SH:LPT2013.2/Anträge/X9030 Keine weiteren Erhöhungen der Abgeordnetendiäten
Dies ist ein sonstiger Antrag an den Landesparteitag 2013.2.
Die Piratenpartei Schleswig-Holstein spricht sich gegen weitere Erhöhungen der Abgeordnetendiäten aus, weil dies vor dem Hintergrund der weit überproportionalen Diätenerhöhungen in der Vergangenheit, der hohen Zinslast des Landes, der Leistungskürzungen für die Bürger, des einschneidenden Personalabbaus in der Landesverwaltung und des unterfinanzierten Bildungssystems nicht zu rechtfertigen ist. In Zeiten steigender Landesschulden und den Bürgern zugemuteter Mittelkürzungen müssen auch die Abgeordneten einen Einsparbeitrag leisten, um die anstehenden Belastungen sozial gerecht zu verteilen.
Nach einer vom Landtag 2012 gegen die Stimmen der Piraten beschlossenen Koppelung der Diäten an die Gehaltsentwicklung sollen die Diäten der Abgeordneten im Schleswig-Holsteinischen Landtag von zurzeit 7.274,28 Euro monatlich um 3,5% auf ca. 7.530 Euro ab Juli 2013 steigen. Dies bedeutete jährliche Mehrkosten für das Land von 200.000 Euro. Verfassungswidrige Diätenautomatik: Während Ministerpräsident und Minister einen Beitrag zum erforderlichen Ausgleich des Landeshaushalts geleistet haben, indem sie ihre Gehälter 2012 um 6-12% abgesenkt haben (Albig: "Man kann nicht von seinen Mitarbeitern in den nächsten Jahren viel verlangen und selber gar nichts beitragen"), haben sich die Abgeordneten der etablierten Fraktionen im gleichen Jahr ihre Diäten um 2% erhöht und außerdem eine automatische jährliche Diätenerhöhung entsprechend der allgemeinen Lohnentwicklung beschlossen. Eine solche Diätenautomatik ist mir aus keinem anderen Bundesland bekannt, sie dürfte einzigartig in Deutschland sein. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Koppelung der Abgeordnetendiäten an die Einkommensentwicklung der Beamtinnen und Beamten bereits für verfassungswidrig befunden, weil eine Koppelung dazu dienen solle, „das Parlament der Notwendigkeit zu entheben, jede Veränderung in der Höhe der Entschädigung im Plenum zu diskutieren und vor den Augen der Öffentlichkeit darüber als einer selbständigen politischen Frage zu entscheiden.“ (BVerfGE 40, 296, 316) Da die Abgeordneten bei der Diätenfestsetzung in eigener Sache entscheiden, stellt die Öffentlichkeit das einzige wirksame Gegengewicht dar. Um zu gewährleisten, dass jede Veränderung in der Höhe der Entschädigung im Plenum diskutiert und vor den Augen der Öffentlichkeit darüber selbständig entschieden wird, muss die Regelung über die automatische Anpassung der Abgeordnetendiäten und Kostenerstattung aufgehoben werden. Nur eine selbständige Entscheidung des Parlaments über jede Veränderung der Höhe der Diäten gewährleistet, dass die jeweilige politische Gesamtlage in die Entscheidung mit einfließen kann. Erdrückende Zinslast: Zu berücksichtigen ist bei der Entscheidung die finanzielle Gesamtsituation des Landes. Die Politik mutet den Bürgern einen Schuldenberg mit erdrückender Zinslast, eine Grunderwerbssteuererhöhung und ein unterfinanziertes Bildungssystems zu. Die Zinslast des Landes beläuft sich inzwischen auf fast 1 Mrd. Euro jährlich. Von den Steuereinnahmen in Höhe von 6,2 Mrd. Euro jährlich (2011) verbleiben daher nur 5,2 Mrd. Euro. Weil das Land seine laufenden Ausgaben nicht aus eigener Kraft decken kann, kommen ständig neue Schulden und Schuldzinsen hinzu. 2020 wird sich die Zinslast auf 1,4 Mrd. Euro jährlich belaufen. Sobald die niedrigen Zinsen wieder ansteigen, wird dieser Betrag deutlich erhöhen. Gleichzeitig lassen die Pensionslasten des Landes stark steigende Ausgaben erwarten. Belastungen der Bürger: Schleswig-Holstein ist pro Einwohner das am dritthöchsten verschuldete Flächenland in Deutschland. Vor diesem Hintergrund musste das Land Leistungen für die Bürger und für öffentliche Einrichtungen streichen. Beispielsweise wurden die Mittel für die Verbraucherberatung ebenso empfindlich gestrichen wie das Landesblindengeld. Die vom Land finanzierten Einrichtungen wie Frauenhäuser können mit Mittelerhöhungen wegen steigender Lohnkosten nicht rechnen. Für das nächste Jahr steht zur Haushaltskonsolidierung eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer an. Anstehende Stellenstreichungen: Bis 2020 will das Land zum Abbau der Neuverschuldung 5.300 Stellen streichen. Jeder zehnte Mitarbeiter der Landesverwaltung, beispielsweise in den Bereichen Polizei, Justiz, Steuer und Bildung, wird dadurch wegfallen. Entsprechend wird eine Arbeitsverdichtung für die verbleibenden Mitarbeiter eintreten. Unterfinanzierte Bildung: Dabei sind die deutschen Investitionen in Bildung schon heute unterdurchschnittlich hoch (5,3% des Bruttoinlandsprodukts, OECD-Durchschnitt: 6,2%, deutsches Ziel laut Bildungsgipfel: 7%). Kein Bundesland gibt pro Schüler/Studierendem so wenig aus wie Schleswig-Holstein. Die Studie "Bildungsmonitor 2012" sieht Schleswig-Holstein unter allen Ländern an letzter Stelle, was die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems angeht. Vervielfachte Diäten: Die meisten Abgeordneten verbessern sich durch Übernahme ihres Mandats finanziell erheblich. Im Jahr 1958 hat die Entschädigung der schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten einschließlich Kostenpauschale mit umgerechnet 300 Euro monatlich noch bei 68% des Durchschnittseinkommens sozialversicherungspflichtig Beschäftigter gelegen. Gegenwärtig beträgt die Brutto-Abgeordnetenentschädigung (einschließlich Altersvorsorgebeitrag) mit 8.774,28 Euro monatlich 325% des Durchschnittseinkommens sozialversicherungspflichtig Beschäftigter, hat sich preisbereinigt also vervielfacht. Von einer Abkoppelung von der Einkommensentwicklung im Fall eines Diätenstopps kann keine Rede sein, vielmehr haben die Abgeordneten die Einkommensentwicklung der nächsten Jahrzehnte bereits vorweggenommen. Spitzeneinkommen: Nur 2% der Einkommenssteuerzahler beziehen ein so hohes Einkommen wie schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete. An allen Schleswig-Holsteinern gemessen ist die Privilegierung noch extremer, weil Arme regelmäßig keine Steuern zahlen und deshalb in der Einkommenssteuerstatistik nicht erfasst sind. In Anbetracht dieses Diätenniveaus sind weitere Erhöhungen nicht zu rechtfertigen. Gefährdung der Demokratie: Zu hohe Diäten schaden unserer Demokratie, weil sie Abgeordnete oft auf Dauer davon abhalten, wieder in ihrem Beruf zurückzukehren („Berufspolitiker“), so dass das Parlament versteinert und die Abgeordneten den Bezug zum Berufsleben verlieren. Außerdem können übermäßig privilegierte Abgeordnete die finanzielle Situation der allermeisten Bürger, die sie vertreten sollen, nicht mehr aus eigener Anschauung nachvollziehen. Ergebnis: Vor dem Hintergrund der weit überproportionalen Diätenerhöhungen in der Vergangenheit, der erdrückend hohen Zinslast des Landes, der Leistungskürzungen für die Bürger, des einschneidenden Personalabbaus in der Landesverwaltung und des unterfinanzierten Bildungssystems sind weitere Erhöhungen ausgerechnet bei den Abgeordnetendiäten nicht zu rechtfertigen. In Zeiten steigender Landesschulden und den Bürgern zugemuteter Mittelkürzungen muss die Politik umgekehrt einen Einsparbeitrag leisten, um die anstehenden Belastungen sozial gerecht zu verteilen. Hinweis: Der Antrag soll mit Blick auf eine mögliche Gesetzesinitiative im Landtag der aktuellen Positionsbestimmung dienen (Positionspapier) und ist deswegen als "sonstiger Antrag" eingereicht worden. Er soll nicht in das Wahlprogramm für die nächste Landtagswahl und ist auch für das Grundsatzprogramm nicht geeignet.
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