BY:Landesparteitag 2013.1/Antragsfabrik/Positionspapier 079

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Positionspapier (im Entwurfsstadium) für den Landesparteitag 2013.1.

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Antragstitel

Commons: Vorfahrt für Kooperation, Selbstorganisation und Gemeinsinn

Antragsteller

(alphab.) Stefan Betz, Marcus Dinglreiter, Peter Gossrau, Bruno Kramm, Benjamin Stöcker

Antragstyp

Positionspapier

Antragstext

Die Piraten setzen sich dafür ein, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Menschen zu bewegen, Verantwortung zu übernehmen, Verantwortung zu teilen und Institutionen nachhaltig und erfolgreich so zu organisieren, dass sie Commons-Prinzpien entsprechen.

Vorhandene Institutionen überprüfen

In allen Bereichen (Natur/Soziales/Kultur/Wirtschaft) sowie allen kommunalen Gebietskörperschaften - insbesondere Gemeinden, kommunalen Verbänden, Landkreisen und dem Bezirk (nur Bayern) - sollen

  • die Möglichkeiten und Grenzen kooperativer und selbstbestimmter Organisationsmodelle (Commons) zur Lösung politischer und gesellschaftlicher Aufgaben in einem fortlaufenden Prozess im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten überprüft, und
  • Institutionen bei Bedarf im Sinne der Commons-Prinzipien reformiert oder neu geschaffen werden.

Commons als Bildungsaufgabe

Ferner sind die Prinzipien der Commons (z.B. Reziprozität, Selbstbestimmung, Nutzungsorientierung statt Eigentumsorientierung, Teilen, Konsensprinzip u.a.) ebenso wie Inhalte und Konzepte kooperativer Organisationsmodelle und Institutionen (z.B. Genossenschaften, Zweckverbände, kommunale Zusammenarbeit), zum Bestandteil der Lernziele in etwaigen Bildungseinrichtungen und -projekten zu machen.

Commons als Sozialaufgabe

Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen benötigen öffentliche Plätze und Einrichtungen, um an der Gesellschaft teilhaben zu können. Daher muss im öffentlichen Diskurs laufend Bedarf und Nutzen solcher Plätze und Einrichtungen analysiert werden, um allen gesellschaftlichen Gruppierungen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. In Regionen mit demografisch kritischen Prognosen sind innovative Formen des sozialen Miteinanders zu fördern, z.B. Gemeinschaftszentren. Commons können nur dort gedeihen, wo auch das Öffentliche verteidigt wird.

Vorrang für Commons

Bevor gesellschaftliche Aufgabenbereiche privatisiert oder verstaatlicht werden, ist jeweils zu prüfen, ob Kooperation in Selbstverwaltung als dritte Option in Betracht kommt. Bei gleicher oder besserer Eignungsprognose ist daher den vielfältigen kooperativen und selbstbestimmten Organisationsformen der Commons der Vorrang zu geben.

Anleitung und Unterstützung für Commons-Projekte

Auf allen Ebenen wirtschaftspolitischer Entscheidungsstrukturen ist entsprechendes Fachwissen anzusiedeln, um etwaige kooperative Selbstverwaltungsprojekte bei der Institutionenfindung und -umsetzung zu beraten, zu unterstützen und zu fördern sowie bei Bedarf zu moderieren.

Freie Software in der Verwaltung

Wir setzen uns für die schrittweise Umstellung der Verwaltung auf sog. freie Software ein, soweit nicht schwerwiegende Gründe dagegen sprechen. Darüber hinaus sollte den einzelnen Behörden Umstellungshilfe gegeben werden, damit diese ihre gesamte Verwaltung auf Opensource umstellen. Ein Vorbild hierfür kann die Landeshauptstadt München mit dem Projekt LiMux sein. Die Verwaltungsprozesse werden damit transparenter, nachvollziehbarer und sichererer. Lokale kleine Start-ups, die sich auf Dienstleistungen rund um Freie Software spezialisieren, werden gefördert.

Offene Daten

Die Bürger haben ein Recht auf den Zugriff der durch Steuergelder finanzierten Daten, wie z.B. Verkehrsdaten oder Umweltdaten. Land und Bezirke sollten hier für die Kommunen und Kreise in Bayern ein gemeinsames Datenportal initiieren, so dass Bürger schnell, einfach und zentral auf diese Daten zugreifen können. Diese Daten sollten dabei ohne Antragsverfahren, Lizenzen, Gebühren und in offenen Formaten verfügbar sein. Die Weiterverbreitung sowie kommerzielle Nutzung sollen ausdrücklich gestattet werden. Hierzu empfehlen wir die Verwendung einer Creative Commons/ Share-Alike -Lizenz.

Internationale wissenschaftliche Vernetzung

Im Rahmen der Umsetzung der in den vorhergehenden Absätzen genannten Programmpunkte sind jeweils die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Commons-Forschung zugrunde zu legen. Anleitende und umsetzende Institutionen sollten sich hierzu in nationalen oder internationalen Verbänden oder Forschungseinrichtungen engagieren wie der International Association for the Study of the Commons oder der Peer-to-Peer-Foundation und entsprechende organisatorische Zuständigkeiten im Rahmen ihrer Verwaltung schaffen. Staatliche Institutionen haben in ihren Jahresberichten zu Aktivität und Fortschritten auf diesem Gebiet öffentlich Rechenschaft zu legen.


Antragsbegründung

Die Piraten

Neben Netz- und Bürgerrechtspolitik kann die Forderung nach Teilhabe als zentrales politisches Anliegen der Piraten bezeichnet werden. Die politische Dimension der Teilhabe ist bei den Piraten auf vielfältige Weise inhaltlich ausgeprägt, so etwa

  • als Forderung nach einer Stärkung direkter Demokratie und basisdemokratischer Strukturen
  • als Forderung Wissen zu teilen statt Patente auf Lebewesen, Gene und Software zu gestatten, oder
  • als Forderung nach offenen Standards und freier Software statt monopolartiger und/oder feudaler Strukturen.

Dass die Piratenpartei als “Mitmachpartei” gilt, ist so betrachtet nur konsequent.Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche wirtschaftspolitische Konzeption mit dieser Trias aus Netz, Teilhabe und Bürgerrechten in Einklang zu bringen ist

Staat und Bürger - versöhnen statt spalten

Die auf Adam Smith zurückgehenden wirtschaftspolitischen Konzepte sehen vereinfacht gesagt das Streben des Individuums nach individuellem Nutzen als Grundlage größtmöglichen volkswirtschaftlichen Erfolgs an. Der volkswirtschaftliche Nutzen ist nach einem auf den Wirtschaftsnobelpreisträger John Nash zurückgeführten Konzept demgegenüber dann am größten, wenn der einzelne nicht nur an sich, sondern auch an die Gruppe denkt. Die Nutzenmaximierung von Einzelnen oder Gruppen im Privatwirtschaftlichen gehen oft zu Lasten des Gemeinwesens oder künftiger Generationen (siehe Finanzkrise). Staat und Bürger haben sich durch diese Konzepte und Denkweisen, die Staat gegen Privat sehen - in vielen Bereichen weitgehend “entkoppelt”. Der Bürger misstraut dem Staat. Der Staat misstraut dem Bürger und will ihn möglichst weitgehend kontrollieren. Auch hier stellt sich die Frage nach einer wirtschaftspolitischen Konzeption, die geeignet ist, Staat (im Sinne von Gemeinwesen) und Bürger wieder zusammenzuführen, eine wirtschaftliche Konzeption, die versöhnt statt zu spalten. Die Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom führt als dritte Dimension neben Individual- und Gruppeninteresse den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen in die volkswirtschaftliche Debatte ein. Wurden volkswirtschaftliche Konzepte bis dato üblicherweise auf Verstaatlichungs- oder Privatisierungstendenzen reduziert, benennt Ostrom eine dritte Variante erfolgreichen Wirtschaftens: in Selbstorganisation verwaltete Gemeingüter - sog. Commons. Die nachhaltige Nutzung, nicht das Eigentum steht dabei im Vordergrund. “Wenn sich zwei Bauern eine Wiese teilen, kann das nie gut gehen....” ...so könnte man die Vorurteile beschreiben, die sich als “Tragik der Allmende” in der Volkswirtschaft einen Namen gemacht haben. Das Verdienst von Elinor Ostrom ist es, durch die wissenschaftliche Beobachtung und Untersuchung von Allmendeprojekten weltweit Kriterien für deren Erfolg bzw. Misserfolg definiert zu haben. Sie konnte nachweisen, dass die gemeinschaftliche Nutzung in Sachen Nachhaltigkeit keinesfalls schlechter, sondern eher besser dasteht als andere Nutzungsarragements. Am Beispiel der Energiewirtschaft lässt sich der Weg der verschiedenen wirtschaftlichen Konzeptionen veranschaulichen: staatliche Energieversorger wurden zunächst privatisiert mit dem Argument, dass privatwirtschaftliche Strukturen effektiver arbeiten und höheren Nutzen etwa durch niedrigere Preise für die Verbraucher erzeugen könnten. Kritiker würden hier wohl entgegenhalten, dass in erster Linie Gewinne privatisiert und - wie etwa bei der Endlagerungsproblematik - wesentliche Kostenfaktoren der (Atom-)Energieerzeugung sozialisiert wurden.

Der Staat als Gemeinwesen

Es gibt eine dritte Lösung, die weder unter das Etikett der Verstaatlichung noch unter das der Privatisierung passt: eine Commons-Lösung. Sie würde etwa die Energieerzeugung auf lokaler oder regionaler Ebene in sich selbst verwaltenden Institutionen fördern: dezentral - kommunal - mit der Option der Bürgerbeteiligung in einer Energie- oder Stadtwerkegenossenschaft. Das “Betriebsystem” der Commons (Helfrich(16)) setzt nicht auf Verknappung, sondern auf eine Einstellung, dass genug für die Bedürfnisse aller da ist. Menschenbild ist nicht der individuelle Nutzenmaximierer im Sinne Adam Smiths, und Menschenbild ist auch nicht der "Gruppenegoist". Menschenbild der Commons ist der Mensch als auf Kooperation angelegtes soziales Wesen. Aspekte der verantwortungsbewussten, im Sinne nachhaltiger, Teilhabe bilden erstmals das Profil eines volkswirtschaftlichen Menschenbildes. Nicht Abgetrenntsein, sondern Bezogenheit ist das Paradigma der Commons. Gemeinschaften und Netzwerke sind die Spieler, nicht Macht- oder Geldeliten. Die Kernfrage der Commons ist nicht, was sich verkaufen lässt, sondern was wir zum Leben brauchen. Künstliche Verknappung wie etwa beim Leistungsschutzrecht ist schlichtweg unvereinbar mit dem Prinzip der Commons. Bei sog. nicht rivalen Ressourcen regiert die Idee des freien Zugangs (Open Access). Nutzungsrechte werden nicht gewährt oder “lizensiert”, sondern nach dem Prinzip der Fairness gemeinsam von koproduzierenden Nutzern entwickelt und festgelegt: Selbstorganisation statt Fremdbestimmung. Das Commons-Betriebssystem setzt auf die Erkenntnis, dass ich selbst am besten wirksam werden kann, wenn ich andere bei deren Selbstwirksamkeit unterstütze. Unser konventionelles System des Wirtschaftens sieht den anderen als Konkurrenten: auf Produzenten- oder Konsumentenseite. Selbstentfaltung wird hier zur Illusion eines auf endloses Wachstum und nie endende Befriedigung setzenden Wirtschaftens.

Der Staat kann dadurch, dass er Commons

  • in einem ersten Schritt anerkennt und
  • in einem zweiten Schritt fördert und moderiert,

Vertrauen zwischen Bürger und Gemeinwesen wieder aufbauen. Der Staat, der sein Selbstverständnis als Gemeinwesen re-definiert, ist aus Sicht der Commoners eben eine Commons-Institution und nicht ein Gegner, der den Bürger kontrollieren will oder in erster Linie zur Finanzierung als Steuersubjekt gebraucht. Umgekehrt brauchen die Commons den Staat, die Commons brauchen eine “Gemeinwesen-Renaissance”, um selbst in eine produktive Wechselwirkung mit dem Gemeinwesen treten zu können. Hier liegen aus Sicht der Piratenpartei Potenziale verborgen, die für die Zukunft menschlicher Gesellschaft bedeutende, wenn nicht entscheidende Funktionen bereithalten: es geht um die entscheidene Frage, ob es uns gelingt, den Staat wieder zum Gemeinwesen zu machen, zur Institution, an der die Bürger teilhaben und für die sie sich verantwortlich fühlen.

Selbstwirksamkeit und Verantwortung

In vielen Bereichen haben Bürger verlernt, Verantwortung zu übernehmen - für sich selbst, für andere, für die Gesellschaft. Man kann das beobachten im Gesundheitssystem: der Einzelne hat oftmals verlernt, Verantwortung für seine Gesundheit zu übernehmen und umzusetzen. Das quasi verstaatlichte auf der einen Seite oder privatisierte Gesundheitssystem auf der anderern Seite mag hier mitursächlich sein. Im Gegensatz zu neoliberalen Ansätzen entspricht es nicht dem Selbstverständnis der Piratenpartei, dass jeder für sich selbst verantwortlich sei und deshalb auch selbst für sich sorgen müsse. Ziel ist es, die Selbstwirksamkeit der Bürger zu stärken, nicht indem man sie allein lässt, sondern indem man sie in Gemeinschaften einbindet, in denen Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung gelebt wird und ggf. gelernt werden kann. Der Staat übernimmt und trägt nach unserem Verständnis die Verantwortung für die Anerkennung und Förderung dieser Gemeinschaften, die dem Einzelnen die Chance geben, aus Resignation und Passivität herausfinden und als innerlich produktives Wesen am Gemeinwesen teilzuhaben: eine Chance für Commons, Staat und Bürger.

Commons als Chance sozialer Innovation

Unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien bestehen deutliche Bezüge zwischen dem “Piraten-Betriebssystem" der Teilhabe und dem "Commons-Betriebssystem”. Wie lässt sich also der im Piratenparadigma fest verankerte Commons-Gedanke aus dem virtuellen Raum u.a. auf die menschlichen Grundbedürfnisse Gesundheit, Nahrung, Wasser, Bildung, Wohnraum, Pflege und Energie übertragen? Um die Bezüge von Gemeinwesen und Commons klarer herauszuarbeiten, bieten sich in einem ersten Schritt die oben genannten Methoden und Werkzeuge an.

Beispiele

Beispiele für Commons-Projekte sind etwa

  • Kooperationen
    • im Rahmen der Nahrungsmittelproduktion wie z.B.
      • Allmendeprojekte in der Landwirtschaft (Stichwort: Community Supported Agriculture)
      • Urban Gardening
    • im Rahmen der Energieversorgung,
    • im Gesundheitswesen wie z.B.
      • medizinische Versorgungszentren oder
      • alternative Gesundheitsversorgungsmodelle,
  • ferner Collaborative Consumption: Gemeinsame Nutzung von Konsumgütern sowie
  • regionale Wirtschaftskreisläufe und Kreditallmenden mit
    • regionalen Parallelwährungen und
    • alternativen Tauschsystemen.
  • Transitions Towns.
  • Wohnraumprojekte
  • Wissensallmenden

(Fußnoten siehe in der Pirate Feedback Initiative)

PirateFeedback
Zuständigkeit
  • Land
Piratenpad
Datum der letzten Änderung

20.02.2013


Anregungen

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  • ...Auch im Bereich der Betriebe und Unternehmen ist zu überlegen ob nicht auch statt privatrechtlichem Konstrukt oder kommunal gelenkter GmbH das Commons-Prinzip die Alternative darstellt. Frei nach dem Antragstext:

Auch in der Arbeitswelt "ist jeweils zu prüfen, ob Kooperation in Selbstverwaltung neben privatrechtlicher oder staatlicher Führung als dritte Option in Betracht kommt. Bei gleicher oder besserer Eignungsprognose ist daher den vielfältigen kooperativen und selbstbestimmten Organisationsformen der Commons der Vorrang zu geben."

Ich kenne viele Betriebsratsgremien die weitaus eher in der Lage gewesen wären mittelständische oder auch größere Betriebe zu führen als die dort leitenden Manager, Eigentümer oder Konzernverwalter. Die Konstruktion von Betriebsräten - demokratisch gewählt und auch jederzeit wieder abwählbar - ist dafür gut geeignet. Die Rechte von Betriebsräten müssten dementsprechend auch ausgeweitet werden. Aber das ist dann noch eine andere Geschichte.


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Diskussion

+das ist richtig, weil

—das sehe ich anders, da
+du irrst, denn
Οist das denn wirklich so?

—x trifft nicht zu, da

+doch das trifft zu, weil

Unterstützung / Ablehnung

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

  1. Johannes
  2. Benutzer:encbladexp
  3. Jasmin Goller
  4. Bernhard Hanakam
  5. Marcus Dinglreiter
  6. CSteinbrenner
  7. Karlheinz Seidel

Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen

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Piraten, die sich vrstl. enthalten

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