Bundesparteitag 2012.1/Antragsportal/Programmantrag - 079

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den/die Bundesparteitag 2012.1. Die Antragsseiten werden kurze Zeit nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich
Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den/die Bundesparteitag eingereichter Antrag. Jedes Mitglied ist dazu berechtigt, einen solchen Antrag einzureichen.

Version Antragsformular: 1.05

Antragsnummer

P079

Einreichungsdatum

Antragstitel

Prinzipien piratiger Politik

Antragsteller

Antragstyp

Programmantrag

Art des Programmantrags

Grundsatzprogramm

Antragsgruppe

Allgemeine Werte und Menschenbild„Allgemeine Werte und Menschenbild“ befindet sich nicht in der Liste (Arbeit und Soziales, Außenpolitik, Bildung und Forschung, Demokratie, Europa, Familie und Gesellschaft, Freiheit und Grundrechte, Internet und Netzpolitik, Gesundheit, Innen- und Rechtspolitik, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppePÄA“.

Antragstext

Es wird beantragt, im Grundsatzprogramm nach der Präambel, folgenden Text einzufügen. Falls der Parteitag das wünscht, sollten die Abschnitte modular abgestimmt werden.

Prinzipien piratiger Politik

Wir Piraten wollen eine Gesellschaft, die sich als solidarische Gemeinschaft freier, gleichberechtigter Menschen begreift.

Vielfalt ist in einer Gesellschaft ein Ausdruck kulturellen Reichtums. Die Individualität ihrer Mitglieder ist es, der einer Gemeinschaft ihre Vielfalt und ihren kulturellen Reichtum verleiht.

Indem sich hier verschiedene Ideen vermischen und gegenseitig befruchten, entstehen neue Ideen, entsteht neues Wissen.

Die Gemeinschaft selbst muss großes Interesse daran haben, dass sich jedes Ihrer Mitglieder frei entfalten und an der Gemeinschaft teilhaben kann, da so jedes Mitglied den größtmöglichen Nutzen für die Gemeinschaft bringen kann.

Voraussetzungen für eine Gemeinschaft freier und gleicher Menschen

Abwesenheit von Zwängen
Die Freiheit des einzelnen darf erst dort enden, wo die Freiheit des anderen beginnt. Da diese Grenzen fließend sind, ist ein hohes Maß an gegenseitigem Verständnis, Wohlwollen und Toleranz in einer Gesellschaft wünschenswert.

Teilhabe an der Gestaltung
Jedes Mitglied der Gemeinschaft muss die gleichen, umfangreichen Möglichkeiten haben, die Gemeinschaft mitzugestalten. Dies kann auch beitragen zu mehr Gerechtigkeit und weniger Konflikten in der Gemeinschaft.

Plattformneutralität
Infrastrukturen, technische wie gesellschaftliche, müssen für alle gleichermaßen nutzbar sein. Die Hürden für ihre Nutzung müssen niedrig sein, ihre Funktion muss offen zugänglich und allgemeinverständlich dokumentiert sein.

Freiräume
Eine Gemeinschaft muss Freiräume schaffen und erhalten. Räume, die nicht für einen eng begrenzten Zweck vergeben sind, sondern in denen neues erfunden und ausprobiert werden kann.

Formbarkeit
Es ist notwendig, dass die Strukturen der Gemeinschaft nicht erstarren, sondern formbar bleiben. Nur so können die Mitglieder die Gemeinschaft mit gestalten, nur so kann sich die Gemeinschaft weiterentwickeln.

Gleiche Rechte und Pflichten
Alle Menschen müssen die gleichen Rechte und Pflichten haben. Ungleichbehandlung ist nur dann zulässig, wenn ihr Zweck der Ausgleich bereits vorhandener Ungleichheit ist.

Bildung
Bildung ist wichtig für individuelle Freiheit, damit jeder seine Möglichkeiten kennt, die Fähigkeiten hat sie zu nutzen, und das Wissen, die Folgen seiner Handlungen abzuschätzen.

Solidarität
Die Gemeinschaft soll die individuelle Entfaltung ihrer Mitglieder unterstützen. Dabei geht es um praktische Hilfe beim Nutzen von Freiheit, ideelle Hilfe (zum Beispiel durch das Vorbild des Nutzens von Freiheit) und um Hilfe, wenn man durch die Nutzung seiner Freiheit in Not geraten ist.

Verteidigung
Mitglieder einer Gemeinschaft müssen sich gegen andere oder auch die Gemeinschaft verteidigen dürfen und können. Die Gemeinschaft muss jedem Mitglied helfen, seine Rechte zu schützen, auch gegen die Gemeinschaft selbst.

Kommunikationsfreiheit
Menschen müssen frei miteinander kommunizieren können. Sie müssen frei sein in der Äußerung ihrer Meinungen und darin, andere Meinungen aufzunehmen. Kommunikationsfreiheit ist auch nur dann gegeben, wenn man nicht nur frei in der Äußerung ist, sondern einem auch zugehört wird. Freie Kommunikation kann auch zu mehr Verständnis füreinander führen.

Informationsfreiheit und Transparenz
Informationen sollen für jeden frei zugänglich sein. So kann sich jeder über seine Möglichkeiten zur Nutzung seiner Freiheit inklusive der Teilhabe an der Gemeinschaft informieren.

Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist notwendig, um die Freiheit kommender Generationen zu schützen.

Offenheit nach innen
Die Mitglieder der Gemeinschaft müssen einander offen und mit Vertrauen begegnen. Nur so ist ein Austausch von Wissen und Ideen möglich.

Offenheit nach außen
Die Gemeinschaft und jedes ihrer Mitglieder muss es Außenstehenden einfach machen, Mitglied der Gemeinschaft zu werden. Eine Gemeinschaft darf sich nicht zu stark nach außen abgrenzen. Eine Gemeinschaft muss Impulse von außen aufnehmen. Kommunikationsfreiheit und Informationsfreiheit dürfen nicht durch die Grenze der Gemeinschaft beschränkt werden. Gemeinschaft muss immer auch global gedacht werden als Gemeinschaft aller Menschen.

Widersprüche
Eine vielfältige Gemeinschaft freier Menschen ist voller unterschiedlicher Meinungen und Widersprüche. Das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Denn was heute noch falsch ist, kann morgen, unter veränderten Umständen, richtig sein. Was heute noch Minderheitenmeinung ist, kann morgen die Mehrheit hinter sich haben.

Macht und Verantwortung: Netzwerk statt Hierarchie
Jedes Mitglied einer Gemeinschaft trägt Verantwortung für sich selbst, die anderen Mitglieder der Gemeinschaft und die Gemeinschaft als ganzes.

Aus großer Macht entsteht auch große Verantwortung. Wir Piraten wollen extreme Machtkonzentrationen aber verhindern. Wir wollen Macht und Verantwortung auf mehr Schultern verteilen. Um so notwendiger ist es dann, dass sich jeder seiner Verantwortung bewusst ist. Möglich wird dies durch große Transparenz, offene Informationen, freie Kommunikation, ein möglichst hohes Bildungsniveau und klare, durchschaubare Strukturen.

Entscheidungen, die von vielen in Übereinstimmung getroffen wurden, haben eine größere Legitimation, als Entscheidungen die nur von wenigen getroffen wurden.

Grundsätzlich sollten die Menschen eine Entscheidung treffen, die die Folgen zu tragen haben, wenn diese Entscheidung getroffen oder nicht getroffen wird.


digitale, globale Gesellschaft

Die digitale Revolution und das Internet hat unsere Gesellschaft global werden lassen. Die Gemeinschaft der Menschen ist dabei enger zusammengerückt, lässt aber gleichzeitig jedem einzelnen Individuum mehr Freiheit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit und Möglichkeiten zur Mitwirkung bei der Gestaltung der Gemeinschaft. Diese Entwicklung begrüßen wir ausdrücklich. Gegenteiligen Tendenzen treten wir entschieden entgegen.

endgültige Wahrheiten

Wir Piraten gehen davon aus, dass es endgültige Wahrheiten nicht gibt. Deshalb lehnen wir es ab, dass sich Politik allein daran orientiert, ob sie zu einer Religion oder Ideologie passt. Politik muss sich stattdessen an ihrer Zweckerfüllung orientieren.

Lösungen müssen immer wieder hinterfragt werden.

Fehler zu machen, ist nicht falsch. Sie nicht zuzugeben und nicht zu korrigieren, ist falsch.

Mensch und Tiere

Der Mensch ist Teil der Natur, er ist ein Säugetier. Genauso wenig, wie Tiere biologisch getrennt vom Menschen betrachtet werden können, sollten wir sie ethisch vollkommen vom Menschen getrennt betrachten.

Staat und Gesetz

Wir Piraten verstehen den Staat als organisatorische Infrastruktur einer Gemeinschaft oder eines Teils einer Gemeinschaft.

Seine Aufgabe muss es sein, die Freiheit jedes einzelnen in der Gemeinschaft, aber auch den Zusammenhalt der Gemeinschaft zu schützen.

Dazu gibt sich die Gemeinschaft freier und gleicher Menschen in Form des Staates allgemeingültige Gesetze. Sie bilden einen klaren Rahmen, auf den sich jeder Mensch ohne Unterschied verlassen können muss.

Diese Gesetze dürfen nicht danach ausgerichtet sein, dass sie zu einer Ideologie, Religion oder Tradition passen, sondern danach, dass sie ihren Zweck erfüllen.

Bei territorialen Staaten soll jeder Mensch, der auf Dauer im Territorium eines Staates lebt, Bürger dieses Staates sein können.

materielle Ungleichheit

Die Größe des Besitzes eines Menschen bestimmt mit, wie stark er an der Gesellschaft teilhaben kann. Ein großer Besitz verleiht Macht, besitzlose Menschen sind großer Macht ausgeliefert.

Gesellschaftssysteme, die alle Menschen materiell gleich stellen wollen, führen oft zu Unfreiheit, da Vielfalt negiert wird und große Machtkonzentration notwendig ist, um Gleichheit unter Zwang durchzusetzen.

Wir Piraten sehen, dass zu große materielle Ungleichheit zu Problemen führt. Wir wollen zum Teil bewährte, pragmatische, zum Teil neue Wege zur Lösung dieses Problems gehen. Dabei wollen wir Armut bekämpfen, nicht Reichtum.

Auch wir sehen in der sozialen Marktwirtschaft mit ihren Rahmenbedingungen für zum Teil selbstbestimmten Ausgleich sozialer Ungleichheiten ein bewährtes und geeignetes System.

Darüber hinaus wollen wir die Chancen der digitalen, urbanen, globalen Gesellschaft stärker nutzen. Wir Piraten wollen Teilhabe unabhängiger machen von materiellen Möglichkeiten. Wir Piraten wollen, dass von Besitz weniger Macht ausgeht und wenig Besitz nicht machtlos macht.

Antragsbegründung

Unser Parteiprogramm ist nicht in einem Guss entstanden, sondern vom "Schwarm" formuliert worden. Ist es deshalb ein zusammenhangloses, widersprüchliches Sammelsurium? Haben wir keine in sich schlüssige Programmatik? Oder gibt es gemeinsame Nenner aller Programmpunkte?

„Freiheit“ ist ein zentraler Begriff bei vielen Programmpunkten der Piraten.

  • Was verstehen wir unter „Freiheit“?
  • Welche Arten von Freiheit gibt es?
  • Wozu ist Freiheit gut?
  • Was sind die Voraussetzungen für Freiheit?
  • Wie kann Freiheit erreicht / erhalten / geschützt werden?

Die Freiheit des einen endet da, wo die Freiheit des anderen beginnt (geht zurück auf John Stuart Mill: „On Liberty“ (1859)). Das bedeutet, in Gesellschaft mit anderen Menschen gibt es zwangsläufig Konflikte, da immer irgendwann irgendwo die Freiheit des einen in Konflikt mit der Freiheit des anderen gerät.

  • Wie könnten wir Piraten das Spannungsfeld Freiheit und Gemeinschaft / sozial und liberal auflösen?
  • Sind die Ziele Freiheit und Solidarität zwangsläufig Widersprüche, die nur über Kompromisse im Einzelfall gelöst werden können oder gibt es Prinzipien, mit denen sich beides in Einklang bringen lässt?
  • Können wir als Piraten Lösungsprinzipien aus unserer Erfahrung in der Piratenpartei und aus unseren Erfahrungen mit dem Leben in einer digitalen, globalen, vernetzten Gesellschaft ableiten?

Viele unserer Programmpunkte und vieles in unserer Parteistruktur basiert bereits auf den Prinzipien, die versucht wurden, für diesen Antrag in allgemeingültiger Form herauszudestillieren.

Dieser Antrag soll also nicht etwas neues festlegen, sondern versucht die eigentlich schon vorhandenen Prinzipien so kurz und allgemeingültig wie möglich darzustellen und zu erklären.

notwendig?

Eine berechtigte Frage ist, ob es überhaupt notwendig ist, dass wir erklären, welche gemeinsamen Prinzipien hinter unserer Politik stehen. Ich denke ja. Ich denke, wenn wir um Unterstützung durch die Wähler werben, dann sind wir auch zu Transparenz verpflichtet, bei der Erklärung, was die Grundlagen unserer politischen Forderungen sind.
Nach unseren Erfolgen ist es nun ja auch vermehrt so, dass die Medien versuchen herauszufinden, was denn die Basis unseres Denkens ist. Wie freies Internet, fahrscheinloser Nahverkehr, mehr Demokratie und andere Programmpunkte zusammenpassen. Wir können es den Medien überlassen, die Antwort darauf zu finden. Oder wir greifen aktiv ein und machen selbst einen Vorschlag dazu, wie wir uns Piraten verstehen.

Konkurrenz zu anderen Anträgen

Der Antrag kann als Konkurrenzantrag zu Anträgen aus der Antragsgruppe Allgemeines piratiges Menschenbild des BPT 2011.2 gesehen werden, vor allem zu:

Quellen und Informationen

Liquid Feedback

Piratenpad

Antragsfabrik

Datum der letzten Änderung

01.04.2012

Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft