Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA077
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Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich
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Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag. |
Antragsübersicht | |
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Antragsnummer | PA077 |
Einreichungsdatum | |
Antragsteller | |
Mitantragsteller |
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Antragstyp | Wahlprogramm |
Antragsgruppe | Wirtschaft und Finanzen |
Zusammenfassung des Antrags | Sichern der Altschulden durch das Schuldnerland mit EZB-Garantie zu niedrigen Zinsen / Sanktionierung der Neuverschuldung |
Schlagworte | Eurorettung, Eurokrise, ESM, Eurobonds, Entmachtung der Finanzmärkte, automatische Schuldenbremse, Schuldenkrise, Sicherung der Spareinlagen, Euro, Draghi, EZB, Geldpolitik, Target2 |
Datum der letzten Änderung | 01.11.2012 |
Status des Antrags | |
Abstimmungsergebnis |
AntragstitelAUSWEG AUS DER SCHULDENKRISE - RETTUNG DES EURO - NEUE LÖSUNG AntragstextDer Bundesparteitag möge beschließen folgenden Text an geeigneter Stelle in das Wahlprogramm der Piratenpartei aufzunehmen. Präambel: Wir lehnen ESM, Eurobonds und Monetarisierung von Staatsschulden durch EZB ab. Wir bieten folgende Alternative: 1. Umwandlung aller Altschulden der Eurostaaten in niedrigverzinste EZB-garantierte Schuldtitel. Damit werden die Altschulden zu erträglichen Konditionen für die Schuldenstaaten sicher verlängerbar. Die EZB bietet allen Inhabern von €-Schuldtiteln der Eurostaaten an, diese gegen neue, von der EZB garantierte Papiere zu tauschen. Diese lauten auf den gleichen Schuldner mit wesentlich niedrigeren Zinsen. Die EZB-Garantie ist ausschließlich auf den Altschuldenbestand und seiner Refinanzierung beschränkt. 2. Diese umgewandelten Altschulden haben Vorrang vor allen Neuschulden. Nur noch bisherige Altverschuldung und deren Verlängerung darf garantiert werden. Im Insolvenzfall bleiben die gesicherten Altschulden erhalten und werden priviligiert bedient. Entsprechende Sicherheiten sind völkerrechtlich auszuhandeln (zwischen EZB und den betroffenen Staaten). 3. Einschränkung der Rediskont- und Pensionsfähigkeit staatlicher Schuldtitel: Ab sofort sind nur noch EZB-garantierte Staatspapiere aus dem Altschuldenbestand und seiner Refinanzierung als Sicherheit bei der Zentralbank hinterlegungsfähig. Papiere, die der Neuverschuldung dienen, werden ab sofort von der EZB nicht mehr als Sicherheit akzeptiert. 4. Änderung der Basel-III-Regularien: Verpflichtung zur Eigenkapitalunterlegung entfällt ausschließlich bei EZB-garantierten Staatsanleihen und deren Verlängerung aus dem Altschuldenbestand. Alle anderen Schuldtitel sind gemäß aktuellem Risiko mit Eigenkapital zu unterlegen. 5. Schutz der EZB vor Druck und politischem Missbrauch: Der Maastricht-Vertrag und die EZB-Statuten sind so zu ändern, dass eine Modifizierung und Zuwiderhandlung zu den Punkten 1 bis 4 nur einstimmig und nur nach einer Genehmigung aller Parlamente der Euro- Staaten möglich ist. Auch die Satzung des EuGH muss geändert werden. Klageberechtigt soll jede Fraktion des europäischen Parlaments und auch jede Fraktion der Parlamente der Mitgliedsländer sein. Der Klageweg unterhalb der Regierungsebene soll damit in einer Weise offenstehen, dass keine Regierung durch Absprache mit anderen Regierungen gegen den Willen der Parlamente und Völker die Punkte nach 1-4 ändern können. AntragsbegründungBegründung: Kontra ESM und kontra Monetarisierung (nach Modell Draghi) und kontra Eurobonds: Wir wollen keine solventen Staaten benachteiligen. Die Haftung für von Insolvenz bedrohten Staaten kann die Bürgenstaaten ebenfalls in eine Belastungssituation bringen, die sie soweit überfordert, dass die Haftung effektiv unglaubwürdig erscheint oder sogar die Solvenz dieser Bürgenstaaten beeinträchtigt. Solche Haftungsmechanismen wie ESM oder EFSF müssen in letzter Konsequenz wirkungslos bleiben oder sogar zum Systemkollaps führen. Kontra ESM: Durch den ESM wird der Finanzspekulation Tür und Tor geöffnet, so dass eine extreme Inflation folgen wird. Die Gläubigerstaaten haften unbegrenzt, der Klageweg ist nicht offen, ESM-Unterlagen sind geheim und Kontrolle durch die Staaten ist unmöglich. Die Altschulden bleiben ungesichert. Das Risiko wird vergesellschaftet ohne dass die Finanzmärkte mit niedrigen Zinsen für eine sichere Anlage bezahlen müssen. Alles in allem ist der ESM ein Ermächtigungsgesetz für juristisch immune, nicht demokratisch legitimierte Ausschussmitglieder. Eine derartige Machtfülle ist grundsätzlich abzulehnen. Kontra Monetarisierung (Modell Draghi): Der unbeschränkte Anleiheankauf bedeutet eine monetarisierte Staatsfinanzierung die mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine unkontrollierbare Inflation ausartet. Dies zeigen Erfahrungen aus der Geschichte (in Kriegen zur Rüstungsfinanzierung, Hyperinflation von 1923, 1948 Reichsmark in D-Mark). Kontra Eurobonds: Vergemeinschaftung von Schulden selbstständiger Staaten mit eigener Fiskalpolitik. Kein Reformdruck für die Schuldenstaaten und immer weitere Finanzierung der verschuldeten Staaten zulasten der solventen Staaten sind die Folgen. Das Fehlen einer Schuldenbremse fördert sogar noch die Verschuldung und damit die Geldschöpfung und birgt die Gefahr des Zusammenbruchs des Euroraums. Bei all diesen Modellen sind die Kleinvermögen und Altersvorsorgen die Opfer! ZIELE: Wir wollen eine Alternative darstellen, die folgende Fragen beantwortet: Erstens: Wie können die bisher angehäuften Schulden der Euro-Staaten (Altschuldenbestand) günstig, dauerhaft, sicher und ohne Inflation refinanziert werden? Zweitens: Wie kann eine weitere unkontrollierte Zunahme der Staatsverschuldung (Neuverschuldung) mit einfachen schnellen Mitteln und ohne Umgehungsmöglichkeiten durch die Politik verhindert werden? Drittens: Wie kann die TARGET2-Problematik gelöst werden? Viertens: Wie kann eine mögliche Lösung für diese drei Fragen vor Aufweichungen aus dem politischen Raum geschützt werden? (nachhaltige Stabilität!) Wir als Piraten bieten eine durchdachte und nachvollziehbare Antwort auf diese vier Fragen. Diese ist nur bei der EZB und ihren – noch zu ändernden – Statuten zu suchen; sie ist die einzige europäische Institution, die unbeschränkt Euro-Liquidität schaffen und somit jeden Euro-Staat mit unbeschränkter "Feuerkraft" unterstützen kann. Eine Lösung muss daher die folgenden fünf Elemente beinhalten: 1. EZB-Garantie auf die bestehende Staatsverschuldung. Damit werden die Altschulden zu erträglichen Konditionen für die Schuldenstaaten sicher revolvierbar (verlängerbar). Die EZB bietet allen Inhabern von €-Schuldtiteln der Eurostaaten an, diese gegen neue, von der EZB garantierten Papiere zu tauschen. Diese garantierten Papiere haben den gleichen Schuldner mit wesentlich niedrigere Zinsen (auf oder gar unter dem deutschem Zinsniveau!) und eine möglich verlängerte Laufzeit: Die EZB-Garantie ist ausschließlich auf den Altschuldenbestand und seiner Refinanzierung beschränkt. 2. Vorrang der EZB-garantierten Schuldtitel vor Neuverschuldung: Die Schuldnerstaaten erhalten die EZB-Garantie nur, wenn sie sich öffentlich und rechtlich verbindlich verpflichten, im Falle einer Insolvenz ihren Altschuldenbestand vor der Neuverschuldung zu bedienen (analog Hypotheken 1. und 2. Ranges). Dafür haften die Staaten mit ihrem Eigentum, entsprechende Sicherheiten sind auszuhandeln (zwischen EZB und jew. Staat). 3. Einschränkung der Rediskont- und Pensionsfähigkeit staatlicher Schuldtitel: Ab sofort sind nur noch EZB-garantierte Staatspapiere aus dem Altschuldenbestand und seiner Refinanzierung als Sicherheit bei der Zentralbank hinterlegungsfähig. Papiere, die der Neuverschuldung dienen, werden ab sofort von der EZB nicht mehr als Sicherheit akzeptiert. NUR NOCH diese EZB garantierten Papiere sind mündelsicher (also absolut sicher). 4. Änderung der Basel-III-Regularien: Verpflichtung zur Eigenkapitalunterlegung entfällt ausschließlich bei EZB-garantierten Staatsanleihen und deren Revolvierung aus dem Altschuldenbestand. Alle anderen Schuldtitel sind gemäß aktuellem Risiko mit Eigenkapital zu unterlegen (NOTITZ FÜR EXPERTEN: Cluster nach Spreads). 5. Schutz der EZB vor Druck und politischem Missbrauch: Der Maastricht-Vertrag und die EZB-Statuten sind so zu ändern, dass eine Modifizierung und Zuwiderhandlung zu den Punkten 1 bis 4 nur einstimmig und nur nach einer Genehmigung aller Parlamente der Euro- Staaten möglich ist. Auch die Satzung des EuGH muss geändert werden. Klageberechtigt soll jede Fraktion der europäischen Parlaments und auch jede Fraktion der Parlamente der Mitgliedsländer sein. Der subgouvernementale (unterhalb der Regierungsebene) Klageweg soll damit in einer Weise offenstehen, dass auch eine einstimmige Entscheidung auf gouvernementaler Ebene die Regelung nach Punkten 1 - 4 nicht aushebeln kann. (Änderungen dieser Prinzipien sollten durch Volksabstimmungen ebenfalls verhindert werden können. Diese sollten sinnvoll durchführbar sein.) Die Realisierung dieser fünf Punkte wird die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten beenden, und dem gesamten Euroraum eine neue Stabilitätskultur samt marktgesteuerter Schuldenbremse bescheren, denn: - Die bedrängten Peripherie-Staaten werden durch die EZB-Garantie eine sehr starke Aufwertung der Bonität ihres Altschuldenbestandes auf AAA-Niveau erfahren. - Die Frage nach der Refinanzierung italienischer oder gar griechischer Anleihen stellt sich bei EZB-garantierten Papieren überhaupt nicht mehr! - Bei einem Zinssatz von etwa 2% p.a. ist sogar Griechenland in der Lage, die Zinsen für seine gesamten Schulden auch ohne einen Schuldenschnitt aufzubringen! - Eine neue Schulden-Bremse entsteht von selbst: Neuverschuldung wird zunehmend schwieriger, für Problemstaaten wie Griechenland und Italien wegen der exorbitanten Zinsen fast unmöglich. - Rettungsschirme mit einer nach oben offenen Risikoskala werden ebenfalls überflüssig. - Anleihen-Käufe der EZB – die inflationäre Gefahren bergen – können eingestellt werden. - Schuldenschnitte sind nicht mehr nötig. Der Konsolidierungs- und Reformdruck auf die Schuldnerstaaten wird aufrecht erhalten. - Eine erzwungene Rekapitalisierung der Banken kann folglich entfallen. - Einer europäischen Wirtschaftsregierung – ein beliebtes, wenn auch unsinniges Vorhaben – wird der Boden endgültig entzogen. - Ein Domino-Effekt ist auch bei nun unwahrscheinlicher Insolvenz eines Euro-Staates nicht mehr möglich. - Bisher gefährdete Euro-Staaten müssen weder Eingriffe in ihre Haushaltspolitik noch in ihre Souveränität erdulden. Ich glaube, diese nachvollziehbaren Gedanken müssen breit diskutiert werden, und wenn das Ergebnis immer noch überzeugend bleibt, dann müssen sie mit Macht politisch umgesetzt werden. Diskussion
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