RP:Landesparteitag 2011.3/Sonstige Anträge

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SA 1

Antragsteller

Guru vom 18.09.2011

Antrag

Der Landesparteitag fordert den Landesvorstand auf, zwischen den Parteitagen landesweite Arbeits- und Diskussionstreffen zu organisieren.

Begründung

Statt der wegen der beantragten Reduzierung des LPT-Tagungsintervalls von 3 auf 6 Monate entfallenen Beschlußversammlungen sollen landesweite Arbeitstreffen, beispielsweise zur Vorbereitung überregionaler Aktivitäten und von Beschlußanträgen, durchgeführt werden.

In der Antragsfabrik unter: RP:Antragsfabrik/Arbeits-_und_Diskussionstreffen

SA 2

Antragsteller

Oibelos

Alternative SA 2a

Die Piratenpartei Rheinland-Pfalz versteht sich als sozialliberale Partei.

Alternative SA 2b

Die Piratenpartei Rheinland-Pfalz versteht sich als sozial-libertäre Partei.


Begründung

In den Medien heißt es immer, wir hätten kein Programm / keine zusammenhängende Programmatik und ähnliches. Die Journalisten wollen eine ganz, ganz kurze prägnante Einordnung in das politische Spektrum haben. In Gesprächen mit Bürgern erwarten auch diese von uns eine ganz kurze prägnante Einordnung, bevor sie sich hoffentlich weiter informieren.

Wir sollten hier mal Stellung beziehen, damit man eine basisdemokratisch bestätigte Aussage treffen kann, auch wenn diese nur extrakurz sein soll.

Das rechts-links-Schema ist hier absolut nicht tauglich für uns.

Da wir uns aber ganz allgemein in sehr, sehr vielen Bereichen für die Freiheit der Menschen einsetzen, dürfte "liberal" oder "libertär" wohl für uns passen.

Klar ist, dass wir damit nicht das gleiche "liberal" meinen, wie die FDP oder der Neoliberalismus. "Liberal" in unserem Sinne ist nicht die verantwortungslose, egoistische Freiheit.

Wir wollen für die Menschen nicht nur die negative Freiheit ("Freiheit von etwas"), sondern auch die positive ("Freiheit zu etwas"). Das drückt sich z.B. auch in unserer Position zum bedingungslosen Grundeinkommen aus. Und das "Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe" zeigt auch, dass wir eine soziale Partei sind.

"Sozial" bedeutet hierbei auch nicht zwangsläufig links. Die CSU trägt das sozial auch im Namen.

Wenn wir uns also als "sozial-liberal" oder "sozial-libertär" bezeichnen, legen wir uns damit nicht im rechts-links-Schema fest. Wir fassen lediglich ein Großteil der Punkte unserer Programmatik in einen ganz kurzen Begriff. Das ist benutzerfreundlich. Für viele Wähler und Journalisten kann diese Kurz- Einordnung einen Einstieg in unsere Programmatik sein.

In der Antragsfabrik: RP:Antragsfabrik/sozialliberal_sozial-libertär

SA 3

Antragsteller

Oibelos vom 29.09.2011

Antrag

Der Titel des Wahlprogramms wird geändert von "Wahlprogramm der Piratenpartei Rheinland-Pfalz zur Landtagswahl 2011" auf "Wahlprogramm der Piratenpartei Rheinland-Pfalz"

Begründung

Die Landtagswahl 2011 ist vorüber, wie aber schon beim letzten Landesparteitag festgestellt wurde, hat es nach wie vor Gültigkeit. Damit es zu keinen Missverständnissen kommt, sollte der Titel deshalb geändert werden.

In der Antragsfabrik: RP:Antragsfabrik/Wahlprogrammtitel

SA 4

Antragsteller

Oibelos vom 29.09.2011

Antrag

De facto hebelt die elektronische Gesundheitskarte die ärztliche Schweigepflicht z.B. durch das E-Rezept aus, da Krankenkassen und andere Zugriffsberechtigte aus den gesammelten ärztlichen Verordnungen leicht Rückschlüsse auf die Diagnosen ziehen können. im Gegenzug laufen die positiven Aspekte des E-Rezepts ins Leere, da die Ärzte sich darauf nicht verlassen können und dürfen. Die Herrschaft des Patienten über seine Daten ist nur vordergründig gewahrt, da die geplante Pseudonymisierung den einfachen Rückschluss auf die Person des Patienten erlaubt, womit dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird. In der Vergangenheit sind bereits mehrfach schwere Mängel in dem Konzept gerügt worden, so wunderte sich die FSFE (Free Software Foundation Europe), "wie leichtfertig und unprofessionell mit derart persönlichen Daten umgegangen wird" und forderte, das Gesamtsystem der Gesundheitstelematik von der Architektur bis zum Quellcode offen zu legen.

Ab 01.10.2011 werden nun 10% der Versicherten angeschrieben und um die Zusendung eines Passfotos gebeten für die elektronische Gesundheitskarte gebeten. Ein solches Foto ist für die Karte gesetzlich vorgeschrieben. Für die Versicherten besteht aber keine Pflicht, ihrer Krankenkasse eines zu senden.

Vor diesem Hintergrund ruft die Piratenpartei Rheinland-Pfalz die Versicherten dazu auf, ihrer Krankenkasse kein Passfoto zu senden.

Das größte Datenschutzproblem bei der elektronischen Gesundheitskarte ist nicht das Passfoto selbst, andere Datenschutzprobleme sind teilweise viel gravierender. Die Verweigerung des Fotos ist für Versicherte die einfachste Möglichkeit des Protestes.

Begründung

Quelle des ersten Absatzes: http://www.piratenpartei.de/navigation/politik/ueberwachung/elektronische-gesundheitskarte

weitere Infos, Texte, Materialien:

http://www.piratenpartei.de/navigation/presse/gesundheitskarte

Infos zur Fotopflicht:

http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/gesundheitskarte/article/671664/e-card-geduld-fotoverweigerern-ende.html

http://www.krankenkassen-direkt.de/news/news.pl?val=1317363322&news=219640778

http://www.taz.de/t10/Elektronische-Gesundheitskarte/Kommentare/!c46634/

Aufruf des CCC: http://www.ccc.de/de/updates/2008/egk-verzoegern


In der Antragsfabrik: RP:Antrag/2011.3/SA4/elektronische Gesundheitskarte

SA 5

Antragsteller

HeptaSean vom 01.10.2011

Antrag

Überschrift: Keine Alternativlosigkeit bei der Bewältigung der europäischen Finanz- und Schulden-Krise

(1) Die Piratenpartei Rheinland-Pfalz versteht sich als Teil einer internationalen – insbesondere europäischen – Bewegung. Daher steht sie einer weitgehenden europäischen Integration und einer besonderen Solidarität der europäischen Staaten untereinander grundsätzlich positiv gegenüber. Diese Solidarität darf aber weder die Leistungsfähigkeit der eigenen Bevölkerung übersteigen, noch Staaten von den Folgen eigener Fehler freistellen. Die PIRATEN kritisieren das bestehende Transparenz- und Demokratiedefizit der europäischen Institutionen, welches gerade auch bei den Versuchen zur Bewältigung der aktuellen Finanzkrise sichtbar wird.

(2) Forderungen an einzelne Staaten, die zur Bedingung für die Inanspruchnahme europäischer Hilfen gemacht werden, dürfen die betroffenen Staaten nicht zu Privatisierungen öffentlichen Eigentums zwingen, deren langfristige Folgen nicht abschätzbar sind. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass Staatseigentum als Sicherheit auch die erlaubte Staatsverschuldung erhöht. Auch muss es Staaten erlaubt bleiben, nicht nur Ausgabe-Kürzungen, sondern auch Einnahme-Erhöhungen in ihre Pläne zur Sanierung ihrer Staatsfinanzen einzuarbeiten.

(3) Mit Sorge betrachten die PIRATEN Polemiken in der öffentlichen Debatte, die nicht nur einzelne Missstände in den Krisen-Staaten anprangern, sondern die Bevölkerung dieser Staaten in toto für die Krise verantwortlich machen.

(4) Das grundsätzliche Problem zu hoher Staatsverschuldung betrifft nicht nur die momentan schon in einer Krise befindlichen Staaten, sondern fast ausnahmslos alle Industrie- und Schwellenländer. Staatsverschuldungen, die wesentliche Teile der Bruttoinlandsprodukte ausmachen oder sie sogar übersteigen, sind im Laufe der letzten Jahrzehnte aufgebaut worden, wobei auch in konjunkturell günstigen Zeiten in den seltensten Fällen Schulden abgebaut wurden. Es müssen Wege gefunden werden, wie nicht nur ausgeglichene Haushalte, sondern auch ein Schuldenabbau in guten Zeiten zur Regel werden.

(5) Bei der Lösung von Verschuldungs- und Überschuldungsproblemen dürfen auch Staatsinsolvenzen nicht ausgeschlossen sein. Hierfür müssen auf europäischer Ebene Mechanismen geschaffen werden, um die negativen Auswirkungen auf die Bürger so gering wie möglich zu halten. Dabei besteht die Notwendigkeit, den insolventen Staaten einen erfolgversprechenden Neustart zu ermöglichen.

(6) Die Auswirkungen von Kreditausfällen auf Kleinanleger und Rentenfonds auch in anderen Staaten sind zu berücksichtigen, insbesondere da die Politik die Bürger in den vergangenen Jahren zu privaten Vorsorgeformen gedrängt hat. Eine komplette Übernahme der Risiken durch den Steuerzahler nach dem Motto „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren“ darf es dabei nicht geben. Einlagensicherungen dürfen nur anteilig und nur bis zu einem Höchstbetrag pro Person greifen.

(7) Die PIRATEN begreifen das langfristige Überwinden der sichtbar gewordenen Fehler des Finanzsystems als gesamteuropäische Aufgabe. Sie sind davon überzeugt, dass durch gemeinsame Anstrengungen und koordinierte Entscheidungen, bei denen alle europäischen Bürger einbezogen werden, nicht nur die Krise überwunden werden kann, sondern auch ein langfristig tragbarer Rahmen für gemeinsame und auch individuelle finanzpolitische Entscheidungen geschaffen werden kann. Hierbei müssen auch die Interessen der Entwicklungs- und Schwellenländer berücksichtigt werden, um eine langfristige und gerechte Konstruktion der globalen Wirtschaft zu ermöglichen.

(8) Um die Entscheidungen nicht nur, aber gerade auch zu Fragen im Zusammenhang mit der Finanzkrise für die gesamte Bevölkerung transparent und nachvollziehbar zu machen, müssen die Vor- und Nachteile aller Handlungsalternativen schonungslos und möglichst objektiv offengelegt werden. Hierzu sind alle an der Diskussion Beteiligten, insbesondere aber die Vertreter der politischen Parteien aufgerufen, einen möglichst weitgehenden Konsens bei der Darstellung der Sachlage zu erzielen, auf dessen Grundlage die Abweichungen bei der Bewertung der Alternativen detailliert dargestellt werden können. Eine Darstellung der präferierten Lösung als „alternativlos“ oder eine Abwertung aller anderen vorgeschlagenen Alternativen als eindeutig falsch trägt maßgeblich zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Dies tritt besonders zu Tage, wenn immer mehr vormals als undenkbar bezeichnete Vorschläge (beispielsweise die Möglichkeit von Staatsinsolvenzen oder eine Finanztransaktionssteuer) plötzlich vehement vertreten werden.

(9) Eine solche transparente Information der Bevölkerung ist auch Voraussetzung für direktdemokratische Entscheidungen zu dieser Materie. Für Fragen einer solchen Tragweite sind mittelfristig Volksentscheide auf nationaler und auch auf europäischer Ebene zu ermöglichen. Hierbei müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass eine angemessene Auswahl an gut ausgearbeiteten Alternativen vorgelegt werden kann, damit den Bürgern nicht nur die Wahl eines kleineren Übels auf Grundlage unklarer und sich fundamental widersprechender Informationen bleibt.

Begründung

Eine Positionierung der Piraten zu einem der prominentesten Themen in der momentanen politischen Debatte wird immer wieder angefragt. Dieses Positionspapier versucht, einen grundsätzlichen Konsens diesbezüglich zu formulieren. Es schlägt keinen grundsätzlich neuen Weg vor und lässt sowohl europäische Hilfen unter Auflagen als auch Staatsinsolvenzen als Möglichkeiten explizit zu. Es benennt einige Punkte, die es schwer machen, zu einer eindeutigen Entscheidung für den richtigen Weg zu kommen, sowie Grundanforderungen, wessen Interessen dabei zu berücksichtigen sind. Es endet mit einem Bezug zu unseren grundsätzlichen Forderungen nach Transparenz und direktdemokratischen Entscheidungen.

Der Text wurde im Piratenpad https://rlp.piratenpad.de/Positionspapier-Euro von einigen Piraten gemeinsam er- und bearbeitet.

Die Absätze sind weitgehend so formuliert, dass sie bei Bedarf modular abgestimmt werden können.

In der Antragsfabrik: RP:Antragsfabrik/Positionspapier-Euro

SA 6

Antragsteller

HeptaSean vom 02.10.2011

Antrag

Überschrift: Für einen modernen Datenschutz

(1) Die Piratenpartei Rheinland-Pfalz sieht den dringenden Bedarf, den Datenschutz zu modernisieren. Immer wieder tauchen durch neu eingeführte Technologien Regelungslücken und Unklarheiten auf, die durch auf spezielle Fälle zugeschnittene Gesetzesänderungen, vertragliche Vereinbarungen mit Anbietern oder Gerichtsurteile geklärt werden müssen, wobei immer wieder teilweise veraltete juristische Konzepte auf die Situation des 21. Jahrhunderts übertragen werden. Die Frage, in welche Richtung diese Modernisierung gehen soll, sorgt für mitunter heftige Diskussionen. Im Folgenden sollen sowohl Grundlagen für eine solche Modernisierung als auch einige konkrete Detail-Fragen geklärt werden.

(2) Um selbstbestimmte Entscheidungen über die Preisgabe persönlicher Informationen zu ermöglichen, ist vor allem Bildung und Weiterbildung in diesem Bereich notwendig. Hierbei muss die Fähigkeit im Fokus stehen, zwischen unterschiedlichen Arten von Daten und unterschiedlichem Vertrauen zu Empfängern und Verwaltern von Daten zu differenzieren. Der bei jedem auch nur teilweisem Veröffentlichen von Informationen mögliche Kontrollverlust über die weitere Verbreitung muss ebenfalls thematisiert, diskutiert und verstanden werden.

(3) Entscheidungen über die Weitergabe persönlicher Informationen müssen selbstbestimmt getroffen werden können. Es darf also keinen auch nur impliziten Zwang geben, mehr als die unbedingt und objektiv notwendigen persönlichen Daten preiszugeben, um bestimmte Angebote überhaupt nutzen zu können. Leider wird die hierzu bestehende Rechtslage heute oftmals nicht eingehalten. Durch die chronische Unterbesetzung, Unterfinanzierung und fehlende Unabhängigkeit von Datenschutzbehörden, besteht an vielen Stellen ein Kontroll- und Vollzugsdefizit.

(4) Andererseits dürfen Angebote aber auch nicht komplett verboten oder durch nicht erfüllbare Anforderungen faktisch unmöglich gemacht werden, bloß weil sie persönliche Daten optional nutzen. Grund für die persönliche Entscheidung, bestimmte Daten einem Anbieter freiwillig zur Verfügung zu stellen oder diese gar zu veröffentlichen, kann beispielsweise der Nutzen von personalisierten Inhalten, Suchergebnissen, Empfehlungen und auch personalisierter Werbung, aber auch der Wunsch sein, eventuelle gesellschaftliche oder berufliche Nachteile in Kauf zu nehmen, um langfristig eine gesellschaftliche Akzeptanz für eine Meinung oder eine Persönlichkeits-Facette zu schaffen. Die PIRATEN wollen die informationelle Selbstbestimmung daher fördern und allen Menschen eine informierte Entscheidung über die Preisgabe und Verwendung ihrer Daten ermöglichen.

(5) Ein großer Anteil der praktischen Datenschutz-Probleme ist auf die leichtfertige Weitergabe von Daten durch Bekannte, Freunde oder sonstige Kontakte zurückzuführen. In diesem Bereich ist die juristische Durchsetzung schwierig, langwierig und in vielen Fällen auch einfach nicht angemessen. Um diesem Problem gerecht zu werden, muss viel mehr eine „Datenhöflichkeit“ als gesellschaftliche Norm etabliert werden, bei der Wünsche bezüglich des Umgangs mit persönlichen Informationen auch im privaten Bereich respektiert werden und, falls diese nicht bekannt sind, im Einzelfall eine Erlaubnis eingeholt wird. Dies soll nicht nur aus rechtlichen Erwägungen und einer Furcht vor einer (mehr oder weniger wahrscheinlichen) Strafe geschehen, sondern eben auch aufgrund von Regeln zum Umgang miteinander, die gesellschaftlicher Konsens sind. Dies muss einerseits durch die Bildungsangebote in diesem Bereich nahe gebracht, andererseits durch passende Kommunikations- und Einstellungsmöglichkeiten in den entsprechenden Systemen auf einfache und benutzerfreundliche Weise ermöglicht werden.

(6) Datenschutzbestimmungen müssen so gestaltet sein, dass auch private und nicht-kommerzielle Angebote diese ohne größeren finanziellen oder organisatorischen Aufwand einhalten können. Dies soll unter anderem dadurch realisiert werden, dass eine Modernisierung der Gesetzgebung auf der Grundlage der tatsächlich vorkommenden Prozesse entworfen wird, sodass diese direkt unter Vermeidung nicht notwendiger juristischer Interpretationen in konkreten Systemen umgesetzt werden kann. Außerdem kann der Aufwand für die Dokumentation der korrekten Umsetzung durch den Einsatz zertifizierter Software minimiert werden. Hierbei ist die Entwicklung und Zertifizierung von Freier Open-Source-Software besonders zu fördern.

(7) Bei der Erhebung von Daten durch staatliche Stellen sind strengere Maßstäbe anzulegen, da sich der Bürger ihr zumeist nicht durch Wechsel des Anbieters oder Verzicht auf ein Angebot entziehen kann. Hier muss strikt auf Datensparsamkeit geachtet werden. Während die Datenweitergabe zwischen Behörden ohne Wissen und Einwilligung des Bürgers zu vermeiden ist, sind für notwendige Erhebungen Verfahren zu entwickeln, mit denen der Bürger den Austausch von so wenig Daten wie unbedingt nötig autorisieren kann. Es darf nicht sein, dass Behörden die Vorlage von kompletten Bescheiden anderer Behörden verlangen, wenn nur ein Bruchteil der enthaltenen persönlichen Informationen benötigt werden.

(8) Die Möglichkeit, Anonymisierungs-Dienste und offene Netzzugänge für Internet-Verbindungen zu nutzen und anzubieten, ist zu erhalten und zu fördern. Sie sind wichtige Angebote, die die nicht überwachte Meinungsbildung und -äußerung im Internet auch technisch weitgehend sicherstellen. Die Notwendigkeit einer solchen Möglichkeit überwiegt in diesem Fall das öffentliche Interesse an möglicher Strafverfolgung. Insbesondere sind die Betreiber solcher Infrastruktur von der Haftung für durch ihre Nutzer begangene Straftaten freizustellen und sie dürfen auch nicht zur Bereithaltung von Verbindungsdaten ihrer Nutzer verpflichtet werden. Dies gilt auch für privat betriebene Netzzugänge. Wir PIRATEN verstehen das Recht auf Anonymität als Menschenrecht. Forschungsprojekte auf dem Gebiet von Anonymisierungsdiensten wollen wir stärker fördern.

(9) Die bevorstehende Einführung des Internet-Protokolls IPv6 birgt deutliche Datenschutz-Risiken. Zum Einen wird der hintere Teil der Adresse bei einem der standardisierten Verfahren aus der eindeutigen Hardware-Adresse einzelner Netzwerk-Geräte ermittelt, was die eindeutige Identifikation des Gerätes auch bei Nutzung in verschiedenen Netzwerken ermöglicht. Zum Anderen könnte die hohe Zahl an verfügbaren Adressen dafür sorgen, dass Internet-Provider dazu übergehen, den vorderen von ihnen vergebenen Teil der IPv6-Adresse (das Präfix) fest einem Kunden zuzuordnen. Verbindungen vom Anschluss dieses Kunden wären in diesem Fall dauerhaft diesem zuzuordnen – auch durch Dritte, die beispielsweise bei einer Bestellung in einem Online-Shop oder einer ähnlichen Gelegenheit persönliche Daten des Kunden erfahren. Damit droht ein weiterer Baustein auf dem Weg zum „gläsernen Internetnutzer“ Realität zu werden. Wichtige Freiheitsrechte wie das Recht auf Anonymität, die Meinungsfreiheit und die Informationsfreiheit könnten in Gefahr geraten. Während das erste Problem durch entsprechende Voreinstellungen des Betriebssystems behoben werden kann, ist für das zweite Problem die Kooperation der Provider notwendig. Diese müssen notfalls gesetzlich gezwungen werden, auf Wunsch auch den regelmäßigen Wechsel oder idealerweise sowohl ein statisches als auch ein dynamisches wechselndes IPv6-Präfix anzubieten.

(10) Ein großes datenschutzrelevantes Problem ist, dass Privatpersonen für viele Online-Geschäfte gezwungen sind, ihre Meldeadresse (und damit in den meisten Fällen ihren genauen Wohnort) als ladungsfähige Anschrift anzugeben. Um dieses Problem zu minimieren, soll die Möglichkeit geschaffen werden, bestimmte Rechtsgeschäfte auch unter Pseudonym und mit einem Konto bei einem entsprechenden Dienstleister als ladungsfähiger Anschrift zu tätigen. Dieser kann nur durch Gerichtsbeschluss gezwungen werden, die Zuordnung zu einer natürlichen Person dem Gericht bzw. eventuellen Prozessgegnern offenzulegen. Eine solche Dienstleistung kann entweder vom Staat direkt oder auch von staatlich kontrollierten Unternehmen angeboten werden, die sie beispielsweise in Kombination mit Post- und Paketlagerung oder mit einem pseudonymen Guthaben-Konto anbieten können.

(11) Anonyme Bezahlverfahren im Internet müssen erhalten bleiben. Ein Verbot anonymer Bezahlung im Netz wäre rechtlich und ökonomisch falsch. Die Möglichkeit, nicht überwachter Zahlungsvorgänge ist nicht nur im Internet von Bedeutung. Auch das faktische Verbot anonymer Bareinzahlungen ist wieder aufzuheben.

Begründung

Die wiederkehrenden heftigen Diskussionen um unser Verständnis von Datenschutz, ausgelöst vor allem durch Äußerungen aus dem Umfeld der „datenschutzkritischen Spackeria“, machen eine detaillierte grundsätzliche Positionierung in diesem Bereich sinnvoll. Hierbei versucht dieses Positionspapier Argumentationslinien von beiden Seiten der Diskussion produktiv aufzunehmen.

Der Text wurde im Piratenpad https://rlp.piratenpad.de/Positionspapier-Datenschutz er- und bearbeitet.

Die Absätze sind weitgehend so formuliert, dass sie bei Bedarf modular abgestimmt werden können, was auch sinnvoll erscheint, da sie teilweise auch unter den Mitbearbeitern des Pads nicht unumstritten waren.

In der Antragsfabrik: RP:Antragsfabrik/Positionspapier-Datenschutz