SH:LPT2011.4/Entwurf Wahlprogramm

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Tango-preferences-system.svg Dieses Wahlprogramm ist noch im Entwurfs-Stadium und wird noch redaktionell bearbeitet. Weitere Anträge zum Wahlprogramm werden auf dem LPT2011.4 verhandelt.


Stand der Bearbeitung: 22.09.2011


Inhaltsverzeichnis


Wer wir sind, was uns unterscheidet, welche Ziele wir verfolgen

Die Piratenpartei Deutschland (PIRATEN) ist eine am 10. September 2006 in Berlin gegründete deutsche Partei. Sie versteht sich in Anlehnung an die schwedische »Piratpartiet« als Partei der Informationsgesellschaft. Der Landesverband Schleswig-Holstein wurde am 16. Dezember 2007 ins Leben gerufen.

Der Namensbestandteil »Piraten« spielt auf die Publicitykampagne von Musik- und Filmindustrieverbänden an, in der Tauschbörsennutzer pauschal als Raubkopierer und Piraten bezeichnet werden. Dennoch befürwortet die Partei nicht die Verbreitung illegaler Kopien, sondern sie setzt sich u. a. dafür ein, das Recht auf Privatkopien zu erhalten und auszubauen sowie eine pauschale Kriminalisierung von Tauschbörsennutzern zu verhindern.

Die Piratenpartei sieht sich weder links noch rechts, noch betrachtet sie sich ausschließlich als konservativ oder liberal. Sie will ein Podium oder Portal für politisch Interessierte aller Lager sein, die bereit sind, sich lösungsorientiert der politischen Auseinandersetzung zu stellen. Alle Entscheidungen und Forderungen der Piratenpartei sollen mit größtmöglicher Transparenz, objektiv und unter Zuhilfenahme des gesunden Menschenverstandes getroffen bzw. formuliert werden – ohne Beeinflussung durch eine Parteilinie.

Die moderne Informationstechnologie bietet für die direkte Beteiligung Diskussionen und Debatten an, die wir zugunsten der Transparenz auszuschöpfen versuchen. Wir leben jedoch nicht nur im Internet – unsere Forderungen betreffen alle Bürger in diesem Land und unsere Treffen stehen allen offen. Dieses Miteinander prägt unser Verständnis von Demokratie. Unser Programm orientiert sich an den Begriffen Transparenz, Bürgerbeteiligung und Bildung, über die wir uns einig sind. Diese Begriffe beschreiben ein Fundament, das wir als »piratig« betrachten. Sie sind ein Leitfaden für unsere Politik und der Grundstock, auf dem dieses Wahlprogramm entstand und sich weiter entwickeln wird.

Die Piratenpartei sieht sich kosmopolitisch. Das Internet kennt keine Grenzen und seine Bürger keine Hautfarbe.

Unsere Leitlinien

Bürgerrechte verteidigen

Die Piratenpartei setzt sich für den Schutz und die Beachtung der Grundrechte ein und will die Bürgerrechte gegenüber dem bedrohenden Staat bzw. dessen Einrichtungen verteidigen. Wir stehen hinter dem Grundgesetz in der grundsätzlichen Form, wie es 1949 ausgearbeitet wurde. Insbesondere lehnen wir Änderungen ohne eine nachhaltige gesellschaftliche Diskussion an den Grundrechten (Art.1 bis 19 GG) ab, da die Vergangenheit gezeigt hat, dass nur durch die politische Klasse durchgeführte Änderungen meist zu einem Abbau von Bürgerrechten führten.

Informationelle Selbstbestimmung

Das Recht des Einzelnen, die Nutzung seiner persönlichen Daten zu kontrollieren, muss gestärkt werden. Dazu müssen insbesondere die Datenschutzbeauftragten unabhängig agieren können. Methoden wie das Scoring machen es erforderlich, nicht nur die persönlichen Daten kontrollieren zu können, sondern auch die Nutzung aller Daten, die zu einem Urteil über die eigene Person herangezogen werden können. Jeder Bürger muss gegenüber den Betreibern zentraler Datenbanken einen durchsetzbaren und unentgeltlichen Anspruch auf Selbstauskunft und gegebenenfalls auf Korrektur, Sperrung oder Löschung der Daten haben.

Transparenz

Die Abkehr vom »Prinzip der Geheimhaltung«, der Lösung von einer Verwaltungs- und Politikvorstellung des 20. Jahrhunderts und die Betonung des »Prinzips der Öffentlichkeit«, das einen mündigen Bürger in den Mittelpunkt staatlichen Handelns und Gestaltens stellt, schafft nach der festen Überzeugung der Piratenpartei die unabdingbaren Voraussetzungen für eine moderne Wissensgesellschaft in einer freiheitlichen und demokratischen Ordnung.

Open Access

Aus dem Staatshaushalt wird eine Vielzahl schöpferischer Tätigkeiten finanziert, die als Produkte urheberrechtlich geschützte Werke hervorbringen. Da diese Werke von der Allgemeinheit finanziert werden, sollten sie auch der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung stehen. Tatsächlich ist dies heute selten der Fall. So werden Wissenschaftler mit geringem Budget von der wissenschaftlichen Entwicklung ausgeschlossen. Wissenschaftliche Artikel, die anderen Wissenschaftlern nicht zugänglich sind, können von diesen auch nicht auf Fehler überprüft werden.

Urheberrecht

Der uralte Traum, alles Wissen und alle Kultur der Menschheit zusammenzutragen, zu speichern und heute und in der Zukunft verfügbar zu machen, ist durch die rasante technische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte in greifbare Nähe gerückt.

Wie jede bahnbrechende Neuerung erfasst auch diese die vielfältigen Lebensbereiche und führt zu tiefgreifenden Veränderungen. Es ist unser Ziel, die Chancen dieser Situation zu nutzen und vor möglichen Gefahren zu warnen. Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts beschränken jedoch das Potential der aktuellen Entwicklung, da sie auf einem veralteten Verständnis von so genanntem »geistigem Eigentum« basieren, welches der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegensteht.

Deshalb tritt die Piratenpartei für eine Legalisierung der Privatkopie ein, auch weil es technisch gar nicht möglich ist, Privatkopien zu unterbinden. Dabei geht es ihr nicht darum, das Urheberrecht vollständig abzuschaffen, wohl aber einen notwendigen gesellschaftlichen Diskurs anzustoßen, der nicht ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen der Verwertungsgesellschaften geprägt ist.

Patentrecht

Wir lehnen Patente auf Lebewesen und Gene, auf Geschäftsideen und auch auf Software einhellig ab, weil sie unzumutbare und unverantwortliche Konsequenzen haben, weil sie die Entwicklung der Wissensgesellschaft behindern, weil sie gemeine Güter ohne Gegenleistung und ohne Not privatisieren und weil sie kein Erfindungspotential im ursprünglichen Sinne besitzen. Die gute Entwicklung klein- und mittelständischer IT-Unternehmen in ganz Europa hat beispielsweise gezeigt, dass auf dem Softwaresektor Patente vollkommen unnötig sind.


Privatsphäre, Datenschutz und Bürgerrechte

- Grundpfeiler einer freiheitlichen Informationsgesellschaft -

Der Anspruch der Gesellschaft auf Wissen endet dort, wo die Privatsphäre beginnt. Persönlichkeitsrechte wie die informationelle Selbstbestimmung sind Grundpfeiler für die freiheitlich demokratische Grundordnung unseres Staates. Datenschutz ist ein Grundrecht. Dies hat das Bundesverfassungsgericht schon 1983 festgestellt, als es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründete.

Mit Wandlung zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft gewinnt der Datenschutz an existentieller Bedeutung – für den Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt. Immer mehr Informationen über unser tägliches Leben liegen heute in elektronischer Form vor und können automatisiert verarbeitet und zusammengeführt werden.

Deswegen gilt es, die Grundsätze des Datenschutzes (Datensparsamkeit, Datenvermeidung, Zweckbindung und Erforderlichkeit) noch konsequenter in den Vordergrund zu stellen, denn Datenschutz wird nicht allein durch technische Maßnahmen erreicht, sondern insbesondere durch organisatorische.

Grundsatz der Datensparsamkeit in Rechtsnormen

Im Landes- und Bundesdatenschutz steht vereinfacht gesagt, dass eine Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn der Betroffene einwilligt oder eine Rechtsnorm – wie z. B. ein Gesetz – dies erlaubt. Allein in Schleswig-Holstein gibt es eine sehr große Anzahl solcher Rechtsnormen. In vielen dieser Rechtsnormen ist nicht präzise definiert, welche Daten, zu welchem Zweck, von welcher datenverarbeitenden Stelle und über welchen Zeitraum erhoben, verarbeitet, gespeichert und übermittelt werden dürfen. Dieser Zustand schafft sehr viel Auslegungsspielraum bei den datenverarbeitenden Stellen und schwächt die Position der Betroffenen.

Auch für Rechtsnormen muss der Grundsatz der Datensparsamkeit gelten.

Die Piratenpartei strebt eine Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein an. In einem neuen Artikel im Abschnitt I sollen der Datenschutz und die Datensparsamkeit sowie die präzise Definition von Ermächtigungen für alle Rechtsnormen des Landes Schleswig-Holstein als Staatsziel geschrieben werden. Ermächtigungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Rechtsnormen, die dieses Gebot verletzen, verlieren nach einer Übergangsfrist von 5 Jahren ihre ermächtigende Wirkung.

Datenweitergabe durch Meldeämter

Ein gutes Beispiel für eine Rechtsnorm, die die Datenweitergabe autorisiert, ist das Landesmeldegesetz (LMG).

Nach §27 LMG ist es möglich, unter anderem umfangreich Meldedaten von den Meldeämtern zu erhalten. Der Betroffene kann dem widersprechen (Opt-Out). Jedoch wissen nur wenige Betroffene von diesem Recht und nutzen es daher nicht. In der Abwägung zwischen den Interessen der Betroffenen und den Auskunftsbegehrenden kommen wir zu dem Schluss, dass die Interessen der Betroffenen deutlich überwiegen und damit Vorrang haben.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, dass Meldedaten nur noch mit expliziter Zustimmung des Betroffenen an nicht staatliche Stellen weitergegeben werden dürfen (Opt-In). Vor der Weitergabe von Meldedaten sollten die Meldeämter auf Grundlage des Erforderlichkeitsgrundsatzes kritisch prüfen, ob die Auskunft notwendig ist. Stimmt das Meldeamt einem Antrag auf Meldeauskunft zu, so ist der Betroffene auf Kosten des Antragstellers schriftlich über die Identität, die ladungsfähige Adresse und den Zweck für die Anfrage zu informieren und über seine Rechte aufzuklären. Dem Betroffenen ist eine angemessene Frist einzuräumen, um Widerspruch gegen diese Entscheidung einzulegen. Vor Ablauf dieser Frist und des Widerspruchsverfahrens dürfen keine Daten an den Antragsteller weitergegeben werden. Betroffenen, die eine Auskunftssperre nach §27 Abs. 7 LMG wünschen, soll diese ohne Prüfung gewährt werden.

Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes

Seit 1998 ist eine Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes vorgesehen, aber bis heute nicht umgesetzt. Dies ist insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 9.3.2010 (Rechtssache C-518/07 ) umso wichtiger, da festgestellt wurde, dass die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden nicht im ausreichenden Maße gegeben ist.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, das Landesdaten-schutzgesetz im Sinne der Vorschläge des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz endlich zu novellieren.

Stärkung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD)

Das Risiko für eine datenverarbeitende Stelle, vom ULD kontrolliert zu werden, ist momentan nicht gegeben. Unserer Einschätzung nach ist das ULD mit der aktuellen personellen und finanziellen Ausstattung nicht in der Lage, den nötigen Druck aufzubauen, damit datenverarbeitende Stellen sich an die bestehenden Gesetze halten. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, das ULD so zu stärken, dass Beratung und Kontrolle flächendeckend und zeitnah gewährleistet werden.


Informationsfreiheit im 21. Jahrhundert

– Offene Daten für mündige Bürger -

In der heutigen Gesellschaft werden immer mehr Informationen angehäuft, die in immer stärkerer Weise miteinander verknüpft werden. Verknüpfte Informationen aber werden zu Wissen, Wissen wiederum bedeutet Macht. Verengt sich also der Zugang zu Wissen auf einen kleinen Kreis von Nutznießern, so kommt es unweigerlich zu einer Ausbildung von Machtstrukturen, die wenige Personen, gesellschaftliche Organisationen oder staatliche Organe bevorzugt.

Letztendlich werden so demokratische Prozesse einer freiheitlichen Gesellschaft gefährdet. Diese basieren nämlich auf einer möglichst breiten Beteiligung der Bürger an der Gestaltung und Kontrolle der gesellschaftlichen Vorgänge und sind somit unvereinbar mit dem Informationsvorsprung, den Wenige auf Kosten der Allgemeinheit zu sichern versuchen.

Der Einblick in die Arbeit von Verwaltung und Politik auf allen Ebenen der staatlichen Ordnung ist daher ein fundamentales Bürgerrecht und muss zum Wohle der freiheitlichen Ordnung entsprechend garantiert, geschützt und durchgesetzt werden.

Open Access

Die Veröffentlichung von Ergebnissen aus staatlich finanzierter oder geförderter Forschung und Lehre findet oft durch kommerzielle Verlage statt. Die Qualitätssicherung (Peer Review) wird meist von ebenfalls staatlich bezahlten Wissenschaftlern übernommen. Forschungseinrichtungen müssen für selbst erarbeitetes Wissen noch einmal bezahlen, wenn dieses Wissen ausschließlich von kommerziellen Verlagen verbreitet wird. Der Steuerzahler kommt also mehrfach für die Kosten der Publikationen auf. Wir unterstützen die Berliner Erklärung der Open-Access-Bewegung und verlangen die Zugänglichmachung des wissenschaftlichen und kulturellen Erbes der Menschheit nach dem Prinzip des Open Access. Die Piratenpartei sieht es als Aufgabe der Landesregierung an, dieses Prinzip an den von ihr finanzierten und geförderten Einrichtungen durchzusetzen.

Bürgerfreundliches eGovernment

Der Einsatz von Informationstechnologien in der Verwaltung erlaubt es Privatpersonen und Unternehmen, Amtsgeschäfte ohne Lauferei und Papierkrieg – auch außerhalb der Amtszeiten – abzuwickeln. Die Piratenpartei begrüßt diese Entwicklung und möchte sie weiter vorantreiben. Sie möchte aber auch vor den Schattenseiten warnen. Eine umfassende, zentralisierte Datenverarbeitung erhöht die Abhängigkeit von technischen Systemen und birgt das Risiko von unbeabsichtigter Datenübertragung. Im Falle von sensiblen Daten besteht außerdem die Gefahr missbräuchlicher Datennutzung. Im Bereich des eGovernments ist es besonders wichtig, die Prinzipien Datensparsamkeit und Datenvermeidung zu beachten. Wer keinen Zugang zu Informationstechnologien hat oder deren Nutzung ablehnt, darf keine Nachteile haben.

Offene Dateiformate in der Verwaltung

Der Zugang zu veröffentlichten Informationen darf nicht davon abhängen, welches Computersystem jemand benutzt und ob spezielle Software gekauft oder installiert wurde. Die Piratenpartei wird dafür Sorge tragen, dass die Verwaltungen des Landes und der Kommunen vollständig auf offene und standardisierte Dateiformate umsteigen. Dies vereinfacht den Datenaustausch zwischen den Behörden und mit den Bürgern. Dadurch ergeben sich Einsparpotenziale, da freie Software ohne Lizenzgebühren verwendet werden kann. Da keine Abhängigkeit von einzelnen Herstellern besteht, sind offene Dateiformate zudem zukunftssicher. Offene und standardisierte Formate garantieren, dass Informationen auch langfristig lesbar sind.

Freie Software in der Verwaltung

Verwaltung und Behörden sollen bevorzugt freie Software einsetzen. Durch die Offenheit des Quellcodes gibt es keine Abhängigkeit von einem bestimmten Softwarehersteller. Dies verbessert die Möglichkeiten für spätere Anpassungen, wenn sich beispielsweise rechtliche Rahmenbedingungen ändern. Bei freier Software entfallen außerdem die Kosten für Lizenzgebühren. Den kurzfristig höheren Kosten für Einarbeitungsaufwand bei freier Software stehen so mittel- und langfristig Einsparungen gegenüber. Wartungsverträge können mit Firmen vor Ort geschlossen werden, was die regionale Wirtschaft fördert.

Freier Zugang zu Geobasisdaten

Siehe Kapitel 17.1, Freier Zugang zu Geobasisdaten, Seite 61

Veröffentlichungsdienst 2.0

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Aber sich über geltendes Recht – Vorschriften, Erlasse, Verordnungen oder Entscheidungen – zu informieren, könnte heute wesentlich einfacher sein. Die Piratenpartei plant eine zentrale Anlaufstelle im Internet, die neben Rechtsprechung und Gesetzgebung auch Verordnungen, Umsetzungsrichtlinien, Berichte, Empfehlungen, Analysen, amtliche Bekanntmachungen, Gesetzesentwürfe und sonstige Drucksachen von Land und Kommunen enthält, komplett mit Suchfunktion, Änderungsverfolgung, Querverweisen und Kommentarmöglichkeit.

Das Konzept der Piratenpartei umfasst auch eine Lizenz, die eine (auch kommerzielle) Weiterverwendung der Texte zulässt. Dabei soll auf Schnittstellen für die automatische Abfrage und die Verwendung von offenen Datenformaten geachtet werden. Von diesem einfachen Zugriff profitieren alle Bürger und Unternehmen. Auch die Arbeit der staatlichen Stellen (Verwaltung, Gerichte, Landtag) wird durch eine einheitliche Plattform für die Veröffentlichung von Dokumenten und Daten erleichtert.


Mehr Transparenz

»Wissen ist Macht« wird bislang eher als Legitimation dafür verwendet, Wissen für sich zu behalten, abzuschotten und zu monopolisieren. Eine erfolgreiche Gesellschaft des 21. Jahrhunderts muss den Satz erweitern zu »Wissen ist Macht – wenn es allen gehört«. Denn eingesperrtes Wissen ist gesellschaftlich totes Wissen und nutzt zunächst nur dem, der daraus »Kapital« schlägt.

Umweltschutzorganisationen, Bürgerrechtsgruppen, Verbraucherschützer und viele andere Organisationen und Initiativen, die die Interessen der Bürger vertreten, warten z.B. darauf, dass die öffentliche Verwaltung ihre Informationsschätze teilt und nicht versteckt. Die Piratenpartei versteht sich als Vertreterin dieser Gruppen.

Damit der Bürger seiner Kontrollpflicht dem Staat gegenüber nachkommen kann, muss dieser offen und transparent aufgestellt sein. Die Demokratie wird gestärkt, wenn mehr Mitwirkungsmöglichkeiten und Einblicke in die Abläufe von Politik und Verwaltung gewährt werden. Durch Einsicht in die Staatsgeschäfte können Korruption, Bürokratie und Lobbyismus erkannt werden. Inkompetenz und Versäumnisse werden schneller aufgedeckt.

Transparente Gesetzgebung

Um die Entstehung von Gesetzen nachvollziehen zu können, sollen schon die Referentenentwürfe von Gesetzen sowie die Anhörungen dazu öffentlich gemacht werden. Die Piratenpartei möchte, dass sichtbar wird, welche Interessen bei der Entstehung eines Gesetzes eine Rolle spielen.

Transparenter Haushalt

Die Transparenz im Haushalt des Landes und bei der Verwendung von sonstigen Landesmitteln muss dringend verbessert werden. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind nicht im erforderlichen Maße gewährleistet. Die Haushalte der überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierten Stiftungen sollten unter verstärkter parlamentarischer Kontrolle stehen. Für die Haushaltspläne der Kommunen will die Piratenpartei die Pflicht zur Veröffentlichung der Entwürfe und der verabschiedeten Haushaltssatzung einschließlich des Stellenplans in der Gemeindeordnung verankern.

Transparenz bei Besetzung von Ämtern

Die Piratenpartei fordert eine Verbesserung der Transparenz bei der Besetzung von Ämtern und öffentlichen Aufsichtsgremien. Darunter fallen zum Beispiel die Beigeordneten in Städten oder Verwaltungsräte. Diese sollen sich vorab nach dem Muster der Vorstellung von EU-Kommissaren im Europäischen Parlament in den jeweiligen parlamentarischen Gremien öffentlich den Fragen von Abgeordneten und Bürgern stellen müssen. Damit wollen wir vermeiden, dass diese Positionen nur nach Parteiproporz besetzt werden.

Offenlegung der Nebeneinkünfte von Landtagsabgeordneten

Die Höhe und Herkunft aller Einnahmen aus Nebentätigkeiten, die direkt oder indirekt die Tätigkeit eines Abgeordneten beeinflussen könnten, müssen einzeln und in vollem Umfang veröffentlicht werden. Dazu ist ein Modell erforderlich, das über die Regelungen auf Bundesebene hinausgeht. Das dreistufige System reicht nicht aus, da die höchste Stufe von 7.000 Euro nichts darüber aussagt, wie hoch die Nebeneinkünfte tatsächlich ausfallen.

Um mögliche Interessenkonflikte erkennen zu können, sollen alle Funktionen in Verbänden, Vereinen, Kammern, Aufsichts- und Beiräten, Vorständen usw. benannt und Einnahmen aus diesen Tätigkeiten offengelegt werden.

Karenzzeit für Amtsträger

Die Verpflichtung eines Amtsträgers gegenüber dem Gemeinwohl darf nicht durch Zuwendungen aus der Wirtschaft untergraben werden.

Ergänzend zu den existierenden Vorschriften zu Nebentätigkeiten möchte die Piratenpartei nach Ende der Amtszeit eine Karenzzeit von mindestens drei Jahren einführen. In diesem Zeitraum müssen ehemalige Amtsträger eine Erwerbstätigkeit genehmigen lassen, die den ehemaligen Zuständigkeitsbereich betrifft. Ein unabhängiger Ethikrat prüft diese Erwerbstätigkeit und spricht eine öffentliche Empfehlung aus. Falls dem ehemaligen Amtsträger eine Tätigkeit untersagt wird, wird die Zahlung des Übergangsgeldes auf seinen Antrag hin verlängert.

Die Regelung soll für Mitglieder der Landesregierung, politische Beamte einschließlich Staatssekretäre und kommunale Wahlbeamte gelten.

Systematische Überprüfung von Ermächtigungsnormen

Weiterhin muss überprüft werden, ob die durch die Rechtsnormen erteilten Ermächtigungen heute noch notwendig und sinnvoll sind. Durch neue Technologien, wie beispielsweise den »attribute based credentials« ist es heute für den Betroffenen möglich zu beweisen, dass er oder sie bestimmte Voraussetzungen erfüllt, und dabei keine personenbezogenen Daten offen zu legen.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein wird nach dem Einzug in den Landtag alle Rechtsnormen des Landes Schleswig-Holstein systematisch überprüfen und Gesetzesvorlagen einbringen, um die oben genannten Probleme beheben. Uns ist bewusst, dass dies ein sehr umfangreiches Vorhaben ist. Wir gehen daher nicht davon aus, dass wir dieses innerhalb einer Legislaturperiode abschließen können.

Ein Beispiel, das heute schon funktioniert, ist die Altersverifikation in dem neuen Personalausweis, bei dem der Betroffene nur beweist, dass er oder sie ein bestimmtes Alter überschritten hat. So etwas lässt sich auch mit beliebigen anderen Eigenschaften umsetzen. Zum Beispiel: »Betroffener hat eine gültige Fahrerlaubnis«, »Betroffener ist im bestimmten Rahmen kreditwürdig«, »Betroffener ist Student«, »Betroffener ist Einwohner von Stadt XY«, »Betroffener hat eine gültige Fahrkarte/Eintrittskarte/Mitgliedskarte«, und so weiter. Die Technologie für diese anonymen Beweise liefern beispielsweise Microsoft U-Prove oder der Identity Mixer von IBM.

Einen Überblick über die bestehenden Gesetze liefert die Chronik des Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz »Gesetze, Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften für Schleswig-Holstein rund um den Datenschutz Chronologische Übersicht ab 1978«, die online abrufbar ist.

Beibehaltung von Widerspruchsverfahren

Das Widerspruchsverfahren gegen Behördenentscheidungen und -bescheide als Vorstufe zur Klage vor dem Verwaltungsgericht muss in allen Gesetzen und Verordnungen beibehalten bzw. wieder eingeführt werden, um das Justizsystem vor unnötiger Überlastung zu bewahren und ein flexibles und bürgernahes Handeln der

Pauschale Mindestentschädigung bei rechtswidrigen Verwaltungsakten

Durch rechtswidrige Verwaltungsakte entstehen für die Betroffenen immer wieder Nachteile. Die Piratenpartei will eine pauschale Mindestentschädigung bei solchen Maßnahmen einführen. So können Betroffene unbürokratisch entschädigt werden. Außerdem ist dies ein Anreiz für Behörden und Gesetzgeber, Verwaltungsvorgänge so zu verbessern, dass weniger Fehler passieren.

Weisungen öffentlich begründen

Es kommt immer wieder vor, dass Minister und Staatssekretäre in ihrer Eigenschaft als oberste Fachaufsichtsbehörde nachgeordnete Landes- oder Kreisbehörden Weisungen erteilen, die fachlich unzureichend, kaum oder gar nicht begründet werden. Die Piraten fordern, dass Weisungen übergeordneter Behörden grundsätzlich fachlich begründet und veröffentlicht werden müssen, damit in der Öffentlichkeit klar und deutlich wird, wer die handelnden und damit verantwortlichen Personen sind. Das Verwaltungsrecht ist entsprechend zu überarbeiten.


Demokratie und Bürgerrechte stärken

Es ist Ziel der Piratenpartei, die direkten und indirekten demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten jedes Einzelnen zu stärken. Wir Piraten streben eine gleichberechtigte Teilhabe jedes einzelnen Mitbürgers an demokratischen Prozessen an.

In der Gesellschaft des digitalen Zeitalters ist es ein Leichtes, große Mengen an Informationen zu durchsuchen und jedem zugänglich zu machen. Der Austausch von Informationen wird zunehmend einfacher und schneller. Das alles ermöglicht ganz neue und vorher undenkbare Lösungsansätze für die Verteilung von Macht im Land. Vor allem dezentrale Verwaltungen und die unmittelbare Beteiligung an der Politik werden auf diese Weise realisierbar.

Mehr Bürgerbeteiligung – weniger Hürden bei Volksbegehren

Die Piratenpartei steht für mehr direkte Beteiligung an öffentlichen Entscheidungen. Daher setzen wir uns auch ganz konkret für eine Förderung von Volksabstimmungen und eine Vereinfachung von Volksbegehren und Volksentscheiden ein.

Für ein Volksbegehren in Schleswig-Holstein müssen bisher über einhunderttausend Unterschriften (5 Prozent der Wahlberechtigten) gesammelt werden. Zum Unterschreiben müssen sich die Bürger in amtlichen Eintragungsräumen einfinden.

Die Piraten fordern, dass neben dem Auslegen in Amtsräumen auch ein freies Sammeln gestattet sein sollte. Die Piratenpartei schließt sich den Forderungen des Vereins »Mehr Demokratie e.V.« an: Abschaffung des Zustimmungsquorums von 25 Prozent der Stimmberechtigten beim Volksentscheid.

In Schleswig-Holstein gab es in den letzten 20 Jahren nur einen einzigen erfolgreichen Volksentscheid (1998: Ablehnung der Einführung der umstrittenen Rechtschreibreform) – und über den hat der Landtag sich durch einfachen Beschluss hinweggesetzt.

Die Piratenpartei schließt sich dem Vorschlag des Vereins »Mehr Demokratie e.V.« zur Ergänzung der Landesverfassung an: »Ein Volksentscheid kann nur durch einen Volksentscheid abgeändert werden. Dieser erneute Volksentscheid kann durch eine Volksinitiative oder einen Beschluss des Landtages angestoßen werden.«

Öffentliche Petitionen nach Bundesvorbild

Jedermann hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Der Petitionsausschuss des Landtags vermittelt jedes Jahr bei ca. 100 Petitionen. Diese werden von Betroffenen vorwiegend gegen Behörden- und Gerichtsentscheidungen eingereicht.

Zusätzlich möchten die Piraten den Bürgern Wege ermöglichen, an der Gesetzgebung mitzuwirken. Dazu gehören auch öffentliche Petitionen, die über ein ePetitions-Portal (nach Vorbild des Bundestages) zum gesellschaftlichen Diskurs einladen. Mitzeichnerunterschriften sollen auch online gesammelt werden können. Petenten mit einer signifikanten Anzahl von Mitzeichnern sollen dabei ein Anhörungsrecht im Landtag erhalten.

Parlament stärken

Der Landtag hat die Aufgabe, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren. Dabei darf er in keiner Weise behindert werden. Die Piraten setzen sich dafür ein, dass alle Anfragen und Anträge von Parlamentariern zügig, vollständig und umfassend von der Regierung beantwortet und entsprechend angeforderte Unterlagen und Akten lückenlos und ungeschwärzt vorgelegt werden.

Trennung von Regierungsamt und Mandat

Die Piratenpartei setzt sich für eine deutliche Trennung von Regierungsamt und Landtagsmandat ein, von Exekutive und Legislative. Wir fordern, dass Landtagsabgeordnete, die ein Regierungsamt übernehmen, ihr Landtagsmandat für ihre Amtszeit ruhen lassen müssen.

Kostenloser Kirchenaustritt

Jeder Mensch sollte unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft selbst bestimmen können.

In Schleswig-Holstein werden bis zu 20 Euro für einen Kirchenaustritt verlangt. Wir möchten, dass Austritt und Wechsel zwischen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften kostenlos ist.

Stärkung der dänischen Minderheit

Die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein ist Teil unserer Geschichte, unserer Kultur und damit unserer Gesellschaft. Die Piraten setzen sich nachdrücklich für ihre Förderung auf allen Gebieten ein.

Senkung des Wahlalters

Junge Menschen werden mit 14 Jahren strafmündig und uneingeschränkt religionsmündig. Mit 16 beginnen viele Heranwachsende eine Berufsausbildung. Ihre Lebensumstände werden stark durch Entscheidungen in Kommunen und Land beeinflusst.

Junge Politik ist nachhaltige Politik. Noch bestimmt der demografische Wandel die Politik. Deshalb müssen die Belange der kommenden Generationen gestärkt werden. Wir setzen uns für ein kommunales Wahlalter von 14 Jahren und das Wahlrecht auf Landesebene ab 16 Jahren ein. Die Herabsetzung des Wahlalters wird die Nachteile der fünfjährigen Wahlperiode vollständig ausgleichen: die Mehrheit der Erstwähler wird dadurch über 18 Jahre alt sein, statt wie bisher über 20 Jahre.

Mit der Senkung des Wahlalters (nach Bremer Vorbild) sollen in den Schulen demokratische Wissensgrundlagen rechtzeitig vermittelt werden.

Kommunales Wahlrecht für Ausländer

Wir setzen uns für ein kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger ein, die das erforderliche Wahlalter erreicht haben und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhalten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Schleswig-Holstein soll sich im Bundesrat für eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes einsetzen.


Inneres und Justiz

– Alles, was Recht ist –

Staatliche und kommunale Verwaltungen und Behörden garantieren die Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen, in denen sich die Bürger frei entfalten können, ohne dass ihr Verhalten in irgendeiner Weise kontrolliert wird.

Für uns ist es selbstverständlich, dass hoheitliche Aufgaben nicht privatisiert werden und dadurch das Gewaltmonopol des Staates – in unkontrollierbarer und kaum noch nachvollziehbarer Weise – ausgehöhlt wird. Das Monopol darf aber nicht zu einer Vorverdächtigung der Bürger als potentielle Straftäter führen, indem immer mehr persönliche Daten über sie auf Vorrat gespeichert werden.

Die Piraten fordern die strikte Einhaltung der Gewaltenteilung, die durch unklare Zuständigkeiten, personelle Verflechtungen und Inanspruchnahme von Weisungsrechten immer mehr ausgehebelt wird.

Das Internet, die damit zusammenhängenden IT-Techniken und die sich dadurch ergebende Möglichkeiten zur Entfaltung in einer informationsgeprägten Gesellschaft sind keine Bedrohung für den Staat, sondern vielmehr eine Bereicherung. Es ist eine Chance zur Entfaltung des Einzelnen und zur Teilhabe an demokratischen Prozessen.


Keine Privatisierung hoheitlicher Aufgaben

Das Gewaltmonopol des Staates darf nicht an Privatfirmen delegiert werden. Aufgaben der Polizei und des Strafvollzugs müssen vollständig in staatlicher Hand bleiben.

Öffentliche Überwachung einschränken

Die zunehmende pauschale Videoüberwachung im öffentlichen Raum – zum Beispiel in öffentlichen Buslinien – dient lediglich der gefühlten Sicherheit und greift unverhältnismäßig in die Privatsphäre der Menschen ein. Videoüberwachung kann Straftaten nicht verhindern, sondern höchstens verdrängen. Die Piratenpartei lehnt den weiteren Ausbau der öffentlichen Überwachung strikt ab. Darüber hinaus sind aktuelle Maßnahmen der öffentlichen Überwachung kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls rückgängig zu machen. Die Kosten für die Installation und die Überwachung der Kameras stehen zudem in keiner Relation zum Nutzen. Eine Neuorientierung hin zu effektiven Lösungen wie besserer Straßenbeleuchtung und mehr Polizeistreifen ist dringend erforderlich.

Biometrische Daten

Die Piratenpartei lehnt die Erfassung biometrischer Daten ohne Anfangsverdacht sowie deren Speicherung ohne nachgewiesene Straftat kategorisch ab. Die Piraten fordern die Rückkehr zu den bisherigen Personalausweisen und Reisepässen ohne die Speicherung biometrischer Daten. Bisher auf diese Weise gesammelte Daten müssen unverzüglich gelöscht werden.

Keine automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung

Obwohl das Bundesverfassungsgericht eindeutig klargestellt hat, dass eine verdachtsunabhängige, flächendeckende, automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung zum Abgleich mit Fahndungsdaten nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wird diese erneut diskutiert. Einen solchen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte lehnt die Piratenpartei entschieden ab. Auch ein stichprobenartiger Abgleich ist für uns nicht akzeptabel. Bereits erhobene Daten müssen unverzüglich gelöscht werden.

Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften

Staatsanwälte sind an dienstliche Anweisungen ihrer Vorgesetzten gebunden. Dadurch besteht die Gefahr der politischen Beeinflussung von Strafverfahren. Um die Unabhängigkeit der Justiz und den Rechtsstaat zu stärken, fordert die Piratenpartei, dass die Landesregierung von ihrem Weisungsrecht gegenüber den Landesstaatsanwälten keinen Gebrauch mehr macht. Insbesondere soll es keine Dienstanweisungen mehr geben, die sich auf einzelne Verfahren beziehen. Wir wollen durch eine Änderung des Landesbeamtengesetzes Schleswig-Holstein erreichen, dass auch in Schleswig-Holstein der Generalstaatsanwalt kein politischer Beamter mehr ist.

Dokumentation bei Vernehmungen

Es sollte selbstverständlich sein, dass Vernehmungen der Polizei und Staatsanwaltschaften in Wort und Bild aufgezeichnet werden. Auf diese Weise soll für Gerichte nachvollziehbar sein, auf welche Weise Aussagen oder Geständnisse von Beschuldigten zustande gekommen sind. Die materielle Ausstattung muss gewährleistet werden.

Bessere Ausstattung der Polizei

Um der Polizei die Erfüllung ihrer Aufgaben in einem vernünftigen Maße zu ermöglichen, muss die materielle und personelle Ausstattung verbessert werden. Die Anschaffung von persönlicher Ausrüstung darf nicht dem einzelnen Polizisten aufgebürdet werden. Gleichzeitig müssen ausreichend Beamte beschäftigt werden, um die Polizeiarbeit angemessen bewältigen zu können. Vor allem die Präsenz – und damit eine verbesserte Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit vor Ort – ist auch in den Stadtteilen und auf dem Land sicherzustellen.

Polizeiarbeit im Internet

Die Piratenpartei will die Ausbildung und Ausstattung der Polizei für die Strafverfolgung im Internet verbessern. Dazu müssen zum Beispiel auch bestehende Möglichkeiten, Gesetzesverstöße im Internet zu melden, vereinfacht und ausgebaut werden. Jedoch müssen auch im Internet die Grundrechte und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Eingriffe in private Kommunikation, etwa das Mitlesen von E-Mails, dürfen nur nach richterlicher Anordnung möglich sein. Das Einschleusen von Software in private Computer lehnen wir vollständig ab.

Eindeutige Kennzeichnung von Polizisten

Bei geplanten Veranstaltungen wie Demonstrationen oder Einsätzen bei Sportereignissen sollen Polizisten eindeutig identifiziert werden können, durch eine gut sichtbare Identifikationsnummer. Für den Fall unverhältnismäßiger Gewaltanwendung oder anderer gesetzeswidriger Handlungen durch Polizisten muss sichergestellt werden, dass deren spätere Identifikation möglich ist. Dabei sind die Persönlichkeitsrechte der Polizisten zu wahren. Im Fall einer Anzeige soll daher erst auf richterlichen Beschluss hin die Identifikation erfolgen. Hierfür ist ein geeignetes und praktikables Verfahren zur Verteilung der Identifikationsnummern und zu deren Gestaltung in Zusammenarbeit mit der Polizei zu entwickeln.

Löschen der Darstellung von Kindesmissbrauch im Internet

Die Piratenpartei will die Verbreitung von Bildern und Videos, die Kindesmissbrauch zeigen, wirksam verhindern. Deswegen muss die Polizei in der Lage sein, Beweise gerichtsfest zu sichern und unverzüglich die Löschung solcher Bilder und Videos von den Servern zu veranlassen. Dazu werden wir bei Bedarf auch die Polizeibehörden personell und technisch besser ausstatten. Den Aufbau einer Sperrinfrastruktur lehnen die Piraten ab, da diese grundsätzlich die Gefahr birgt, für beliebige weitere Sperrmaßnahmen bis hin zur Zensur missbraucht zu werden.

Waffenrecht

Die Verschärfungen der Waffengesetze in den letzten Jahren dienten vor allem dazu, Sicherheit vorzutäuschen und einfache und schnelle Antworten auf komplizierte Probleme zu geben. Die Piratenpartei setzt sich für Waffengesetze ein, welche die sorgfältige Aufbewahrung von Schusswaffen regeln und dadurch die Sicherheit aller Bürger gewährleisten. Wir lehnen es aber ab, beispielsweise Sportschützen zu Sündenböcken für gesellschaftliche Probleme zu machen.


Verbraucherschutz

– Ein Recht auf saubere Produkte und umfassende Information –

Der Mensch als Verbraucher muss geschützt werden, da er gegenüber den Herstellern und Vertreibern von Waren und gegenüber Dienstleistungsanbietern infolge mangelnder Fachkenntnis, Information und/oder Erfahrung benachteiligt ist.

Dieses Ungleichgewicht wollen wir durch Stärkung der Verbraucherrechte und Schaffung von Transparenz ausgleichen.

Verbraucherinformation verbessern

Die Piratenpartei will das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) so stärken, dass Verbraucher Informationen, beispielsweise zu belasteten Lebensmitteln, auf gut zugänglichen Plattformen rasch und einfach auffinden können, ohne sie erst in aufwändigen Auskunftsprozessen anfordern zu müssen. Diese Informationen sollen unter Angabe der Quelle und kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Verbraucherzentralen stärken

Verbraucherzentralen spielen eine wichtige Rolle in der Beratung von Verbrauchern und im Schutz von Verbraucherinteressen.

Die Piratenpartei unterstützt insbesondere die Verbraucherzentralen in ihrer Ablehnung des »gläsernen Konsumenten« und bei der Verteidigung der Datenschutzinteressen der Verbraucher. Wir wollen einen Verbraucherschutz, der das Recht auf umfassende Information verbindet mit einem Verbandsklagerecht zur Durchsetzung von Verbraucherinteressen.

Transparente Kennzeichnung von Lebensmitteln

Die von der Lebensmittelindustrie auf der Vorderseite von Verpackungen bevorzugte Nährwertkennzeichnung mit Prozentangaben und beliebig wählbaren Portionsgrößen trägt nicht dazu bei, dem Verbraucher sinnvolle Informationen an die Hand zu geben. Besonders irreführend ist die Angabe des prozentualen Anteils am Tagesbedarf. Diese kann prinzipiell vielen Personengruppen wie zum Beispiel Kindern nicht gerecht werden.

Anstatt auf der Vorderseite verschleiernde Angaben anzubringen, fordert die Piratenpartei eine sinnvolle, einheitliche Kennzeichnung zu verwenden. Diese muss sich auf feste Portionsgrößen von 100g/ml entsprechend der Nährwert-angaben auf der Rückseite beziehen.

Veröffentlichung der Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen

Jahr für Jahr werden viele Betriebe kontrolliert, die mit der Herstellung oder der Verarbeitung von Lebensmitteln zu tun haben. Dabei kommt es zu hohen Beanstandungsquoten. Die Ergebnisse dieser Kontrollen können nicht öffentlich eingesehen werden und haben deshalb keine ausreichende Abschreckungswirkung. Mängel müssen öffentlich nachvollziehbar sein, um durch Transparenz diese abschreckende Wirkung zu erreichen. So wird auch Druck auf die Abnehmer ausgeübt, ihre Lieferanten sorgfältiger auszuwählen.

Die Piratenpartei fordert deshalb die Schaffung eines frei zugänglichen Informationssystems für den Zugang zu den Ergebnissen von Lebensmittelkontrollen.

Verbraucherinformation vor Ort durch Smiley-System

Die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen sollen künftig anhand unterschiedlicher Smileys zeitnah und gut sichtbar an der Eingangstür angebracht werden, um den Verbraucher zusätzlich zum Informationssystem im Internet direkt vor Ort zu informieren.

In Dänemark ist ein Smiley-System bereits erfolgreich etabliert. Damit ist für den Kunden direkt, beispielsweise vor Restaurants, Eisdielen oder Supermärkten, ersichtlich, ob Hygienevorschriften und Lebensmittelgesetze eingehalten werden. Kunden können auf Hygienesünder reagieren, was bisher bei uns nicht möglich ist. Negativ bewertete Betriebe haben durch die Kundenreaktion und Folgekontrollen die Möglichkeit und vor allem die Motivation, Mängel zu beseitigen und sich positive Smileys zu verdienen.


Bildung

– Grundvoraussetzung für ein gesellschaftliches Miteinander –

Jeder Mensch hat das Grundrecht auf freien Zugang zu Information, Bildung und Kultur. Dies ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft essentiell, um jedem Menschen, unabhängig von seiner sozialen Herkunft, ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Damit ist die Hauptaufgabe einer institutionellen Bildung die Unterstützung bei der Entwicklung zur mündigen, kritischen und sozialen Persönlichkeit.

Zugleich ist Bildung ein elementarer Teil der kulturellen Entwicklung einer Gesellschaft – nur wer entsprechendes Wissen erworben hat, kann am gesellschaftlichen und kulturellen Leben im vollen Umfang teilnehmen.

Die Piratenpartei setzt sich für eine kontinuierliche, zukunftstaugliche Bildungs¬politik ein. Im Bereich Schule und Berufsschulen sollen diese an den Begabun¬gen, Talenten und Interessen der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet werden. Dabei sollen auch die Erfahrungen der Lehrenden, Unterrichteten und deren Eltern bei der Schulbildung berücksichtigt werden. Entsprechend sind die Erfahrungen der Unterrich¬teten und Lehrkörper an den Fach-, Hochschulen und Erwachsenenbildungszentren zu berücksichtigen.

Freier Zugang zu Bildung

Der freie Zugang zu Bildungseinrichtungen ist im Interesse aller. Deshalb ist es Aufgabe der gesamten Gesellschaft, eine leistungsfähige Bildungsinfrastruktur zu finanzieren und gebührenfrei zur Verfügung zu stellen: Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Zukunft und in eine stabile Demokratie. Bildungs¬gebühren jeglicher Art schränken den Zugang zu Bildung ein. Aus diesem Grund befürwortet die Piratenpartei die Lehrmittelfreiheit und den verstärkten Einsatz von Werken, die unter einer freien Lizenz stehen, zur Vermittlung von Wissen.

Erziehung zur Demokratie

Die gelebte Vermittlung der Grundprinzipien unserer demokratischen Staats- und Gesellschaftsform ist eine der Aufgaben staatlicher Bildungseinrichtungen. Durch die frühe Möglichkeit, sich an (schul)-politischen Entscheidungen zu beteiligen und Themen zu erarbeiten, will die Piratenpartei auch der Politikverdrossenheit unter Jugendlichen vorbeugen. Außerdem können Kinder und Jugendliche demokratische Prinzipien und Werte auf diese Art und Weise kennen und schätzen lernen, wodurch sie kritischer mit extremistischem Gedankengut umgehen können. Parallel hierzu wollen wir den gesellschaftskundlich-politischen Unterricht ausbauen.

Demokratisierung der Bildung

Die Piratenpartei setzt sich für eine Demokratisierung der Schul- und Bildungslandschaft ein. Das bedeutet für uns die stärkere Beachtung der Persönlichkeitsrechte von Auszubildenden, Praktikanten, Trainees, Schülern und Studenten ebenso wie die der Lehrenden. Wir wollen die Demokratisierung des Bildungsbereichs auf allen Ebenen, unter anderem durch weitergehende Rechte für die Schülermitverwaltungen und die Studierendenschaften, erreichen (ähnlich wie bei der betrieblichen Mitbestimmung).

Neutralität in der Bildung

Gerade die Bildungsinhalte im naturwissenschaftlichen Bereich müssen auf fundierten und belegbaren Erkenntnissen basieren. Wissen soll von einem möglichst neutralen Standpunkt aus vermittelt werden. Dies beinhaltet vor allem eine sachliche Darstellung, die Ausgewogenheit der Standpunkte und eine kritische Quellenbewertung. Dies ist eine deutliche Absage an religiös oder politisch motivierte Wissensvermittlung.

Bildungsstandards

Auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und angesichts der derzeit herrschenden Missstände im deutschen Bildungssystem fordert die Piratenpartei die zügige Umsetzung der festgesetzten Bildungsstandards auf Bundes- und Länderebene, wie sie von der Kultusministerkonferenz und dem Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen gefordert werden. Zur Gewährleistung bundeseinheitlicher Bildungsstandards in allen Bundesländern übernimmt das ausführende Organ der Bundesregierung die qualitätsführende Kontrolle und Evaluation.

Medienkompetenz

Internet und moderne Medien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Piratenpartei möchte, dass staatliche Bildungseinrichtungen verstärkt auf diese Veränderungen reagieren und will die fächerübergreifende Vermittlung von Medienkompetenz in allen Bildungs- und Erziehungsbereichen, auch der Erwachsenenbildung, einführen.

Einsatz von freier Software und Lehrmitteln unter freien Lizenzen

Die Piratenpartei will erreichen, dass an Bildungseinrichtungen vermehrt Lehrmittel mit freien Lizenzen und kostenlose Online-Angebote verwendet werden. Dies trägt nicht nur zur Kostensenkung und Aktualität bei, sondern auch dazu, dass die Lehrmittel von den Lehrenden nach Bedarf erweitert und verändert werden können. Zudem setzen wir uns für den Einsatz von freier Software an Schulen ein. Diese kann von den Schülern auch zuhause kostenfrei benutzt werden.

Open Access

Siehe Open Access, Seite 2

Finanzierung von Bildung und Forschung

Bildung und Forschung sind eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass eine reiche Industrienation wie Deutschland einen im internationalen Vergleich unangemessen niedrigen Teil der öffentlichen Mittel in Bildung und Forschung investiert. Die Piratenpartei fordert daher eine bessere finanzielle Ausstattung des gesamten Bildungssystems. Schönrechnereien – wie die Einbeziehung von Lehrerpensionen – lehnen wir dabei ab.

Gleiche Berufschancen im Lehrer- und Dozentenbereich

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt schleicht sich eine Zweiteilung im Bereich der Bildungsvermittler ein: Auf der einen Seite stehen gut abgesicherte Beamte auf Lebenszeit, auf der anderen Seite billige Honorarkräfte, die in den Schulen große Teile des Unterrichts und der Betreuung übernehmen oder an den Hochschulen als Lehrbeauftragte in vielen Bereichen dafür sorgen, dass überhaupt noch ein ausreichendes Lehr- und Betreuungsangebot vorhanden ist. Somit müssen Zeit- und Werksverträge im Bildungswesen untersagt werden.

Bessere Ausbildung und Bezahlung von Erziehern

Von Erziehern und Betreuern im vorschulischen Bereich wird immer mehr gefordert. Die Bezahlung sowie Aus- und Fortbildung dieser für die Entwicklung der Kinder so wichtigen Pädagogen ist den neuen Anforderungen und der erhöhten Belastung anzupassen.

Kostenloser Kindergarten- und Kinderkrippenbesuch

Der Besuch einer vorschulischen Einrichtung leistet einen wichtigen Beitrag dazu, dass Kinder in der Grundschule leichter lernen und sich besser in einer Gruppe zurechtfinden. Gleichzeitig können Kindergärten, Kinderkrippen und andere Kindertagesstätten maßgeblich zur Entlastung berufstätiger Eltern beitragen und es manchen Eltern überhaupt erst ermöglichen, einen Beruf auszuüben.

Deshalb will die Piratenpartei es aus Landesmitteln ermöglichen, dass der Besuch von Kindergärten nach dem dritten Lebensjahr und der Besuch von Kinderkrippen bereits nach dem zweiten Lebensjahr für jedes Kind kostenlos angeboten werden. Damit erhalten alle Kinder, unabhängig von ihrem familiären und gesellschaftlichen Hintergrund, möglichst gleiche Voraussetzungen für ihren weiteren Bildungsweg.

Keine Schulstrukturreform aus ideologischen Gründen

Jahrzehntelang bestand Schulpolitik nur im Streit um das bessere Schulsystem.

Die Piratenpartei lehnt Schulstrukturreformen aus ideologischen Gründen ab. Unsere Schulpolitik wird sich darauf konzentrieren, wie wir die Schüler besser auf ihr Leben vorbereiten können. Die wichtige Frage ist für uns, was unsere Kinder wie lernen sollen und nicht die Schulorganisation bzw. Art der Differenzierung beim Lernen.

Unsere Schulkonzeption

Es gibt in Schleswig-Holstein den Trend zu ständigen Missreformen, welche die eigentlichen Probleme gar nicht erst angehen. Die Piratenpartei fordert stattdessen grundlegende Veränderungen vorzunehmen, die bewährte Reformideen wie flexible und modulare Unterrichtsstrukturen aufgreifen.

Ziel unserer Schulpolitik ist die optimale Förderung der Schüler. Diese wird durch eine freiwillige Ganztagesbetreuung erleichtert, die flächendeckend ermöglicht werden soll und in der eine örtliche Kooperation mit schulexternen Trägern wie Vereinen oder Musikschulen angestrebt wird. Weitere alternative Unterrichtskonzepte müssen in Schleswig-Holstein weiterhin möglich sein und parallel zu den bisherigen Unterrichtsformen existieren dürfen. Den Schulen sind hier auf Wunsch von Eltern, Schülern und Schulträgern mehr Mitsprachemöglichkeiten einzuräumen.

Schulen demokratisieren

Selbstbestimmung an der Schule durch das Lehrerkollegium und ein Mitbestimmungsrecht der Schüler und Eltern schaffen faire Arbeitsstrukturen. An die demokratischen Entscheidungen des Kollegiums ist nach unserer Konzeption auch die Schulleitung gebunden. Die Schülermitverwaltung muss in Schülermitbestimmung umgestaltet werden, um eine Teilhabe an Entscheidungen zu ermöglichen.

Barrierefreies Lernen

In Schleswig-Holstein ist für Kinder mit besonderem Förderbedarf das Risiko einer Sonderschuleinstufung und der daraus folgenden Ausgrenzung aus dem Regelschulbetrieb im internationalen Vergleich besonders hoch. Der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung wirkt sich auf den Lernerfolg beider Gruppen positiv aus, wie internationale Studien beweisen. Deshalb will die Piratenpartei das hierzulande betriebene Modell der Sonderschule soweit wie möglich verlassen und eine Schule für alle ermöglichen. Dies erfordert die konsequente Einhaltung der Landesbauordnung.

Persönlichkeitsrechte der Schüler und Lehrer achten

Die Privat- und Intimsphäre sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von Schülern und Lehrern müssen gewahrt bleiben. Videoüberwachung und private Sicherheitsdienste haben keinen Platz in Schulen. Präventive Durchsuchungen und Kontrollen oder Urinuntersuchungen sind zu unterlassen. Die Unschuldsvermutung gilt auch für Schüler. Diese unter Generalverdacht zu stellen, zerstört das Vertrauen zu Schule und Lehrern, ohne welches Unterricht und Erziehung nicht möglich sind.

Computer- und Vernetzungsangebote im Unterricht

Für die Vermittlung von Lehrinhalten sollen verstärkt Computer zum Einsatz kommen. Schüler sollen sich Kursinhalte auch anhand aufgezeichneter Vorlesungen, per Videokonferenz oder mit Hilfe interaktiver Programme aneignen können.

Ganztagesbetreuung an Schulen

Bildungseinrichtungen sollen Angebote zur Ganztagesbetreuung bereitstellen. Das Betreuungsangebot soll den Unterricht um zusätzliche Bildungsmöglichkeiten und Aktivitäten ergänzen. Neben Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe soll ein möglichst breites Angebot an kulturellen, geistes-, naturwissenschaftlichen sowie sportlichen Tätigkeiten ermöglicht werden. Dabei ist die Zusammenarbeit mit Vereinen und Organisationen zu beiderseitigem Vorteil ausdrücklich erwünscht.

Leistungsdruck und Schulstress verringern

Überfüllte Lehrpläne und Lernstandserhebungen sind hohe Stressfaktoren und setzen die Schüler unnötig unter Druck. Die Bildungspläne müssen angepasst werden, besonders der Bildungsplan des Gymnasiums mit einer evtl. verkürzten zwölfjährigen Schullaufbahn. Statt Lernstandserhebungen wie PISA oder VERA, die ausschließlich den Wissensstand messen, sollen langfristige Evaluationsverfahren eingesetzt werden, die auch Selbstreflexion der Schüler einbeziehen und somit die Lernprozesse unterstützen.

Bessere Betreuung

Die Piratenpartei fordert einen Betreuungsschlüssel bzw. eine Klassengröße, die einen verbesserten Unterricht sowie eine individuelle Betreuung zum Ziel hat. Dazu gehört die Schaffung neuer Lehrerstellen und eine angemessene Fort- und Weiterbildung der Lehrer. Auch die Qualität des Unterrichts soll regelmäßig überprüft werden. Wir streben die verbindliche Umsetzung der für die bestmögliche Förderung notwendigen Betreuungsschlüssel und Klassengrößen im Bildungswesen bis zum Jahr 2022 an. Dabei sollte man sich an aktuellen psychologisch-pädagogisch und soziologisch anerkannten internationalen und nationalen Bildungsstudien für die entsprechenden Lerngruppen orientieren. In den Bereichen Medienkompetenz und Pädagogik sehen wir einen besonderen Bedarf an Weiterbildung für Lehrer. Zudem wollen wir Angebote schaffen, bei denen Eltern gemeinsam mit ihren Kindern an das Thema Mediennutzung herangeführt werden. Die Anzahl der Schulsozialarbeiter – auch an Gymnasien – muss erhöht werden. Dies ist Ländersache und darf nicht den Kommunen aufgebürdet werden.

Schulspeisung

Eine gesunde Ernährung ist aus Gründen der körperlichen und geistigen Entwicklung und der Konzentrationsfähigkeit der Kinder wichtig. Berufstätige Eltern, besonders Alleinerziehende, haben nicht immer die Möglichkeit, ihren Kindern ein Mittagessen zu bieten. Schulspeisungen können dazu beitragen, dass sich ihre Kinder trotzdem ausgewogen ernähren. Wir fordern daher die Einführung vollwertiger Schulspeisungen aus regionalem Anbau, wenn möglich sogar den Demeter-Richtlinien entsprechend, an allen Schulen und Kindertagesstätten. Die Finanzierung dieser Schulspeisungen ist so zu gestalten, dass alle Schüler unabhängig von der sozialen oder finanziellen Lage der Familie diskriminierungsfrei daran teilnehmen können.

Religions- und Ethikunterricht

Die Piratenpartei fordert, dass an allen Schülern an staatlichen Bildungseinrichtungen ethische und religiöse Inhalte gleichwertig vermittelt werden. Einen konfessionsgebundenen Religionsunterricht lehnen wir ab.

Beibehaltung der flexiblen Ausbildungs- und Hochschulstruktur

Traditionelle Ausbildungen, Universitäten, duale Hochschulen, Fachhochschulen und viele andere Weiterbildungsmöglichkeiten bieten eine Vielfalt an unterschiedlichen Ausbildungswegen, Schwerpunkten, Inhalten und Lehrmethoden. Der derzeitige berufsorientierte Umbau der Universitäten ist nicht nur zu ihrem Schaden, sondern auch zum Nachteil der anderen Bildungseinrichtungen.

Die Piratenpartei will die Vielfalt und Flexibilität im Weiterbildungssystem zum Nutzen von Gesellschaft, Forschung, Lehre und Wirtschaft erhalten.

Abschaffung von Studiengebühren

Jeder Mensch hat das Recht auf die Teilhabe an der Gesellschaft, auf Bildung und kulturelle Betätigung. Finanzielle Zusatzbelastungen halten vom Studieren ab.

Die Piratenpartei will daher die Einführung einer Studiengebühr für Studierende in Schleswig-Holstein verhindern und sich für eine barriere- und kostenfreie Bildung für alle einsetzen.

Wissenschaftlichen Nachwuchs fördern

Ansätze zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses werden leider oft als Einladung zum Sparen aufgefasst. Vor allem die Juniorprofessur sowie die geplante Lehrjuniorprofessur sind in der derzeitigen Form äußerst problematisch. Insbesondere müssen die Zukunftsaussichten der Juniorprofessoren verbessert werden – die Einführung eines »Tenure Track« nach US-amerikanischem Vorbild mit der Weiterbeschäftigung als Professor nach Ablauf der Juniorprofessur als Regelfall wäre ein Ansatz.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein wird sich dafür einsetzen, neue unbefristete Hochschulstellen vor allem im Bereich der wissenschaftlichen Mitarbeiter einzurichten. Bestehende Lehraufträge an Schulen und Hochschulen wollen wir angemessener als bisher vergüten und befristete in unbefristete Arbeitsverträge umwandeln.

Förderung Erwachsenenbildung

Die Piratenpartei will ein integratives Konzept »Lebenslanges Lernen« aufbauen, das Volkshochschulen mit Schulen, Fachhochschulen, Berufsschulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen zu einem Verbund der Erwachsenenbildung effektiv zusammenführt. Vor allem ältere Menschen in unserer Gesellschaft dürfen nicht vom Gebrauch neuer Medien abgeschnitten werden, deshalb fordern wir hier ganz besonders entsprechende Fortbildungsangebote.

Familienfreundliche nachschulische Bildung

Nachschulische Bildung (z.B. an berufsbildenden Schulen und Hochschulen, sowie Ausbildungsbetrieben) soll familienfreundlicher gestaltet werden. Ausbildungs-, Studien- und Prüfungsordnungen sind gegebenenfalls so zu ändern, das Eltern- oder Pflegezeiten nicht zu negativen Auswirkungen aus formalen Gründen führen können. Aus- und Weiterbildung müssen parallel zur Kindererziehung möglich sein. Dazu muss z.B. die Kinderbetreuung in Betrieben und an Hochschulen ausgebaut werden.



Arbeit und Gesundheit

– Der Mensch steht im Mittelpunkt –

Freiheit hat auch mit dem Recht jedes Menschen zu tun, ein möglichst selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter zu führen. Dazu ist man aber oft auch auf die Solidarität anderer angewiesen. Deshalb will die Piratenpartei, dass auch künftig Gesunde für Kranke, Arbeitende für Arbeitslose, Jung für Alt und Alt für Jung eintreten. So kann eine gerechte Gesellschaft bestehen, die Freiheit für jeden ermöglicht.

Die Piraten wollen, dass sich das Land Schleswig-Holstein in diesem Sinne auch bei der arbeits-, sozial- und gesundheitspolitischen Gesetzgebung im Bundesrat einbringt.

Förderung von offenen Arbeitsstrukturen

Die Piratenpartei setzt sich für die Förderung von offenen Arbeitsstrukturen wie Hackerspaces (von Hacker und Space, engl. für Raum) und Co-Workingspaces ein. Es handelt sich dabei um offene Räume für Wissenschaft, Technik und Kunst, die von mehreren Gruppen oder Personen zum gemeinsamen Arbeiten genutzt werden. Als »Büro-WGs« speziell für Heimarbeiter oder Selbständige schaffen sie Mehrwert für den Einzelnen und die Gemeinschaft.

Die so geschaffenen Möglichkeiten bieten ein großes Innovationspotenzial. Dem Bürger wird die Chance gegeben, seine sozialen und beruflichen Talente im Austausch und in der Zusammenarbeit mit anderen zu entfalten. Darüber hinaus bieten sie offene Arbeitsstrukturen flexible Arbeitszeiten und stellen damit eine Möglichkeit dar, Familie, Freizeit und Beruf in Einklang zu bringen. Die Piraten möchten die Bereitstellung von leer stehenden Räumlichkeiten für solche Projekte fördern.


Arbeitsmarktpolitik im Fokus des Europäischen Sozialfonds

Wir leben in einer zunehmend automatisierten Arbeitswelt, in der nicht mehr länger die menschliche Arbeitskraft im Vordergrund stehen kann, sondern die Wertschöpfung des Produktes.

Die Piratenpartei ist davon überzeugt, dass es genügend »Arbeit« im Lande gibt, die nicht nur eine andere Wertschätzung erfahren sollte, sondern auch angemessen entlohnt gehört. Darüber hinaus erkennen wir die Potentiale der gut ausgebildeten Generation 50plus und wollen sie sinnvoll einsetzen.

Wir setzen uns daher dafür ein, dass Weiterbildungsmaßnahmen nach dem Credo des Europäischen Sozialfonds (ESF) durchgeführt werden, die gemäß Lissabon-Agenda zur Förderung einer dynamischen und wettbewerbsfähigen wissensbasierten Wirtschaft beitragen sollen.

Bisher werden aus diesem Fonds unzählige Beschäftigungsgesellschaften, sogenannte Bildungsträger, Wohlfahrtverbände etc. bedient, mit denen u.a. unsinnige Beschäftigungsprogramme für Langzeitarbeitslose geschaffen werden, die dann mit den am Markt vorhandenen Betrieben in direkten Wettbewerb treten. Die Zuschüsse aus diesem ESF-Fonds betragen in Schleswig-Holstein laut Landeshaushalt 2011/12 15,7 Mio Euro. Ob die Mittelverwendung den Auflagen der Lissabon-Agenda in oben genannten Fällen gerecht wird, wird von der Piratenpartei stark bezweifelt.

Die Piraten setzen sich dafür ein, dass Weiterbildungsmaßnahmen unterbleiben, die nur der Begradigung der Arbeitslosen-Statistik dienen.

Begrenzung der Leiharbeit

Arbeitnehmerüberlassung ist für die Wirtschaft ein Instrument, um Auftragsspitzen zu bewältigen, wird aber zunehmend missbraucht.

In einzelnen Unternehmen stellen die Leiharbeitskräfte mittlerweile betriebsintern aber eine Art Konkurrenz und Druckmittel gegen die Stammbelegschaft dar und ersetzen diese. In vielen Fällen werden langjährige Mitarbeiter in Untergesellschaften ausgegliedert und zu schlechteren Bedingungen »neu« weiterbeschäftigt.

Leiharbeit sollte wegen ihres Missbrauchspotenzials wieder begrenzt werden. Die Piratenpartei will, dass das Land Schleswig-Holstein dazu eine entsprechende Initiative im Bundesrat startet. Leiharbeiter sollen nicht eine billige Verfügungsmasse sein, mit der reguläre Beschäftigte unter Druck gesetzt werden können, sondern für die ihnen abverlangte Flexibilität mit einem Lohnzuschlag ab dem dritten Monat entschädigt werden.

Missbrauch von Praktika verhindern

Arbeitgeber, die Praktikanten als billige Arbeitskräfte ausbeuten, verhalten sich nicht nur unfair gegenüber den Praktikanten sondern auch gegenüber ihren Mitbewerbern und den sozialen Sicherungssystemen.

Praktikanten sind nicht dafür da, die Leistung eines Unternehmens zu erhöhen, sondern um ihr Wissen und praktische Fähigkeiten zu erweitern.

Darum will die Piratenpartei die Regelungen für Praktika verschärfen. Probezeit, Werkstudententätigkeit und befristete Arbeitsverträge sind ausreichende Werkzeuge des Arbeitsmarkts, um Berufsanfängern den Start in das Berufsleben zu erleichtern oder ein neues Arbeitsverhältnis zu ermöglichen.

Missbrauch von staatlichen Zuschüssen verhindern

Insbesondere im Niedriglohnbereich werden befristete Arbeitsverträge bis zu 12 Monaten durch EGZ (Eingliederungszuschuss für Arbeitslose aus dem Europäischen Sozialfonds) an den Arbeitgeber subventioniert.

Dies führt zum einem zu Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Mitbewerbern, die solche Zuschüsse nicht erhalten. Auch ist immer wieder zu beobachten, dass nach Ablauf der 12monatigen Förderung die Mitarbeiter nur entlassen werden, damit ein neuer Förderzyklus mit »frischen Mitarbeitern« beginnen kann.

Die Piratenpartei setzt sich entschieden dafür ein, diese Praxis zu unterbinden und fordert entsprechende Nachbesserungen in der Agenda 2010.


Sozialpolitik

– Gerechter Interessenausgleich –

Sozialpolitik ist die Bezeichnung für Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Situation, insbesondere benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen.

Im staatlichen Bereich gehört die Sozialpolitik zu den ältesten Politikfeldern. Übergeordnetes politisches Ziel ist die Integration der sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen in die Gesellschaft und damit die Stabilisierung der Gesellschaftsordnung.

Sozialpolitik hat im Kernbereich zunächst die klassischen Systeme der Sozialversicherung gegen viele Lebensrisiken der abhängig Beschäftigten herausgebildet: Krankheit, Alter, Unfall, Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit.

»Der Staat«, also Regierungen, Parteien und mit ihm/ihnen verbundene Wirtschaftsunternehmen verabschieden den Sozialstaat und seine Errungenschaften seit längerem in die Bedeutungslosigkeit. Absicherungen, die einstmals nicht ohne Grund staatlich garantiert waren, werden zugunsten gewinnmaximierter Wirtschaftsinteressen geopfert und der soziale Friede ohne Not aufs Spiel gesetzt.

Eine vernünftige Sozialpolitik dient also nicht nur dem Menschen, sondern auch dem sozialen Frieden. Diesen möchte die Piratenpartei erhalten und wahren.

Sozialer Wandel

Unsere Sozialsysteme müssen sich an die in Folge des demographischen Wandels veränderte Gesellschaft anpassen. Die Arbeitenden können die Nicht-Arbeitenden nicht mehr vollständig unterstützen, die Jungen nicht mehr die Alten.

Innovative neue Modelle sind für die Zukunft unerlässlich. Konzepte wie das BGE (bedingungsloses Grundeinkommen) können eine mögliche Lösung darstellen.

Gewalt als gesellschaftliches Problem

Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Computerspiele und Paintball tragen nicht zur Entstehung von Gewalt bei. Daher spricht sich die Piratenpartei gegen ein Verbot solcher Spiele und die Kriminalisierung der Spieler aus.

Zusätzlich zu funktionierenden Familienstrukturen ist der Ausbau der Gewaltprävention und Medienkompetenz an Schulen, in Beratungsstellen und Jugendzentren notwendig. Hierzu bedarf es der flächendeckenden Tätigkeit pädagogisch-psychologischer Fachkräfte in diesen Einrichtungen, die mit dem verabschiedeten Doppelhaushalt 2011/12 erheblich eingekürzt wurden.


Jugendförderung im Landesjugendplan

Die Piratenpartei bekennt sich zur offenen Jugendarbeit und zur Arbeit der Jugendverbände in Schleswig-Holstein. Der Landesjugendplan muss angesichts des wachsenden Bedarfs eine bessere Förderung von Jugendfreizeiten und für die Fortbildung der Jugendleiter vorsehen.

Den stetigen Rückzug des Landes aus der Finanzierung der Jugendarbeit wie auch aus der landesweiten Förderung der Jugendmusik- und Kunstschulen lehnen die Piraten ab.

Rechte von Menschen mit Handicap stärken

Mit dem Inkrafttreten der UN-Konvention 2009 sollten die Rechte von Menschen mit Handicap gestärkt werden.

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass dies nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, sondern auch umgesetzt wird. Daher fordern wir u.a. die Rücknahme der im Doppelhaushalt 2011 / 2012 beschlossenen Halbierung des Blindengeldes von bisher 400 Euro auf 200 Euro.

Öffentlicher Raum für alle

Die Nutzungsmöglichkeiten des öffentlichen Raums für alle müssen verbessert werden.

Innenstädte dürfen nicht nur zu reinen »Businesszwecken« genutzt werden, sondern sollten auch zum Verweilen einladen. Hierzu gehören begrünte Flächen, Bäume, spielende Kinder und skatende Jugendliche.

Die Piratenpartei möchte den Gebrauch öffentlicher Gebäude durch Bürgervereinigungen, Vereine und Kulturgruppen fördern und setzen uns für entsprechende Verbesserungen in Nutzungs- und Haftungsregelungen ein.


Wirtschaftspolitik

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein fordert eine ökologische und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Wir setzen uns für fairen Wettbewerb, für die Förderung von Innovationen sowie gegen privatwirtschaftliche Monopole und übermäßige staatliche Regulierung der Unternehmen ein. Dabei haben wir insbesondere kleine Betriebe im Fokus, die nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch erhalten.

Öffentlich Private Partnerschaften ablehnen

Die Piraten lehnen Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP, auch bekannt als Public Private Partnerships, PPP) grundsätzlich ab.

Verträge, die Bund, Länder und Kommunen mit Privatunternehmen schließen, müssen für die Volksvertreter, aber auch die sie wählenden Bürger, kontrollierbar sein. Geheimverträge sind nicht tolerabel. Der Schutz des Geschäftsgeheimnisses eines Privatunternehmens darf nicht über der staatlichen Pflicht zum transparenten Handeln stehen.

Es ist verlockend, statt einer einmaligen Investition auf ein Leasingmodell zu setzen, bei dem der aktuelle Haushalt dank der deutlich kleineren sofort fälligen Summe nicht blockiert wird. Jedoch werden dadurch zukünftige Haushalte auf Jahrzehnte belastet, es kommt zu einer versteckten Verschuldung, die nicht in der Bilanz auftaucht. Die Piraten setzen sich für verantwortungsvolles wirtschaftliches Handeln ein, und lehnen dieses Modell daher strikt ab.

Die Aufrechterhaltung einer grundlegenden Infrastruktur für Bildung, Gesundheit, Energieversorgung, Transport usw. ist Aufgabe des Staates. Eine weitere Privatisierung in diesen Bereichen sehen die Piraten deshalb sehr kritisch.

Ziel ist es, dass eine Kommune ihre Infrastruktur selber finanziert. Ist dies nicht möglich, so gibt es immer noch Alternativen zur Finanzierung, die ebenfalls eine weitere Verschuldung der Kommunen verhindern. Eine Genossenschaft von Bürgern, in der die Nutzer einer Infrastruktur diese selber betreiben, ist eine solche Alternative. Da das Ziel so einer Genossenschaft nicht die Gewinnmaximierung, sondern das Erfüllen einer Funktion ist, arbeitet diese demokratischer und sozial verträglicher als ein gewinnorientiertes Privatunternehmen.

Subventionen überprüfen

Öffentliche Ausgaben, im besonderen Maße Subventionen, werden auf den Prüfstand gestellt. Subventionen sollen nur dort eingesetzt werden, wo wichtige Ziele anders nicht erreicht werden können. Darüber hinaus müssen alle Subventionen degressiv angelegt oder enger als bisher zeitlich befristet sein und regelmäßig auf ihren Sinn hin überprüft werden.


Steuerpolitik

Die Piratenpartei versteht sich weder als »Steuersenkungs-« noch als »Steuererhöhungspartei«. Fakt ist, dass wir ein gerechteres und transparentes Steuersystem benötigen, das unsere Infrastruktur verbessert, damit unser Land auch weiterhin als attraktiver Wirtschaftsstandort bestehen kann.

Das jetzige System der Steuergesetzgebung ist weder reformier- noch vermittelbar und hat die Folge, dass »Steuersparen« zu einem Volkssport geworden ist, so dass wir einen Schnitt und einen Neuanfang wagen müssen.

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass nicht nur bezahlte Lobbyisten der Wirtschaft und andere Gruppen die Leitlinien der Politik und hier insbesondere das Steuersystem bestimmen. Gerade der Bürger, das Volk als Souverän muss in Zukunft mehr direkten Einfluss nehmen können.

Die Piratenpartei wird alles daran setzen, sich auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene für die Etablierung eines einfachen verständlichen Steuersystems im Sinne des Landes stark zu machen.

Verbesserte Steuerprüfung

Den öffentlichen Haushalten gehen durch Steuerbetrug Milliarden an Einnahmen verloren, da Steuerhinterziehung häufig nicht aufgedeckt und geahndet wird. Neben dem Personalmangel bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung sind dafür auch die kurzen Prüfzeiten verantwortlich, zu denen die Betriebsprüfer angehalten sind.

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass Steuerprüfer wirklich unabhängig arbeiten können. Die Prüfzeiten sollen in Großbetrieben ausgeweitet werden, um eine ausreichende Prüfung zu gewährleisten. Die Umsatzsteuerprüfungen sollen durch Bereitstellung von Steuerprüfern des Landes gestärkt werden. Bereits existierende Zusagen und Vereinbarungen mit dem Bund sollen konsequent umgesetzt werden.

Elektronische Steuererklärung (ELSTER)

Die Anwendung »ElsterFormular« für die elektronische Einkommens-steuererklärung ist bisher nur mit Windows nutzbar. Die Piratenpartei will, dass Angebote wie ELSTER systemunabhängig für alle Bürger bereitgestellt werden. Wenn Software von allen Steuerzahlern finanziert wird, muss sie auch von allen genutzt werden können und unter einer freien Lizenz verfügbar sein.

Ankauf von Steuer-CDs

Die Piratenpartei lehnt den Ankauf von Hinweisen auf Steuerhinterziehung durch die öffentliche Hand strikt ab. Stattdessen fordern wir eine qualifizierte und personell ausreichend ausgestattete Steuerfahndung und -prüfung.


Umweltschutz

– Grundlagen für eine gesunde Zukunft –

Die Umwelt- und Naturschutzpolitik des Landes Schleswig-Holstein leidet darunter, dass sie allzu häufig einseitig kurzsichtigen Wirtschaftsinteressen unterworfen wird – zum langfristigen Nachteil der Wirtschaft selbst. Denn inzwischen hat sich gezeigt, dass auf lange Sicht gerade die Industrien erfolgreich sind, die innovative Umwelttechniken und umweltgerechte Produkte entwickeln oder in ihren betrieblichen Abläufen nutzen. Diese Entwicklung möchten will die Piratenpartei durch ihre Politik weiter unterstützen.

Intakte Umwelt ist Grundrecht

Das Recht auf sauberes Wasser, saubere Luft, vitale Böden und einen gemeinschaftlichen Zugriff auf Naturressourcen ist Teil der universellen Menschen- und Bürgerrechte, in Deutschland auch abgedeckt durch das Grundgesetz Art. 2, auch für kommende Generationen. Überzogene Regulierungen im Interesse von Verwaltung oder Industrie, mit dem vorgeschobenen Argument des Umweltschutzes, lehnt die Piratenpartei jedoch ab.

Naturschutzpolitik

Naturschutz darf nicht nur als planerisches Hindernis bei der Wirtschaftsförderung empfunden werden, sondern ist elementarer Bestandteil der Erhaltung unserer Lebensgrundlage. Für unwiderruflich zerstörte Naturräume müssen Ausgleichsflächen geschaffen werden. Man darf sie nicht in Ausgleichszahlungen ummünzen. Naturschutzpolitik ist auch Ländersache und darf nicht fast ausschließlich mit EU-Mitteln bestritten werden.

Nachhaltigkeit und Beständigkeit

Die Piratenpartei steht für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Gesellschaft, die natürliche Ressourcen so nutzt und bewahrt, dass diese auch den nachfolgenden Generationen zur Verfügung stehen und der Artenreichtum unseres Planeten dauerhaft erhalten bleibt. Hierzu ist ein verantwortungsvoller Umgang mit den Naturressourcen erforderlich. Bei nachwachsenden Ressourcen müssen Verbrauch und Regeneration im Gleichgewicht sein und bei nicht nachwachsenden ist eine Kreislaufwirtschaft oberstes Ziel.

Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung

Viele der heutigen Umweltprobleme – vom Schrumpfen der Artenvielfalt bis zum Versagen der Atommülldeponierung – sind auch das Resultat einer Ohnmacht der Bürger gegenüber den Interessen immer stärker mit dem Staat verflochtener Wirtschaftskräfte. Daher fordert die Piratenpartei auch beim Thema Umwelt mehr Transparenz im Handeln von Regierungen und Unternehmen und eine stärkere Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungsprozessen. Der freie und nutzerfreundliche Zugang zu Umweltinformationen ist eine wichtige Voraussetzung hierfür und muss weiter verbessert werden.

Vernetzte Umweltpolitik

Die Piratenpartei setzt sich für eine Umwelt- und Naturschutzpolitik ein, die mit allen Politikbereichen vernetzt ist. Der Tendenz der Landesregierung, Umweltpolitik einseitig mit der Wirtschaftsförderung oder der Förderung der Atomenergienutzung zu verbinden und diesen unterzuordnen, treten wir entschieden entgegen. Umweltpolitik ist erfolgreicher, wenn die Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und das Zusammenspiel unterschiedlicher Politikbereiche berücksichtigt werden. Dazu gehört insbesondere die Verbindung der Umwelt- und Naturschutzpolitik mit Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, der Gesundheitspolitik, der Landwirtschaft und der Energiewirtschaft.

Ausbau des Landesumweltinformationsgesetzes

Das Umweltinformationsgesetz soll weiterentwickelt werden zur Grundlage einer umfassenden Dienstleistung für Bürger. Umweltinformationen sind nach unserer Auffassung eine Bringschuld: Behörden müssen dafür geeignete Informationen von sich aus und nicht erst auf Anfrage bereitstellen. Die Veröffentlichung muss dabei unter freien Lizenzen und in offenen Dateiformaten erfolgen. Bürger sollen auf einem Portal mit übergreifenden Suchfunktionen einfachen Zugang zu diesen Daten erhalten.

Verbandsklagerecht

Schleswig-Holstein ist eines der wenigen Bundesländer, das in seinem Landesnaturschutzgesetz kein Verbandsklagerecht für Umweltverbände enthält. Schon mit dem Bundesnaturschutzgesetz von 2002 und verbessert mit dem von 2010 ist die Verbandsklage zwar auch bei uns möglich, jedoch nur bei Klageanlässen, die den Bund betreffen.

Die Piratenpartei möchte das Verbandsklagerecht im Landesnaturschutzgesetz einführen, um die Einflussmöglichkeiten von Umweltschutzverbänden zu stärken.

Umweltgerechte Mobilität

Energieeffiziente, emissionsarme und raumschonende Mobilität im Interesse der Gesundheit Aller ist ein wesentliches Ziel unserer Umweltpolitik. Die Piratenpartei setzt sich für die Förderung von innerstädtischem ÖPNV und regionalem (landesweitem) Nahverkehr ein.

Lichtverschmutzung

Der Himmel gehört allen, auch bei Nacht. Und damit das so bleibt, fordert die Piratenpartei eine landesweite Einschränkung von vermeidbaren Lichtemissionen. Eine Ausnahmeregelung für Veranstaltungen und Kunstprojekte muss missbrauchssicher gestaltet werden.

Auch die Lichtüberflutung der ausserstädtischen Landschaft möchten wir im Interesse der Umwelt im Sinne des natürlichen Tages- und Nachtrhythmus von Tier, Mensch und Natur vermindern.


Landwirtschaft

Die Landwirtschaft spielt im traditionell strukturschwachen Schleswig-Holstein eine große Rolle. Nicht nur in der räumlichen Gestaltung, sondern auch als ein Wirtschaftsfaktor. Nur eine nachhaltige Landwirtschaft wird der gesellschaftlichen Verantwortung und den damit verbundenen Anforderungen gerecht werden.

Biodiversität

Die Piratenpartei setzt sich für die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt ein. Dazu wollen wir die Biotopvernetzung fördern. Durch eine entsprechende Gestaltung der Flächennutzung werden isolierte Biotope durch Grünbrücken (z.B. Knicks und Redder), Wassernetze oder zusätzliche Wege für Pflanzen und Tiere verbunden. Dabei soll auf landschaftliche Vielfalt statt auf monokulturelle Nutzung gesetzt werden. Die Knicks sind landschaftsprägend für Schleswig-Holstein und damit als Kulturgut anzusehen. Der Schadstoffeintrag aus Industrie, Verkehr und Landwirtschaft in natürliche Lebensräume muss reduziert werden. Gerade in Schleswig-Holstein kommt dem Schadstoffeintrag aus der Landwirtschaft eine besondere Bedeutung zu.

Schleswig-Holstein als gentechnikfreie Region

Schleswig-Holstein war im Jahr 2003 Gründungsmitglied des »Europäischen Netzwerks gentechnikfreier Regionen«, ist aber nach der Landtagswahl 2005 wieder ausgetreten. Wir setzen uns dafür ein, dass neben den zur Zeit bestehenden gentechnikfreien Regionen (Amt Wensin, Herzogtum Lauenburg, Pellworm und Stormarn), das Land Schleswig-Holstein dem Netzwerk wieder beitritt und ganz Schleswig-Holstein eine gentechnikfreie Region wird.

Gentechnologie in der Landwirtschaft

Naturressourcen gehören allen. Patente auf Pflanzen und Tiere blockieren die Entwicklung der Wirtschaft, die Zugänglichkeit des Wissens und den allgemeinen Fortschritt der Menschheit zugunsten von Einzelinteressen. Bisher haftet bei Schäden, die durch gentechnisch verändertes Saatgut entstehen, der Landwirt. Die Piratenpartei fordert auch hier das dringend notwendige juristische Prinzip der Beweislastumkehr. Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen/Tieren lehnen wir auf Grund erwiesener Unbeherrschbarkeit ab. Wir setzen uns für die Erhaltung, Sammlung, Pflege und Weiterentwicklung tradierter Sorten in Saatgutdatenbanken ein. Entsprechend auch für die Erhaltung alter Nutztierrassen.


Energiepolitik

Die Energieerzeugung ist in Schleswig-Holstein ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Es werden heute bereits mehr als 40% der Energie aus regenerativen Quellen erzeugt. Die Piratenpartei will diesen Anteil noch erhöhen. Dabei werden wir besonderes Augenmerk auf Umwelt- und Naturschutzaspekte legen.

»Green IT« (Grüne Informationstechnik)

Die Piratenpartei will ressourcen- und energiesparende Technologien im IT- und Kommunikationsbereich fördern. Zudem soll durch intelligenten Einsatz von IT auch in anderen Bereichen die Energieeffizienz erhöht werden.

Regenerative Energien

Um in Zukunft weniger von konventionellen Energieträgern abhängig zu sein, streben wir eine deutliche Erhöhung des Anteils regenerativer Energien sowohl im Strom- als auch im Wärmemarkt an. Bei der Stromerzeugung wollen wir durch verstärkte Forschungsanstrengungen im Bereich der erneuerbaren und umweltverträglichen Energien und deren Technologien Verbesserungen erreichen und die Gesamtkosten hierfür weiter senken. Als Beispiele für solche Technologien seien Photovoltaik, Solar, Wind, Wasser und Geothermie genannt.

Energieeinsparung

Die Piratenpartei setzt sich für Energie- und Ressourceneinsparung ohne Verringerung von Lebensqualität ein, beispielsweise durch Wärmedämmung an dafür geeigneten Gebäuden, intelligente Steuerung des Energieeinsatzes in Gebäuden, in der Straßenbeleuchtung und im Autoverkehr, Stärkung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs und intelligente Techniken in der wirtschaftlichen Produktion.

Netzneutralität bei Energienetzen

Um für erneuerbare Energien einen diskriminierungsfreien Zugang zu garantieren, der nicht durch Monopolinteressen beeinflusst wird, strebt die Piratenpartei eine eigentumsrechtliche Entflechtung der Energienetz-Infrastruktur an.

Intelligente Stromnetze

Intelligente Stromnetze können helfen, Lastspitzen zu vermeiden und das Verbrauchsverhalten des Endkunden intelligent an das aktuelle Stromangebot und den -preis anzupassen. Dabei ist jedoch der Datenschutz zu beachten. Eine individuelle Erfassung und Speicherung des Stromverbrauchsverhaltens der Bevölkerung lehnt die Piratenpartei ab.

Kostentransparenz

Traditionelle Energiegewinnung erzeugt Ewigkeitskosten, die unter anderem durch Umweltschädigung und Lagerung von Abfällen entstehen. Bei der Bewertung neu zu errichtender Anlagen müssen diese Kosten für jeden Bürger transparent mit in die Rechnung einbezogen werden und dürfen nicht später auf den Steuerzahler abgewälzt werden. Außerdem müssen Kraftwerksbetreiber verpflichtet werden, verursachte Schäden und Ewigkeitskosten zu tragen. Ist die zukünftige Finanzierung dieser Kosten nicht abgesichert, darf ein solches Kraftwerk nicht gebaut werden.

Risikobewertung

Die Bewertung der Risiken von sämtlichen Formen der Energiegewinnung muss auf eine einheitliche Basis gestellt werden. Zur Absicherung sämtlicher damit verbundenen Gefahren und eventueller Langzeitfolgen soll eine Haftpflichtversicherung für sämtliche Energiegewinnungsformen vorgeschrieben werden. Derzeit ist beispielsweise bei Atomkraftwerken die Höhe eines möglichen Schadensersatzes gedeckelt, wodurch das Haftungsrisiko letztlich beim Steuerzahler liegt. Diese Marktverzerrung lehnt die Piratenpartei ab.

Mindestwirkungsgrad für neue Kraftwerke

Für neue oder zu modernisierende Kraftwerke, die ihre Energie aus fossilen Energieträgern beziehen, soll eine dem Stand der Technik entsprechende Entropie vorgeschrieben werden. Damit wird erreicht, dass nur dann Großkraftwerke entstehen, wenn deren Abwärme sinnvoll genutzt werden kann.

Dezentrale Energieversorgung

Ein wichtiges Merkmal zeitgemäßer Energiepolitik ist die Dezentralisierung der Energieerzeugung. Die Abhängigkeit von Großkraftwerken kann überwunden werden durch lokale Energiegewinnung aus umweltfreundlichen Quellen. Da eine stärkere Dezentralisierung der Strom- und Wärmeerzeugung eine angepasste Infrastruktur voraussetzt, sind neue Speicher- und Verteilungstechnologien nötig. Wir werden deren Entwicklung und Einsatz verstärkt fördern.

Kommunale Energieversorgung

Die Piratenpartei setzt sich für ein Landesprogramm ein, das klare Signale zur energiewirtschaftlichen und klimabezogenen Stärkung der Kommunen setzt. Es soll den Kommunen Instrumente an die Hand geben, mit denen Belastungen in allen Emissions- und Eingriffsbereichen (Abgase, Lärm, Licht, Bodenversiegelung) reduziert werden können. Im kommunalen Bereich wollen wir öffentliche Gebäude enger mit der Energiegewinnung verbinden. Das Ziel ist dabei, den Eigenverbrauch zu decken und Überschüsse ins öffentliche Netz einzuspeisen.

Dezentrale Wasserkraft

Den nicht nur für Schleswig-Holstein typischen traditionellen Wassermühlen wurden in den letzten Jahrzehnten von den Wasserbehörden systematisch die Staurechte entzogen. Die Stauwehre wurden teils zerstört und durch unnötig breite Fischtreppen ersetzt. Den Müllern wurde damit ihre Existenzgrundlage genommen. Die Piratenpartei fordert die Rückgabe der Staurechte an die Müller und die Förderung der Reparatur der Stauwehre. Dort, wo die Müller dies nicht mehr leisten können, sind die Staurechte an Energieversorgungsunternehmen mit entsprechenden Auflagen zur dezentralen Versorgung zu vergeben.

Trinkwasserversorgung

Die Qualität des öffentlichen Trinkwassers muss verbessert werden, die EU-Richtwerte müssen ohne Ausnahme Mindeststandard sein. Um dies zu unterstützen, sind die Rohwasserbrunnen vor Vergiftung (z. B. durch Schadstoffeintrag aus Luft, Boden oder Rohrleitungen) zu schützen. Wo die Qualität des Rohwassers nicht gewährleistet werden kann, ist es durch Filterung auf Basis der Umkehrosmosetechnik zu reinigen. Die Einwandfreiheit des Trinkwassers ist permanent von unabhängigen Instituten zu kontrollieren und die Ergebnisse sind vierteljährlich interpretiert den Kunden mitzuteilen. Industrielle Nutzung von Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz als Kühlwasser ist zu verbieten. Trinkwasser ist nur dort zu verwenden, wo es nicht ersetzbar ist. Wasserspartechnik hat ihre Grenzen in der Abwassertechnik da, wo die Spülwassermenge nicht mehr ausreicht und es deshalb zu Verstopfungs- und Rückstautendenzen führen kann. Deshalb ist in solchen Fällen das Trinkwasser durch ausreichende Mengen Regenwasser zu ersetzen bzw. zu ergänzen. Die Dezentralität und Unabhängigkeit von privaten Interessen der Wasserwerke ist sicherzustellen. Der Tendenz, das Rohwasser an kapitalistisch orientierte Unternehmen zu verlieren, muss gesetzlich entgegengewirkt werden. Wasserrechte dürfen generell nicht privatisiert werden.

CO2-Speicherung

Die Piratenpartei spricht sich ausdrücklich gegen die Speicherung von Kohlendioxid im Boden und in Nord- und Ostsee aus. Mögliche Schäden für die Umwelt sind weder abschätzbar noch ausreichend erforscht. Wir lehnen den Einsatz unausgereifter Techniken – und die in diesem Fall damit verbundene indirekte Förderung von Kohlekraft – ab und sprechen uns stattdessen für die Einschränkung CO2-produzierender Energieerzeugung aus.

Atomenergie

Die sogenannten Atommächte haben mit ihren Versuchen zur militärischen Nutzung der Kernkraft die natürliche Radioaktivität in weiten Teilen der Erde so drastisch erhöht, dass sie sich gezwungen sahen, sich auf einen Atomwaffensperrvertrag zu einigen.

Obwohl die immensen Gefahren bereits bekannt waren und mit diesem Vertrag auch die Konsequenzen daraus gezogen wurden, baute man Kernkraftwerke.

Die Nutzung der Kernkraft zu Zwecken der Stromerzeugung wird nicht beherrscht, wie die furchtbarsten und folgenschwersten Atomunfälle zeigen.

  • 1957 Kyshtym/Majak (zwischen 400.000 und 8.900.000 TBq)
  • 1957 Windscale/Sellafield.(zwischen 1.800 und 47.000 TBq)
  • 1967 See Karatschai (4.440.000 TBq)
  • 1979 Three Mile Island (Harrisburg) (750 TBq)
  • 1979 Church Rock (460 Millionen Liter verseuchtes Wasser, 1000 Tonnen Schlamm und Geröll)
  • 1986 Tschernobyl (70.000 TBq)
  • 2011 Fukushima

Durch jeden dieser Unfälle ist so viel Radioaktivität freigesetzt worden, dass es unverantwortlich ist, diese Gebiete weiter zu bewohnen, Lebensmittel dort anzubauen, Trinkwasser zu gewinnen oder Viehzucht zu betreiben.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein fordert die sofortige Stilllegung aller Kernkraftwerke.

Kein Mensch und keine Regierung kann je das Recht haben, große Teile der Erde auf ewig unbewohnbar und unbenutzbar zu machen. Kein Mensch und keine Regierung können sich ernsthaft anmaßen, dafür die Verantwortung übernehmen zu können.

Die Piratenpartei Schleswig-Holstein fordert darüber hinaus, sofort die Frage der Endlagerung atomarer Stoffe unter höchstmöglichen Sicherheitsauflagen zu klären.


Kultur – kein Privileg für wenige

Mit den heutigen und künftigen Mitteln digitaler Techniken kann Kulturgut in Museen, Archiven, Sammlungen und Bibliotheken verstärkt flächendeckend erfasst und allgemein zugänglich gemacht und damit verbreitet werden. Gleichzeitig kann so auch langfristig Kulturgut archiviert werden – bei allen Problemen, die in diesem Bereich noch zu lösen sind. Die Piratenpartei unterstützt dementsprechend regionale, überregionale und europaweite Projekte zur Kulturgutsicherung.

Die einmalige Chance, mithilfe neuer Techniken und Medien Kunst und Kultur möglichst allen Bürgern zugänglich zu machen, sollte genutzt werden. Dabei beschränkt sich der Kulturbegriff nicht nur auf die traditionellen Sparten, sondern schließt ausdrücklich neue Bereiche wie Video- und Computerspiele als Kulturgut mit ein.

Wir setzen uns dafür ein, dass Einsparungen in den öffentlichen Haushalten nicht zu Lasten von Bildung und Kultur gehen.

Teilnahme am kulturellen Leben für alle

Die Piratenpartei will dass alle Menschen am kulturellen Leben teilhaben können. Bei der Förderung kultureller Einrichtungen soll darauf geachtet werden, dass diese möglichst barrierefrei gestaltet werden und verstärkt freie Kulturangebote unterstützt werden. Um die Sammlung, Vermittlung und Erhaltung von Kulturgut dauerhaft leisten zu können, ist es erforderlich, langfristig die dazu benötigten Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Digitalisierung von Kulturgut

Die Piraten setzen sich für eine langfristige Sicherung des Kulturerbes durch Entwicklung technologischer Konzepte ein. Die digitale Erfassung und Verbreitung des kulturellen Erbes bedeutet eine Stärkung des Kultur- und Wirtschaftsstandortes durch Verfügbarmachung der Kulturschätze des Landes. In webbasierten Datenbanken sollen die Ergebnisse der Bevölkerung bekannt und nutzbar gemacht werden. Dazu bedarf es auch einer konsequenten Weiterentwicklung von Werkzeugen und Vokabularen zum Wissensmanagement und Datenaustausch. Die Piraten unterstützen daher nachdrücklich das genossenschaftliche Projekt digiCULT-Verbund eG zur Erfassung, Bewahrung und Verbreitung von Kulturgut und die Initiativen der Deutschen Digitalen Bibliothek und von EUROPEANA. Wir setzen uns dafür ein, dass sich Schleswig-Holstein bei diesen nicht-kommerziellen Projekten langfristig engagiert.

Jugendschutz

Die Piratenpartei möchte bewährte Mechanismen zum Jugendschutz erhalten und sie für das digitale Zeitalter, in dem die Grenze zwischen Anbieter und Konsument verschwimmt, weiterentwickeln. Zusammen mit den Bildungseinrichtungen, den Erziehungsberechtigten und vor allem auch mit betroffenen Kindern und Jugendlichen wollen wir neue Lösungen finden. Eine Bevormundung volljähriger Personen im Namen des Jugendschutzes lehnen wir ab. Jede Form von Regulierung muss inhaltlich schlüssig begründet, praktikabel und auf Kinder und Jugendliche eingeschränkt sein. Der freie Zugang zu Kunst und Kultur muss gewährleistet bleiben. Zur kulturellen Vielfalt zählen dabei ausdrücklich auch Computerspiele.

Förderung von Spielen als Kulturgut

Video- und Computerspiele, klassische Spiele wie Brett-, Karten- sowie Rollenspiele, das elektronisch unterstützte Geocaching und Sportspiele wie beispielsweise Paintball sind Kulturgüter und sollten als solche gefördert werden. Spielen fördert unabhängig vom Medium stets Lernprozesse und Kommunikation, Vernetzung und soziale Interaktion. Da sich viele Aufgaben im Spiel nur im Team lösen lassen, fördern sie mit Führungskompetenz und Teamfähigkeit die Qualitäten, die im Arbeitsleben des 21. Jahrhunderts von essentieller Bedeutung sind. Spiele werden nicht nur von Kindern und Jugendlichen, sondern auch von Erwachsenen als Freizeitaktivität wahrgenommen. Sowohl Video- und Computerspiele als auch Actionsportarten sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Nutzung moderner Medien baut soziale sowie nationale Grenzen ab und fördert mit Online-Spielen das gegenseitige Verständnis. Video- und Computerspiele ermöglichen es zudem Künstlern, neue Ausdrucksformen jenseits der klassischen Medien zu finden. Sie bedürfen daher auch der Anerkennung als Kunstform.

Die Piraten lehnen eine Stigmatisierung von eSport und Computerspielen ab. Die Bezeichnung »Killerspieler« diskreditiert in völlig inakzeptabler Weise sowohl Jugendliche und Erwachsene, die ihrem Hobby nachgehen, als auch professionelle eSportler. Gamer sind keine Killer und Gewalttäter. Nicht populistische Verbote, sondern präventive Maßnahmen stärken den verantwortungsvollen Umgang mit elektronischen Medien.

eSport-Vereine anerkennen

eSport ist die Kurzbezeichnung für »Elektronischer Sport«, einer modernen Form des sportlichen Wettkampfs, die mit Computerspielen über das Internet oder auf LAN-Turnieren ausgetragen wird. Im Zuge des weltweiten Bandbreitenausbaus hat der eSport sich zu einer Breitensportart, insbesondere der Jugendkultur, entwickelt. Immer mehr Gamer (Spieler) organisieren sich in eSport-Vereinen, um gemeinsam ihrem Hobby nachzugehen. Ebenso wie traditionelle Sportvereine leisten sie dabei einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Viele bemühen sich beispielsweise um die Vermittlung von Medienkompetenz gegenüber Jugendlichen und Eltern.

Die Piratenpartei möchte diese Arbeit honorieren und dafür sorgen, dass eSport-Vereine genauso wie andere Sportvereine als gemeinnützig anerkannt werden.

Bessere Ausstattung von öffentlichen Bibliotheken

Die Piraten betrachten gedruckte Bücher als eine wertvolle Kulturform. Literatur hilft uns, die Welt aus anderen als der eigenen Perspektive zu sehen. Sach- und Fachbücher sind unverzichtbar, wenn es darum geht, Wissen zu bewahren und zu verbreiten. Der freie Zugang zu Wissen und Informationen ist ein zentraler Bestandteil unserer Politik. Obwohl zahlreiche Bibliotheken bereits erste Schritte auf dem Weg zu umfassenden Medien- und Informationszentren unternommen haben, sollten insbesondere Computerarbeitsplätze, Internetzugänge, Zugänge zu Datenbanken und umfangreiche Bestände mit neuen Informations-, Bildungs- und Unterhaltungsträgern weiter ausgebaut und effektiv finanziert werden. Vor allem im ländlichen Raum besteht hier noch großer Nachholbedarf.

Digitalisierung von Büchern

Die Piratenpartei plant die konsequente Digitalisierung der Werke in den Landesbibliotheken in Kiel und Eutin, die vergriffen oder nicht mehr durch Verwertungsrechte geschützt sind. Die Werke sollen unter einer freien Lizenz veröffentlicht und im Internet der Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden.

Stärkung der Landesbibliothek

Die Landesbibliothek in Kiel ist der zentrale Ort, wo gedrucktes Wissen über Schleswig-Holstein systematisch erfasst und gesammelt wird. Mit ihren zahlreichen Spezialsammlungen vor allem zur schleswig-holsteinischen Kunst und Kulturgeschichte nimmt sie zudem eine Aufgabe wahr, die andere Bibliotheken, zum Beispiel die Universitätsbibliothek, nicht erfüllen können.

Die Piraten setzen sich nachdrücklich für den Erhalt und den Ausbau der Landesbibliothek ein.

Landesarchiv stärken

Das Landesarchiv in Schleswig ist das zentrale Gedächtnis Schleswig-Holsteins. Die Art der Überlieferung hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark gewandelt. Das Landesarchiv muss daher in die Lage versetzt werden, auch digital gespeicherte Daten langfristig archivieren zu können. Es ist bekannt, dass digitale Archivierung kostenintensiver als die herkömmliche analoge Archivierung ist.

Die Piratenpartei fordert daher, dass das Landesarchiv personell und finanziell in die Lage versetzt wird, hier langfristig tätig werden zu können. Das Landesarchiv sollte auch personell in der Lage sein, nachgeordnete Kreis-, Stadt- und Gemeindearchive fachlich zu beraten und zu unterstützen.

Museen und Sammlungen

Museen – und hier auch gerade kleine örtliche Museen – bieten viele Möglichkeiten den eigenen kulturellen Horizont zu erweitern, Altes und Neues kennenzulernen, Spaß am Entdecken zu haben und zu lernen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Museen, Sammlungen und Ausstellungswesen gefördert werden, da sie sowohl einen Bildungsauftrag erfüllen als auch Freizeit gestalten können. Jeder Bürger muss barrierefreien und erschwinglichen Zugang zu Museen, und damit zu Wissen, Geschichte und Kultur haben.

Die Piraten setzen sich dafür ein, dass sich immer mehr Museen und Sammlungen in Verbünden organisieren, um effektivere und attraktivere Angebote machen zu können. Die großen Schlossmuseen mit ihren Nebengebäuden und Gärten sollten nach dem Vorbild anderer Bundesländer in einer gemeinsamen Stiftung »Schlösser und Gärten« zusammengefasst werden.


Verkehr – Umweltgerechte Infrastrukturen schaffen

Durch die wirtschaftliche Entwicklung, den demographischen Wandel und die Besiedelung in einem Flächenland, unter anderem mit zahlreichen Inseln, ergeben sich für den Verkehr in Schleswig-Holstein besondere Herausforderungen. Diese können nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten bewältigt werden. Zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik gehört unter anderem der Ausbau klimafreundlicher Verkehrsangebote und die Schaffung städtischer und ländlicher, vor allem flächendeckenden Verkehrsinfrastrukturen, welche die Lebensqualität verbessern. Die Zusammenarbeit über kommunale und regionale Grenzen, mit den Nachbarländern Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern und mit Dänemark ist dabei zu intensivieren.

Erweiterung des länder- und staatenübergreifenden Nahverkehrs

Die Verkehrsbedürfnisse im Umfeld regionaler Zentren enden nicht an Länder- oder Staatsgrenzen. Die Piratenpartei will länder- und staatenübergreifende Nahverkehrsverbindungen ebenso fördern wie abgestimmte Ausschreibungen überregionaler Verkehrsleistungen und den Ausbau bestehender Verbindungen.

Straßeninformationsdatenbank

Obwohl in vielen Städten und Gemeinden Berichte über den Zustand von Straßen vorliegen, werden sie nicht oder unzureichend öffentlich zur Verfügung gestellt.

Die Piratenpartei will diese Informationen in einer kostenlos zugänglichen Straßeninformationsdatenbank unter einer freien Lizenz veröffentlichen, damit eine vielfältige Nutzung beispielsweise für Straßenkarten und Stadtpläne möglich ist. Für solche Zustandsbeschreibungen existiert bereits ein bundeseinheitliches Datenaustauschformat.

Das Verkehrskonzept »Shared Space«

Der öffentliche städtische Raum wird von Autos und Verkehrsschildern dominiert. Andere Teilnehmer am städtischen Leben müssen sich notgedrungen anpassen. Die Piratenpartei möchte diese Dominanz einschränken. Das Konzept des sog. Shared Space ist eine geeignete Basis dafür: Ohne Verkehrszeichen und auf gemeinsam genutzten Verkehrsflächen wird die Achtsamkeit der Verkehrsteilnehmer aufeinander gefördert. Shared Spaces, also die dafür geeigneten Bereiche, werden nur dort eingerichtet, wo sie vom Durchgangsverkehr gut umfahren werden können.

Modellversuch für einen kostenfreien öffentlichen Nahverkehr

Mit Hilfe von drei großen Feldversuchen will die Piratenpartei feststellen, ob sich ein kostenfreier ÖPNV rechnet. Diese Untersuchungen sollen jeweils in einem Oberzentrum, einem Mittelzentrum und einer Region des ländlichen Raumes in Schleswig-Holstein wissenschaftlich begleitet durchgeführt werden.

Kreative Lösungen für einen modernen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)

Unsere Politik soll es den Menschen leichter machen den ÖPNV zu benutzen. Bei Veränderung der Infrastruktur ist die Kundenfreundlichkeit in den Vordergrund zu stellen. Umsteigewege sind bspw. möglichst zu verkürzen.

Da der ÖPNV ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil der Mobilität in Schleswig-Holstein ist, wird dieser von der öffentlichen Hand finanziell gestützt. Diese Unterstützung muss zielgerichtet und transparent eingesetzt werden.

Die Piratenpartei fordert daher kreative Lösungen für die Verkehrsnetze.

Fairer Wettbewerb im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)

Für einen Wettbewerb der Verkehrsbetreiber im ÖPNV: Für den Betrieb des ÖPNV fordern die Piraten einen funktionierenden Wettbewerb unter den Verkehrsbetreibern. Um dies sicherzustellen, sind die Verkehrsleistungen entsprechend den Ergebnissen von Gestaltungswettbewerben auszuschreiben und den Ergebnissen der Ausschreibung folgend zu vergeben.

Ein Verzicht auf eine Ausschreibung ist nicht akzeptabel, genauso wie eine anschließende politische Entscheidung gegen den Gewinner der Ausschreibung. Derartige nachträgliche Einflüsse auf das Ausschreibungsverfahren führen zu Intransparenz und Lobbyismusvorwürfen.

Zweifel an der fachlichen Qualifikation eines Bewerbers müssen frühzeitig angemeldet werden und bereits in die Bewertung des Angebots einfließen.

Die Piraten fordern Transparenz bei den Entscheidungsprozessen und nach Ausschreibungen im ÖPNV.

Verkehrsbeschränkungen hinterfragen

Verkehrsbeschränkungen sollen nur nach sorgfältiger Prüfung der Voraussetzungen angeordnet werden. Es darf nicht der Verdacht entstehen, dass sie nur dazu dienen, die Kassen an der Strecke liegender Städte und Gemeinden durch Bußgelder zu füllen.

Die Piratenpartei steht für ein umwelt- und verkehrspolitisches Konzept aus einem Guss und lehnt Aktionismus ab. Maßnahmen wie Fahrverbote für einzelne Fahrzeugtypen und die Einführung neuer Tempolimits auf autobahnähnlich ausgebauten Straßen erfüllen den vorgeblichen Zweck der Verkehrslenkung zumeist nicht und besitzen ökologisch nur eine Alibifunktion. Den Menschen, die auf die Benutzung dieser Verkehrsräume angewiesen sind, werden dabei keine Alternativen geboten.

Die Piraten setzen stattdessen auf Lösungen, die die Interessen aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigen. Dazu gehört eine vorausschauende Verkehrsplanung genauso wie Verbesserungen im Angebot des öffentlichen Personenverkehrs.

Ausbau und Reaktivierung von Bahnstrecken

Die Piraten werden sich nachdrücklich beim Bund und der Bahn dafür einsetzen, dass Bahnstrecken reaktiviert oder ausgebaut werden.

In den vergangenen Jahrzehnten wurden Bahnstrecken aus unterschiedlichen Gründen stillgelegt. Dort, wo es technisch möglich ist, sollten Bahnstrecken reaktiviert werden. Es ermöglicht den Bürgern der betroffenen, zumeist ländlichen Regionen wieder eine bessere Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Wir gehen davon aus, dass sich die Reaktivierung einiger Strecken auch wirtschaftlich lohnen wird. Deshalb wollen wir weitere Kosten-Nutzen-Analysen zur Reaktivierung stillgelegter Strecken durchführen lassen, sowie den gegebenenfalls sinnvollen Ausbau unterstützen.

Oft ist eine Unterbrechung stillgelegter Strecken irreversibel. Zukünftig sollen Strecken nicht mehr stillgelegt und zurückgebaut, sondern als »ruhend« definiert werden. Ein Rückbau findet nicht statt, die Strecken werden lediglich mit ihren Bauwerken gesichert oder übergangsweise anderer Nutzung zugeführt (z. B. Radwegesysteme). Wenn die ruhenden Strecken innerorts durch Baumaßnahmen unterbrochen werden, so sind in den Bauleitplanungen Ersatzmaßnahmen für eine spätere Reaktivierung vorzusehen. Die Piraten setzen sich dafür ein, wo es sinnvoll ist, auch stillgelegte Haltepunkte zu reaktivieren bzw. neu einzurichten.

Fahrradfahren fördern

Fahrradfahrer gehören neben den Fußgängern zu den schwächsten Verkehrsteilnehmern. Gleichzeitig ist Fahrradfahren ein attraktives und vor allem innerstädtisch zukunftsweisendes Verkehrsmittel. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass die Infrastruktur für Radfahrer verbessert wird, etwa durch breitere Fahrradstreifen auf den wichtigsten Straßen oder die vermehrte Aufstellung eigener Fahrradampeln. Das Radwegenetz ist konsequent auszubauen. Eine Mitnahme von Fahrrädern in öffentlichen Verkehrsmitteln muss verbessert werden.

Die Piraten unterstützen die Errichtung von sicheren Fahrradgaragen an Bahnhöfen und anderen Umsteigepunkten. Fahrradwege müssen konsequent und deutlich ausgeschildert werden.

Planung Flughafen

Der Hamburg Airport ist der Flughafen für gesamt Schleswig-Holstein. Die Piraten lehnen den Ausbau oder den Weiterbetrieb weiterer regionaler unrentabler Flughäfen wie in Lübeck-Blankensee und Kiel-Holtenau ab, da diese langfristig nur durch die öffentliche Hand finanziert werden können. Die Piratenpartei fordert, alle Pläne für einen neuen Großflughafen in Kaltenkirchen aufzugeben. Wir setzen uns für eine bessere Anbindung des Hamburg Airports an die bestehenden Straßen- und Schienennetze ein.

Fluglärm einschränken

Fluglärm bei Nacht wirkt nachhaltig schädigend u.a. auf die berufliche Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit und schränkt die Lebensqualität deutlich ein. Die Piraten fordern daher die technische Umsetzung zur Lärmminimierung voran zu treiben und die Auslastung der Flughäfen zu optimieren.

Fehmarnbelt-Querung

Hauptzweck einer festen Fehmarnbelt-Querung sollte der Ausbau des Schienenverkehrs sein und damit die Verlagerung des Gütertransports von der Straße auf die Schiene. Für die Hinterlandanbindung zwischen Puttgarden und Lübeck muss daher für die Bahn eine Streckenführung gefunden werden, die ein hohes Maß an Güterverkehr erlaubt, gleichzeitig die touristischen Orte an der Ostsee weiträumig umfährt. Die Entscheidung für eine Brücke oder einen Tunnel bei der Beltquerung muss sich vor allem an ökologischen Gesichtspunkten orientieren. Alle Anliegergemeinden sind an den Planungen und Ausführungen bereits im Vorfeld ausreichend und umfassend zu beteiligen. Die Piratenpartei erwartet eine umfassende Aufklärung über die einzelnen Planungsschritte und alle Beteiligten Institutionen und Personen.

Förderung des Nord-Ostsee-Kanals

Die Passagen durch den Nord-Ostsee-Kanal verkürzen den Seeweg tausender Frachtschiffe und helfen, Treibstoff zu sparen. Wir setzen uns daher auf Landes- und Bundesebene für günstige Kanalgebühren ein, damit nicht auf längere Seewege um Skagen ausgewichen wird. Die Piraten unterstützen den kontinuierlichen Ausbau des NOK als umweltfreundliche Wasserstraße. Wir fordern, dass Planung und Umsetzung der Ausbaumaßnahmen (zum Beispiel Ablagerung von Baggergut) transparent gestaltet und unter Beteiligung aller betroffenen Anliegergemeinden durchgeführt werden.

Gigaliner verhindern

Mit dem durch die Bundesregierung geplanten 5-Jahres-Test der Riesen-LKW (Gigaliner) auch auf Schleswig-Holsteins Straßen wird eine Verkehrsverlagerung von der Schiene auf die Straße befördert beziehungsweise vorbereitet. Wie teuer, umweltschädlich oder gefährlich solche gigantischen LKW sind, kann in Tests nicht wirklich abgebildet werden. Wir warnen vor diesen neuen Dimensionen im Straßenverkehr, da schon jetzt an jedem fünften tödlichen Unfall ein LKW beteiligt ist. Die Piraten setzen sich nachdrücklich für die Stärkung des Schienengüterverkehrs ein und fordern daher, diese Testfahrten in Schleswig-Holstein nicht zuzulassen bzw. sie unverzüglich einzustellen.


Planen und Bauen für die Zukunft

Großprojekte wie Stuttgart 21 zeigen, dass es selbstverständlich werden muss, die Bevölkerung frühzeitig und umfassend an Planungsprozessen nicht nur zu beteiligen, sondern auch frühzeitig mitentscheiden zu lassen. In Schleswig-Holstein können daher Projekte wie beispielsweise die Fehmarnbelt-Querung, der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals, der Ausbau des Hochspannungsnetzes oder der Weiterbau der A 20 nur von einer breiten demokratischen Basis getragen werden.

Bei der Umsetzung von Planung in konkrete Vorhaben wollen wir ressourcenschonend bauen, Natur und Landschaft selbstverständlich schonen – ob bei der Anlage neuer Gewerbegebiete, städtischer Wohnverdichtung, Umnutzung von Konversionsflächen oder bei Altbausanierungen. Energetische Ertüchtigung ist dort sinnvoll und zu fördern, wo sie nicht zerstörend wirkt, etwa bei Baudenkmalen.

Neue Techniken – wie beispielsweise die umfassende Bereitstellung und Nutzung von Geobasisdaten – sollten dabei ebenso eingesetzt werden, wie neue Medien, um eine möglichst umfassende Beteiligung zu ermöglichen.

Freier Zugang zu Geobasisdaten

Geobasisdaten sind die Grundlage für jede Planung in den Bereichen Verkehr, Bauen, Stadtentwicklung und Umwelt. Die derzeitige Lizenzform behindert sowohl die Verwaltung selbst als auch Bürgerinitiativen und die Wirtschaft bei der Bewertung von Planungsprozessen und der Ausarbeitung eigener Vorschläge. Auch in Wissenschaft und Forschung ist man immer mehr auf Geoinformationssysteme angewiesen, um genaue Analysen und Studien zu Themen wie Umwelt, Soziales oder Wirtschaft zu erstellen.

Die Piratenpartei fordert, dass die INSPIRE-Richtlinie der EU auch in Schleswig-Holstein konsequent umgesetzt wird und entsprechend in den betroffenen Behörden Finanz- und Personalmittel bereitgestellt werden.

Langfristige Landschaftsplanung

Bei der Landschaftsplanung dürfen Nachhaltigkeit und Zukunftsgestaltung keine Lippenbekenntnisse bleiben, die den kurzfristigen Zielen einzelner Kommunen oder Regionen geopfert werden. Stattdessen muss die Landschaftsplanung langfristig angelegt sein. Die Interessen unterschiedlicher Kommunen müssen schon im Voraus durch Transparenz und Beteiligung effektiver als bisher berücksichtigt und koordiniert werden. Der nach wie vor weitgehend ungezügelte Flächenverbrauch muss durch eine Belohnung der Flächenschonung gestoppt werden. Es ist eine stringentere Anwendung des Regionalplanungsgesetzes geboten.

Wohnverdichtung in Städten und Gemeinden

Eine Zersiedelung der Landschaft und damit eine Versiegelung von Flächen mit immer weiteren Neubaugebieten ist zu vermeiden. Gemeinden müssen sich hier stärker aufeinander abstimmen. Die Piratenpartei fordert, dass vorrangig Innenstädte und Dorfkerne mit Wohnbebauung verdichtet und damit wieder belebt werden. Ein höherer Anteil an Wohnen in den Zentren fördert die Lebensqualität in den Städten und Dörfern.

Förderung von Altbausanierung

Öffentliche Fördermittel sollen vorrangig in die Sanierung und eine sinnvolle energetische Ertüchtigungen von dafür geeigneten Altbauten fließen. Die Piraten setzen sich dafür ein, dass bei Altbausanierungen der kind- und altersgerechte Ausbau stärker als bisher berücksichtigt wird.

Neubauten

Bei Neubauten für Wohngebäude soll es selbstverständlich sein, dass sie kind- und altersgerecht und mit Rücksicht auf mobilitätseingeschränkte Mitbürger errichtet werden. Energiesparende Maßnahmen und Energiegewinnung aus natürlichen Ressourcen sind bei allen Neubauten einzuplanen. Neubauten für öffentliche Verwaltungen sollten die Ausnahme bilden. Hier sind ressourcensparend vorrangig geeignete und entsprechend sanierte Altbauten zu nutzen.

Konzentration von Gewerbegebieten

Beinahe unkontrollierte Ausweisung und hemmungsloser Ausbau von immer neuen Gewerbegebieten in Konkurrenz benachbarter Gemeinden muss vermieden werden. Die Ausweisung von Gewerbeflächen muss sich wieder an den Größen der Gemeinden orientieren. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass im Rahmen einer neuorientierten Landesplanung eine stärkere Koordinierung und Kontrolle der ausgewiesenen Flächen stattfindet.

Umgang mit Konversionsflächen der Bundeswehr

Mit der Umstrukturierung der Bundeswehr werden durch Konversion wieder große Flächen zur Verfügung stehen. Bei ortsnahen Flächen sind gerade Kommunen für Ihre Stadtplanung auf diese Flächen angewiesen. Bei den vorhandenen Gebäuden ist im Sinne der Nachhaltigkeit eine Nachnutzung anzustreben. Ortsferne Flächen, zum Beispiel Truppenübungsplätze, sollen der Natur erhalten bleiben oder renaturiert werden.

Die Piraten fordern, dass die Konversionsflächen durch die Bundesrepublik (bzw. die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) nicht höchstbietend am Markt verkauft, sondern vorrangig den Kommunen zu einem gerechten Preis angeboten werden. Öffentlicher Grund und Boden muss vorrangig der gesamten Bevölkerung zugutekommen. Das Land Schleswig-Holstein muss sich nachhaltig dafür beim Bund einsetzen.

Kulturdenkmale als Geschichtszeugnisse erhalten

Kulturdenkmale sind Zeugnisse vergangener Zeit, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht. Dies gilt für historische Bauten, Gärten, technische Einrichtungen, aber auch für archäologische Denkmale. Sie zu erfassen, zu bewerten und zu schützen ist eine staatliche Aufgabe. Da Kulturdenkmale aber auch größtenteils Wirtschaftsgüter sind, lässt sich eine denkmalgerechte Erhaltung kaum ohne einen Ausgleich zwischen privaten, wirtschaftlichen und kulturellen Belangen erreichen. Die Piraten setzen sich für einen wirkungsvollen, gerechten Denkmalschutz ein, wobei Kulturdenkmale in öffentlichem Besitz vorbildhaft erhalten werden sollten. Die zuständigen Landesämter müssen dabei mit ausreichend Personal ausgestattet werden, um ihre gesetzliche Aufgabe erfüllen zu können. Denkmalpflege ist ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor besonders im Bereich des örtlichen Handwerks, der klein- und mittelständischen Betriebe und des Tourismus. Wir setzen uns dafür ein, dass in der Denkmalpflege genügend Mittel bereit stehen, um dieses Kulturgut dauerhaft erhalten zu können. Die Piraten planen den Aufbau einer webgestützten Datenbank, in der sich die Öffentlichkeit über alle baulichen und archäologischen Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein umfassend informieren kann. Zu den Welterbestätten soll es eigene Internetportale geben.

Öffentlicher Raum für alle

Siehe Kapitel Öffentlicher Raum für alle, Seite 35