Parteisteuern/Variante B
1. Die Altparteien erwarten von ihren Mandatsträgern, dass diese einen Teil ihrer Diäten an die Partei abführen, laut Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Mandatsträgerbeitrag) meist in der Größenordnung von 10-20% der Bezüge. Veröffentlicht ist der Satz nur bei der CSU, die von Landtagsabgeordneten monatlich 415 Euro erwartet (http://www.csu-arzberg.de/download/beitragsordnung.pdf#page=3).
2. Die „Parteisteuern“ sind ursprünglich deshalb eingeführt worden, weil die Parteien für ihre Arbeit ausschließlich Beiträge und Spenden zur Verfügung hatten. Heute sind die Parteien auf Mandatsträgerbeiträge nicht mehr angewiesen, weil die Parteien in weit höherem Maß direkt vom Staat finanziert werden. Von der Staatsfinanzierung kann eine ausreichende Parteistruktur gut finanziert werden. In kaum einem anderen Staat weltweit werden die Parteien so hoch staatsfinanziert wie in Deutschland. Die staatliche Politikfinanzierung hierzulande hat sich etwa von 1968-1992 alle zwei Jahre verdoppelt. (Treffendes Zitat eines Verfassungsrichters: „Würde eine 'knappe' Finanzausstattung der Parteien [...] diese zu einem gewissen Abbau der Professionalisierung zwingen, statt den Weg zu ihrem Fortschreiten zu eröffnen, wäre das für die lebendige Demokratie in der Bundesrepublik und die Stellung der Parteien als Mittler zwischen Bürger und Staat kein Nachteil.“) Heute machen Mandatsträgerbeiträge etwa bei der Linken oder der FDP unter 10% der Parteieinnahmen aus, sie sind verzichtbar.
3. Parteisteuern werden aus den folgenden Gründen kritisiert: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Parteien auf freiwillige Spenden von Mitgliedern und der Bevölkerung angewiesen sein müssen. Sie müssen finanziell gezwungen werden, sich am Willen des Volks zu orientieren. Es muss möglich sein, Parteien für skandalöse Entscheidungen finanziell spürbar abzustrafen durch Austritte und Spendenentzug. Deswegen muss auch die staatliche Finanzierung der Parteien davon abhängen, wieviel die Bürger freiwillig an die Partei zu zahlen bereit sind (zurzeit bekommen Parteien für jeden gespendeten oder durch Beitrag erhobenen Euro 38 Cent vom Staat). Zusätzliche Parteisteuern schaden der demokratischen Verwurzelung der Parteien, weil sie deren Abhängigkeit von freiwilligen Spenden der Bürger und dadurch deren Rückkoppelung an den Bürgerwillen mindern.
4. Das Bundesverfassungsgericht hat außerdem entschieden, dass die Parteien vom Staat nicht mehr Mittel bekommen dürfen, als sie für ihre Aufgaben benötigen. Für eine exzessive Selbstbedienung der Parteien aus der Staatskasse hat gerade in Zeiten der Schuldenkrise niemand Verständnis. Das Verfassungsgericht hat deshalb eine absolute Obergrenze für die direkte staatliche Parteifinanzierung (zurzeit schon 150 Mio. Euro jährlich) gesetzt. Parteisteuern umgehen diese Grenze und führen dazu, dass die Parteien mehr vom Steuerzahler bekommen als sie wirklich brauchen.
Zur Umgehung der Obergrenze für die direkte Staatsfinanzierung beschließen die Parlamente immer höhere Diäten der Mandatsträger und die Parteien immer höhere Abgaben der Mandatsträger an sie. Diese Selbstbedienung unter Umgehung der Obergrenze des Bundesverfassungsgerichts schadet der Glaubwürdigkeit der Politik massiv, befördert Politikverdrossenheit und gefährdet dadurch auf lange Sicht die Demokratie. Die Höhe der Diäten ist kaum noch zu vermitteln. Die Mandatsträger müssen in der Öffentlichkeit den Kopf für die Gier der Parteien hinhalten. Ohne die beträchtlichen Parteiabgaben könnten die Diäten zugunsten sinnvoller und wirklich erforderlicher staatlicher Ausgaben (z.B. für Bildung oder Soziales) deutlich gesenkt werden.
5. Viel wichtiger für die Finanzierung einer Partei als „Parteisteuern“ sind die direkten staatlichen Zuwendungen (30-40% der Parteieinnahmen etwa von Linke oder FDP), die zu einem großen Teil von der Zahl der erzielten Stimmen abhängen. Die beste Finanzierungsstrategie für uns ist es daher, um möglichst breite Zustimmung zu werben, insbesondere unter den Politikverdrossenen und Nichtwählern. 25% unserer Wähler waren vorher Nichtwähler (Quelle). Wenn wir diese glaubhaft ansprechen wollen, müssen wir die ausufernde Selbstbedienung der Altparteien (z.B. über „Parteisteuern“) stoppen anstatt sie uns zueigen zu machen. Dass die Altparteien alle solche Abgaben von ihren Mandatsträgern erheben, kann für uns kein Argument dafür sein, denn wir treten ja gerade an, um die Missstände in der Politik - wie die ausufernde Selbstbedienung der Parteien - zu ändern. Durch die Zustimmung, die wir dadurch erfahren, und die damit verbundenen staatlichen Mittel (0,70 Euro pro Stimme jährlich), profitieren wir auch finanziell viel mehr als über die vielkritisierten Parteisteuern.
6. Der Beitrag der Mandatsträger zur Partei und deren Finanzierung muss in einer guten Politik im Sinne der Umsetzung unserer Parteiziele liegen. Dies verschafft der Partei Zulauf und Unterstützung bei Wahlen (und dadurch mittelbar auch Finanzierung).
Dass die Parteien Kandidaten in die Parlamente bringen und ihnen dadurch Diäten verschaffen, darf keineswegs an die Erwartung geknüpft werden, dass eine „Provision“ dafür zurückfließen muss. Ämter gegen Geld zu verschaffen, ist Korruption. Eine solche Praxis erweckt den Anschein, dass die Parteien ihre Kandidaten nicht danach auswählen, wer ihre Ziele am besten umsetzen kann, sondern wer zu finanziellen „Kick-back“-Zahlungen bereit ist. Dies schadet der Glaubwürdigkeit der Politik massiv, befördert Politikverdrossenheit und gefährdet dadurch mittelfristig die Demokratie.
7. Aus diesen Gründen sollten "Parteisteuern" allgemein verboten werden. Im Gegenzug sind die Diäten der Abgeordneten in Höhe der üblichen Parteisteuern abzusenken (um 10-20%). Die dadurch eingesparten Mittel sind einzusetzen, wo sie den Bürgern zurzeit fehlen, etwa in den Bereichen Bildung oder Soziales (siehe unser Wahlprogramm).
8. Solange sich diese Forderung nicht durchsetzen lässt, bleibt die Situation, dass der für „Parteisteuern“ übliche Anteil (s.o.) in Anbetracht der Diätenhöhe sehr gut abgegeben werden kann und sollte. Wie gezeigt, sollte dieser Anteil jedoch nicht (zusätzlich zu der Staatsfinanzierung) der Partei, sondern den Bürgern zugute kommen, die über ihre Steuern ja auch für die Diäten aufkommen müssen.
Mandatsträger könnten einen solchen Anteil der monatlichen Diät für der Allgemeinheit nutzende, also gemeinnützige, Zwecke einsetzen, und zwar durch Spenden an gemeinnützige Organisationen, z.B. in den Bereichen Soziales, Bildung, Datenschutz oder Verbraucherschutz, wobei die geförderten Einrichtungen durchaus auch vor Ort im Wahlkreis sein könnten.
Dadurch stellen Mandatsträger unter Beweis, dass bei ihrer Kritik an "Parteisteuern" nicht darum geht, das Geld selbst behalten zu wollen, sondern darum, dass dieses von allen aufgebrachte Steuergeld allen Bürgern zugute kommen zu lassen.
9. Wenn sich eine Fraktion darauf verständigt, könnte sie dies öffentlich so kommunizieren, dass sie sinnvolle Projekte, von denen alle Bürger profitieren können, unterstützt, während die anderen Abgeordneten ihre ohnehin üppig finanzierten Parteien begünstigen. Dies würde sicherlich auf große öffentlich Zustimmung stoßen (und davon würde auch wieder die Partei - auch finanziell - profitieren, s.o.).
10. Daneben könnten Mandatsträger die Parteiarbeit vor Ort anlassbezogen unterstützen. Eine solche anlassbezogene individuelle Unterstützung unserer Arbeit ist besser als hohe Parteibeiträge, weil der Spendende dadurch einen direkten Einfluss darauf behält, was er unterstützt, und weil dadurch sparsamer gewirtschaftet und mehr aus dem Geld gemacht werden kann.