NRW:Landtagsfraktion/Antragsübersicht/Kleine Anfrage Gleichstellung des Krankheitsbildes Dyskalkulie mit dem der Dyslexie in Schulen in Nordrhein-Westfalen

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Kleine Anfrage

Gleichstellung des Krankheitsbildes Dyskalkulie mit dem der Dyslexie in Schulen in Nordrhein-Westfalen

Wie das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen völlig zu Recht auf seiner Webseite feststellt, hat eine

„beträchtliche Anzahl von Kindern Probleme beim Erwerb der Grundfertigkeiten im Rechnen. Dies hat für die betroffenen Kinder nicht nur Auswirkungen auf das schulische Lernen, sondern auch auf die emotionale und persönliche Entwicklung insgesamt. Es ist daher eine wichtige Aufgabe der Schulen, diese Kinder möglichst frühzeitig und effektiv zu fördern.“

(http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Eltern/Beratung/LRS/index.html)

In der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Dyslexie unter der Ziffer R48.0 erfasst; die Rechenstörung ist der Ziffer F81.2 zugeordnet und dort wie folgt definiert:

"Diese Störung bezeichnet eine Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differential- und Integralrechnung benötigt werden".


Dyskalkulie ist also ebenso ein klassifiziertes Krankheitsbild wie Dyslexie.

Während aber im Runderlass des Kultusministeriums vom 19. 7. 1991 (GABl. NW. I S. 174) über die „Förderung von Schülerinnen und Schülern bei besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens (LRS)“ unter Ziffer 4 die besondere Berücksichtigung der Lese- und Schreibschwäche bei Leistungsfeststellung und -beurteilung gefordert wird, wird die Rechenstörung dort überhaupt nicht erwähnt.

In den 16 Jahre später erstellten „Grundsätzen zur Förderung von Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 04.12.2003 i.d.F. vom 15.11.2007) werden Rechenstörungen zwar immerhin erwähnt, die Gleichbehandlung von Dyslexie und Dyskalkulie insbesondere bei Leistungserhebung und Zeugnissen aber noch ausgeschlossen:

„Das Erscheinungsbild von besonderen Schwierigkeiten von Schülerinnen und Schülern im Rechnen (Rechenstörungen) kann mit einer Lese-Rechtschreibschwäche nicht gleichgesetzt werden. Folglich können auch bei der Leistungsbewertung Rechenstörungen nicht in gleicher Weise berücksichtigt werden wie besondere Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben.“

Diese Auffassung wird aber (mittlerweile) nicht mehr von allen Landesregierungen geteilt. So werden in den „Fachlichen Empfehlung zu Fördermaßnahmen für Kinder und Jugendliche mit besonderen Lernschwierigkeiten in den allgemein bildenden Schulen (außer Förderschule) in Thüringen“ vom 20. August 2008 die „Probleme beim Sprechen, Lesen und Schreiben (Schriftspracherwerb)“ den „Problemen beim Rechnen und in mathematischen Lernprozessen“ in allen Belangen (sowohl bei den Fördermaßnahmen, aber auch bei der Berücksichtigung dieser Krankheitsbilder bei Leistungserhebung und Zeugnissen) gleichgestellt.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Anerkennt die Landesregierung, dass Dyskalkulie ein ebenso klassifiziertes Krankheitsbild wie die Dyslexie ist?

2. Wenn nein, warum nicht?

3. Wenn ja, hält die Landesregierung die Gleichbehandlung von Dyskalkulikern und Legasthenikern nicht nur im Bereich der jeweiligen Förderung, sondern auch bei der Leistungserhebung und den Zeugnissen von Schülerinnen und Schülern in NRW für geboten?

4. Wenn ja, wie wird diese Gleichbehandlung derzeit gewährleistet bzw. soll sie zukünftig gewährleistet werden?

5. Wenn nein, warum nicht?

Birgit Rydlewski

Anfrage in der Landtagsdatenbank: [1]