Schatzmeister-Handbuch/wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
Logo Piratenpartei.svg Auf dieser Seite sind die offiziellen Anweisungen und Anleitungen des Bundesschatzmeisters.
Änderungen an der Seite sind nicht zulässig.
Änderungen bitte nur nach vorherigen Absprache mit dem amtierenden Schatzmeister Stefan vornehmen. Anfragen, Anregungen und auch Kritik bitte nur auf der Diskussionsseite hinterlassen. Dankeschön!


Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (wGB) innerhalb der Piratenpartei

Allgemeine Informationen

Steuerrechtlich

Politische Parteien und Ihre Untergliederungen sind von der Körperschaftsteuer (§5 Abs. 1 Nr. 7 KStG) und Gewerbesteuer (§2 Abs. 3 GewStG) befreit. Dies betrifft die Einnahmen im Kernbereich der politischen Willensbildung.

Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, gilt die Befreiung insoweit nicht, da nur die politische Betätigung steuerbefreit ist (sogenannte partielle Steuerpflicht).

Definition wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO):

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht.

Dabei kommt es nicht auf die Absicht Gewinn zu erzielen an, die Erzielung von Einnahmen (Umsatz)ist ausreichend.

Körperschaftsteuer

Körperschaftsteuer wird auf den Gewinn des wGB erhoben. Gewinn ist der Unterschiedsbetrag aus Einnahmen minus Ausgaben. Körperschaftsteuer wird ab Überschreiten des Freibetrages (§24 KStG) von 5.000,00 € erhoben.

Körperschaftssteuer fällt an, wenn aus einer Sammelbestellung oder einem Zentraleinkauf ein Gewinn erzielt wird, unabhängig davon, ob dieser Gewinn durch Gliederungen der Partei oder durch Privatpersonen entstanden ist. (s. BFH-Urteil vom 15.10.1997 – Az. II R 94/94)

Gewerbesteuer

Auch bei der Gewerbesteuer gibt es einen Freibetrag von 5.000,00 € (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG).

Umsatzsteuer

Die Unternehmereigenschaft im Sinne von § 2 UStG begründet sich mit der Aufnahme des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes.

Von der sogenannten Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) kann nur Gebrauch gemacht werden, wenn die geplanten Umsätze die Umsatzgrenzen (17.500,00 € p.a.) nicht überschreiten.

Insofern ist Umsatzsteuer abzuführen, im Gegenzug kann die gezahlte Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen im Rahmen des wGB als Vorsteuer (§ 15 UStG) geltend gemacht werden. Hierfür sind insbesondere ordnungsgemäße Eingangsrechnungen erforderlich, die die Angaben des § 14 UStG enthalten.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Intention des Gesetzgebers darin besteht, dass Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer Partei grundsätzlich umsatzsteuerbar und –pflichtig sind. Lediglich unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 18a UStG kann eine Abweichung von diesem Grundsatz in Betracht kommen. Dies setzt zum einen voraus, dass die Leistung im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben erbracht wird, und zum anderen, dass der Leistungsaustausch gegen Kostenerstattung erfolgt. Sofern der Verkauf bei Sammelbestellungen nicht auf Selbstkostenbasis (Kostenerstattung) sondern mit einem Gewinnaufschlag erfolgt kann nicht davon ausgegangen werden, dass solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit sind.

Stand Dezember 2013


Aufzeichnungspflichten

Die Einnahmen und Ausgaben des wGB sind gesondert aufzuzeichnen. Dies ist notwendig um die steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Deshalb sind alle Belege an die BGS zu senden.

Satzung / Finanzordnung

Aus der Bundessatzung, Abschnitt B Finanzordnung 2.8 G:

„§ 24 (Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) es ist den Gliederungen der Piratenpartei nicht gestattet, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu eröffnen oder zu unterhalten. Die Abwicklung von unternehmerischen Tätigkeiten (wGB)s ist von einem Beauftragten zu besorgen, der vom Bundesvorstand bestellt wird.“

Beauftragte

Der Bundesvorstand bestellt hiermit die 16 Landesschatzmeister zu Beauftragten. Diese können durch schriftliche Anzeige einen anderen Beauftragten gegenüber dem Bundesvorstand benennen.

Beauftragte sind berechtigt, wirtschaftliche Tätigkeiten im Namen und auf Rechnung der Piratenpartei Deutschland durchzuführen. Sie sind verpflichtet, alle Belege und Informationen unverzüglich an die Bundesgeschäftsstelle, Pflugstraße 9a, 10115 Berlin oder ersatzweise an wgb@piratenpartei.de zu senden. Sofern sich herausstellt, dass die unverzügliche Weiterleitung von Belegen und Informationen nicht zuverlässig geschieht, ist der Bundesvorstand berechtigt, einem Beauftragten die Berechtigung für wirtschaftliche Tätigkeiten im Namen und auf Rechnung der Piratenpartei zu entziehen.

Wirtschaftliche Tätigkeit im Namen und auf Rechnung einer Untergliederung ist nicht erlaubt, weil die Umsatzgrenzen für die Umsatzsteuerpflicht sehr schnell erreicht sind.

Beispiele zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs:

  • Durchführung von Veranstaltungen (Parteitage, Camps, Sommerfest etc.)
  • Eintrittsgelder
  • Verkauf von Speisen und Getränken
  • Kinderschminken
  • sonstige Einnahmen im Rahmen einer Veranstaltung
  • Verkauf von T-Shirts, Sonnenschirmen, Fahnen, Plakaten und sonstigem (auf Stammtischen,bei Parteitagen, Camps usw.)
  • Betrieb eines Getränkeautomaten
  • kurzfristige Raumvermietung (in jedem Fall ist vor jeder Raumvermietung Rücksprache vor Vertragsabschluss zwingend notwendig)
  • Vermietung Serversystem
  • Kostenpflichtige Beförderung (zu Parteitagen etc.)

Es ist mit Prüfungen durch das Finanzamt zu rechnen.

Die Abwicklung von Einnahmen über Spenden durch eine Einzelperson im Nachgang an eine Veranstaltung ist nicht erlaubt!

Stand Dezember 2013

Vorgehensweise

Den Beauftragten ist es gestattet sich im Namen und für Rechnung des Bundes wirtschaftlich zu betätigen.

Im Folgenden wird die Vorgehensweise erläutert:

1. Die Anträge sollen per Mail an wgb@piratenpartei.de gesandt werden. Hier landen sie im Redmine und können von den jeweiligen Buchhaltern bearbeitet werden.

2. Zusammen mit dem Antrag ist eine Kalkulation einzureichen. Das Muster findest du hier: XXXXXX, Anforderung über wgb@piratenpartei.de. Bitte achtet auf eine nicht zu knappe Kalkulation, rechnet einen Sicherheitsaufschlag ein, da ansonsten bei zu wenig Teilnehmern schnell Verluste entstehen können.

3. Der wGB kann kein Geld vorschießen. Bitte klärt ab, wer Vorkasse leistet, falls Rechnungen zu bezahlen sind bevor Einnahmen kommen.

4. Der wGB kann auch keine Verluste tragen. Bitte legt deshalb immer eine Ausfallbürgschaft vor, falls durch die wirtschaftliche Betätigung ein Verlust entstehen kann.

5. Die Abwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt im Namen und für Rechnung des Bundes.

6. Ausgangsrechnungen werden über den Bund gestellt (unbedingt beachten) und müssen eine fortlaufende Rechnungsnummer haben, daher bitte immer den Buchhalter vom wGB ansprechen,sofern Ausgangsrechnungen ausgestellt werden müssen.

7. Eingangsrechnungen müssen auf die Anschrift des Bundes lauten und werden vom Bund bezahlt.

8. Eingangsrechnungen ab 150,00 € müssen insbesondere folgende Angaben (nach §14 UStG) enthalten, damit ein Vorsteuerabzug gegeben ist:

  • Leistender, mit Anschrift
  • Leistungsempfänger: Piratenpartei Deutschland, Abteilung wGB, Pflugstraße 9a,

10115 Berlin.

  • Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer Leistender
  • Datum
  • Rechnungsnummer
  • Genaue Leistungsbezeichnung: Menge und Art der gelieferten Gegenstände

beziehungsweise die Art der sonstige Leistung

  • Liefer- bzw. Leistungsdatum (oder Hinweis auf Lieferschein, dann muss auf diesem das Lieferdatum ersichtlich sein)
  • Nach Steuersätzen aufgeschlüsseltes Entgelt: Nettobetrag, Betrag Umsatzsteuer,

Bruttobetrag

  • Umsatzsteuersatz

9. Für Eingangsrechnungen bis 150,00 € (§33 UStDV) bestehen Erleichterungen. So müssen nicht die Anschrift des Leistungsempfängers, Steuernummer, Rechnungsnummer, Leistungszeitpunkt, der Umsatzsteuerbetrag und der Nettobetrag ausgewiesen sein. Zwingend erforderlich ist aber die Angabe des Umsatzsteuersatzes

10. Nach erfolgreicher Beendigung ist dem Bund eine Abrechnung zu erstellen sowie die Originalbelege zu übergeben. Hierfür ist dieses Formular zu verwenden, in dem folgende Seiten auszufüllen sind:

  • Abrechnung,
  • Kassenbuch
  • Kassenaufnahmeprotokoll.

Ein etwaiger Verlust ist von der Gliederung, die die Ausfallbürgschaft beschlossen hat, anzufordern und zu überweisen.

Stand Dezember 2013

11. Die Einnahmen sind auf ein Sonderkonto des Bundes einzuzahlen. (Piratenpartei Deutschland, GLS-Bank, BLZ 43060967, Konto-Nr.: 7006027903)

12. Bar-Auslagen werden an die Gliederung überwiesen, nachdem die Belege dazu eingereicht wurde (Versand an die BGS).

13. Damit die Umsätze fristgerecht in die Umsatzsteuervoranmeldung aufgenommen werden können, ist eine Abrechnung der einzelnen Veranstaltungen bis zum 5. des Folgemonats vorzunehmen. (Beispiel: Veranstaltungstag 4.6. oder 22.6.– der Umsatz ist in der Umsatzsteuervoranmeldung für Juni zu erklären, damit dies fristgerecht erfolgen kann ist die Abrechnung bis zum 5.7. beim Bund einzureichen und die Einnahmen einzuzahlen).

14. Bei Daueranträgen hat die Abrechnung und Einzahlung der Einnahmen monatlich zu erfolgen.

15. Bei geschätzten Kosten von über 500,00 € für eine geplante wirtschaftliche Betätigung behalten wir uns vor, einen Vorschuss anzufordern, um die eingehenden Rechnungen zu bezahlen.

Der Verantwortliche der Veranstaltung ist dafür verantwortlich, dass wir eine ordnungsgemäße Eingangsrechnung erhalten (beziehungsweise ist er für die Einholung von Rechnungs-Korrekturen zuständig) sowie dass eine Abrechnung über den Bund erfolgt.

Es ist darauf zu achten, dass keine Verluste durch den wGB entstehen. Verluste aus dem wGB sind nur mit Gewinnen des selbigen zu verrechnen (= untereinander). Die Verluste dürfen nicht mit Einnahmen der ideellen Sphäre (Mitgliedsbeiträgen, Spenden) verrechnet werden.

Rückfluss an die Untergliederung

Gewinne unterliegen der Körperschafts- und Gewerbesteuer. Diese Steuerlast wird vom Bund übernommen und beträgt knapp 50%. Außerdem entsteht beim Bund Verwaltungsaufwand. Trotzdem werden 50% des erwirtschafteten Gewinns vor Steuerzahlungen an die durchführende Untergliederung ausgezahlt, sofern der Gesamtgewinn über 100,-- Euro liegt.


Parteienfinanzierung

Bezüglich der maximalen Förderungsfähigkeit und des Ausweises der genannten Einnahmen im Rahmen der Parteienfinanzierung muss zunächst auf die Säulen der Parteienfinanzierung abgestellt werden.

Grundsätzlich hat der Gesetzgeber festgelegt, dass das auf alle anspruchsberechtigten Parteien zu verteilende Gesamtvolumen für 2012 in Höhe von 150,8 Millionen Euro nicht übersteigen darf (absolute Obergrenze). Das Volumen der staatlichen Mittel, die auf eine einzelne Partei entfallen, ist gemäß § 18 V PartG auf die Höhe ihrer Einnahmen nach § 24 IV Nr. 1 bis 7 PartG begrenzt (relative Obergrenze).

Zur Ermittlung dieser relativen Obergrenze werden demnach nicht sämtliche Einnahmen einer Partei in einem Rechenschaftsjahr herangezogen. Insbesondere bleiben Einnahmen aus der Parteienfinanzierung, sonstige Einnahmen sowie Zuschüsse von Gliederungen (§ 24 IV Nr. 8 bis 10 PartG) unberücksichtigt. Fraglich ist daher wie die Einnahmen aus einer gegenseitigen Liefer- und Leistungsbeziehung zum einen mit Gliederungen der Partei und zum anderen mit Privatpersonen aus Sicht der Parteienfinanzierung zu beurteilen sind.

Hierzu führt das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) in seiner Stellungnahme vom 9. Oktober 2013 an uns aus, dass lediglich Einnahmen von Dritten, also nicht Gliederungen der Partei, wohl aber Mitglieder, die (soweit es für die Partei erkennbar ist) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Werbemittel bestellen, in die relative Obergrenze einzubeziehen sind. D.h. Zahlungsflüsse aus dem Verkauf von Merchandise-Artikeln vom Shop an Gliederungen unterliegen nicht der staatlichen Förderung nach dem Parteiengesetz. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verkauf aus einer Sammelbestellung resultiert oder auf Basis einer Einzelbestellung erfolgt.

Ungeachtet dessen sind die Einnahmen aus dem Verkauf an natürliche Personen als förderungsfähige Einnahmen nach dem Parteiengesetz zu betrachten.

Somit stellt sich abschließend die Frage nach dem korrekten Ausweis im Rechenschaftsbericht. Da das Parteiengesetz keine Konsolidierung im Sinne des Handelsrechts vorsieht, zeigt das IDW in seiner Stellungnahme drei mögliche Ausweisarten für den Verkauf an Gliederungen auf:

  1. Erfassung als sonstige Einnahme
  2. Ausweis als Zuschuss von bzw. an Gliederungen,
  3. Saldierung der Ausgaben i.S. von § 26a IV PartG.

Bei der letzten Ausweisform würde der Aufwand am Ende von der Gliederung getragen, welche die Kosten auch tatsächlich trägt.

Aus Gründen der Bilanzklarheit werden wir die Erträge und Aufwendungen aus dem innerparteilichen Leistungsaustausch saldieren unabhängig davon, ob diese auf einer Einzel- oder Sammelbestellung basieren

Für Verkäufe an Privatpersonen oder ggf. Firmen kommt hingegen nur ein Ausweis gem. § 24 IV Nr.5 PartG (Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen) in Betracht.

Anmerkung zu Gutachten

Gutachten sind immer nur so gut und genau, wie die Kommunikation dazu im Vorfeld stattfindet. Wir haben ursprünglich unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 15.10.1997 (Az. II R 94/94) beim Wirtschaftsprüfer ein Gutachten beauftragt, wie wir die Umsätze zwischen Gliederungen im Hinblick auf die Parteienfinanzierung behandeln müssen. Wir haben eine Antwort bekommen, wie wir die Umsätze zwischen Gliederungen im Hinblick auf die Körper-, Gewerbe- und Umsatzsteuer behandeln müssen. Diesen Kommunikationsfehler haben wir erst bemerkt, als wir eine weitere Auskunft vom Deutschen Bundestag angefordert haben, der dafür eine Stellungnahme vom Institut der Wirtschaftsprüfer einholte und an uns weiterleitete. Für diesen Kommunikationsfehler bitte ich jeden Einzelnen um Entschuldigung. Wir haben diesen Fehler noch rechtzeitig bemerkt und die Umsätze aus der wirtschaftlichen Betätigung der Piratenpartei und des PShops wie oben beschrieben im Rechenschaftsbericht 2012 ausgewiesen.


[[Kategorie:Finanzen|Schatzmeister-Handbuch]