BE Diskussion:Crews/Urbanauten/Logbucharchiv/2012-01-24

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zur Diskussion im Einzelnen: einige Überlegungen vom Anhalter (Zitat aus der Mailingliste)

"Nachdem Fabio mit uns heute beim Crewtreffen der Urbanauten nochmals über die strittige Frage der Diätenerhöhung diskutiert hat und ich mir im Nachgang nochmals die Gesetzesvorlage und vor allen Dingen den Ablauf und Stand des Verfahrens angesehen habe, ist meine Meinung wie folgt:

  1. Vorab: ich persönlich finde die Diäten/ Aufwandsentschädigungen der Politiker in Berlin auf allen Ebenen für zu niedrig.
  2. Trotzdem denke ich, dass eine Diätenerhöhung derzeit überhaupt nicht zu der Kassenlage in Berlin sowie zu gesamtwirtschaftlichen Situation passt und in der Bevölkerung ein falsches Signal setzt
  3. Die Fraktion hat es in meinen Augen versäumt hier eindeutige Signale für Transparenz und Bürgernäher zu setzen
    1. die vorgeschlagene Erweiterung der zur Berechnung der Verdienstentwicklungen herangezogenen Branchen mag aktuell zu einer etwas geringeren Erhöhung als bei Bezug auf die im bisherigen Gesetz vorgesehene Vergleichsgruppe ergeben. Es bleibt aber dabei, dass für den Bürger diese Vergleichsrechnung intransparent bleibt. Alleine die scheinbar genaue Berechenbarkeit durch das statistische Landesamt heißt noch lange nicht, dass ein Bürger den berechneten Prozentsatz nachvollziehen kann, bzw. mit seiner empfundenen Lebenswirklichkeit in Einklang bringen kann.
    2. Bereits der sich zwingend ergebende "Zeitverzug" der dadurch entsteht, dass die Änderungswerte erst berechnet werden müssen und dadurch die Erhöhung immer auf Veränderungen von Vorjahren erfolgt, birgt die Gefahr von Unverständnis. Zwar kann natürlich argumentiert werden, dass auch positive Veränderungen erst mit Zeitverzug durchschlagen, dies wird aber typischerweise von der Öffentlichkeit nicht "honoriert" werden. Es bleibt aber die Gefahr, dass in wirtschaftlich schlechten Zeiten hohe Einkommensteigerungen aus Vorjahren "nachgeholt" werden und zu Unverständnis führen
  4. ich halte aber nach reiflicher Überlegung das "Problem" für nicht mehr lösbar. Die Fraktion hat den Antrag gemeinsam mit den anderen Fraktionen eingebracht. Wird dieser Antrag jetzt selbst abgelehnt oder in letzter Minute ein abweichender eigener Antrag eingebracht, wurde das nicht nur das Vertrauen der anderen Fraktionen in unsere Fraktion schwer beschädigen und die zukünftige Arbeit erschweren, es könnte auch in der Presse als höchst unprofessionelles Arbeiten ausgelegt werden. D.h. Wir haben die Wahl zwischen "Pest" (unschöner Antrag auf Diätenerhöhung) und "Cholera" (zwar ein Signal setzen mit einen besseren Antrag zur Diatenregelung, aber "Stigma" der Unprofessionalität. Ich persönlich entscheide mich, unter Abwägung aller Gesichtspunkte für "Pest"
  5. Ich bitte die Fraktion trotzdem das Thema offensiv anzugehen. hierzu gehören meines Erachtens die folgenden Überlegungen, die thematisiert werden sollten:
    1. kann die verantwortungsvolle Tätigkeit der Berliner Abgeordneten wirklich in einem Halbtagsberuf gemacht werden?
    2. gefährdet dies nicht tendenziell die Unabhängigkeit der Abgeordneten, die sich über einen "Hauptberuf" finanzieren und dabei unter Umständen ungerechtfertigt Vorteile aus Ihrer Stellung (Reputation) als Abgeordnete ziehen?
    3. dient das Argument "Halbtagsparlament" unter Umständen nur als vorgeschobenes Argument zur Nicht-Angabe von Nebeneinkünften und damit in Zusammenhang stehender Interessenskonflikte?
    4. welche Vergleichsverdienste könnten langfristig gewählt werden, die wirklich transparent und für jeden Bürger nachvollziehbar wären?
    5. was spricht z.B. gegen die früher bestehende Kopplung an B4 Bezüge ( dann wären die Diäten z.Zt. etwas niedriger als aktuell beschlossen werden soll)
    6. kann man über die Diätenfrage (auch über die Frage Ganztags oder Halbtagsparlament und Offenlegung aller Nebeneinkünfte, unabhängig von Ganz- oder Halbtags) die Berliner Wähler (zusammen mit der nächsten AGH Wahl?) abstimmen lassen?

Soweit meine Meinung. Ich hätte es schöner gefunden, wenn die Fraktion hier ein politisches Signal gesetzt hätte, z.B. der Kopplung der Diätenerhöhungen an Veränderungen der H4 Sätze, oder an Rentenentwicklung. Das das nicht geschehen ist würde ich jetzt aber auch nicht überthematisieren, wir hätten das Thema auch früher erkennen können. Die Diätenfrage muss bekanntermaßen in den ersten 6 Monaten entschieden werden. Wir haben das alle verpennt. Und ich kann verstehen, wenn die Fraktion jetzt nicht kurzfristig eine 180 Grad Drehung machen will.

Ich denke, eine Linie in der offen gesagt wird, dass man das jetzt zwar mitträgt, weil Entscheidungszeitdruck und man die Frage ausführlich diskutieren will, mit allen Bürgern, ist tragbar. Zumal der Beschluss noch gering hinter der nach bisheriger Rechtslage möglichen Erhöhung zurückbleibt. Aber man sollte auch von der Fraktion ganz klar machen, dass das Problem damit nicht gelöst ist.

Von meiner Seite war es das dann an Diskussion zum aktuellen Beschluss. Gerne diskutiere ich aber weiter über die zukünftige Position der Piraten zu der Grundsatzfrage der Diäten. "


Info von Fabio: "hier die 15 Branchen, an die die Diäten nach der Berechnung gekoppelt werden soll:

Wie sie im Gesetz aufgelistet sind:

  1. im verarbeitenden Gewerbe,
  2. in der Energie- und Wasserversorgung,
  3. im Baugewerbe,
  4. im Handel und im Bereich der Insta ndhaltung und Reparatur von

Kraftfahrzeugen,

  1. im Gastgewerbe,
  2. im Verkehr und in der Lagerei,
  3. im Finanz- und Versicherungsdienstleistungsbereich,
  4. im Grundstücks- und Wohnungswesen,
  5. im Bereich freiberuflicher, wissenschaftlicher und technischer

Dienstleistungen,

  1. im Bereich sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen,
  2. in der öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung,
  3. im Erziehungs- und Unterrichtswesen,
  4. im Gesundheits- und Sozialwesen,
  5. im Bereich der Kunst, Unterhaltung und Erholung,
  6. im Bereich sonstiger Dienstleistungen;"

Frank Roeder: "sieht ja tatsächlich so aus, dass diese Liste fast alle Branchen abdeckt, darum wundert es mich allerdings umso mehr, wie da eine Steigerung von 1,8% rauskommt, wo doch sämtliche damit befassten Institutionen (selbst das Weltwirtschaftsforum in Davos kritisiert die Lohnentwicklung in Deutschland) sinkende Löhne ermittelt: [1]

gibt es also Informationen wer die 1,8% berechnet hat und ob sich die Bemessung tatsächlich auf Berlin oder Bund oder gar Bayern bezieht und warum dabei der Zeitraum 2009-2010 zugrundegelegt wird, denn das ist immerhin 3 Jahre her?! sollte tatsächlich das Finanzamt die Zahlen erheben ist es allerdings verständlich."


Anhalter: "Die Information berechnet das Statistische Landesamt" von Berlin und zum Bemessungszeitraum (3 Jahre zurück): "Hier liegt in der Tat ein (Akzeptanz-)Problem: Neuere Zahlen werden nie verfügbar sein, d.h. Man wird immer einen "Nachlauf" von 2-3 Jahren haben, bis verlässliche Zahlen vorliegen. Ist dann im Zeitpunkt des Beschlusses die aktuelle Wirtschaftslage und Gehaltsentwicklung besser als vor 2-3 Jahren, wird natürlich keiner sagen: das ist aber zu wenig, die müssen mehr haben, wir haben ja alle mehr. Ist die Wirtschaftslage aber schlechter und die Einkommen evtl. Sogar aktuell am sinken, dann wird jeder stutzen und sich fragen, warum die Abgeordneten jetzt mehr bekommen, nur weil vor 2-3 Jahren die wirtschaftliche Entwicklung mal besser war. So sind wir Menschen nun mal gestrickt.

(Abgesehen von der Gefahr, dass im ersten Fall, die Abgeordneten ja auch noch "eingreifen" könnten)

Aber wie ich schon am Dienstag nach dem Crewtreffen geschrieben habe, dadurch, dass die Vorlage als gemeinsamer Antrag aller Fraktionen eingebracht wurde, halte ich mittlerweile einen " Rückzieher" der Fraktion für sehr problemtisch. Das könnte auf die Wahrnehmung der Arbeit der Fraktion durch Öffentlichkeit und durch die anderen Parteien durchaus negativ wirken und eine noch schlechtere Öffentlichkeitswirkung haben als die Mitverabschiedung der suboptimalen Neuregelung"


An dieser Stelle sollten noch die Antragsvorschläge von Rolf und Jürgen aufgeführt werden ...