SH:LPT2016.2/Anträge/Inneres und Justiz

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Dies ist ein Antrag zur Änderung des Wahlprogramms an den Landesparteitag 2016.2.

Antrag Nummer WP0500 an den Landesparteitag 2016.2.
Beantragt von
Kathie Jasper
Titel 
Inneres und Justiz
Empfehlung der Antragskommission
formal OK
Hinweise der Antragskommission
 
betrifft Abschnitt/Kapitel 
Inneres und Justiz

Antragstext

Es wird beantragt im Wahlprogramm an geeigneter Stelle das folgende Kapitel "Inneres und Justiz" einzufügen.

Für eine intelligente und rationale Sicherheitspolitik

Ein angemessener Schutz vor Kriminalität ist eine wichtige staatliche Aufgabe, die nach unserer Überzeugung nur durch eine intelligente und rationale Sicherheitspolitik auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse erfüllt werden kann. Um kluge Sicherheitsmaßnahmen fördern und schädliche Maßnahmen beenden zu können, wollen wir, dass eine unabhängige Einrichtung (Grundrechteagentur) alle bestehenden Befugnisse und Programme der Sicherheitsbehörden in Schleswig-Holstein systematisch und nach wissenschaftlichen Kriterien auf ihre Wirksamkeit, Kosten und schädliche Nebenwirkungen untersucht. Ebenso sollen Alternativen und die Vereinbarkeit mit den Grundrechten geprüft werden. Auf dieser Grundlage können wir sodann Grundrechtseingriffe aufheben, wo dies ohne Einbußen an Sicherheit – also ohne Einfluss auf die Kriminalitätsrate – möglich ist. Auch im Bereich der Sicherheit ist das Kosten-Nutzen-Prinzip anzuwenden, um mit den aufgewendeten Mitteln ein Höchstmaß an Sicherheit zu erreichen.


Verbrechen vorbeugen

Wir wollen einen Schwerpunkt unserer Sicherheitspolitik auf die Förderung von Vorbeugemaßnahmen und -projekten legen, deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist. Nur so kann schon den Ursachen von Kriminalität bereits in der Entstehung entgegengewirkt werden. Wir wollen dazu eine Landesstrategie zur Vorbeugung von Straffälligkeit entwickeln und die bisher zersplitterten Zuständigkeiten hierfür auf das Innenministerium vereinen.


Polizei sowohl personell als auch sachgerecht ausstatten

Wir setzen uns dafür ein, dass die Landespolizei sowohl personell als auch sachgerecht ausgestattet wird, um ihre Aufgaben wahrzunehmen. Stellenstreichungen bei der Landespolizei Schleswig-Holstein lehnen wir ab.


Sicherheitsbewusstsein stärken

Die gefühlte Sicherheit ist eine wichtige Voraussetzung für unser persönliches Wohlbefinden. Forschungsergebnisse zeigen aber, dass das hohe Maß an Sicherheit in Deutschland verbreitet unbekannt ist und dass das Kriminalitätsrisiko teilweise weit überschätzt wird. Wir wollen ein Programm zur Stärkung des Sicherheitsbewusstseins und zur sachlichen Information über Kriminalität in Schleswig-Holstein auflegen, um verzerrten Einschätzungen und Darstellungen der Sicherheitslage entgegen zu wirken.


Unabhängige Kommission zur Untersuchung von Straftaten im Amt einsetzen

Wir setzen uns dafür ein, dass auf Landesebene eine unabhängige Kommission zur Untersuchung von Straftaten im Amt eingerichtet wird. Dies gewährleistet eine unabhängige und effektive Untersuchung. So kann eine Interessenkollision zwischen dem Ermittlungszweck und dem Schutz »der eigenen Seite« in Zukunft verhindert werden. Um dies zu erreichen darf die Kommission keine Mitglieder aus dem jeweils betroffenen Behördenzweig haben (z.B. Verdacht der Straftat durch einen Polizisten, daher keine dem Landesinnenministerium unterstellten Mitglieder). Ferner soll die Kommission auch nicht im öffentlichen Dienst stehende Mitglieder haben. Ergebnisse in anderen Staaten, z.B. Großbritannien, haben den Nutzen einer unabhängigen Kommission bereits belegt.


Behördenhaftung: Pauschale Mindestentschädigung bei rechtswidrigen Verwaltungsakten

Durch rechtswidrige Verwaltungsakte entstehen für die Betroffenen immer wieder Nachteile. Wir wollen eine pauschale Mindestentschädigung bei solchen Maßnahmen einführen. So können Betroffene unbürokratisch entschädigt werden. Außerdem ist dies ein Anreiz für Behörden und Gesetzgeber, Verwaltungsvorgänge so zu verbessern, dass weniger Fehler passieren.


Religion ist Privatsache – Staat und Kirche vollständig trennen

In einer modernen Demokratie ist die vollständige Trennung von Staat und Kirche bzw. Religionen unerlässlich. Denn nur so kann Demokratie mit der zunehmenden Vielfalt umgehen und Diskriminierungen aufgrund von Weltanschauungen vermeiden – es sei denn, diese befänden sich im Konflikt mit ihrer Verfassung und den Menschenrechten. Dies bedeutet auch, dass die Verfassung einer modernen Demokratie niemals religiös begründet sein kann, sondern ihre Prinzipien aus einem allgemein gültigen, umfassenden Humanismus beziehen muss. Zwar hat unser Land auf vielen Gebieten die notwendige Trennung von Kirche und Staat bereits vollzogen. Auf Initiative der PIRATEN wurde das Tanz- und Veranstaltungsverbot an stillen Feiertagen eingeschränkt. Aber es bleibt noch viel zu tun im Sinne eines diskriminierungsfreien und vielfältigen Zusammenlebens. Daher fordern wir:

  • das Anbringen von religiösen Symbolen an Gebäuden mit öffentlicher Funktion  (z.B. Rathäuser, Gerichtsgebäude, Schulen) zu verbieten
  • den konfessionsgebundenen Religionsunterricht durch ein Schulfach „Ethik“ zu ersetzen, das die Fragen: „Wie leben wir?“ und: „Ist es gut so, wie wir leben?“ unvoreingenommen stellt und mit allen SchülerInnen – gleich welcher religiös-kulturellen Herkunft – zu beantworten sucht 
  • die Mitgliedsbeiträge der Kirche (Kirchensteuer), nach dem Vorbild anderer  demokratischer Länder, nicht mehr durch den Staat erheben zu lassen
  • auf Gebühren für den Kirchenaustritt zu verzichten
  • die Ewigkeitsklausel in den Kirchenstaatsverträgen aufzuheben
  • insgesamt eine sowohl finanzielle als auch rechtliche und organisatorische Entflechtung zwischen Kirchen (Religionsgemeinschaften) und Staat herbeizuführen (betr. Subventionen für kirchliche Einrichtungen, Rundfunkstaatsverträge etc.)
  • die so genannten „stillen Feiertage“ nicht mehr mit einem „Tanzverbot“ oder ähnlichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu verbinden
  • im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes keinerlei Ausnahmen für Beschäftigte in religiösen Einrichtungen mehr gelten zu lassen, soweit die Beschäftigten nicht unmittelbar mit Verkündung und Lehre befasst sind 
  • ebenso wenig im Tarifrecht Einschränkungen für solche Beschäftigte gelten zu lassen – und hier ohne Ausnahme.


Verfassungsschutz abschaffen/reformieren

Die Piratenpartei setzt sich für die Auflösung des Landesverfassungsschutzes in Schleswig-Holstein ein.

alternativ abstimmen:

Verfassungsschutz reformieren

Vom Celler Loch über den NSU-Skandal bis hin zu den Enthüllungen Snowdens hat sich immer wieder gezeigt: Ein geheimdienstlicher Verfassungsschutz richtet an unserer Demokratie einen weit größeren Schaden an als er ihrem Schutz dient. Eine Kontrolle des Verfassungsschutzes findet faktisch nicht statt. Gerade in Schleswig-Holstein weigert sich die Landesregierung selbst Abgeordneten gegenüber Informationen über die Tätigkeiten des Verfassungsschutzes zu geben und verhindert so den letzten Rest einer demokratischen Kontrolle. Über bezahlte V-Leute finanziert der Verfassungsschutz verfassungsfeindliche Gruppierungen mit, stützt entsprechende Strukturen und setzt einen Anreiz dafür, “berichtenswerte” verfassungsfeindliche Aktivitäten und Straftaten zu entfalten oder anzuzetteln. Immer wieder hat der „Verfassungsschutz“ kriminelle V-Leute gedeckt und vor Strafverfolgungsmaßnahmen geschützt. Seit der Gründung des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahre 1950 ist kaum ein Jahr vergangen, in dem die Medien nicht über skandalträchtige Vorkommnisse beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder einem der Landesämter berichteten. Diese Skandale sind keine vermeidbaren Fehler, sondern systemimmanent im Wesen eines Geheimdienstes begründet. Dem Verfassungsschutz wollen wir deshalb den Einsatz geheimdienstlicher Mittel wie die heimliche Überwachung von Post, Telekommunikation und Internet, das heimliche Abhören und Filmen von Personen, der Einsatz von verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern, Vertrauensleuten, Gewährspersonen und sonstigen geheimen Informantinnen und Informanten, insgesamt untersagen und seine Tätigkeit auf die Auswertung offener Quellen beschränken. Bis zur Umsetzung dieser Reform ist die Kontrolle des Verfassungsschutzes zu verbessern

  • In Zukunft ist allen Abgeordneten von ihnen angeforderte Informationen zum Verfassungsschutz zu gewähren.
  • Den Abgeordneten ist die Möglichkeit zu geben, diese Informationen mit anderen Abgeordneten und Fachleuten, die sie selbst bestimmen können, zu besprechen und bewerten.
  • Den Abgeordneten ist ein jederzeitiges Betretungs- und Befragungsrecht in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes einzuräumen. 
  • Mitarbeiter des Verfassungsschutzes erhalten die Möglichkeit, sich jederzeit ohne  Nachteile an das Parlamentarische Kontrollgremium oder einzelne Abgeordnete zu wenden.
  • Es ist eine Möglichkeit zu schaffen, mittels derer einzelne Abgeordnete bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen des Verfassungsschutzes diese gerichtlich prüfen lassen können.
  • Im Falle pflichtwidrig nicht erteilter Informationen oder gar Täuschungen sind Berichtspflichten der Landesregierung im öffentlich tagenden Plenum ebenso wie rechtliche Sanktionsmöglichkeiten zu prüfen.


separat abstimmen konkurrierend zum vorigen Vorschlag


Transparenter Haushalt für den Verfassungsschutz

Die Einnahmen und Ausgaben für den Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein sind nicht einmal für alle Mitglieder des Landtags nachvollziehbar. Eine Kontrolle des Verfassungsschutzes wird hierdurch noch weiter eingeschränkt. Wir möchten, dass im Haushaltsplan die für den Schleswig-Holsteinischen Verfassungsschutz angesetzten Einnahmen und Ausgaben nachvollziehbar und detailliert ausgewiesen werden. Ausgaben für den Geheimschutz unterliegende Tätigkeiten des Verfassungsschutzes können gesammelt ausgewiesen werden.


Justiz unabhängiger und transparenter machen

Solange die Justiz von der Regierung verwaltet und beaufsichtigt wird, ist ihre organisatorische Unabhängigkeit nicht gewährleistet. Wir wollen deshalb wie in anderen europäischen Staaten die Selbstverwaltung der Justiz (Gerichte und Staatsanwaltschaften) umsetzen. Ein Landesjustizrat soll die Justizverwaltung und Dienstaufsicht, die Erstellung eines Haushaltsvoranschlages, den Haushaltsvollzug, Personalentscheidungen und Stellungnahmen zu justizbezogenen Rechtsetzungsvorhaben übernehmen. Zur Besetzung des Landesjustizrats soll die Justiz Vorschlagslisten bestehend aus Mitgliedern der Justiz wählen, die endgültige Wahl aus den Listen soll dann der Landtag treffen. Der Justizminister soll nicht länger das Recht haben, in Einzelfällen in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen einzugreifen. Und wir wollen, dass die bisher nur kostenpflichtig abrufbaren Gerichtsentscheidungen kostenfrei und frei verwendbar im Internet zum Abruf bereit gestellt werden.


Neustart der Drogen- und Suchtpolitik

Die Piratenpartei Deutschland steht für eine repressionsfreie Drogenpolitik und will ein Ende der gescheiterten Prohibition. Wir lehnen die heutige, wissenschaftlich nicht haltbare Unterscheidung in legale und illegale Stoffe ab und fordern die objektive Bewertung und Handhabung aller psychoaktiven Substanzen alleine anhand ihres Gefahrenpotentials. Die derzeitige nicht faktenbasierte Bevormundung Erwachsener beim verantwortungsvollen Umgang mit Rausch- und Genussmitteln widerspricht der Grundüberzeugung der PIRATEN und unserem Verständnis einer mündigen Gesellschaft. Die bisherige Kriminalisierung der Konsumenten muss beendet und der damit verbundene Schwarzhandel durch kontrollierte Erwerbsstrukturen ersetzt werden. So ergeben sich dann Rahmenbedingungen, die - anders als heute - viele Probleme beseitigen, die alleine auf Grund von gefährlichen Beimischungen und mangelnder Hygiene entstehen. Wir PIRATEN fordern, dass wir uns als Gesellschaft endlich unserer Verantwortung stellen und den Schwarzmarkt beseitigen. Das aufgrund der Verbotspolitik entstandene kriminelle Milieu muss nachhaltig ausgetrocknet werden. Herstellung, Verkauf und Konsum von Hanfprodukten muss aus der Kriminalität herausgeholt und den Mechanismen des Jugend- und Verbraucherschutzes unterworfen werden. Schimmelpilz und gesundheitsgefährdende Beimengung von Streckmitteln wie Vogelsand, Backmischungen, Haarspray, Dünger, synthetischen Stoffen oder Blei müssen verhindert werden. Die vorliegenden Erfahrungen mit der Entkriminalisierung aus Portugal, den Niederlanden, einzelnen Bundesstaaten der USA und Tschechien legen nahe, dass bei einer Legalisierung langfristig sogar mit geringeren Konsumentenzahlen zu rechnen ist. Bis eine bundeseinheitliche Neuregelung erfolgt ist, wollen wir in Schleswig-Holstein die Grenzen für die „geringen Mengen“ zum Eigenverbrauch weicher Drogen so anheben, dass unnötige Ermittlungsverfahren und Strafverfolgungen vermieden werden.


Zwangseinweisungen in psychiatrische Krankenhäuser reformieren

Auch die Würde psychisch kranker Menschen ist für uns unantastbar. Nach dem Wortlaut des schleswig-holsteinischen Psychisch-Kranken-Gesetzes dürfen psychisch kranke Menschen zum Schutz vor sich selbst in psychiatrische Krankenhäusern untergebracht werden, selbst wenn sie für andere Menschen ungefährlich sind und sich in freier Entscheidung für ein Leben mit den Folgen ihrer Krankheit in Freiheit entscheiden. Dies wollen wir ändern und das "Recht auf Krankheit" achten. Ärztliche Eingriffe in den Körper sollen nicht länger ohne Einwilligung zulässig sein, nur weil die damit verbundene Gesundheitsgefahr nach Meinung der Ärzte nicht ‘erheblich’ ist. Liegt kein akuter Notfall vor, soll keine Zwangsbehandlung ohne richterliche Genehmigung zugelassen werden. Dass psychisch kranke Menschen nach dem neuen Maßregelvollzugsgesetz unter Videoüberwachung gestellt werden dürfen, wollen wir rückgängig machen. Ein Ersatz menschlicher Betreuung durch technische Überwachung ist nicht nur menschenunwürdig, sondern schadet dem Behandlungserfolg und ist damit kontraproduktiv.



Begründung



Diskussion
Diskussionsseite


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