SH:LPT2013.2/Anträge/X9020 Erhöhung der Fraktionsmittel stoppen
Dies ist ein sonstiger Antrag an den Landesparteitag 2013.2.
Die Piratenpartei Schleswig-Holstein spricht sich gegen weitere Erhöhungen der Fraktionsmittel aus, weil dies vor dem Hintergrund der weit überproportionalen Fraktionsmittelerhöhungen in der Vergangenheit, der hohen Zinslast des Landes, der Leistungskürzungen für die Bürger, des einschneidenden Personalabbaus in der Landesverwaltung und des unterfinanzierten Bildungssystems nicht zu rechtfertigen ist. In Zeiten steigender Landesschulden und den Bürgern zugemuteter Mittelkürzungen muss auch die Politik ihren Einsparbeitrag leisten, um die Belastungen sozial gerecht zu verteilen.
Explodierende Fraktionsmittel: Die im Landtag vertretenen Fraktionen entscheiden in eigener Sache über die Höhe der Steuergelder, die ihnen zur Verfügung stehen. Dadurch sind die Fraktionsmittel heute preisbereinigt bereits 25mal so hoch wie noch 1965. Weitere Erhöhungen lassen sich nicht mit der Entgeltentwicklung (Tarifabschlüsse) rechtfertigen, weil die Fraktionsmittelerhöhungen der letzten Jahrzehnte die Entgeltentwicklung der nächsten 150 Jahre bereits vorweggenommen haben. Seit 1965 sind die Fraktionsmittel fast fünfmal so stark erhöht worden wie das Durchschnittsentgelt sozialversicherungspflichtig Beschäftigter angestiegen ist. 50 Jahre lang, nämlich bis 2009, haben die Fraktionen mit weniger Mitteln gearbeitet als sie heute erhalten. Ebenso lang beklagen sie jedoch eine angeblich eingeschränkte Arbeitsfähigkeit und erhöhen ihre Mittel, so dass die Fraktionsmittel heute im Vergleich zu 1965 preisbereinigt schon auf das 25fache angestiegen sind. Die Vergangenheit beweist, dass die Landtagsfraktionen mit erheblich geringeren Mitteln arbeiten können als sie ihnen heute zur Verfügung stehen. Hohe Rücklagen: Tatsächlich sind die Fraktionsmittel so hoch, dass die Fraktionen hohe Sparguthaben angesammelt haben. Betrugen die Rücklagen 1996 noch knapp 400.000 Euro, beliefen sie sich 2011 schon auf über 1,3 Mio. Euro. Dies entspricht 25% der jährlich bezogenen Fraktionsmittel. Während die Fraktionen Zinsen auf ihre Guthaben beziehen, muss das Land hohe Schuldzinsen zahlen. Der Landesrechnungshof fordert vor diesem Hintergrund eine Kürzung der Fraktionsmittel um 20%. Die Fraktionen könnten nicht unter Verweis auf die Schuldenbremse für die Bürger und die Landesverwaltung Wasser predigen und sich selbst Wein einschenken. Jüngste Erhöhungen: Der Landtag wuchs infolge eines verfassungswidrigen Wahlrechts im Jahr 2009 von 69 auf 95 Abgeordnete an. Wegen der gestiegenen Abgeordnetenzahl wurden die Fraktionsmittel 2009 von 4,2 Mio. auf 5,4 Mio. Euro erhöht, obwohl die Aufgaben des Landtags nicht zunahmen. 2012 wurden auf der Grundlage eines verfassungsgemäßen Wahlrechts wieder 69 Abgeordnete in den Landtag gewählt. Nun wurden die Fraktionsmittel jedoch nicht wieder auf das vorherige Maß von 4,2 Mio. Euro abgesenkt, sondern mit 5 Mio. Euro im Wesentlichen beibehalten. Als Argument wurde angeführt, die Aufgaben des Landtags seien gleich geblieben (nach diesem Maßstab hätte es die Erhöhung auf über 5 Mio. Euro nie geben dürfen). Die Erhöhung der Fraktionsmittelsätze um 33% pro Abgeordnetem stieß 2012 auf massive Kritik des Landesrechnungshofs, der Öffentlichkeit und der Piraten. Wir haben vergeblich beantragt, die Fraktionsmittel wieder auf 4 Mio. Euro festzusetzen. Gegen unsere Stimmen und unseren entschiedenen Protest wurden die Fraktionsmittel gleichwohl auf 5 Mio. Euro festgesetzt. Man beschwichtigte die Öffentlichkeit mit dem Versprechen, dieser Betrag solle für die gesamte Legislaturperiode eingefroren werden. Die Piratenfraktion hat sodann einen Haushaltsplan aufgestellt, der mit gleichbleibenden Fraktionsmitteln kalkuliert und Personalkostensteigerungen für die gesamte Legislaturperiode berücksichtigt. Er schöpft die unserer Ansicht nach überhöhten Fraktionsmittel nicht aus, sondern sieht eine Teilrückzahlung vor. Die Fraktion erhält monatlich etwa 50.000 Euro an Fraktionsmitteln und verfügt zurzeit über Rücklagen in sechsstelliger Höhe. Neue Erhöhungspläne: Vor kurzem wurde bekannt, dass die etablierten Fraktionen die Fraktionsmittel für 2014 entgegen ihrer Versprechungen im letzten Jahr erneut erhöhen wollen. Zur Begründung werden die von vornherein abzusehenden Tarifsteigerungen genannt. Erdrückende Zinslast: Die Erhöhung soll trotz der erdrückend hohen Zinslast des Landes erfolgen, die sich inzwischen auf fast 1 Mrd. Euro jährlich beläuft. Von den Steuereinnahmen in Höhe von 6,2 Mrd. Euro jährlich (2011) verbleiben daher Jahr für Jahr von vornherein nur 5,2 Mrd. Euro übrig. Weil das Land seine laufenden Ausgaben nicht aus eigener Kraft decken kann, kommen ständig neue Schulden und Schuldzinsen hinzu. 2020 wird sich die Zinslast auf 1,4 Mrd. Euro jährlich belaufen. Sobald die niedrigen Zinsen wieder ansteigen, wird dieser Betrag weiter zunehmen. Gleichzeitig lassen die Pensionslasten des Landes stark steigende Ausgaben erwarten. Schleswig-Holstein ist pro Einwohner das am dritthöchsten verschuldete Flächenland in Deutschland. Vor diesem Hintergrund musste das Land Leistungen für die Bürger und für öffentliche Einrichtungen streichen. Beispielsweise wurden die Mittel für die Verbraucherberatung ebenso empfindlich gestrichen wie das Landesblindengeld. Für das nächste Jahr steht zur Haushaltskonsolidierung eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer an. Anstehende Stellenstreichungen: Bis 2020 will das Land zum Abbau der Neuverschuldung 5.300 Stellen streichen. Jeder zehnte Mitarbeiter der Landesverwaltung, beispielsweise in den Bereichen Polizei, Justiz, Steuer und Bildung, wird dadurch wegfallen. Entsprechend wird eine Arbeitsverdichtung für die verbleibenden Mitarbeiter eintreten. Unterfinanziertes Bildungssystem: Allerdings sind die deutschen Investitionen in Bildung schon heute unterdurchschnittlich hoch (5,3% des Bruttoinlandsprodukts, OECD-Durchschnitt: 6,2%, deutsches Ziel laut Bildungsgipfel: 7%). Kein Bundesland gibt pro Schüler/Studierendem so wenig aus wie Schleswig-Holstein. Die Studie "Bildungsmonitor 2012" sieht Schleswig-Holstein unter allen Ländern an letzter Stelle, was die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems angeht. Ergebnis: Vor dem Hintergrund der weit überproportionalen Fraktionsmittelerhöhungen in der Vergangenheit, der erdrückend hohen Zinslast des Landes, der Leistungskürzungen für die Bürger, des einschneidenden Personalabbaus in der Landesverwaltung und des unterfinanzierten Bildungssystems sind Erhöhungen ausgerechnet bei den Fraktionsmitteln nicht zu rechtfertigen. In Zeiten steigender Landesschulden und den Bürgern zugemuteter Mittelkürzungen muss auch die Politik ihren Einsparbeitrag leisten. Entsprechend unserem Wahlprogramm ist die Höhe der Geld- und Sachzuwendungen an Fraktionen im Fraktionsgesetz festzuschreiben. Außerdem ist der Praxis ein Ende zu setzen, dass überfinanzierte Fraktionen aus Steuermitteln hohe Guthaben anhäufen, während sich das Land immer tiefer verschuldet.
Fraktionsfinanzierung begrenzen In Anbetracht immer mächtiger werdender Regierungen wollen wir die Rolle der Bürger und ihrer Vertreter im Landtag bei der Gesetzgebung und der Kontrolle der Landesregierung stärken. Dies bedingt eine ausreichende Finanzierung der Parlamentsarbeit. Eine Selbstbedienung der Fraktionen durch ständige, intransparente Mittelerhöhungen lehnen wir demgegenüber ab. In Zeiten steigender Landesschulden und den Bürgern zugemuteter Mittelkürzungen muss auch die Politik ihren Einsparbeitrag leisten. Entsprechend der Vorschläge des Bundes der Steuerzahler wollen wir die Höhe der Geld- und Sachzuwendungen an Fraktionen im Fraktionsgesetz festschreiben. Die Geldzuwendungen sind in Form eines festen Grundbetrags pro Fraktion und eines degressiv bemessenen Mehrbetrags pro Fraktionsmitglied festzulegen. Um eine öffentliche Kontrolle zu ermöglichen, wollen wir die Fraktionen zudem verpflichten, am Ende jedes Jahres eine differenzierte Aufstellung ihrer einzelnen Einnahme-, Ausgaben-, Vermögens- und Schuldpositionen zu veröffentlichen. Wir wollen der Praxis ein Ende setzen, dass überfinanzierte Fraktionen aus Steuermitteln hohe Guthaben anhäufen, während sich das Land immer tiefer verschuldet. Nicht mehr als 10 Prozent der in einem Jahr gewährten Fraktionsmittel sollen in das Folgejahr übertragen oder zurückgelegt werden dürfen. Solche Rücklagen sind bis zur Inanspruchnahme unverzinslich bei der Landeskasse zu hinterlegen. Die missbrauchsanfälligen Fraktionsausgaben für Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen wollen wir auf 10 Prozent der zugewiesenen Fraktionsmittel begrenzen. Weil die Arbeit der Fraktionen voll von den Bürgern finanziert wird, wollen wir Zuwendungen von Fraktionen an Dritte und von Dritten an Fraktionen verbieten. Die verfassungswidrigen Zulagen an die parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer, die das Bundesverfassungsgericht schon vor Jahren als Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Abgeordneten verboten hat, wollen wir abschaffen.
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