AG Recht/Rechtsfragen

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Vorbemerkung

Hier soll ein Sammlung von Entscheidungen entstehen, die für Piraten interessant sind. Die Themen ergeben sich im wesentlichen daraus, dass sie innerhalb der Piratenpartei diskutiert werden. Es ist keine repräsentative Auswahl und auch nicht als Darstellung der Rechtslage im Sinne einer Rechtsberatung zu verstehen. Sie hat lediglich informatorischen Charakter. Soweit Links auf Entscheidungen vorhanden sind, empfiehlt sich die Lektüre des Urteils, da die Zusammenfassungen naturgemäß nur oberflächlich sein können.

Um die Brauchbarkeit und Aussagekraft dennoch so hoch wie möglich zu halten, sind wir für Hinweise auf Entscheidungen oder deren Zusendung (auch in Form von Links zu Presseberichten) sehr dankbar.


Abmahnungen

  • LG Hamburg, Az. 312 O 142/09: Eine Abmahnung kann auch per E-Mail wirksam zugestellt werden. Dies solle nach Auffassung des Gerichts selbst dann gelten, wenn die E-Mail von der Firewall des Empfängers abgefangen wurde und dieser die Abmahnung dadurch faktisch überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen konnte.

(Anmerkung: Soweit ersichtlich handelt es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung. Die Begründung erscheint zweifelhaft, insbesondere im Hinblick auf die sonst geltenden Grundsätze im Zusammenhang mit dem Zugang von Schreiben. Es darf bezweifelt werden, dass sich diese Auffassung durchsetzt.)

  • AG Frankfurt am Main, Az. 31 C 1078/09 - 78: Anwaltsgebühren für eine Abmahnung sind nicht nicht in gesetzlicher Höhe erstattungsfähig, wenn es zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt eine abweichende Pauschalvereinbarung über die vorgerichtlichen Gebühren gibt. Dann können die Kosten nur gemäß der Pauschalvereinbarung geltend gemacht werden. Bestreitet der Beklagte die behauptete Höhe des Pauschalhonorars, ist die Vereinbarung offenzulegen. Zum Urteil

(Anmerkung: Im konkreten Fall hatte der Frankfurter Anwalt Udo Kornmeier für DigiProtect geklagt. Nachdem ein Fax Kohlmeiers an die britische Kanzlei Davenport Lyons bekannt geworden war, musste Kohlmeier die Existenz einer Pauschalvereinbarung über das außergerichtliche Honorar einräumen, die er aber nicht offenlegte. Daher wies das AG Frankfurt die Klage betreffend die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ab. Ggf. folgt hier noch eine Kommentierung der Entscheidung.)


Arbeitsrecht

  • LAG Rheinland-Pfalz, Az. 6 Sa 682/09: Die private Internetnutzung während der Arbeitszeit erlaubt nicht ohne weiteres die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer zuvor eine schriftliche Mitarbeitererklärung unterzeichnet hat, das Internet ausschließlich zu dienstlichen Zwecken zu nutzen. Der Arbeitgeber müsse trotzdem nachweisen, dass es durch die Internetnutzung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung gekommen ist.
  • ArbG Siegen, Az. 1 Ca 1070/09: Eine Kündigung wegen des ungefragten Aufladens eines "Segways" kann unverhältnismäig sein. Im konkreten Fall war dem Arbeitgeber ein Schaden von 1,8 Cent entstanden. Trotz des geringen Betrags hat sich der Angestellte "pflichtwidrig" verhalten, gleichwohl wäre dafür allenfalls eine Abmahnung angemessen gewesen, weil der Mann seit 19 Jahren in dem Unternehmen beschäftigt und bis dahin nicht negativ aufgefallen war. Bei der Frage, ob eine Kündigung angemessen ist, spielen viele Punkte und die konkreten Umstände eine Rolle - etwa, ob jemand an der Kasse arbeitet.


GEZ

In der Phase der Rechtsfindung befindet sich derzeit vor allem die Frage, ob internetfähige (vor allem gewerblich genutzte) PCs gebührenpflichtig sind. Die Rechtsprechung ist zweigeteilt. Eine Reihe von Gerichten lehnt dies ab; andere bejahen es.

Gebührenpflicht: Nein

  • VG Braunschweig, Az. 4 A 188/09: Gebühren sind nur für Geräte zu zahlen, die zum Rundfunkempfang bereitgehalten werden. Internetfähige Computer sind aber multifunktional, sie werden nicht ausschließlich zum Rundfunkempfang erworben und eingesetzt. Eine solche Nutzung ist im gewerblichen Bereich unüblich. Zudem sind nicht ausschließlich privat sondern auch gewerblich genutzte Zweitcomputer mit Internetzugang von der Gebühr befreit. Außerdem stellt der NDR derzeit im Internet "keinen gebührenrechtlich relevanten Rundfunk zur Verfügung"und kann seine Radioprogramme im Internet nicht unbegrenzt vielen Nutzern anbieten. (Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig)
  • VG Gießen, Az. 9 K 305/09.GI und 9 K 3977/09.GI: Ein internetfähiger Computer stellt zwar grundsätzlich ein "Rundfunkempfangsgerät" dar. Er wird aber erst dann gebührenpflichtig, wenn damit etwa Fernsehsendungen geschaut werden. Im Vergleich zu Fernsehern stellt der Empfang von Rundfunkprogrammen bei Computern nur eine untergeordnete Funktion dar. Nur aus dem Besitz eines Computers kann daher keine Gebührenpflicht abgeleitet werden, wenn nicht ohnehin bereits ein herkömmliches Empfangsgerät vorhanden und deshalb ein internetfähiger Rechner als sogenanntes Zweitgerät gebührenfrei ist. (Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig)
  • VG Schleswig, Az. 14 A 243/08: Für gewerblich genutzte PCs besteht keine Gebührenpflicht, wenn auf dem selben Grundstück bereits andere Rundfunkempfänger zum Empfang bereit gehalten werden. Internetfähige PCs kann nur dann als Rundfunkempfänger angesehen werden, wenn er zur Wiedergabe von Rundfunksendungen entsprechende Ausstattung besitzt. Bei gewerblich genutzten internetfähigen PCs kann zudem alleine aus der Nutzungsmöglichkeit nicht auf die Bereithaltung zum Empfang geschlossen werden, da dies nicht typischerweise der Fall ist. (Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig)
  • VG Wiesbaden, Az. 5 K 243/08.WI(V): Der Gebührentatbestand des § 1 Abs. 1 RGebStV ist nur unzureichend konkretisiert. Ein vernünftiger Durchschnittsbürger wird unter einem Rundfunkempfangsgerät ein Radiogerät/Empfangsteil verstehen, das (auch ) zu Zwecken des Rundfunksempfangs angeschafft wurde. "Neuartige Rundfunkempfangsgeräte" hat der Gesetzgeber in der Norm nicht erfasst. Daher unterliegen PCs keine Gebührenpflicht. Zudem fehlt es diesen an dem Merkmal "zum Empfang bereit halten". (Anmerkung: In dieser Entscheidung ging es um einen gewerblich genutzten PC. Aus den Urteilsgründen lässt sich aber auch erkennen, dass das Gericht die Rechtslage auch für privat genutzte PCs ähnlich zu sehen scheint.)

Gebührenpflicht: Ja

  • OVG Rheinland-Pfalz, Az. 7 A 10959/08.OVG: Die Gesetzesbegründung macht deutlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können, vom Begriff des Rundfunkempfangsgeräts im Sinne des § 1 Abs. 1 RGebStV erfasst sein und der Gebührenpflicht unterfallen sollen, sofern sie nicht als Zweitgerät gebührenfrei sind. Internerfähige PCs sind daher grundsätzlich rundfunkgebührenpflichtig.
  • VG Würzburg, Az. 1 K 1886/08): Ein internetfähiger PC ist auch dann rundfunkgebührenpflichtig, wenn keine Soundkarte und keine Programme zur Aufzeichnung von Rundfunksendungen installiert sind und der Computer nur beruflich genutzt wird, es sei denn, der Betreiber zahle bereits Gebühren für normale Rundfunkgeräte.

Aktuelle Entscheidung des BVerwG

BVerwG 6 C 12.09, 6 C 17.09 und 6 C 21.09
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in drei Fällen entschieden, dass für internetfähige PC Rundfunkgebühren zu zahlen sind.

Hausverbot für GEZ-Mitarbeiter ist zulässig=

AG Bremen 42 C 43/10 vom 23.08.2010

Man darf GEZ-Mitarbeiter vom Betreten des Grundstücks abhalten und ein Hausverbot aussprechen.

Der GEZ stehen keine weitergehenden Auskunftsrechte zu, als im Rundfunkstaatsvertrag festgelegt wurden.

Haftung des Betreibers eines Anonymisierungsservers

Die OR ist dabei, die Rechtslage zu prüfen, da es ein sehr kompliziertes Thema ist.

Die Hinweise aus dem Datenschutzzentrum S-H sind überholt, da sich die Gesetzeslage inzwischen mehrfach (!) geändert hat.

Wir bitten um Geduld, da hier weitreichende Haftungsfolgen entstehen können. --Bastian 14:15, 23. Feb. 2010 (CET)


Haftung für RSS-Feed

  • LG Berlin, Az. 27 O 190/10): Der Betreiber einer Website haftet für Rechtsverletzungen in einem eingebundenen RSS-Feed eines Dritten. Der Seitenanbieter sei nach diesem Urteil "Herr des Angebots" und mache sich dieses zu Eigen, sodass er für ehrverletzende Aussagen trotz fehlender Kenntnis als "Störer" hafte. Zum Urteil


Haftung des Host-Providers

  • OLG Hamburg, Az. 5 U 111/08: Ein Geschäftsmodell, das auf Grund seiner Struktur durch die Möglichkeit des anonymen Hochladens in Pakete zerlegter, gepackter und mit Kennwort gegen den Zugriff geschützter Dateien der massenhaften Begehung von Urheberrechtsverletzungen wissentlich Vorschub leistet, kann von der Rechtsordnung nicht gebilligt werden. Die vom BGH zum Schutze des Dienstbetreibers vorgesehenen Begrenzungen von Prüfungspflichten greifen insbesondere nicht ein, wenn der Betreiber ihm zumutbare und naheliegende Möglichkeiten, die Identität des Nutzers zum Nachweis einer etwaigen Wiederholungshandlung festzustellen, willentlich und systematisch ungenutzt lässt. Zum Urteil (Anmerkung: Diese Entscheidung erging zu einem Sharehosting-Dienst. Aufgrund der erkennbar allgemein gehaltenen Feststellungen muss allerdings damit gerechnet werden, dass die hier postulierten Grundsätze auch auf andere Fälle übertragen werden. Daher ist vorstellbar, dass das OLG HH diese Maßstäben auch bei der Haftung eines Tor-Server-Betreibers anlegen könnte.)


Haftung für unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss

  • BGH I ZR 121/08 v. 12. Mai 2010: Privatpersonen können auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird.
Begründung steht noch aus.

Siehe hierzu auch den folgenden Aufsatz


Petitionen

  • Nach dem Wortlaut von Art. 17 GG hat
  • Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.
Jedermann heisst vom Kind bis zum Greis. Egal welcher Herkunft und Nationalität.
  • Petitionen an den Petitionsausschuss des Bundestages
Inwieweit die Unterschriften verifziert werden müssen, regelt die Geschäftsordnung der Bundestages (hier: Petitonsausschuss).
  • U.a.:
  • (1) Das Grundrecht nach Artikel 17 GG steht jeder natürlichen Person und jeder inländischen juristischen Person des Privatrechts zu.
  • (2) Geschäftsfähigkeit ist zur Ausübung des Petitionsrechts nicht erforderlich; es genügt, dass der Petent in der Lage ist, sein Anliegen verständlich zu äußern.Das Petitionsrecht ist von persönlichen Verhältnissen des Petenten wie Wohnsitz oder Staatsangehörigkeit unabhängig.
  • (3) Wird eine Petition für einen anderen eingereicht, kann eine Legitimation verlangt werden. Ist der andere mit der Petition nicht einverstanden, unterbleibt die weitere Behandlung.


Softwarepatente

Ein Verfahren, das das unmittelbare Zusammenwirken der Elemente eines Datenverarbeitungssystems betrifft, ist stets technischer Natur, ohne dass es darauf ankäme, ob es in der Ausgestaltung, in der es zum Patent angemeldet wird, durch technische Anweisungen geprägt ist.
Ein solches Verfahren ist nicht als Programm für Datenverarbeitungsanlagen vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn es ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln löst.

Steuerrecht

  • BUNDESFINANZHOF
IT-Projektleiter als freier Beruf
Ein Autodidakt, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die in Breite und Tiefe denen eines Diplom-Informatikers entsprechen, kann als Leiter von IT-Projekten einen ingenieurähnlichen und damit freien Beruf ausüben.
Urteil des BFH veröffentlicht 03.02.2010

Strafrecht

Cache-Inhalt ist Besitz

  • OLG Hamburg, Az. ?: Ein Internet-Nutzer, der bewusst und gewollt eine Internetseite mit kinderpornographischem Inhalt aufruft und auf seinem Computerbildschirm betrachtet, verschafft sich bereits dadurch den Besitz an Dateien dieses Inhaltes im Sinne des § 184 b Abs. 4 StGB. Die Strafbarkeit setze nicht voraus, dass der Nutzer – wie in der Praxis nur erschwert beweisbar – die Datei manuell auf seinem Computer abspeichern will oder Kenntnis von einer automatischen Abspeicherung im so genannten Internet-Cache seines Computers hat. Der zu körperlichen Gegenständen wie Videokassetten und Schriften entwickelte Besitzbegriff des § 184b Abs. 4 StGB bedarf einer erweiternden Auslegung, um dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers auch bei unkörperlichen Gegenständen wie einer Internet- oder Computerdatei zu genügen. (Anmerkung: Die Entscheidung ist rechtskräftig. Hier wird zum ersten Mal der Inhalt des Caches als Besitz des Users definiert, was nur sehr bedingt einleuchtet und daher auch die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung aufwirft. Hierzu meint das OLG: Angesichts der dem Medium Internet typischen Schnelligkeit sei der Besitzbegriff zu modifizieren gewesen, was nicht nicht die Grenze des Wortsinns überschreite, die der Auslegung des Gesetzes durch das im Grundgesetz verankerte Gebot zur Bestimmtheit eines Straftatbestandes gezogen ist.)

Nutzungsausfall

  • OLG München Az 1 W 2689/09 (23.03.2010)
Umfang der Ersatzpflicht für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Computers in einem Privathaushalt - Höhe des Nutzungsausfalls
1. Angesichts der zunehmenden Bedeutung, die die Nutzung eines Computers in Privathaushalten hat, ist diskutabel, dass die ständige Verfügbarkeit eines solchen Gerätes mittlerweile zum notwendigen Lebensbedarf gehört, so dass auch ohne Anmietung einer Ersatzsache der zeitweise Verlust der Gebrauchsmöglichkeit entschädigungs- bzw. schadensersatzpflichtig sein kann.
2. Der Wert des Nutzungsausfalls kann im Wege der Schadensschätzung auf etwa 40 % des üblichen Nettomietzinses geschätzt werden.


Unberechtigte Nutzung eines fremden, offenen WLANs ist Straftat

  • AG Wupptertal, Az. 22 Ds 70 Js 6906/06: Wer sich vom Bürgersteig aus in einen fremden, offenen WLAN-Router einloggt, macht sich nach dem TKG und dem BDSG strafbar. Ein WLAN-Router ist eine "elektrische Sende- und Empfangseinrichtung" und damit eine Funkanlage im Sinne des TKG. Die Zuweisung einer IP-Adresse durch den Router ist eine Nachricht in Sinne des § 89 TKG. Wer auf die so zugesandte IP-Adresse zugreift und diese auswertet, hört somit eine nicht für ihn bestimmte Nachricht ab. Denn die IP-Adresse ist gerade nicht für den unberechtigten Nutzer bestimmt gewesen. Vielmehr wird die Festlegung, wer zur Verwendung der IP-Adresse berechtigt ist, allein vom Eigentümer des WLAN-Routers und nicht dem Gerät selbst getroffen. Zudem verstößt dies gegen § 44 des BDSG weil man sich unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, verschafft. Hierunter fallen auch IP-Adressen, da diese jederzeit zurückverfolgt und einer bestimmten Person zugeordnet werden können. Durch Zugriff auf den Router werden personenbezogene Daten in Form einer IP-Adresse abgerufen. Diese Handlung erfolgt dann in Bereicherungsabsicht, wenn es das Ziel ist, über das offene Funknetz kostenfrei auf das Web zuzugreifen, sofern man billigend in Kauf nimmt, dass der Geschädigte möglicherweise über keine Flatrate verfügt und seinen Internetanschluss nach Volumen oder Zeit abrechnen muss. (Anmerkung: Dieses Urteil stammt aus dem Jahre 2007, wurde aber erst im Mai 2010 veröffentlicht. Es ist das erste und - soweit ersichtlich auch einzige - seiner Art. Nach der Veröffentlichung muss aber mit einer Sensibilisierung von Staatsanwälten gerechnet werden. Ob diese Auffassung sich allerdings durchsetzt, darf bezweifelt werden.) (Update: Mittlerweile hat das AG Wuppertal, anderer Strafrichter, in einem gleich gelagerten Fall den Angeklagten freigesprochen und sich von dieser Entscheidung distanziert)

Verbraucherrecht

  • BGH, [1] VIII ZR 337/09 vom 3. November 2010
Wer online Waren bestellt, darf sie nicht nur auspacken, sondern auch ausprobieren. Schließlich habe der Käufer die Ware vorher nicht testen können, daher müsse ihm das Recht zugestanden werden, dies nach Erhalt der Ware nachzuholen und anschließend von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Dieses Recht gilt auch dann, wenn der Artikel nach einem solchen Test und der darauffolgenden Rücksendung nicht mehr als neuwertig weiterverkauft werden kann.

Versammlungsrecht

  • BVerfG, 1 BvR 2636/04 vom 12. Mai 2010: Auflage der polizeilichen Durchsuchung sämtlicher Teilnehmer einer Versammlung wegen mangelhafter Gefahrenprognose verfassungswidrig

Videoüberwachung

  • Bei der Installation von Überwachungskameras auf einem privaten Grundstück kann das Persönlichkeitsrecht eines vermeintlich überwachten Nachbarn schon aufgrund einer Verdachtssituation beeinträchtigt sein. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung reicht dazu aber nicht aus.
VI ZR 176/09 BGH v. 16.03.2010

Virtuelles Hausrecht

  • LG München, Az. 30 O 11973/05: Dem Betreiber eines Internetforums steht es grundsätzlich frei, jeden Dritten von seinem Forum aufgrund seines virtuellen Hausrechts ausschließen. Das Recht zur Veröffentlichung von Beiträgen in einem solchen Forum ergibt sich entweder aus einem entsprechenden Vertrag mit dem Betreiber oder einer Gestattung durch diesen. In beiden Fällen steht dem Betreiber das virtuelle Hausrecht zu. Zum Urteil

(Anmerkung: Das Urteil dürfte auch auf ähnlich gelagerte Fälle anwendbar sein, z. B. Mailing-Listen oder Chats.)

Vorratsdatenspeicherung

  • BVerfG, Az. 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08: Eine sechsmonatige, vorsorglich anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten durch private Diensteanbieter ist mit Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die gesetzliche Ausgestaltung einer solchen Datenspeicherung dem besonderen Gewicht des mit der Speicherung verbundenen Grundrechtseingriffs angemessen Rechnung trägt. Erforderlich sind hinreichend anspruchsvolle und normenklare Regelungen hinsichtlich der Datensicherheit, der Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes. Hinsichtlich der Datensicherheit bedarf es Regelungen, die einen besonders hohen Sicherheitsstandard normenklar und verbindlich vorgeben. Es ist jedenfalls dem Grunde nach gesetzlich sicherzustellen, dass sich dieser an dem Entwicklungsstand der Fachdiskussion orientiert, neue Erkenntnisse und Einsichten fortlaufend aufnimmt und nicht unter dem Vorbehalt einer freien Abwägung mit allgemeinen wirtschaftlichen Gesichtspunkten steht. Der Abruf und die unmittelbare Nutzung der Daten sind nur verhältnismäßig, wenn sie überragend wichtigen Aufgaben des Rechtsgüterschutzes dienen. Im Bereich der Strafverfolgung setzt dies einen durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht einer schweren Straftat voraus. Für die Gefahrenabwehr und die Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste dürfen sie nur bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für eine gemeine Gefahr zugelassen werden. Eine nur mittelbare Nutzung der Daten zur Erteilung von Auskünften durch die Telekommunikationsdiensteanbieter über die Inhaber von Internetprotokolladressen ist auch unabhängig von begrenzenden Straftaten- oder Rechtsgüterkatalogen für die Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und die Wahrnehmung nachrichtendienstlicher Aufgaben zulässig. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten können solche Auskünfte nur in gesetzlich ausdrücklich benannten Fällen von besonderem Gewicht erlaubt werden. Zum Urteil.

Siehe hierzu auch eine Besprechung von Emanuel


Vereinsrecht

Abstimmungen - Enthaltungen

Mehrheitsberechnung bei der Beschlußfassung in einem Verein

Bei der Beschlußfassung im Verein ist die Mehrheit nur nach der Zahl der abgegebenen Ja-Stimmen und Nein-Stimmen zu berechnen, Enthaltungen sind nicht mitzuzählen (BGH II ZR 164/81 25. Januar 1982).

Anmerkung: Möglicherweise kann eine Mehrheit der anwesenden , stimmberechtigten Mitglieder durch Satzung oder GO gefordert sein. In diesem Fall zählen Enthaltungen faktisch wie Nein-Stimmen.


Abstimmungen - Geheim

Eine gesetzlich Vorschrift zu Abstimmungen besteht nicht.

Die Abstimmungsart richtet sich also zunächst nach der Satzung. Enthält die Satzung dagegen keine Regelung der Abstimmungsart, kann der Versammlungsleiter anordnen, auf welche Weise die Abstimmung vor sich geht. Das Recht, dass schriftlich oder geheime Abstimmung verlangt werden kann, ist kein Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB.

  • Sauter Rn. 209
  • Burhoff Rn. 218

Fazit: Es gibt kein Recht auf geheime Abstimmung, es sei denn, es ist in der Satzung oder der GO explizit geregelt, der Versammlungsleiter ordnet es an oder gesetzliche Bestimmungen zur Wahl von Kanditaten in Sinne des Bundeswahlgesetzes oder der Länder-/bzw. Kommunalwahlgesetze schreiben dies vor.



Empfangsbevollmächtigung für normale Postsendungen

  • Briefe, die an das Organ A gerichtet sind, sind von den Beauftragten des Organs A zu öffnen, Briefe, die an das Organ B gerichtet sind, sind von den Beauftragten des Organs B zu öffnen usw..
Die Adressierung lautet in diesem Fall:
Organ A
Z.Hd. Herrn Müller
Strasse
Ort
  • bzw.
Organ A
(Herrn) August Müller
Strasse
Ort
  • Briefe, die an einen persönlich bezeichneten Empfänger nach folgendem Muster gerichtet sind:
(Herrn) August Müller
Organ A
Strasse
Ort
  • oder
(Herrn) August Müller
c/o Organ A
Strasse
Ort
  • oder
Persönlich
Organ A
Z.Hd. Herrn Müller
Strasse
Ort
sind ungeöffnet weiter zu leiten. Es empfiehlt sich, den Empfänger zeitnah zu informieren.
Wenn der Empfänger z.B. die Anweisung gibt: Bitte öffnen und vorlesen, gilt das natürlich nicht.

Entlastung

Die Entlastung wird für die Wahlperiode erteilt.

Die Entlastung wird für den gesamten Vorstand erteilt oder für jedes einzelne Vorstandsmitglied. Teilentlastung eines einzelnen Vorstandsmitgliedes oder Teilentlastung des gesamten Vorstandes ist nicht möglich (allenfalls ein Vorbehalt, wenn eine Detail fehlt und Nachlieferung innerhalb Frist versichert wird - s.a. Urteil d. OLG Brandenburg 7 U 176/07 v. 28.05.2008).

Anmerkungen:

  • Es gibt bei Parteien üblicherweise 2 (Finanz-) Rechenschaftsberichte (genauer: einen finanziellen Teil des Tätigkeitsberichtes des Vorstandes und einen Rechenschaftsbericht der Gliederung nach PartG, der in den Rechenschaftsbericht des Bundesschatzmeisters einfließt und ebenfalls von den Rechnungs- bzw. Kassenprüfern vor Beschluss des Vorstandes der Gliederung hierüber zu prüfen ist.)
  • Der nachfolgende Vorstand übernimmt die "Sünden" des alten Vorstandes und ist nunmehr verantwortlich. So reicht z.B. ein Schatzmeister den schwarzen Peter an den nächsten weiter usw.. Der Nachfolger kann somit NICHT behaupten, die "Missetat" wäre vor seiner Amtszeit begangen worden und muss sich nicht mehr darum kümmern. Entlastung bedeutet nicht Verjährung, sondern nur, dass die MITGLIEDER den Entlasteten von Forderungen gegen ihn durch die MITGLIEDER(Versammlung) freistellen. Beinhaltet die "Missetat" eine grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz oder strafrechtlich Relevantes ist die Entlastung nur symbolisch. Eine (negative) Auswirkung (einer Nicht-Entlastung) hätte es, wenn das Vorstandsmitglied in Regress durch die Mitglieder genommen wird. Hier gilt die übliche Verjährungszeit von 3 Jahren (§195 BGB).
  • Auch bei erteilter Entlastung beträgt sie und 10-30 Jahre, wenn die Voraussetzungen des §199 BGB zutreffen.
  • Die Verjährungsfristen nach AO weichen teilweise erheblich ab.
  • Im Übrigen ist das Konstrukt "Entlastung" nicht gesetzlich geregelt, sondern allenfalls allgemeine Verkehrsübung und ergibt sich aus den Satzungen.

Haftung von Vorständen und Mitgliedern

Die für Haftung des nicht ehrenamtlichen Vereinsvorstandes gilt:

§ 31a BGB Haftung von Vorstandsmitgliedern

(1) Ein Vorstand, der unentgeltlich tätig ist oder für seine Tätigkeit eine Vergütung erhält, die 500 Euro jährlich nicht übersteigt, haftet dem Verein für einen in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Satz 1 gilt auch für die Haftung gegenüber den Mitgliedern des Vereins.

§ 37 PartG Nichtanwendbarkeit einer Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs § 54 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird bei Parteien nicht angewandt.

BGB § 54 Nicht rechtsfähige Vereine Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner.

Fazit:

  • 1. Die Piratenpartei ist ein nicht rechtfähiger Verein.
  • 2. Nach §3 PartG ist die Piratenpartei dennoch als juristische Person aktiv- und passivlegimimiert. D.h. sie kann gerichtlich und außergerichtlich in eigenem Namen auftreten und in Anspruch genommen werden.
  • 3. BGB §54 Satz 2 (Haftung) wird nicht angewandt.
  • 4. Eine Haftung für Ehrenamtliche ist nicht zu bejahen, ausser bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, sowie bei allem was im StGB steht.

Satzungsänderungen

Ankündigung von Satzungsänderungen

Nach §32 BGB ist der Gegenstand der Berufung – also die sogenannte Tagesordnung – bei der Einberufung der Mitgliederversammlung zu bezeichnen, vgl. Sauter Rn. 178. Soll die Satzung geändert werden, genügt es in aller Regel nicht, in die Tagesordnung die Bezeichnung „Satzungsänderung“ aufzunehmen. Zumindest muss hinzugefügt werden, welche Bestimmungen der Satzung geändert werden sollen. Soll die ganze Satzung neu gefasst werden, genügt es nicht, dies lediglich mit der Bezeichnung „Neufassung der Satzung“ anzukündigen, weil damit für die Mitglieder nicht erkennbar ist, ob es sich lediglich um redaktionelle Änderungen oder um sachliche Neuerungen handelt (A. A. Stöber 9. Aufl. Rn. 454).

Die oftmals in den Satzungen der Piratenpartei enthaltene Regelung, dass das Einreichen von Satzungsänderungsanträgen auch auf einen Parteitag möglich sei, kann allenfalls so verstanden werden, dass dies nur möglich ist, wenn eine Änderung der jeweiligen Bestimmung schon in der Tagesordnung angekündigt worden ist.

Mit der Berufung - also mit der Einladung zur Mitgliederversammlung – sind also Satzungsänderungsanträge aufzuführen. Dies kann zu Schwierigkeiten führen, wenn eine Einladung so knapp verschickt werden soll, dass nach Bekanntgabe des Termins keine Zeit mehr bleibt, Satzungsänderungsanträge fristgemäß in die Einladung aufzunehmen. Daher empfiehlt es sich, eine Mitgliedersammlung so rechtzeitig anzukündigen, dass die beabsichtigten Satzungsänderungsanträge noch in die Einladung nebst Tagesordnung fristgemäß aufgenommen werden können.

Insofern kollidieren die Vorschriften des §9(2) Satz 3 („sechs Wochen“) Bundessatzung mit §12 (2) („vier Wochen“) Bundessatzung. Vorrang hätte die Rechtsprechung, nach der in der Einladung (also sechs Wochen vorher) bereits alle zu ändernden Satzungsbestimmungen dem Grunde nach angekündigt werden müssen. Unberührt davon sind Ergänzungsanträge zur bereits ankündigten, zu ändernden Satzungsbestimmung.

Verringerung der Anzahl der Vorstandsmitglieder

Wird durch eine Satzungsänderung die Zahl der Vorstandsmitglieder verringert, ist das ein zwingender Grund, die überzähligen Mitglieder abzuberufen. Welche das sind, steht völlig im Ermessen des Bestellungsorgans, sofern nicht ein Vorstandsmitglied ein satzungsmäßiges Sonderrecht auf ein Vorstandsamt besitzt. Zu prüfen ist aber, ob der satzungsändernde Beschluss nicht dahin auszulegen ist, dass die Verkleinerung des Vorstandes erst nach Ablauf der Amtszeit der amtierenden Vorstandsmitglieder stattfinden soll. – Sauter Rn. 273