RP:Bundestagwahl 2013/Kandidatenfragen/Zeitarbeit

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FRAGE
FRAGE:    Wie würdest Du dem Argument begegnen, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe? Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich "funktioniert"?

Bitte versuche in Deiner Antwort über den Gerechtigkeitsaspekt hinaus zu argumentieren.

Graciehopper 20:03, 31. Okt. 2012 (CET)

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Andreas Brühl (aka Yoga)

Bei diesem Thema kann ich momentan nur aus dem Bauch heraus argumentieren.

Zunächst sehe ich Zeitarbeit an sich nicht als problematisch an. Schon früher gab es Wanderarbeiter, die zur Erntezeit unterstützt haben und danach weitergezogen sind. Auch heute wird z.B. während der Weinlese zusätzliches Personal für einen begrenzten Zeitraum hinzugezogen. So eingesetzt ist Zeitarbeit auch sinnvoll.

Vermutlich stört Dich auch eher die heutige Leiharbeit. Problematisch wird Zeitarbeit nämlich für mich dann, wenn sie reguläre Arbeitsplätze verdrängt, etwa wegen leichterer Kündbarkeit, weniger Verpflichtungen oder niedrigerem Lohn.

Für mich heisst das: Die Verhandlungsposition des (Leih-)Arbeiters muss gestärkt werden. Meine Lösung wäre - mal wieder - ein existenzsicherndes BGE. Das hätte meiner Ansicht nach zur Folge, dass jede ungerechte Behandlung an einem Arbeitsplatz bedeutet, dass der Arbeitgeber was dagegen tun muss, weil der Arbeitnehmer sonst einfach kündigt.

Das wäre mein Einstieg in eine Diskussion zu dem Thema. Für tiefergehende Analysen müsste ich mich allerdings erst wesentlich genauer informieren.

Gernot 18:40, 1. Nov. 2012 (CET)

Die Zeitarbeit bzw. Leiharbeit ist ein probates Mittel um Auftragsspitzen und personale Engpässe (Urlaubszeit) zu kompensieren. Es darf aber nicht zur Regel werden, das Zeit- bzw. (Leih-)Arbeitsverträge zunehmend die regulären Arbeitsverträge ersetzen, um Kündigungsschutz, tarifliche Bezahlung etc. zu umgehen. Hier hat in den letzten Jahren, dank der Schröder-Reform, in der Arbeitswelt eine verheerende Entwicklung stattgefunden. Ursprünglich galt: 1) wenn im Zeitvertrag nichts ausdrücklich vereinbart ist, ist der Vertrag bis zum Ablauf nicht kündbar. 2) ist im Zeitvertrag kein ausdrückliches Ende des Vertrages vereinbart, gilt der Zeitvertrag als unbefristet. 3) ein befristetes Arbeitsverhältnis darf lediglich dreimal verlängert werden, danach muss ein unbefristeter Arbeitsvertrag ausgestellt werden. Um dies Auszuhebeln wurde die „Arbeitnehmerüberlassung“ eingeführt. Aus der ursprünglichen Zweierbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde eine Dreiecksbeziehung mit einem Entleiher eingeführt. Die Pflichten des Arbeitsgebers zum Arbeitnehmer wurden damit quasi beseitigt auf Kosten des Arbeitnehmers.

Die Zeitarbeit führt zu einem immer größer werdenden Teil dazu reguläre Arbeit zu verdrängen. Insbesondere bei den niedrig qualifizierten Tätigkeiten, aber zunehmend auch im höher qualifizierten akademischen Bereich.

Zeitarbeiter sollten regulär Beschäftigten Personen mindestens gleichgestellt werden, wenn nicht sogar bevorteilt werden, da diese die Vorteile auch mit einer größeren Arbeitsplatzunsicherheit bezahlen müssen. In der Realität ist es so, dass Leiharbeiter häufig schlechter bezahlt werden als regulär Beschäftigte und auch einige Rechte nicht genießen (z.B. Benutzung der Kantine zum Haustarif, etc..).

Würde mann Zeitarbeit für den Arbeitgeber wirklich teuer gestalten, dann würde diese wirklich nur für Produktionsspitzen eingesetzt werden und nicht als Mittel mit der Zeit arbeitsrechtliche Bestimmungen zu umgehen in dem Schritt für Schritt reguläre Beschäftigung durch Leiharbeit ersetzt wird.

Matthias Heppner

Die Zeitarbeit führt zu einem immer größer werdenden Teil dazu reguläre Arbeit zu verdrängen. Insbesondere bei den niedrig qualifizierten Tätigkeiten, aber zunehmend auch im höher qualifizierten akademischen Bereich.

Zeitarbeiter sollten regulär Beschäftigten Personen mindestens gleichgestellt werden, wenn nicht sogar bevorteilt werden, da diese die Vorteile auch mit einer größeren Arbeitsplatzunsicherheit bezahlen müssen. In der Realität ist es so, dass Leiharbeiter häufig schlechter bezahlt werden als regulär Beschäftigte und auch einige Rechte nicht genießen (z.B. Benutzung der Kantine zum Haustarif, etc..).

Würde mann Zeitarbeit für den Arbeitgeber wirklich teuer gestalten, dann würde diese wirklich nur für Produktionsspitzen eingesetzt werden und nicht als Mittel mit der Zeit arbeitsrechtliche Bestimmungen zu umgehen in dem Schritt für Schritt reguläre Beschäftigung durch Leiharbeit ersetzt wird.

Birgit Wenzel

Ich wende als Allererstes ein, dass ich das Konzept "Zeitarbeit" nicht als funktionierenden Jobmotor betrachte. Denn ein funktionierender Job beinhaltet eine Arbeitsstelle, die so entlohnt wird, dass der Arbeitnehmer nicht noch zusätzlich unterstützende Hilfe des Staates in Anspruch nehmen muss. Dies ist meiner Erfahrung nach häufig nicht gegeben.

Ich kann mich den Meinungen meiner Vorschreiber nur anschließen und liste die Arbeitsrechtlichen Konsequenzen oder den Verlust regulärer Voll-Arbeitsplätze nicht noch einzeln auf.

Unser Arbeitsmarkt besteht nicht nur aus einer Ausschnittsbetrachtung betriebswirtschaftlichen Erfolges. Arbeit soll auch sozial absichern, speziell für die eigene Altersrente. Viele Zeitarbeiter verdienen so wenig, dass eine private Vorsorge für die Rente nicht möglich ist.

Wir produzieren uns also mit einer kurzsichtigen Erleichterung im Arbeitsmarkt durch das Konzept Zeitarbeit die soziale Instabilität unserer Zukunft und unsere Regierung wird dann ebenso hilflos und unvorbereitet vor der Altersarmut stehen wie heute. Ebenso müssen wir mit dem Risiko leben, dass alle gewerkschaftlichen Errungenschaften bezüglich Arbeitsbedingungen, Arbeitssicherheit, gerechter Entlohnung ad absurdum geführt werden.

micramouse

Gerechtigkeit ist die Basis jedes dauerhaften Vertragsverhältnisses. Ein Zeitarbeitsvertrag, der die individuellen Bedürfnisse des Arbeitnehmers ebenso berücksichtigt wie die des Arbeitgebers, kann durchaus als Jobmotor bezeichnet werden.

Die meisten Arbeitnehmer werden einen Zeitarbeitsvertrag jedoch nur unter Druck abschließen, da die wenigsten Arbeitgeber das für sie geringere Risiko mit einem entsprechenden Aufpreis oder anderen Vorteilen kompensieren werden.

Wenn eine Unternehmenskultur von Geiz, Gier und Angst bestimmt wird, halte ich es für undenkbar, dass dort auf Dauer produktiv gearbeitet wird, weil ein derartiges Klima nicht nur menschenverachtend, sondern auch innovationsfeindlich ist.

PP Baum

Zeitarbeitsfirmen bieten keinen Einstieg sondern verhindern reguläre Jobs für Arbeitslose http://de.reuters.com/article/domesticNews/idDEBEE8A000D20121101
10:46 AM - 1 Nov 12 ·
https://twitter.com/PP_Baum/status/263939949160710144

PP Baum 17:18, 3. Nov. 2012 (CET)