NRW:2013-03-27 - NRW Vorstand/Gutachten

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Das Gutachten

Datei:Gutachten Ladungsfrist Aufstellungsversammlung 2013 NRW.pdf

Anschließender Schriftwechsel

22.01.2013 erste E-Mail an den Landesvorstand

Ich sehe die Argumentation, kann ihr auch folgen, sehe es aber gänzlich anders, da das Gutachten leider wichtige Aspekte am Ende nicht berücksichtigt und eben nicht darauf eingeht, was im Kern ein Parteitag ist.

Das Problem ist die mangelhafte Definition der Aufgaben und das lapidare Bekleiden von gänzlich unterschiedlichen Sachen mit einem einheitlichen Begriff.

Hinzu kommt, dass der Begriff "Parteitag" abschließend im PartG definiert ist und bereits eine klare Aufgabendefinition zuweist, die sich ebenfalls nicht in Einklang mit den Bestimmungen des BWahlG bringen lässt, sollte der Begriff "Mitgliederversammlung" aus dem BWahlG synonym für den Begriff "Parteitag" angenommen werden.

Die Schnittmengen eines Landesparteitags mit allen satzungsmäßigen Einschränkungen durch Beschränkung der Mitgliedsrechte nach § 4 Absatz 4 der Bundessatzung (abgeleitet aus § 3 Landessatzung) einhergehend mit den unterschiedlichen Gruppen von Personen, die auf den jeweiligen Versammlungen Stimmrecht haben, ermöglichen 2 mögliche Lösungswege, die jeweils unterschiedliche Regelungen verletzen.

Die Gruppe der Stimmberechtigten auf einem allgemeiner Landesparteitag sind
1 die minderjährigen Deutschen im Alter von 16 bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres, die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind,
2 die ausländischen EU-Bürger, mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesland Nordrhein-Westfalen, die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind,
3 die ausländischen Nicht-EU-Bürger, mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesland Nordrhein-Westfalen, die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind,
4 die volljährigen Deutschen, deren Wahlrecht aus besonderen Gründen (vgl. BWahlG § 12 1.3 → § 13 z.B. durch Urteilsspruch) ausgeschlossen ist, die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind,
5 die volljährigen Deutschen, die durch Umzug noch nicht das passive Wahlrecht (3-Monats-Regel vgl. BWahlG § 12 1.2) erhalten haben, die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind,
6 die volljährigen Deutschen, die ihren Hauptwohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Nordrhein-Westfalen haben, die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind und
7 die volljährigen Deutschen, die das Wahlrecht zu den allgemeinen Wahlen haben, die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind

Hingegen sind auf den Mitgliederversammlungen zur Wahl einer Landesliste für die Landtags- oder Bundestagswahl (bei Europawahl ist das wieder anders) die vorgenannten Gruppen 1 bis 6!!! vom Stimmrecht ausgeschlossen. Einzig die Gruppe 7 ist deckungsgleich. Da wir lediglich durch unsere Mitgliederdatenbank die Gruppe 1 mit Sicherheit identifizieren können, können wir nicht einmal die Größe der jeweiligen Gruppen benennen. Das wäre aber ebenfalls irrelevant, da hier durch die Wahlgesetzgebung keine Einschränkung erlaubt ist und jeder die gleiche Beachtung finden muss.

Die Gruppen der Stimmberechtigten auf Mitgliederversammlungen zur Wahl einer Landesliste für die Landtags- oder Bundestagswahl sieht also wie folgt aus:
1 Die volljährigen Deutschen, die das Wahlrecht zu den allgemeinen Wahlen haben (vgl. BWahlG §12), die Mitglieder des Landesverbandes NRW sind (identisch mit Gruppe 7 aus vorheriger Auflistung) und
2 Die volljährigen Deutschen, mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesland Nordrhein-Westfalen, die NICHT Mitglieder des Landesverbandes NRW sind

Man beachte, dass die Gruppe 2 dieser Auflistung nicht in der Auflistung zu allgemeinen Parteitagen vorkommt, somit auch dort kein Stimmrecht hat, und auch nicht eingeladen werden kann. Dass diese Gruppe 2 nicht ergänzt werden kann um evtl, das Konstrukt einer Listenaufstellungsversammlung im Rahmen eines Parteitages zu ermöglichen, wie es §7 Absatz 2 der Landessatzung vorsieht ergibt sich implizit aus der Regelung in § 6a Absatz 2 der Landessatzung, in der das Minderheitenquorum zur Einberufung eines Parteitages festgelegt wird. Hier finden explizit nur die Mitglieder des Landesverbandes Erwähnung. Somit wäre eine Einberufung einer Aufstellungsversammlung durch diese Gruppe von vorn herein ausgeschlossen, was ebenfalls ein weiterer impliziter Verstoß gegen die Wahlgesetzgebung wäre.

Folglich sind die beiden Versammlungen zwar Mitgliederversammlungen, aber in ihrem Charakter vollkommen unterschiedlich und dienen einem völlig anderen Zweck.

Dies wäre nur der Anspruch an die Gesetzgebung, noch nicht aber die nach § 17. Absatz 2 des Parteiengesetzes möglichen Ansprüche an die Satzung.

Nun kommt hinzu, dass die Satzung weitere Einschränkungen an das Stimmrecht auf Parteitagen erhebt.
Denn nach § 4 Absatz 4, der auch für NRW gilt, da hier in § 3 implizit auf diese Regelung verwiesen wird, steht, dass das Stimmrecht nur ausüben kann, wer mit dem Mitgliedsbeitrag nicht im Rückstand ist. Dies ist eine unzulässige Einschränkung für Versammlungen zur Aufstellung von Listen für Volksvertretungen, wohl aber legitim für allgemeine Parteitage. Auch hier zeigt sich dass ein allgemeiner Parteitag nicht das sein kann, was sich der Gesetzgeber für die Mitgliederversammlung zur Aufstellung von Landeslisten vorstellt.

Es gibt folglich zwei mögliche Alternativen.
a) Man erkennt die Regelung der Satzung an, führt einen Parteitag aus mit all den Regelungen, die für die einzuladenden Gruppen und das Stimmrecht gelten oder
b) man erkennt die Regelung der Wahlgesetzgebung an, führt eine Mitgliederversammlungen aus nach Maßgabe der der gesetzlichen Vorgaben, die für die einzuladenden Gruppen und das Stimmrecht gelten.

Da man bei der Durchführung von Variante a) gegen geltendes Recht verstößt, was zu einer Nichtzulassung zur Wahl führen würde, scheidet diese Variante wohl eher aus.
Bei Variante b) muss man in Kauf nehmen gegen die Regelungen der Satzung zu verstoßen, ermöglicht aber eine wenigstens den rechtlichen Bedingungen entsprechende Versammlung.

Da nach allgemeiner Rechtsauffassung der Rang des Gesetzes über dem Rang der Satzung steht, ist folglich auch der Bruch mit der Regelung der Satzung als notwendiges Übel zu akzeptieren. Denn auch wenn das Bundeswahlgesetz der Satzung in § 21 Absatz 5 einen breiten Spielraum für die Einberufung und Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung und für die Wahl der Bewerber gibt, so darf es doch die sich aus dem Grundgesetz ergebenden Pflichten und Rechte (§§ 21, 38, 116) und die ebenfalls im Bundeswahlgesetz (§ 12 f.) eng gesteckten Vorgaben nicht überschreiten.

Im Zweifelsfall gilt das Gesetz, da muss die Satzung weichen. Dies wurde zum Glück bereits als Auftrag verstanden, die Regelungen der Satzung dahingehend konform zu machen, dass sie den maßgeblichen Anforderungen der Gesetzgebung entsprechen, da offensichtliche ein Wunsch zur Regelung gemäß § 21 Absatz 5 BWahlG seitens der Partei besteht.

Gruß,

Alexander Reintzsch


22.01.2013 zweite E-Mail an den Landesvorstand

Uff,

also, ein wenig Licht ins Dunkel. Also ich habe mit dem das Gutachten erstellt habenden Anwalt etwa 25 Minuten telefoniert. In den ersten 3-5 Minuten hat er noch einmal sein Werk vorgestellt, bis ich ihm dann leider ins Wort fallen musste, da mir das keine größeren Erkenntnisse gebracht hat. Daraufhin habe ich ihm gesagt, dass ich seinen gesamten Ausführung folgen kann, allerdings auch verschiedene Abwägungen verschiedener Aspekte vermisse, auf die ich dann im Einzelnen eingegangen bin. Wir haben dann dazu ein wenig hin und her diskutiert und er hat dann geäußert, dass er in der Tat die Regelungen der Bundessatzung und die Einschränkungen bezüglich des Stimmrechts nicht mit in sein Gutachten einbezogen hat. Er hat mir zugestimmt, dass sollte die Satzung hier Regelungen haben, die gegen geltendes Recht verstoßen würden, diese dann auch nicht wirksam werden können. Dass die Satzung fehlerhaft sein könnte war für ihn von Anfang an nicht Teil der Betrachtung. (Da ist mein Denkansatz als Informatiker ein anderer: Alles ist mit Sicherheit fehlerhaft und stets zu überprüfen, wie man dennoch damit zurecht kommt. ;-) )

Nichts desto trotz ist er abschließend bei seinem Statement geblieben, dass es wohl rechtlich sicherer wäre, die Versammlung abzusagen. Das dies aus politischen Gründen anders bewertet werden kann hat er dann auch eingeräumt. Er hat, so ist zumindest mein Eindruck, erkannt, dass die Sache bei weitem nicht so trivial ist, wie er sich das vorgestellt hat. Denn eines ist klar, wir haben einen Satzungsverstoß, daran besteht kein Zweifel, hätten wir den Satzungsverstoß nicht, dann hätten wir einen Gesetzesverstoß. Und letztendlich muss diese Frage politisch entschieden werden, welcher Schaden geringer ist, der eines Durchziehens der Versammlung mit anschließender Klage, die mäßigen Erfolg haben dürfte und bei Erfolg wohl unser politisches Schicksal besiegeln dürfte, sowohl unser privates, als auch das der Partei; oder der Schaden der entsteht, wenn wir das jetzt Abbrechen, Auswirkungen die gleichen, obwohl auf privater Ebene nur ich meinen Kopf verlieren würde, wohingegen ihr zumindest angekratzt wäret. Was wir gewinnen, wenn wir Durchziehen und keiner klagt, oder die Klage wird nicht vor der Entscheidung des Landeswahlausschusses gegen uns entschieden, ist auch klar. Ob wir als Partei etwas gewinnen können, wenn wir hier abbrechen, weiß ich nicht, da fehlt mir die objektive Sicht über die Dinge.

Nach meiner Einschätzung wird sich der Landeswahlausschuss nicht mit solchen Interna befassen, die sind ihm ziemlich egal, da wir die gesetzlichen Normen erfüllt haben. Es sei denn man zieht uns den Strick aus den 7 Minuten Vorstellungszeit, aber dafür hält Michele die Hand ins Feuer und er sitzt auch im Landeswahlausschuss.

Das Gutachten sollte erstmal unter Verschluss bleiben. Seine Veröffentlichung wird uns, der Partei und allen beteiligten das Leben in den nächsten Monaten nicht leichter machen.

Ob man das Gutachten erweitern kann, das vermag ich nicht zu sagen. Aber zwei Lebensweisheiten haben sich wieder bestätigt: Frag zwei Anwälte und du bekommst drei Meinungen. Und es gibt zwei Sorten von Anwälten, die die dich vom Gegenteil überzeugen wollen und die die deine Position verteidigen. ;-) Dass es im Fehlerfall, und der liegt hier vor, keine gesicherte Erkenntnis gibt, das liegt nicht im Bewusstsein von Juristen. Die sollten alle mal ein-zwei Semester Informatik oder Mathematik studieren, dann werden sie auch etwas spezifischer bei Definitionen, und beim Liefern von Fehleroptionen. ;-)


Gruß,

Alexander Reintzsch

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