SH:LPT2014.2/Anträge/X021 - Verfassungsschutz abschaffen

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Dies ist ein sonstiger Antrag an den Landesparteitag 2014.2.

Antrag Nummer X021 an den Landesparteitag 2014.2.
Beantragt von
Malte S.
Titel 
Verfassungsschutz abschaffen
Empfehlung der Antragskommission
Formal OK
Hinweise der Antragskommission
 


Antragstext

Der Landesparteitag möge das folgende Positionspapier beschließen

Verfassungsschutz abschaffen

Vom Celler Loch über den NSU-Skandal hin zu den Enthüllungen Snowdens haben Geheimdienste immer wieder gezeigt, dass sie vor allem eines sind:

Eine Gefahr für die Demokratie

Die Piratenpartei fordert deshalb die Auflösung des Landesverfassungsschutzes Schleswig-Holstein. Die Kontrolle des Verfassungsschutzes findet faktisch nicht statt. Gerade in Schleswig-Holstein weigert sich die Landesregierung selbst Abgeordneten gegenüber Informationen über seine Tätigkeit zu erstatten und verhindert so den letzten Rest einer demokratischen Kontrolle.

Lediglich dem parlamentarischen Kontrollgremium gegenüber will sie Bericht erstatten. Einem Gremium, welches mit wenigen Abgeordneten besetzt ist und aufgrund der Geheimhaltung keine fachliche Unterstützung hinzuziehen kann und darf. Die Mitglieder dieses Gremium dürfen keinem anderen Abgeordneten Informationen über den Verfassungsschutz weitergeben, ohne sich der Gefahr eines strafbaren Geheimnisverrats auszusetzen. In dieser Form ist der für jede demokratische Veränderung erforderliche Diskurs über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes nicht möglich. Damit hat sich der Verfassungsschutz als argumentativ unangreifbarer Staat im Staate positioniert, der schon deshalb nicht kontrolliert oder eingeschränkt werden kann, weil die Auseinandersetzung über ihn nicht mehr möglich ist.

In der Abwehr von Wirtschaftsspionage und staatlicher Spionage ist der Landesverfassungsschutz mit gerade einmal zwei hierfür zur Verfügung stehenden Stellen nicht von Bedeutung. Die weiteren Aufgaben der Gefahrenabwehr können in deutlich bürgerrechtsfreundlicherer Umsetzung durch bereits bestehende Behörden, wie z.B. die Polizei vorgenommen werden. Aufgrund des Erfordernisses einer konkreten Gefahrenlage würde dadurch auch das bedenkliche Einschleusen von V-Leuten oder eigenen Mitarbeitern in politisch missliebigen Gruppierungen unterbunden.

Die Analyse der Entwicklung extremistischer oder verfassungsfeindlicher Bestrebungen innerhalb der Bevölkerung, die von dem Verfassungsschutz ganz überwiegend durch die analyse öffentlich zugänglicher Informationen betrieben wird, kann an ein unabhängiges und öffentlich arbeitendes Institut übertragen werden. Dieses muss seine Analysen auf wissenschaftlicher Grundlage betreiben und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Denn nur eine informierte Öffentlichkeit kann wirkungsvoll gegen jede Form von Extremismus einstehen.

In dem Wissen, dass eine Auflösung des Verfassungsschutzes nicht von heute auf morgen möglich sein wird, fordert die Piratenpartei bis dahin, die demokratische Kontrolle durch den Landtag quantitativ und qualitativ zu stärken. 

  • Derzeit werden Fragen von Abgeordneten fast durchgängig unter Missachtung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht beantwortet, weil das PKG zuständig sei. Daran schließen sich zwei maßgebliche Probleme an.
    • Es ist nur noch einem kleinen Teil des Parlamentes möglich, die dem gesamten Parlament obliegende Kontrolle des Verfassungsschutzes auszuüben. Alle anderen Abgeordneten sind hiervon ausgeschlossen. 
    • Die Beschränkung der Informationserteilung auf die Mitglieder des PKG unterminiert in erheblichem Maße die Vorteile eines pluralistischen und mehrlöpfigen Parlaments. Obwohl kein Abgeordneter alle politischen Vorgänge selbstständig im Auge behalten und bewerten kann, kommt es immer wieder vor, dass einzelne Abgeordnete sich mit Vorgängen beschäftigen, die nicht ihrem Fachgebiet zugehörig sind. Der neue Blickwinkel, den diese Abgeordneten haben, ist für die Verhinderung einer "Kontrollroutine" gerade in Fragen des Verfassungsschutzes besonders wichtig.
  • Den Abgeordneten ist es nach Auffassung der Landesregierung nicht gestattet, die über den Verfassungsschutz erlangten Informationen mit anderen Abgeordneten aber auch Fachleuten zu besprechen. Hierbei ist zu beachten, dass die von ihnen zu beurteilenden Materien von einiger tatsächlicher und rechtlicher Komplexität sind. Ohne eine adäquate fachliche Unterstützung ist es daher den allermeisten Abgeordneten nicht oder nur schwer möglich, die Sachverhalte eigenständig vollumfänglich zu bewerten und hieraus Folgerungen zu ziehen. Hierbei könnte der Ausschuss für Verfassungsschutz im Berliner Abgeordnetenhaus Musterbeispiel sein, zu dem auch bei nicht-öffentlicher Sitzung (sicherheitsüberprüfte) Mitarbeiter der Fraktionen in der Regel Zutritt haben, ohne dass es zu erheblichen Problemen gekommen ist.
  • Das PKG erhält derzeit Informationen über den Verfassungsschutz ausschließlich gefiltert durch die Stabsabteilung des Innenministeriums. Es ist vollkommen unrealistisch zu glauben, dieses würde von sich aus Probleme und Fehler des Verfassungsschutzes mitteilen. Vielmehr dient die - im Übrigen bei allen parlamentarischen Anfragen erfolgende - Filterung durch die Stabsstellen gerade dem Zweck, politisch brisante Informationen nicht oder wenigstens nur versteckt mitzuteilen. Das PKG erhält daher in der Regeln von vornherein nur solche Informationen, die nicht für den Verfassungsschutz selbst nachteilig sind.
  • Mitarbeitern des Verfassungsschutzes ist es zudem aufgrund ihrer Verpflichtung zur Geheimhaltung verwehrt, dem Parlament Informationen über den Verfassungsschutz und etwaige Missstände zu offenbaren. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob sie dies von sich heraus oder auf Veranlassung des Landtages wollen.
  • Das PKG tagt derzeit, anders als z.B. der Ausschuss für Verfassungsschutz in Berlin, ausschließlich nicht öffentlich. Dies wird mit der Geheimschutzbedürftigkeit kraft Natur der Sache begründet. Selbst wenn man die Existenz eines Geheimdienstes an und für sich für erforderlich erachtet, bedeutet dies aber noch nicht, dass man jegliche Information über diesen als Geheim ansehen muss. Regelmäßige Berichte über gefahrdrohende Entwicklungen, aufgrund von Informationen des Verfassungsschutzes eingeleiteter Strafverfahren, abgeschlossener Sachverhalte können in aller Regel auch öffentlich erfolgen, weil eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Verfassungsschutzes nicht mehr droht.
  • Rechtsschutz gegen Maßnahmen des Verfassungsschutzes ist in der Regel schon deshalb ausgeschlossen, weil die Betroffenen nur in den seltensten Fällen von der Maßnahme Kenntnis erlangen. Die Rechtmäßigkeitskontrolle der Exekutive, die grundsätzlich den Gerichten obliegt, ist daher faktisch ausgeschaltet. Dem Landtag kommt ausschließlich eine politische Kontrolle zu. Aufgrund des Bestrebens der regierungstragenden Fraktionen, politischen Schaden von der Regierung abzuwenden, ist selbst dies jedoch auf ein Minimum reduziert.
  • Auch bei unterlassenen Informationen oder gar aktiven Täuschungen sind daran keine rechtlichen Folgen geknüpft. Auch hier werden die Mehrheitsverhältnisse im Landtag einen effektiven Schutz der Verantwortlichen bedeuten.

Diese Einschränkungen der Kontrolle des Verfassungsschutzes sind aufzuheben oder durch andere Kontrollmechnismen zu kompensieren. In jedem Fall müssen

  • in Zukunft allen Abgeordneten von ihnen angeforderte Informationen zum Verfassungsschutz gewährt werden. 
  • die Abgeordneten die Möglichkeit erhalten, diese Informationen mit anderen Abgeordneten und Fachleuten, die sie selbst bestimmen können, zu besprechen und bewerten. 
  • die Abgeordneten ist ein jederzeitiges Betretungs- und Befragungsrecht in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erhalten. 
  • die Mitarbeitern des Verfassungsschutzes die Möglichkeit erhalten, sich jederzeit ohne Nachteile an das PKG oder einzelne Abgeordnete  zu wenden.
  • eine Möglichkeit geschaffen werden, mittels derer einzelne Abgeordnete bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen des Verfassungsschutzes diese gerichtlich prüfen zu lassen.
  • im Falle pflichtwidrig nicht erteilter Informationen oder gar Täuschungen Berichtspflichten der Landesregierung im öffentlich tagenden Plenum ebenso wie rechtliche Sanktionsmöglichkeiten angedacht werden.



Begründung



Diskussion
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