SN:Kreisverband/Leipzig/Videoüberwachung28.09.2010

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Besuch der Piraten Leipzig bei der Polizeidirektion Leipzig zum Thema Videoüberwachung öffentlicher Räume am 28.09.2012

Stolze 9 - statt der anvisierten 6 - Piraten kamen am 28.09.2012 zum Besuch der Polizeidirektion Leipzig. Dort wurden wir durch den Referatsleiter Herrn Buchwald und den Sachbearbeiter Herrn Vogel vom Referat 3, Kriminalitätsbekämpfung, empfangen.
Das Referat ist zuständig für Stabstätigkeiten, strategische Auswertungen der Kriminalstatistik und das Schaffen von Rahmenbedingungen für die Kriminalitätsbekämpfung.

Sachliche und rechtliche Grundlage der Videoüberwachung

Die statistische Ermittlung von Kriminalitätsschwerpunkten ist der erste Schritt für die Entscheidung über die Einrichtung einer Videoüberwachung des öffentlichen Raumes.
Beantragt werden muss diese bei der Landesregierung (Innenministerium), die den Landesdatenschutzbeauftragten einschaltet, um eine Videoüberwachung zu genehmigen. Die Stadt Leipzig muss nicht befragt werden.
Rechtliche Grundlage ist das Polizeirecht des Freistaats in Verbindung mit dem § 33 Landesdatenschutzgesetz.

Effekte der Videoüberwachung aus Sicht der Polizei

Leipzig war 2006 die erste Stadt Deutschlands in der die Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt wurde.
Ziel der Videoüberwachung ist die Kriminalitätsprävention und -bekämpfung wobei die Polizisten den abschreckenden Charakter der Maßnahme betonten.
Dass aber die Videoüberwachung Ersatz für Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit sein könne oder solle wurde von beiden Polizisten negiert, auch wenn es durch die Polizeireform zu Personalabbau komme. Videoüberwachung sei immer nur im Verbund mit anderen Maßnahmen sinnvoll.

Buchwald und Vogel berichten vom drastischen Rückgang der Straftaten in den Überwachungsbereichen. Beispielhaft hier einige Zahlen: das Connewitzer Kreuz verzeichnete vor Einführung der Videoüberwachung 328 und danach 77 Straftaten. Am Martin-Luther-Ring konnte die Zahl von 7.000 Straftaten, davon 5000 Kfz-Aufbrüche, auf 30 reduziert werden.
Wichtig für die Polizei sind in diesem Zusammenhang zwei Faktoren als Anreiz für Kriminalität: Tatgelegenheit und Entdeckungsrisiko. Letzteres würde durch die Videoüberwachung erhöht.
Zum Thema Verdrängung von Kriminalität aus überwachten in unüberwachte Areale gab es ein klares Jein: würde zum Beispiel ein Parkplatz wegen Kfz-Aufbrüchen überwacht, gäbe es keine Verdrängungseffekte.
Dafür wurde als Beleg der Luther-Ring angeführt, wo es nach der Einführung der Überwachung in der Umgebung nicht zu signifikantem Anstieg von Autoaufbrüchen kam.

Auch zum Thema Senkung der Gesamtkriminalität hieß es wiederum: Jein. Das einzig sichere sei, dass die überwachten Areale sicherer geworden seien. Insgesamt werden laut Buchwald mit den 5 überwachten Zonen (6 Kameras) 0,1% der Stadtfläche überwacht.
Bei Straftaten kann die Polizei jedoch auch auf private Aufnahmen zur Aufklärung zurückgreifen, insofern die private Überwachung bekannt ist oder eine solche ermittelt werden kann. Hier betont Buchwald, dass 99% der Überwachungskameras privat seien!

Die Aufnahmen der polizeilichen Kameras, auf lokalen Festplatten gespeichert, werden nach 48 Stunden automatisch durch überschreiben gelöscht. Dies sei die sicherste Methode, so Buchwald.
Nachts ist die Leistung schwächer, da sie Kameras nur mit Restlichtverstärker arbeiten, Infrarottechnik ist nicht im Einsatz.

Besichtigung der Kamerasteuerung im Polizeirevier

Die Übertragung der Kameras erfolgt in den jeweils zuständigen Revieren. Wir besuchten das Innenstadtrevier in der Ritterstraße, dort erfolgt auch die manuelle Steuerung im Bedarfsfall.
Die Kameras schwenken nach einer programmierten Routine und zeigen ein Übersichtsbild, das eine Individualerkennung nicht ermöglicht, wie wir sehen konnten. Nur die Kamera in Connewitz hat einen automatischen Zoom, der aber auch keine Gesichtserkennung zulässt.
Des Weiteren gibt es das "Privacy-Masking", also Bereiche (zum Beispiel Fenster) in die nicht hineingezoomt werden kann. Hier erscheint dann ein schwarzer Bildschirm.

Bei der Demonstration der manuellen Steuerung der beiden Kameras (Luther-Ring und Hbf) war eine Kamera defekt, also nicht schwenkbar. Wobei witzigerweise das linke Steuerpult für die rechte Kamera zuständig war und umgekehrt, was der Revierbeamte offensichtlich nicht wusste, weil er verzweifelt versuchte die kaputte zu steuern.
Ein Alltagsspielzeug scheint es nicht zu sein - nur der Revierleiter konnte die Kamera steuern.

Überwachung am Rossplatz

Bei der Besichtung des Überwachungsareals Rossplatz war auch dort die Kamera starr gerichtet, also auch die Software abgestürzt. Es komme wohl alle 4 Wochen vor, dass ein Gerät versagt.
Hinweisschilder sind am Beginn jedes Areals aufgestellt, was nicht immer einfach sei, so die Polizisten, weil sie auf Pfosten von LVB und Stadt bzw. von Privaten angewiesen sei.
Tatsächlich wurde im Zuge von Baumassnahmen in der Universitätsstraße das polizeieigene Hinweisschild entfernt ohne dies der Polizei mittzuteilen. Jetzt müssen sie erst mal recherchieren wo es abgeblieben ist und es neu anbringen.
Es klang auch deutlich durch, dass die Kooperation zwischen Rathaus (= Polizeibehörde) und PD (= Polizeivollzugsdienst) in mehreren Feldern (u.a. Drogenpolitik) mangelhaft ist.

Abschließend möchten wir uns für den informativen Nachmittag und die erhaltenen Einblicke bei der Polizeidirektion, namentlich bei Herrn Buchwald und Herrn Vogel, herzlich bedanken!
Im Frühjahr soll es dann in die zweite Runde gehen und zwar mit dem Thema "Drogenpolitik".


Geloggt haben für euch: Reiner Käsberger und Kathy