Systemrelevante Banken

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Tango-text-x-generic with pencil.svg Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern hier findet/fand eine offene Diskussion des Themas statt.

Wenn Du meinst, diese Idee erweitern zu können, tu es, aber bitte beachte die Diskussionsregeln. Ist die Idee tragfähig und mehr als eine Einzelmeinung, so kann man das Ganze auch als Entwurf kennzeichnen.

Die hier gesammelten Informationen stammen vorwiegend aus der Mailingliste der AG_Wirtschaft. Wir würden uns freuen, wenn andere AGs, AKs und Squads sich an der Sammlung und Diskussion beteiligen!

Definition

Systemrelevante Banken sind Banken, die so groß ("too big to fail") und so stark mit anderen vernetzt sind ("too connected to fail"), dass ihr Zusammenbruch zu einem Dominoeffekt führen würde, also dem Zusammenbruch weiterer Banken bis hin zum Crash des Finanzsystems.

„Von systemrelevanten Finanzinstituten wird allgemein gesprochen, wenn der plötzliche Ausfall eines solchen Instituts die Zahlungsfähigkeit anderer Institutionen bedrohen und damit eine Krise des Finanzsystems und gegebenenfalls der Realwirtschaft entstehen könnte („Ansteckungseffekte“). Im Englischen spricht man von SIFI (systemically important financial institution). “
Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Regulierung von systemrelevanten Finanzinstituten, 21.10.2011, S.1[1]

Die Definitionen von Systemgefährdung (Gefahr des Dominoeffekts) und Bestandsgefährdung (Gefahr der Pleite einer Bank) befinden sich in Kreditwesengesetz (KWG) §48b.

Die Bedingungen zum Eingreifen des Staates ("Übertragungsanordnung") sind in § 48a KWG geregelt. Demnach muss sowohl eine Bestands- als auch eine Systemgefährdung vorliegen und sie dürfen nicht auf andere Weise abwendbar sein.

Faktensammlung

Relevante Gesetze und Maßnahmen

Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG)

Siehe #Definition.

Restrukturierungsgesetz

Abwicklung von Banken. Seit 1. Januar 2011 in Kraft. BaFin bekommt erweiterte, präventive Aufsichtsbefugnisse, u.a. den Einsatz eines Sonderbeauftragten zur kommissarischen Geschäftsführung einer angeschlagenen Bank.[1]

Relevante Instrumente

Bankenabgabe

Seit 30. September 2011. Die Erlöse fließen in einen #Restrukturierungsfonds. Die Höhe der Abgabe bemisst sich nach Systemrelevanz der Bank.[1]

Restrukturierungsfonds

„So soll der Restrukturierungsfonds erst in einigen Jahrzehnten seine Zielmarke von 70 Mrd. Euro erreichen und wäre auch dann noch zu klein, um eine sys- temrelevante Bank aufzufangen. “
[2]

Diskussion, Vorschläge, Argumente

Zwangskapitalisierung

Verschoben nach Kapitalisierung von Banken#Zwangskapitalisierung.

Trennung von Investitions- und Geschäftsbanken

Um einen Dominoeffekt bei den Geschäftsbanken zu vermeiden, sollen Investitions- und Geschäftsbanken getrennt werden. Investitionsbanken können dann Konkurs anmelden, ohne dass die realwirtschaftlichen Geschäfte in Mitleidenschaft gezogen werden.

Zur Nomenklatura: Geschäftsbanken und Invetsmentbanken

wichtig ist hierbei eine Definition der Geschäftstätigkeit / Instrumente / auch u.U. Größe von Investmentbanken ggf. Geschäftsbanken, um to big to fail zu verhindern


Positionen der anderen Parteien

Auch SPD und Grüne fordern die Trennung von Investitions- und Geschäftsbanken neuerdings (Sigmar Gabriel im Spiegel)[3].

Beispiel Siemens: eigene Bank für Realwirtschafts-Geschäfte

„ Im Übrigen, die Wirtschaft ist hier weiter als der Staat. Siemens hat inzwischen eine eigene Banklizenz, nicht um "Mitzuzocken" sondern um ihre Kunden und Lieferanten außerhalb des bisherigen Bankensystems zu finanzieren. Dies ist eine sehr interessante und durchaus positive Entwicklung. Die Realwirtschaft versucht sich offensichtlich von der irrealen Finanzwirtschaft zu befreien! Hier könnte auch der Staat z.B. über Instrumente wie die KfW aber auch über die noch immer staatlichen Landesbanken und Sparkassen viel stärker unterstützen. “
[4]


Es gibt zahlreiche andere Beispiele von "Banken" die zu Großkonzernen gehören. VW, Mercedes, BMW etc. haben alle auch Banken um den Absatz zu finanzieren, d.h. z.B. um ihren Händlern Kredite für den Fuhrpark auf dem Hof zur Verfügung zu stellen oder für die Vorfinanzierung des Autokaufs durch Endkunden (Kredit, Leasing). Ferner gibt es Anreize zum "An"-Sparen also Konkurrenzangebote auf der Anlagenseite. Es gibt sogar Tagesgeldkonten für Unternehmen (besonders reizvoll für alle, da Unternehmen (oft/meist) nicht unter die Einlagensicherung fallen).

Teilverstaatlichte Geschäftsbanken in kleinere Einheiten zerlegen, damit sie beim nächsten Crash nicht mehr systemrelevant sind

„Zur Regulierung systemrelevanter Finanzinstitute werden verschiedene Ansätze diskutiert. So wird u. a. vorgeschlagen, der Problematik durch Fusionsbeschränkungen bzw. Aufspaltung von Finanzkonzernen zu begegnen. Dieser radikale und somit kontroverse Vorschlag wurde z. B. vom britischen Zentralbankchef Mervyn King ins Gespräch gebracht. “
[1]

Wir sehen seit einiger Zeit eine stetige Zunahme der Nutzung von Social Software in Unternehmen. Sie wird dort in Projekten zum Wissensmanagement und zur Kommunikation eingesetzt und ermöglicht eine wesentlich engere Kooperation zwischen Unternehmen als das bisher der Fall war.

Auf der anderen Seite haben wir systemrelevante Banken, die möglicherweise bald wieder enorme Eigenkapitalaufstockungen benötigen - die sie voraussichtlich zu einem beachtlichen Teil aus Mitteln der EU-Staaten, dem EFSF oder später aus dem ESM bekommen werden. Nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen ist die deutsche Position, dass die Mittel zur Kapitalaufstockung zuerst aus den Staatshaushalten kommen sollen. Erst wenn diese erschöpft sind, soll der Rettungsschirm in Anspruch genommen werden.

Diese Maßnahmen kommen einer Teilverstaatlichung gleich, wenn die Mittel nicht als Zuschüsse auf Kosten der Steuerzahler gewährt werden, sondern wie in Schweden geschehen, als Beteiligung der (zahlenden) Steuerzahler an Unternehmen, die später wieder gewinnbringend zurückgeführt werden können.

WÄRE ES NICHT MÖGLICH, DIESE TEILVERSTAATLICHTEN SYSTEMRELEVANTEN BANKEN IN KLEINERE EINHEITEN ZU ZERLEGEN, SO DASS DAS PROBLEM NICHT BEI DER NÄCHSTEN KRISE WIEDER DASSELBE IST?

Wenn das Management von attraktiven Teileinheiten dieser Banken/Investmentbanken an einem MBO (Management Buy Out) interessiert ist, sollten hierfür Zwischenfinanzierungen über ESFS, EIB, KFW etc angedacht werden, um eine schnellere "Ent"-Staatlichung und Zerlegung des Klumpenrisikos / Systemrisiken zu ermöglichen. Der Staat sollte hierbei alle Gewinne die er erzielt zur Schuldenrückführung der Sondertöpfe (ESFS, ESM etc) einsetzen, bzw. bei kompletter Tilgung dieser die Staatsschulden tilgen und die Einnahmen nicht für laufende Haushaltsausgaben verwenden.

Private Investoren sollten auch immer die Möglichkeit haben Teile solcher Banken/Investmentbanken zu erwerben, auch wenn das vorhandene Management nicht selbst an einem MBO interessiert ist. Käufer aus Europa und anderen Teilen der Welt sollten willkommen sein, der höchste Preis sollte der Ausschlag für den Zuschlag sein. Ziel sollte es sein, binnen 5 Jahren, die Systemrelevanz im Bankensystem gegen null in Deutschland/Europa steuern. Strikte Größenbeschränkungen und dem Verbot von gegenseitigen (massiven) Kapitalverflechtungen müssen die vielfältige Struktur sichern und das Entstehen von Oligopolen verhindern.


—Das Argument dagegen ist bisher, dass man große Banken braucht, die große Projekte finanzieren und durchführen können.

+/-Das mag bisher der Fall gewesen sein. Die Frage ist, ob man das nicht unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Entwicklung der Kollaborationsformen und -werkzeuge neu beleuchten muss.
(i)Großen Geschäfte wie die Erstausgabe von Aktien (IPO) werden schon heute von Bankenkonsortien durchgeführt, in denen mehrere Geschäftsbanken eng zusammen arbeiten. Vielleicht sind wir dadurch in Europa die ersten, die diese neuen Vorteile nutzen - und profitieren nach einer Lern- und Umstellungsphase, ähnlich wie bei den Umwelt-Technologien, die hier zu einigen Arbeitsplätzen geführt haben.

‡? Die Frage ist, wie groß muss eine Investmentbank sein, um solche Projekte zu finanzieren bzw. deren Finanzierung anzustoßen. Bereits heute werden Konsortien gegründet um gemeinsam eine Anleihe oder loan (Finanzierung über Bridge-Loan) auf die Beine zu stellen.

{{info|Zwecks Risikostreuung ist die Frage der Granularität (d.h. wieviel % der Bilanzsumme oder y Mio. ich an eine Adresse ausleihen darf) wichtig. Verschärfung hier zwingt zu mehr Diversifikation, d.h. größere Streuung der Risiken/Investitionen.
(i)Gleichzeitige Größenbeschränkung der Bilanzsumme und Erhöhung der Eigenkapital Anforderung (z.b: 10% EK) verhindern Systemrelevanz bei Ausfall von 2-3 der "großen" Kredite (wegen Granularität). Auch sollten die Fremdkapitalgeber solcher Banken (die höhere Ausschüttungen etc. anstreben) genau wissen, dass solche Institute nicht von den Staaten gerettet werden. Höhere Risiken, höhere Returns im Normalfall sollten diese Risiken abdecken und entlohnen. D.h. Risikokapital wird unter Umständen teurer werden, wenn "schlechtere" Schuldner Geld aufnehmen wollen

+/-Weiter wäre die Frage zu diskutieren, ob Schwärme sich nicht auch falsch entscheiden können und die Abschreibungen in den Bilanzen sich nicht auf die gleiche Summe addieren würden - damit wäre das Problem dasselbe wie vorher, nur dass viele kleine Banken gleichzeitig ausfallen statt einer großen.

(i)Deshalb muss strikt darauf geachtet werden, dass die Kreditvergabe (Bond, Loan etc.) an einen Schuldner bei Ausfall des Schuldners nicht das Institut kippen können. (Anm.: Es gibt auch Banken, die keine Griechenbonds haben, es gibt aber auch welche, die neben Griechenland noch Italien, Spanien, etc. im großen Umfang haben - Richtung Höchstgrenze; es gibt leider auch Banken - insbesondere in Ostdeutschland - die wenig Kreditgeschäft haben, da es dort keine Industrie gibt).

Gründe für den Erhalt systemrelevanter Banken

Altersvorsorge und Finanzierung von Kommunen

„ Es führt momentan kein weg daran vorbei, banken zu retten, die zu groß sind um sie fallen zu lassen. Dexia wurde bspw. deswegen gerettet, weil es eine der größten finanziers französischer komunen ist. die depfa, ggf. bekannter als HRX, wurde seinerzeit gerettet, da dort eine vielzahl deutscher pfandbriefe lagerte. Sprich die altersvorsorge vieler deutscher, die im fall einer regulären insolvenz zu niedrigstpreisen auf dem markt verkloppt worden wäre .. das hätten die versicherung dann ggü. ihren kunden berappen müssen .. hätte auch nicht jede überlebt. “
mh in Mailingliste AG Wirtschaft[5]

Weitere

Ein Kollaps / Systemcrash verursacht durch systemrelevante Banken muss unter allen Umständen verhindert werden, da es ansosnten:

a) zu dem "run on the bank" kommt, d.h. Sparer haben all ihr Bargeld ab b) der gesamte bargeldlose Zahlungsverkehr (Überweisungen, Kreditkarte, etc) zusammenbricht und letztlich die komplette produzierende Industrie etc beeinträchtigt (d.h. kompletter Stillstand) c) die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln etc nicht mehr gewährleistet ist

Anlass: Vorschlag aus der Mumble-Diskussion

Die AG Wirtschaft hat beschlossen, Ideen zum Thema Systemrelevanz zu sammeln:

„Wir sollten zur "Systemrelevanz" einer Bank Überlegungen anstellen. Wie kann man verhindern, dass eine Bank "systenrelevant" ist/wird und deren Geschäftsgebahren bewirkt, dass der Staat mit hohen Garantiesummen einspringen muss (to big to fall). “
Mubmle-Protokoll AG Wirtschaft[6]

Das soll an dieser Stelle getan werden.

Fußnoten


Literatur

Zeitungsartikel

  1. http://wirtschaft.t-online.de/deutsche-bank-verzockt-sich-mit-gluecksspielen/id_50706854/index
  2. http://www.n-tv.de/wirtschaft/EU-Razzia-bei-Grossbanken-article4561511.html

Gesetzestexte und -vorlagen

  1. Kreditwesengesetz - KWG: Maßnahmen gegenüber Kreditinstituten bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems
    1. Bedingungen für die Übertragung (Enteignung)
    2. Definition von Bestandsgefährdung (Gefahr der Pleite einer Bank)
    3. Definition von Systemgefährdung (Gefahr des Dominoeffekts)
  2. Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Regulierung von systemrelevanten Finanzinstituten (PDF)

Weblinks