AFB) den Triebzug an der immer gleichen Stelle zum Stehen bringen.

Durch diese Maßnahmen wird es möglich, Einstiegs- und Aussteigsbereiche auf den Bahnsteigen zum Beispiel durch im Boden eingelassene Beleuchtungen oder Farbmarkierungen zu kennzeichnen. Dadurch soll insbesondere am Ostbahnhof, Rosenheimer Platz, Isartor, Donnersberger Brücke, Hirschgarten, Laim und Pasing der Fahrgastwechsel beschleunigt werden.

Die Haltestelle Hackerbrücke soll kurzfristig einen zweiten, nördlichen Bahnsteig bekommen. Damit wird je ein Bahnsteig pro Richtung verwendet und die Überlastung des Mittelbahnsteigs in der Wiesnzeit gemildert. Weiterhin sollen auf der bestehenden Stammstrecke die Türen nicht mehr lichtschrankengesteuert und dezentral geschlossen werden, sondern es soll durch das am Bahnsteig arbeitende Abfertigungspersonal zentral ein Schließ- und Abfahrbefehl über die neue LZB erteilt werden. Da das Abfertigungspersonal sicherstellt, dass alle Türen frei sind, kann ohne die Lichtschrankenautomatik und somit deutlich schneller geschlossen werden. Verzögerungen wegen blockierenden Fahrgästen werden weiter minimiert.

Um die Hektik im Personenwechsel rauszunehmen, fordern wir große, dreistellige Sekundenzähler auf allen Bahnsteigen der Stammstrecke. Diese zählen nach der Abfahrt der vorherigen S-Bahn 100 Sekunden – also den geforderten Takt – ab und ermöglichen es, den Fahrgästen zu erkennen, ob es noch lohnt, zur Tür zu springen. Die Displays sind idealerweise mehrfarbig um den Fortschritt im Abfertigungsprozess anzuzeigen.

Diese organisatorischen Maßnahmen sollen die Anzahl der Züge über die Stammstrecke erhöhen und somit auch die Innenstadt stärken.


neue Stammstrecke, der Südring

Wir treten dafür ein, kurzfristig den von Stefan Baumgartner und Thomas Kantke vorgeschlagenen „Teilausbau Südring“ zu realisieren. Dieser belässt alle nötigen Baumaßnahmen auf bestehenden Gleiskörpern und kann somit besonders schnell genehmigt werden. Eine Fertigstellung des Südrings ist, trotz komplett fehlender Planungen schneller wie der Tunnel in seinem derzeitigem Planungsstand realisierbar.

Beim Ausbau des Südrings soll auf einen ggf. langfristig folgenden Vollausbau (4 gleisiger Ausbau Ostbahnhof – Südbahnhof) des Südrings Rücksicht genommen werden. Fehlende Grundstücke für den Vollausbau entlang des Südrings sollen deshalb strategisch gesichert werden. Weiterhin soll erweiternd zum Teilausbau des Südrings mit Weichenverbindungen in den Gleisvorfeldern von Ostbahnhof und Pasing/Laim sowie durch eine leistungsfähige LZB am Südring die Möglichkeit entstehen, im Störungsfall der bestehenden Stammstrecke einen Großteil des S-Bahn-Verkehrs auf den Südring umzuschwenken. Dadurch sollen am Südring die Passagierkapazitäten für die ausweichenden Fahrgäste, die dann mit der U-Bahn zum Südring fahren werden, geschaffen werden. Ein komplettes Auseinanderbrechen des S-Bahn-Netzes in zwei Hälften wird damit ebenfalls verhindert.

Durch die neuen S-Bahn-Haltestellen Poccistraße, Kolumbusplatz und Friedenheimer Brücke sowie einen neuen Bahnsteig am Heimeranplatz entstehen neue Umsteigeverbindungen, und es werden neue Gebiete in München attraktiv erschlossen. Insbesondere am Heimeranplatz entstanden in jüngster Zeit mehrere Tausend Arbeitsplätze durch größere Büroneubauten, wie beispielsweise das Fraunhofer Institut oder der ADAC, und weitere Gelände erwarten eine vielgeschoßige Neubebauung. Die geplante 2. Stammstrecke der Staatsregierung erschließt lediglich bereits mit der S-Bahn gut erschlossene Gebiete in der Innenstadt, die wir durch organisatorische Maßnahmen in der bestehenden Stammstrecke aufwerten wollen.


Außenbereich Münchens

Des Weiteren treten wir dafür ein, im Außenbereich den Ausbau schneller voranzutreiben. Hierbei sollen eingleisige Abschnitte, die bislang dafür sorgen, dass aus München kommende S-Bahnen die nach München fahrenden S-Bahnen an Kreuzungsbahnhöfen verzögern, so ausgebaut werden, dass eine aus München kommende, bis zu 10 Minuten verspätete S-Bahn, keine Verspätungsauswirkung auf nach München fahrende S-Bahnen durch Kreuzungskonflikte oder Fahrstraßenkonflikte hat. Um die Entkopplung zu vollenden, fordern wir vor allem Hinsichtlich der kommenden Ausschreibung des S-Bahn-Verkehrs, dass jede S-Bahn vor Beginn der Fahrt mindestens 10 Minuten bereit steht. Durch diese Entkopplung von Verspätungen der beiden Fahrtrichtungen kommen mehr S-Bahnen pünktlich an den Einfädelungsorten der Stammstrecke und des Südringes an, und die Gesamtpünktlichkeit erhöht sich.

Außerdem soll der 10-Minuten-Takt zur Hauptverkehrszeit auf alle Linien (außer S7, S20, S27) ausgedehnt werden, da der Großraum München weiterhin ein starkes Bevölkerungswachstum vorweist. Auf den Strecken mit Mischbetrieb sehen wir Verbesserungspotenzial im Bereich der Signaldichte, um engere Blockabstände zu ermöglichen. Auf den Strecken nach Fürstenfeldbruck, Neufahrn und Markt Schwaben sehen wir dringenden weiteren Baubedarf um S-Bahnen vom anderen Verkehr zu trennen. Weiterhin treten wir dafür ein, dass möglichst alle Bahnsteige im S-Bahn-Bereich sowie Wende- und Abstellgleise für Langzüge ausgebaut werden.

Das Ablängen und Verstärken von S-Bahnen auf ihrem Laufweg verlängert die Fahrzeiten unnötig und sorgt für Instabilitäten im Betrieb. Deshalb sollen S-Bahnen möglichst nur an Ihren Endstationen verlängert oder verkürzt werden.


Stadtexpress statt Express-S-Bahnen

Wir fordern anstelle der Express-S-Bahnen, dass ein Teil der nach München verkehrenden Regionalbahnen und Regionalexpresszüge die Haltestellenpolitik des ehemaligen Nahverkehrsproduktes „Stadtexpress“ (SE) anwendet. Die Haltestellenpolitik des SE sieht außerhalb von Ballungszentren einen Express-Verkehr vor. In Ballungszentren hält er an weiteren wichtigen Umsteige- bzw. Quell- und Zielbahnhöfen. Im Umland von München hat zum Beispiel die Bayerische Oberlandbahn die Haltestellenpolitik des SE beibehalten und hält in München auch an Siemenswerke, Harras und Donnersberger Brücke. Diese genannten Halte haben jeweils eine Umsteigemöglichkeit zu einer U-Bahnlinie oder mit bahnsteiggleichem Übergang in die S-Bahnen der Stammstrecke. In den Haltestellen Moosach, Feldmoching, Trudering, Riem (anstelle eines kostspieligen eigenen Messebahnhofs), sowie allen Grenzpunkten des 10-Minuten-Takts sehen wir ähnliche Kandidaten für attraktive Umstiege aus dem Regionalverkehr in die S-Bahnen. Das Ende des 10-Minuten-Taktes soll von den Regionalverkehren mitbedient werden, da in der aktuellen Situation Pendler vom Land in den sich immer stärker entwickelnden, suburbanen Raum zum Teil ohne Halt an Ihrem Zielbahnhof vorbeifahren. Wir sprechen uns vor allem aus fahrplantechnischen Überlegungen gegen Express-S-Bahnen aus: S-Bahnen können einander nicht auf ihren Gleisen überholen. Inklusive der Zeit, die beim Beschleunigen und Bremsen gebraucht wird, kann man sagen, dass jede Haltestelle etwa 2 Minuten Zeit kostet. Eine durchfahrende Express-S-Bahn spart diese Zeit. Wenn eine Express-S-Bahn an 4 Haltestellen nicht hält, wird ein attraktiver 10-Minuten-Takt schon wieder unmöglich. Die Express-S-Bahn würde zu dicht auf die reguläre S-Bahn auffahren. Doch im direkten Umland von München wohnen deutlich mehr Menschen und somit potenzielle Fahrgäste. Express-S-Bahnen würden somit der attraktiven Bedienung des deutlich größeren Fahrgastpotenzials im 10-Minuten-Takt widersprechen.

Beschluss

Dieser Antrag wurde auf dem Landesparteitag 2012.2 (Protokoll) in Maxhütte angenommen.