Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA557

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA557
Einreichungsdatum
Antragsteller

Peter Wittfeld

Mitantragsteller
Antragstyp Wahlprogramm
Antragsgruppe Wirtschaft und Finanzen
Zusammenfassung des Antrags Faires Geben und Nehmen zwischen Staat und Gesellschaft auf der einen Seite und der Wirtschaft auf der anderen Seite.
Schlagworte Öffentliche Haushalte, Staatsverschuldung, Schuldenkrise
Datum der letzten Änderung 01.11.2012
Status des Antrags

Pictogram voting question.svg Ungeprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Der BPT möge beschließen, dass die Finanzierung der öffentlichen Haushalte (und Piratenpartei-Programmpunkte) durch Umsatzprovisionen erfolgt.

Antragstext

Die Finanzierung der öffentlichen Haushalte (und zahlreicher Programmpunkte der Piratenpartei Deutschland) erfolgt durch Umsatzprovisionen auf alle Umsätze, die (heute umsatzssteuerpflichtige) Unternehmen in Deutschland erzielen. Der Grundgedanke ist ein faires Geben und Nehmen zwischen Staat und Gesellschaft auf der einen Seite und der Wirtschaft auf der anderen Seite.

Staat und Gesellschaft bieten den Unternehmen den Zugang zur Kaufkraft des Binnenmarktes (in Deutschland: über 5 Billionen € jährlich), die Infrastruktur für Geschäfte, ein Rechtssystem, mit dem sich Unternehmen schützen und Ansprüche durchsetzen können, ein politisches System, mit dem Unternehmen langfristig sicher investieren können, eine (noch) weitgehend intakte Umwelt, gut ausgebildete Arbeitskräfte und eine hohe Lebensqualität für Unternehmenseigentümer.

Als Gegenleistung erhält der Staat (und damit auch die Gesellschaft) 15% Umsatzprovision von allen Unternehmen, die auch heute umsatzsteuerpflichtig sind. Ausnahme sind Großhandels- und Leasingumsätze, auf die nur 3% Umsatzprovision zu zahlen sind. Für sämtliche Anbieter innerhalb der gleichen Branche gelten also die gleichen Abgabesätze. Eine Benachteiligung der einheimischen Unternehmen gegenüber Importeuren mit Niedrigsteuerstandorten ist nicht mehr möglich.

Im Gegenzug werden alle anderen Steuern abgeschafft - bis auf die Vermögenssteuer und die Einkommensteuer. In diesem Konzept sind zwar beide Steuerarten fiskalisch überflüssig, jedoch zur Gestaltung der Einkommens- und vor allem der Vermögensgerechtigkeit ein Thema für einen separaten Programmpunkt.

Zahlen: Was kommt heraus?

Besteuerungsgrundlage sind die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze in Deutschland. Diese lagen 2010 bei 5.241 Mrd. €, und 2012 lt. Schätzung der Bundesbank bei 5.452 Mrd. €. Hinzu kommt die Einfuhrumsatzsteuer (in diesem Fall: Einfuhrumsatzprovision) auf Importe (2010: 797 Mrd. €), sowie Steuern in heutiger Höhe auf Energie. Setzt man für Leasing und Großhandel die Umsatzprovision auf 3% und für alle anderen Branchen auf 15%, erhält man (auf Basis der Kaufkraft und Umsätze 2010) Einnahmen für die öffentlichen Haushalte in Höhe von 877 Mrd. €. Zum Vergleich: 2012 werden 600 Mrd. € Steuereinnahmen erwartet.

Ein konkreter Gesetzentwurf

Der nachfolgende Gesetzentwurf ist zwar von vielen Menschen durchdacht und geprüft worden, aber natürlich auch eine Diskussionsgrundlage, die flexibel den Wünsche und Präferenzen der konstruktiv mitwirkenden Mitglieder der Piratenpartei Deutschland angepasst werden kann.

§ 1 Umsatzprovision
 Auf jeden gewerblichen Umsatz auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland ist vom Käufer für jedes Produkt eine Umsatzprovision zu zahlen, die der Verkäufer an das Finanzamt abführt. Sämtliche bisherigen Steuergesetze verlieren mit Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre Gültigkeit. Umsatzprovisionen für importierte Produkte sind exakt so hoch wie für Inlands-Produkte. Die Provisionssätze beschließt der Bundestag (Beispiel: Anlage 1). Die Provision ist am Monatsende des Zahlungseingangs an das Finanzamt zu überweisen.

Anlage 1: Provisionssätze lt. § 1

Branche Provisionssatz

Exporte 0%

regenerative Energien und Vorprodukte hierzu; Soziales, Bildung, Kultur, Gesundheitsdienstleistungen, Krankenversicherungen, Bauleistungen, Bergbauprodukte, Rohstoffe, Öffentlicher Nahverkehr, landwirtschaftliche Produkte (außer Biosprit) 0%

Importe 15%

Großhandel; Leasing 3% Alle anderen Branchen, auch Bankprodukte (nicht Bilanzsumme, sondern Umsätze mit Zinserträgen,

Gebühren, Provisionen, etc). 15%

Benzin, Diesel (außer Biosprit) 70 Cent/ Liter

Biosprit, der mit Nahrungsproduktion konkurriert 10 Euro / Liter

Heizöl 30 Cent/ Liter

Gas sowie Strom aus nicht-regenerativen Quellen (gewerbliche Kunden) 3 Ct/KWh

Gas sowie Strom aus nicht-regenerativen Quellen (Privatkunden) 5 Ct/KWh

Man kann die Steuersätze und deren Bandbreiten überall, wo es der Markt erfordert, mit sehr geringem Aufwand bis hinunter auf Produktebene differenzieren. Möglich ist auch eine Differenzierung nach nominalem Umsatz, um zu großen Marktanteilen einzelner Unternehmen entgegenzuwirken.

An dieser Stelle könnte das neue Gesetz zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte bereits enden. Da es aber in der Natur der Menschen / Unternehmen liegt, Steuern zu umgehen, stopfen wir mit § 2 das einzige legale Schlupfloch.


Optional: § 2 Vorprodukt-Umsatzprovision
 1) Die in Anlage 2 genannten Vorprodukte unterliegen einer zusätzlichen Umsatzprovision, wenn sie betriebsintern hergestellt werden statt von einem externen Lieferanten bezogen zu werden. Der interne Umsatzprovisionssatz liegt bei 10% über dem Steuersatz des Lieferanten.
(2) Bei Direktverkäufen von Herstellern an Endverbraucher hat der Hersteller zusätzlich die Umsatzprovision des Handels aufzuschlagen.


Optional: Anlage 2: Vorprodukte/Dienstleistungen lt. § 2

Diese Anlage ist nur eine Option, die aktiviert wird, wenn Unternehmen versuchen, durch eine Verkürzung der Wertschöpfungskette (Produktionsschritte/Vorleistungen der Lieferanten werden selbst erbracht statt eingekauft) die Umsatzsteuer minimieren wollen. Wahrscheinlich ist die Vorprodukt-Umsatzsteuer (so gut wie) nirgends notwendig. Wie sähe sie aus? Ein Beispiel:

Produktgruppen-Nr. Produktgruppe Baugruppen-Nr. Baugruppe

17 Fahrzeuge (KFZ, Fahrräder, Waggons, etc.)


17011 Baugruppe Getriebe und Schaltungen


17049 Baugruppe Scheibenwischer


17061 Baugruppe Scheinwerfer


1706102 Leuchtmittel für Scheinwerfer


17081 Sitzsysteme für Fahrzeuge


usw. usw.

Produktnummerierungen kann man z.B. aus dem bereits vorhandenen „Umschlüsselungsverzeichnis des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle“ entnehmen.

Antragsbegründung

Die Regierungsparteien schufen in Deutschland rd. 40 Steuerarten, 118 Steuergesetze und 96.000 Steuerverordnungen. Zwei Drittel der Steuerliteratur des gesamten Planeten (Gesetze, Verordnungen, Dienstanweisungen, Finanzgerichtsurteile, Kommentare, Fachliteratur, etc.) beziehen sich auf Deutschland. Trotz oder gerade aufgrund der unendliche vielen Einzelregelungen ist das große Ganze aus dem Blickfeld geraten: Ein Steuersystem muss in der Lage sein, einen Staat schuldenfrei zu finanzieren. Das schließt nicht nur das notwendige Minimum, sondern auch alle wünschenswerten Ausgaben ein.

Seit Gründung der Bundesrepublik gelang es den Regierungsparteien in keinem einzigen Jahr (in der Gesamtbilanz der öffentlichen Haushalte), ohne neue Schulden auszukommen: Über 2 Billionen € Schulden sind dabei nur ein Zwischenergebnis. Dass die Schulden nicht noch höher sind, liegt an unterlassenen Ausgaben für staatliche Pflichten, der Zweckentfremdung von Einnahmen, dem Verkauf des öffentlichen Eigentums und der Verlagerung von öffentlichen Kosten auf die Bürger. Die öffentlichen Haushalte bewegen sich auf einen Kollaps zu. Die Schuldenbremse der Regierungsparteien führt lediglich zu einem Ausgabenstopp, wodurch der Staat zunehmend handlungsunfähiger wird, seine Aufgaben immer weniger erfüllen kann und seine Akzeptanz bei der Bürgern verliert. Das alte Steuersystem der Regierungsparteien ist gescheitert und nicht reformierbar.

Deutschland hat kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmenproblem. Ausreichende Einnahmen sind problemlos erzielbar, wenn man an den richtigen Quellen ansetzt. Statt Gewinne zu besteuern, die multinationale Unternehmen mühelos durch globale Verlagerungen in Niedrigsteuerländer umgehen können, oder Einkommen zu besteuern, die auf Arbeitnehmer demotivierend wirken und zum Verlust von Massenkaufkraft führen, ist es sinnvoller, die Einnahmen dort zu erzielen, wo Unternehmen sich nicht entziehen können – bei den Umsätzen.

Das Konzept ist ein Schlüssel zur Erfüllung vieler Programmpunkte der Piratenpartei. Es erfüllt alle 3 Killkriterien für Programmpunkte: Nachhaltige und wirkliche Lösung eines Problems, realistische Umsetzbarkeit sowie Mehrheitsfähigkeit bei den Wählern. Damit ist es nicht nur mehr als eine bloße Forderung, sondern auch den etablierten Parteien weit voraus, die seit Jahrzehnten an diesem Problem scheitern und lediglich hilflos an den Schrauben eines durch und durch fehlkonstruierten Systems hin- und herdrehen.

Das Konzept bietet also die Möglichkeit, den Vorwurf der etablierten Parteien, die Piratenpartei habe kein Programm zum Thema „Finanzierung der Öffentlichen Haushalte“ und „Schuldenkrise“, um 180° zu drehen. Die genannten Zahlen sind ein „worst case Szenario“ auf Basis einer unveränderten Kaufkraft. Kommt das Arbeitsmarkt-Konzept „Bandbreitenmodell“ hinzu (siehe separater Programmantrag gleichen Datums), entstehen durch dessen Kaufkraft weitaus höhere Unternehmensumsätze und damit auch entsprechend höhere Einnahmen für die öffentlichen Haushalte.

Das Konzept eignet sich ebenso für Wahlkampfgespräche mit einzelnen Bürgern wie für Flyer, Webseiten, Interviews in Medien und den Schlagabtausch in Talkshows.

Es ist durchgerechnet auf Basis der amtlichen Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes. Noch niemand hat beim „Ideen-Grillen“ des Konzeptes einen Haken finden können außer „kenne ich nicht, will ich nicht“.

Es ist so detailliert verfasst, dass es sofort umgesetzt werden könnte, aber auch eine flexible Diskussionsgrundlage, auf deren Basis die AGs und Mitglieder der Piratenpartei Deutschland Änderungswünsche und Verbesserungen einbringen können.

Wenn die Piratenpartei etwas wirklich dringend braucht, dann sind es wirkliche Alternativen zum heutigen System. Alle Piraten sind gebeten, die Idee zu durchdenken und bei einem Informationsdefizit oder Fragen einfach den Antragsteller zu kontaktieren, gern auch im Mumble.

Weitere Infos unter bandbreitenmodell.de/umsatzprovisionen

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge