SH:LPT2011.4/Entwurf Wahlprogramm/01

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Privatsphäre, Datenschutz und Bürgerrechte

- Grundpfeiler einer freiheitlichen Informationsgesellschaft -

Der Anspruch der Gesellschaft auf Wissen endet dort, wo die Privatsphäre beginnt. Persönlichkeitsrechte wie die informationelle Selbstbestimmung sind Grundpfeiler für die freiheitlich demokratische Grundordnung unseres Staates. Datenschutz ist ein Grundrecht. Dies hat das Bundesverfassungsgericht schon 1983 festgestellt, als es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründete.

Mit Wandlung zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft gewinnt der Datenschutz an existentieller Bedeutung – für den Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt. Immer mehr Informationen über unser tägliches Leben liegen heute in elektronischer Form vor und können automatisiert verarbeitet und zusammengeführt werden.

Deswegen gilt es, die Grundsätze des Datenschutzes (Datensparsamkeit, Datenvermeidung, Zweckbindung und Erforderlichkeit) noch konsequenter in den Vordergrund zu stellen, denn Datenschutz wird nicht allein durch technische Maßnahmen erreicht, sondern insbesondere durch organisatorische.

Grundsatz der Datensparsamkeit in Rechtsnormen

Im Landes- und Bundesdatenschutz steht vereinfacht gesagt, dass eine Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn der Betroffene einwilligt oder eine Rechtsnorm – wie z. B. ein Gesetz – dies erlaubt. Allein in Schleswig-Holstein gibt es eine sehr große Anzahl solcher Rechtsnormen. In vielen dieser Rechtsnormen ist nicht präzise definiert, welche Daten, zu welchem Zweck, von welcher datenverarbeitenden Stelle und über welchen Zeitraum erhoben, verarbeitet, gespeichert und übermittelt werden dürfen. Dieser Zustand schafft sehr viel Auslegungsspielraum bei den datenverarbeitenden Stellen und schwächt die Position der Betroffenen.

Auch für Rechtsnormen muss der Grundsatz der Datensparsamkeit gelten.

Die Piratenpartei strebt eine Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein an. In einem neuen Artikel im Abschnitt I sollen der Datenschutz und die Datensparsamkeit sowie die präzise Definition von Ermächtigungen für alle Rechtsnormen des Landes Schleswig-Holstein als Staatsziel geschrieben werden. Ermächtigungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Rechtsnormen, die dieses Gebot verletzen, verlieren nach einer Übergangsfrist von 5 Jahren ihre ermächtigende Wirkung.

Datenweitergabe durch Meldeämter

Ein gutes Beispiel für eine Rechtsnorm, die die Datenweitergabe autorisiert, ist das Landesmeldegesetz (LMG).

Nach §27 LMG ist es möglich, unter anderem umfangreich Meldedaten von den Meldeämtern zu erhalten. Der Betroffene kann dem widersprechen (Opt-Out). Jedoch wissen nur wenige Betroffene von diesem Recht und nutzen es daher nicht. In der Abwägung zwischen den Interessen der Betroffenen und den Auskunftsbegehrenden kommen wir zu dem Schluss, dass die Interessen der Betroffenen deutlich überwiegen und damit Vorrang haben.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, dass Meldedaten nur noch mit expliziter Zustimmung des Betroffenen an nicht staatliche Stellen weitergegeben werden dürfen (Opt-In). Vor der Weitergabe von Meldedaten sollten die Meldeämter auf Grundlage des Erforderlichkeitsgrundsatzes kritisch prüfen, ob die Auskunft notwendig ist. Stimmt das Meldeamt einem Antrag auf Meldeauskunft zu, so ist der Betroffene auf Kosten des Antragstellers schriftlich über die Identität, die ladungsfähige Adresse und den Zweck für die Anfrage zu informieren und über seine Rechte aufzuklären. Dem Betroffenen ist eine angemessene Frist einzuräumen, um Widerspruch gegen diese Entscheidung einzulegen. Vor Ablauf dieser Frist und des Widerspruchsverfahrens dürfen keine Daten an den Antragsteller weitergegeben werden. Betroffenen, die eine Auskunftssperre nach §27 Abs. 7 LMG wünschen, soll diese ohne Prüfung gewährt werden.

Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes

Seit 1998 ist eine Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes vorgesehen, aber bis heute nicht umgesetzt. Dies ist insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 9.3.2010 (Rechtssache C-518/07 ) umso wichtiger, da festgestellt wurde, dass die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden nicht im ausreichenden Maße gegeben ist.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, das Landesdaten-schutzgesetz im Sinne der Vorschläge des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz endlich zu novellieren.

Stärkung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD)

Das Risiko für eine datenverarbeitende Stelle, vom ULD kontrolliert zu werden, ist momentan nicht gegeben. Unserer Einschätzung nach ist das ULD mit der aktuellen personellen und finanziellen Ausstattung nicht in der Lage, den nötigen Druck aufzubauen, damit datenverarbeitende Stellen sich an die bestehenden Gesetze halten. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, das ULD so zu stärken, dass Beratung und Kontrolle flächendeckend und zeitnah gewährleistet werden.