Antrag Diskussion:Bundesparteitag 2013.2/Antragsportal/SÄA035

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Beschlussfähigkeit & Bestimmung des Geschlechts

Hallo Anatol, ich habe zwei Fragen zu Deinem Antrag:

  1. Bezieht sich die Mindestzahl nur auf den Zeitpunkt der Wahl oder für die gesamte Amtszeit des Gremiums? Anders gefragt: Falls das Gremium im Laufe seiner Amtszeit auf einmal nicht mehr aus einem Drittel aus Frauen besteht (z.B. aufgrund von Rücktritt oder Geschlechtsumwandlung), bleibt es dann dennoch handlungs- bzw. beschlussfähig?
  2. Leider sagt der Antrag nichts darüber aus, wonach wird entschieden ist, ob es sich bei einem Kandidaten um eine Frau handelt. Soll es sich danach richten
    • was der Kandidat selbst sagt (Selbstbestimmung)?
    • womit der Kandidat bei staatlichen Behörden erfasst ist (etwas, was wir laut Parteiprogamm eigentlich abschaffen wollen)
    • ob der Kandidat von der Gesellschaft als Frau wahrgenommen wird. Darauf deutet zumindest die Formulierung in Deinem Blogartikel hin. Wenn ja, wie soll dies wiederum entschieden werden? Soll die Versammlung vllt. bei der Wahl abstimmen, welches Geschlecht sie beim Kandidaten wahrnimmt? Soll es eine Jury geben? Oder soll ein Katalog von äußerlichen Merkmalen festgelegt werden, die ein Kandidat erfüllen muss, um als Frau zu gelten?
    • oder etwas ganz anderes?

Viele Grüße, --Jorges 13:56, 5. Nov. 2013 (CET)

Zunächst einmal gibt's keine „Geschlechtsumwandlung” beim Menschen, der Begriff ist einfach falsch. Du meinst vermutlich eine Angleichung. Was „Frau“ definiert, könnte man ziemlich einfach anhand des Personenstandes festmachen, der sich ggf. auch mittels TSG u.ä. ändern lässt. Ich denke, im Zweifel könnte auch einfach eine Abstimmung/Meinungsbild darüber entscheiden, ob die Kandidatin eine Frau ist. Dies alles sollte die Wahlordnung im Zweifelsfalle klären. Und wenn irgendwer aus dem Vorstand ausscheidet, wird meist nachgewählt. Da zählt dann natürlich auch wieder die Quote, klar. --Aki Alexandra Nofftz 14:03, 5. Nov. 2013 (CET)
Nachtrag: Nicht nur Transsexuelle, auch (dauerhafte) Transgender können seit ein paar Jahren ihr Geschlecht juristisch ändern (Urteil des BVerfG), sodass der Wille dazu hier auch entscheidend sein sollte. Bei Intersexuellen mit weiblicher Sozialisation oder bei Frauen* (bewusst hier mal mit Sternchen), bei denen das Gerichtsverfahren zur Personenstandsänderung noch läuft, sollte der gesunde Menschenverstand entscheiden. --Aki Alexandra Nofftz 14:15, 5. Nov. 2013 (CET)

Bezüglich der ersten Frage sehe ich es wie Aki, da muss entsprechend nachgewählt werden. Bezüglich der zweiten Frage sehe ich es so: Frau ist zunächst jede, die den entsprechenden Personenstand hat (wenn der irgendwann abgeschafft werden sollte, müssen wir eben neu nachdenken). Das erfasst, wie Aki sagt, auch diejenigen, die bei der Geburt nicht den entsprechenden Personenstand hatten sondern sich später selbst dazu entschieden haben. Es schließt aber diejenigen Männer aus, die (wie es einige angekündigt haben) am Wahltag mal eben verlauten lassen, dass sie sich als Frau definieren, die aber sonst nicht als Frau leben. Es gibt hier möglicherweise eine Grauzone, die würde ich im Zweifelsfall gegen den/die Bewerber/in entscheiden, um Missbrauch der Quote auszuschließen (die betreffenden Personen sind ja dadurch nicht an einer Kandidatur gehindert). Anders sieht es bei denjenigen aus, die sich weder als Mann noch als Frau sehen oder definieren wollen – die sind in meiner Version der Quote nicht berücksichtigt, ich wäre durchaus dafür, für diese Gruppe eine eigene Quote einzuführen. Einen entsprechenden Antrag müsste aber jemand anders einreichen, denn dazu müsste man zunächst recherchieren, wie groß der Anteil dieser Gruppe an der Bevölkerung ist. Die Angaben hierzu variieren massiv, verlässliche seriöse Zahlen kenne ich nicht. Um eins klar zu stellen: Ich bin explizit nicht an einer Quote interessiert, die „alle, die sich nicht als Mann empfinden“ einfach in eine Schublade steckt. astefanowitsch 14:33, 5. Nov. 2013 (CET)

Zunächst einmal danke für den Hinweis zum Begriff Geschlechtsumwandlung / -angleichung! Ich werde das in Zukunft berücksichtigen.
Zum Frage 1 (Nachwahl oder nicht): Bislang muss zB ein Vorstand nur nachgewählt werden, wenn er die in der Satzung festgelegte Mindestgröße unterschreitet. Meist werden in Vorstände aber mehr Mitglieder als notwendig gewählt – aktueller BuVo zB, der trotz einiger Rücktritte immer noch handlungsfähig ist. Somit konnten wir auch mit der Neuwahl bis zum nächsten regulären Parteitag warten, und mußten keinen außerordentlichen durchführen.
Das wird aber mit der vorliegenden Satzungsänderung offenbar schwieriger. Wenn zB ein Vorstand gewählt wird, der genau ein Drittel Frauen hat, wird dieser offenbar sofort handlungsunfähig, wenn eine der Frauen zurücktritt. Es wird also vermutlich häufiger zu außerordentlichen Parteitagen kommen. Oder man muss eine "Reserve" dazuwählen. (Der demokratisch-offene Wahlausgang garantiert aber nicht, dass diese Reserve tatsächlich gewählt wird.)
Möglich ist auch, dass es während der Amtszeit einen großen Druck auf die gewählten Frauen geben wird, dass sie bei Schwierigkeiten lieber nicht zurückzutreten (um einen extra Parteitag zu vermeiden). Ob dies die Attraktivität eines Amtes und damit einer Kandidatur begünstigt, bezweifle ich.
Zu Frage 2 (Bestimmung des Geschlechts): Gut, ich verstehe also, dass zunächst einmal maßgeblich der eingetragene Personenstand ist. Und es stimmt, man kann dank Transsexuellengesetz diesen Personenstand ändern lassen. Allerdings ist das offenbar gar nicht so einfach: Man braucht zunächst eine medizinische Diagnose "Transsexualität", muss zwei Gutachten vorlegen, die Dauer des gesamtes Verfahrens ist in der Praxis ein Jahr und länger. Zu den Gutachtern schreibt Wikipedia unter anderem:
Die Gutachter begutachten häufig nicht nach objektiven Kriterien, sondern ihrem persönlichen Bild eines „richtigen Mannes“ oder einer „richtigen Frau“, ob Transsexualität vorliegt. Probleme bekamen nach Ansicht der Betroffenen zum Beispiel bereits: Schwule Transmänner, Transmänner, die noch ihr altes Damenfahrrad fuhren, Transmänner mit „zu langen“ Haaren. Lesbische oder noch verheiratete Transfrauen, Transfrauen in (Damen-)Hosen, Transfrauen, die ihre gute berufliche Stellung in einem Beruf, der kein expliziter Frauenberuf war, nicht aufgeben wollten.
Wenn wir unsere Definition von "Frau" vom Personenstand abhängig machen, machen wir sie also auch abhängig von der Definition dieser Gutachter.
Sehr befremdlich finde ich zudem den Vorschlag von Dir, Aki, im Zweifel eine Abstimmung/Meinungsbild durchzuführen. Verstehe ich das richtig: Es soll eine Mehrheit eine Einzelperson in eine Geschlechterkategorie einordnen dürfen, womöglich im Widerspruch zu deren eigener Identität?
Noch mehr verwirrt die Formulierung von Dir, Anatol, über Männer "die aber sonst nicht als Frau leben". Was soll denn das bitte bedeuten? Gibt es eine bestimmte Lebensweise, die "als Frau" definiert ist? Muss man eine bestimmte Geschlechterrolle erfüllen, um als Frau zu gelten?
Mich befremden und verwirren beide Äußerungen, weil sie in so krassem Widerspruch zu unserem Parteiprogramm stehen:
Die Piratenpartei steht für eine Politik, die die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität bzw. Orientierung respektiert und fördert. Fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen lehnen wir ab.
Eine Geschlechtszuordnung, die von einem Gutachter oder der Mehrheitsmeinung einer Versammlung abhängt, ist fremdbestimmt. Ein Infragestellen der Geschlechtsidentität, weil jemand "sonst nicht als Frau lebt", ist eine Zuordnung zu einer Geschlechterrolle. --Jorges 03:03, 6. Nov. 2013 (CET)
Egal, in was du Menschen versuchst zu kategorisieren … bei mir dauerten z.B. die beiden Gutachtertermine insgesamt 3 stunden. Insofern irrelevant. Und der ganze Rest, den du da aufzählst … japp. genau so ist es gedacht. ;) --Aki Alexandra Nofftz 03:32, 6. Nov. 2013 (CET)
Diese Diskussion erübrigt sich, da in der Begründung zum Antrag klar steht, warum hier nicht die Selbstwahrnehmung sondern die Fremdwahrnehmung entscheidend ist. Wem das nicht passt, für den gibt es alternativ die Satzungsänderungsanträge 016 und 017. --astefanowitsch 15:36, 6. Nov. 2013 (CET)
Ja, ich danke da auch für Eure Klarstellung. Jetzt ist deutlich, dass die Annahme Eures Antrags zu einer Praxis in der Piratenpartei führen wird, die wir in unserem Parteiprogramm ausdrücklich ablehnen. --Jorges 18:39, 6. Nov. 2013 (CET)