AG Geldordnung und Finanzpolitik/Grillfeste/Kontrapapier Wachstumszwang

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Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Patrik vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel.


These

Die übliche Argumentation des Wachstumszwangs fusst zumeist auf der Aussage, dass die Geldvermögen verzinst werden und aufgrund der Zinseszins-Effektes exponentiell ansteigen, so dass

A) einerseits immer mehr produziert werden muss, um die ständig anwachsenden Zinsansprüche bedienen zu können und

B) dass dieses System kollabieren muss, da die Realwirtschaft früher oder später gar nicht mehr so stark wachsen kann wie die Zinsansprüche.

C) Unschöner Nebeneffekt auf dem Weg dahin ist die Tatsache, dass es zwangsläufig zu einer zunehmenden Ungleichverteilung des Vermögens kommt.


Gegenargumente:

A) Zinseszins

Es ist rein mathematisch so, dass es zu einem Zinseszinsanspruch nur dann kommen kann, wenn der Zins in der Vorperiode nicht bedient werden konnte, sondern kapitalisiert wurde. Anders gesagt: Solange der Schuldenstand so niedrig ist, dass der sich daraus ergebende Zins bedient werden kann, gibt es den Zinseszins-Effekt schlicht nicht.

Ein Zinseszins entsteht erst dann, wenn der Schuldenstand freiwillig, bewusst und willentlich so weit erhöht wurde, dass der Zins nicht mehr bedient werden kann. Von einem "Zwang" kann aber keine Rede sein - allenfalls von einer wirtschaftlichen Fehlentscheidung, die in eine Schuldenspirale geführt hat. Dann allerdings hat man ein Problem aus dem es nur zwei mögliche Auswege gibt:

1) Abschreibung: Schuldner und Gläubiger erkennen an, dass es faktisch unmöglich ist, die Schulden zu bedienen und kürzen sie soweit, dass der Schuldner weiterarbeiten kann - dies sollte der Normalfall sein, der aber heutzutage durch vielfältige überwiegend staatliche Intervention ausgehebelt wurde

2) Der Schuldner muss es schaffen, mehr zu erwirtschaften, damit er den Zins bedienen und die Schulden zurückführen kann - das ist wohl mit "Wachstumszwang" gemeint.

Bei gebener Ressource ist dies nur über eine Erhöhung der Produktivität zu erreichen. Man muss sich aber bewusst machen, dass man sich nach der notwendigen Produktivitätserhöhung wieder in einer Situation ohne Wachstumszwang befindet, weil der Zins wieder bedient werden kann. Es bleibt einem selbst überlassen, ob man daraus lernt, oder sich erneut in die Schuldenspirale begibt.

B) Kollaps

Wo es keinen inhärenten quasi mathematischen Wachstumszwang gibt, muss es folglich auch nicht zwangsläufig dazu kommen, dass das System an der Zinslast kollabiert. Es kann sich auch ein Gleichgewicht einstellen, in dem die Zinsen wieder voll nachfragewirksam werden - sei es durch Investition, sei es durch Konsum. Grundsätzlich kann dieses Gleichgewicht bei jedem Zinsniveau entstehen. Selbst ein hoher Zins führt nicht zwangsläufig in die Schuldenspirale - ganz im Gegenteil, ein hoher Zins drosselt zumeist die Kreditaufnahme und setzt einen starken Anreiz zur Entschuldung.

Zu einem Kollaps kommt es eigentlich nur, wenn die (Zins-)Einkommen falsch verwendet werden, sprich es zu einer Fehlallokation kommt, die in einer reduzierten Produktivität resultiert, welche dann dazu führt, dass man in eine Schuldenspirale gerät. Auch in diesem Fall ist dies aber erneut Konsequenz wirtschaftlicher Fehlentscheidungen und nicht mathematischer Logik.

C) Ungleichverteilung

Grundsätzlich muss auch eine Verzinsung der Vermögen nicht zwangsläufig in einer zunehmenden Ungleichverteilung enden. Wieder kommt es darauf an, wie das (Zins-)Einkommen verwendet wird. Wird der Zins reinvestiert, so wird im Allgemeinen die Produktivität und/oder die Produktionskapzität steigen. Dies führt in der nächsten Periode grundsätzlich zu einem zunehmenden Einkommen von allen Beteiligten. Es kann natürlich sein, dass dieses Zusatzeinkommen ungleichmäßig verteilt wird und bspw. diejenigen privilegiert, die Zinseinkommen statt Arbeitseinkommen beziehen - aber auch dies ist keine mathematische Zwangsläufigkeit, sondern wiederum eine wirtschaftliche Fehlentscheidung.


Fazit

Es gibt also faktisch keinen mathematisch begründeten - und damit unausweichlichen - dem System innewohnenden Wachstumszwang, sondern es sind wirtschaftliche Fehlentscheidungen, die letztlich dazu führen, dass die Zinslast steigt und die Ungleichverteilung der Vermögen zunimmt.

Positiv daran ist die Tatsache, dass wir keinem Schicksal unentrinnbar ausgeliefert sind, sondern Gestaltungsmöglichkeiten haben, die wir nutzen sollten.