Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA083

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA083
Einreichungsdatum
Antragsteller

Thomas Wied

Mitantragsteller
Antragstyp Wahlprogramm
Antragsgruppe Steuern„Steuern“ befindet sich nicht in der Liste (Arbeit und Soziales, Außenpolitik, Bildung und Forschung, Demokratie, Europa, Familie und Gesellschaft, Freiheit und Grundrechte, Internet und Netzpolitik, Gesundheit, Innen- und Rechtspolitik, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppePÄA“.
Zusammenfassung des Antrags Durch ein internationales Netzwerk von Steuer- und Regulierungsoasen wird Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption maßgeblich begünstigt. Der gesamte, modulare Antrag beinhaltet sechs Maßnahmen, die dieses Problem mindern.
Schlagworte Steuern, Steuerhinterziehung, Steueroasen, Wirtschaftskriminalität, Korruption, Geldwäsche
Datum der letzten Änderung 01.11.2012
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Steuergerechtigkeit und Wirtschaftskriminalität

Antragstext

Der Bundesparteitag möge folgenden Antrag modular beschließen und im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 an geeigneter Stelle einfügen.

Modul 1: Präambel

Internationale Steuergerechtigkeit und Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität

Die Piratenpartei setzt sich ein für mehr Transparenz im internationalen Wirtschaftssystem und gegen ein System aus Steueroasen, Schattenfinanzplätzen und anonymen Scheinfirmen sowie gegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität. Damit stellt sie sich gegen unfairen Wettbewerb und eine Lastenverschiebung auf Kosten des Mittelstands, der Arbeitnehmenden und der Entwicklungsländer. Sie stärkt stattdessen die Möglichkeit demokratischer Gestaltungs- und Reaktionsmöglichkeiten auf die derzeitige Krise der Finanzmärkte und der öffentlichen Finanzen. Dazu unterstützt die Piratenpartei nationale und internationale Bemühungen mit den Zielen:

Modul 2: Country-by-Country Reporting

  • Unternehmen zu verpflichten, gesellschaftlich relevante Kennzahlen wie Beschäftigtenzahl, Umsatz und Gewinn für jedes Land, in dem das Unternehmen aktiv ist, getrennt auszuweisen (Country-by-Country Reporting).

Modul 3: Automatischer Informationsaustausch

  • Mittels eines automatischen Informationsaustauschs zwischen Steuerbehörden weltweit die Umgehung von Steuern durch grenzüberschreitende Transaktionen zu erschweren. Dies umfasst die Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie auf juristische Personen und alle Arten von Kapitalgewinn anstatt kurzfristiger und kontraproduktiver bilateraler Abkommen wie dem zur Zeit zwischen Deutschland und der Schweiz verhandelten.

Modul 4: Registrierung von wirtschaftlich Begünstigten

  • In jedem Staat für jedes Rechtskonstrukt belegbare substantielle wirtschaftliche Aktivität, eine klare Zuordnung von wirtschaftlich Begünstigten und eine Mindestbesteuerung sicherzustellen. Der Umfang der Berichtspflichten soll sich nach der Größe der Rechtskonstrukte richten und der dazu nötige bürokratische Aufwand soll minimiert werden.

Modul 5: Stärkung der Strafverfolgung und Steuerbehörden

  • Die Kapazitäten zur Aufklärung von Wirtschaftskriminalität in den Strafverfolgungs- und Steuerbehörden zu verstärken.

Modul 6: Meldepflicht und Anti-Missbrauchsklausel

  • Bekannte Steuervermeidungsmodelle (z.B. über Derivate oder doppelte Nichtbesteuerung von Auslandsinvestitionen in Gold) besser zu verfolgen und dazu die Wirkung von Meldepflichten und der allgemeinen Missbrauchs-Klausel zu untersuchen und zu nutzen.

Modul 7: Einheitliche Besteuerung von multinationalen Unternehmen

  • Internationale Steuerabkommen für multinationale Unternehmen zu beschließen, durch die das Steueraufkommen der jeweiligen Firma entsprechend der wirtschaftlichen Aktivität (Anzahl der Angestellten, Umsatz, investiertes Kapital etc.) und nicht ausschließlich nach dem bilanziell ausgewiesenen Gewinn auf die betroffenen Länder verteilt wird (Einheitliche Körperschaftssteuer).

Antragsbegründung

Ausführliche Begründung

Eine ausführliche Begründung mit vielen Erklärungen, Quellenangaben und weiterführenden Informationen findet sich unter:

http://www.wider-die-windmuehlen.de/2012/08/to-all-the-killers-and-the-hundred-dollar-billers/

Kurze Begründung

Dieser modulare Antrag schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor (beginnend mit der am wenigsten kontroversen), um das Problem der internationalen Steuer- und Regulierungsoasen anzugehen. Die Palette an Problemen, die von den Maßnahmen gelindert würden, ist groß. Der Kürze wegen möchte ich die zugrundeliegenden Wirkmechanismen an einem Beispiel aufzeigen (für weiterführende Informationen und Quellenangaben bitte ich euch, die ausführliche Begründung zu lesen): Derzeit können große Unternehmen ihre Gewinne, und damit ihre Steuerpflicht, auf dem Papier in Steueroasen verschieben. So kann bspw. ein US-amerikanisches Unternehmen, das Produkte in Deutschland verkauft, den Gewinn auf den Bahamas versteuern. Dazu wird die Finanzierungssparte des Unternehmens auf dem Papier in die Bahamas ausgelagert. Diese stellt nun teure Kredite und Beratungsleistungen in Rechnung. Dadurch kann das Unternehmen weder in Deutschland noch in den USA, dafür aber bei der Finanzierungssparte auf den Bahamas einen Gewinn ausweisen und diesen dort niedrig versteuern. Entsprechende Modelle sind entweder legal oder schwer aufzudecken, da sich die betroffenen Kleinstländer meist zu weitgehender Verschwiegenheit verpflichtet haben. So erfährt man bspw. von „Stiftungen“ in diesen Ländern weder etwas über deren Vermögen noch Eigentümer oder Stiftungszweck. Lediglich der Treuhänder (ein spezialisierter Anwalt, der Dutzende dieser Stiftungen leitet) wird genannt; er darf jedoch keine weiteren Auskünfte geben. So entstehen Stiftungen, deren einziger Zweck die Rückzahlung des verzinsten Vermögens nach einer gewissen Zeitspanne ist. An diesen Problemen orientieren sich die Lösungsvorschläge. So führt die am wenigsten weit gehende Maßnahme des Country-by-Country Reporting (a) dazu, dass Unternehmen in ihrer Bilanz ausweisen müssten, welcher Teil des Unternehmensgewinns bspw. auf den Bahamas anfällt. Dies erzeugt erstmal nur Transparenz über die angewendeten Bilanzierungstricks und eröffnet Raum für z.B. zivilgesellschaftliches Engagement. Der am weitesten gehende Vorschlag (f) hingegen spricht sich dafür aus, internationale Steuerabkommen voranzutreiben, die auf eine Besteuerung auf Grundlage der „realen Firmenverhältnisse“ (anstelle des beliebig verschiebbaren Gewinns) abzielen. Als Indikator für die „realen Firmenverhältnisse“ könnte ein Mix aus Beschäftigtenzahl, Umsatz und investiertem Kapital dienen, so dass ein Unternehmen dort die meisten Steuern zahlen muss, wo es einen großen Umsatz erzielt, viele Menschen beschäftigt und Kapital investiert. Ikea würde beispielsweise seine Steuern nicht mehr auf den Bahamas zahlen, sondern dort wo es seine Möbel verkauft, Mitarbeiter beschäftigt und investiert.

Der Antrag passt deshalb gut in das Wirtschaftsprogramm der Piratenpartei, weil er auf dem Wege der Transparenz das Ziel verfolgt, die Steuergerechtigkeit zu erhöhen, die Krisenanfälligkeit des internationalen Finanzsystems zu reduzieren und Wirtschaftskriminalität sowie Korruption zu erschweren.

Disclaimer: Dieser Antrag wurde in Zusammenarbeit mit Christoph Trautvetter verfasst, einem guten Freund und Nicht-Pirat.

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge