NRW:Landtagsfraktion/Antragsübersicht/Antrag NRW braucht ein Transparenzgesetz!

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Antrag

der Fraktion der PIRATEN

NRW braucht ein Transparenzgesetz!

In Hamburg ist am 06.10.2012 das so genannte Transparenzgesetz in Kraft getreten.

Zweck des Gesetzes ist es, „Informationen unter Wahrung des Schutzes personen-bezogener Daten unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen und zu ver­breiten, um über die bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die demokrati­sche Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen“ (§ 1 Absatz 1).

In Hamburg hatte sich im Sommer 2011 eine Initiative aus den Vereinen „Mehr De­mokratie“, „Transparency International Deutschland“ und „Chaos Computer Club“ sowie den Hamburger Parteien PIRATEN, GRÜNE, LINKE und ÖDP gebildet, die sich zum Ziel setzte, dass Hamburg ein Transparenzgesetz bekommt. Ursache für die Gründung der Initiative war die Unzufriedenheit der Beteiligten darüber, dass das Handeln der Exekutive in für die Bürgerinnen und Bürgern wesentlichen Bereichen entweder vollkommen intransparent war oder Informationen über das Handeln der Exekutive nur unter Voraussetzungen zu erlangen waren, die nicht mehr als bürger­freundlich und zeitgemäß demokratisch aufgefasst wurden. Daher heißt es in der allgemeinen Begründung des Transparenzgesetzes: „Eine transparente Verwaltung trägt dazu bei, das Vertrauen in Politik und Verwaltung zu stärken, die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und die Kontrolle staatlichen Handelns weiter zu verbessern.“

Die Hamburgische Initiative wollte es aber von Anfang an nicht bei der Artikulation politischer Unzufriedenheit oder eines allgemeinen politischen Ziels belassen, son­dern aktiv am Zustandekommen eines Transparenzgesetzes mitwirken. Daher star-teten „Mehr Demokratie“, „Transparency International Deutschland“ und „Chaos Computer Club“ gemäß den Bestimmungen der Hamburgischen Landesverfassung eine so genannte Volksinitiative mit einem ausgearbeiteten und begründeten Ge­setzentwurf. Innerhalb von nur 6 Wochen fand die Volksinitiative ca.15.000 Unter­stützer. Damit musste sich das Parlament, die Hamburgische Bürgerschaft, mit dem Anliegen bzw. dem Gesetzentwurf der Volksinitiative befassen.

Während sich die Gründungsorganisationen und Bündnispartner bereits auf die Durchführung eines Volksbegehrens vorbereiteten, geschah etwas so nicht Erwarte­tes: Die in Hamburg mit absoluter Mehrheit regierende SPD machte sich das Anlie­gen der Volksinitiative, mehr noch wesentliche Regelungsvorschläge des Gesetz­entwurfs zu eigen. Nach eingehender Beratung in der Bürgerschaft wurde schließlich das Hamburgische Transparenzgesetz einstimmig am 13.06.2012 verabschiedet. Es ist am 06.10.2012 in Kraft getreten.

Das Hamburgische Transparenzgesetz normiert erstmals in Deutschland die Pflicht der Exekutive, selbständig Informationen in ein öffentliches, elektronisches Register einzupflegen, das allgemein und kostenlos zugänglich ist. Zu diesen Informationen gehören etwa Beschlusstext und Begründung von Senatsbeschlüssen, Mitteilungen des Senats an die Bürgerschaft, alle in öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse nebst den zugehörigen Protokollen und Anlagen, Haushalts-, Stellen-, Bewirtschaf­tungs-, Organisations-, Geschäftsverteilungs- und Aktenpläne, Gutachten und Stu­dien, soweit sie von Behörden in Auftrag gegeben wurden, in die Entscheidung der Behörde einfließen oder ihrer Vorbereitung dienen, Globalrichtlinien, Fachanweisun­gen und Verwaltungsvorschriften oder die wesentlichen Unternehmensdaten städti­scher Beteiligungen einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene.

Von der Veröffentlichungspflicht sind diverse staatliche Bereiche ausgenommen wie die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz, Vorgänge der Steuerfestset­zung und Steuererhebung oder andere, verfassungsrechtlich zwingend gebotene Bereiche. Personenbezogene Daten sind nach dem Transparenzgesetz grundsätz­lich bei der Veröffentlichung im Informationsregister unkenntlich zu machen, Be­triebs- oder Geschäftsgeheimnisse unterliegen der Veröffentlichungspflicht nur, so­weit das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt.

Das Hamburgische Transparenzgesetz normiert aber nicht nur eine Veröffentli­chungspflicht, überdies ist auch die weitere Nutzung, Verwendung und Verbreitung der aus dem Informationsregister erlangten Informationen durch die Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich frei. Neben der Möglichkeit, sich aus dem vorgesehenen allgemein zugänglichen, elektro­nischen Register kostenlos zu informieren, besteht in Hamburg nach wie vor ein indi­vidueller Rechtsanspruch auf Auskunft über Informationen.

Um Verstöße gegen die Veröffentlichungs- und Auskunftspflichten der Exekutive zu beheben, ist in Hamburg zudem die Rechtsstellung des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gestärkt worden.

Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen dagegen bleibt insgesamt deut­lich hinter den Regelungen des Hamburgischen Transparenzgesetzes zurück. Insbe­sondere existiert in Nordrhein-Westfalen kein entsprechendes Informationsregister. Gerade ein solches Register stellt aber ein unbürokratisches und effektives Instru­ment zur Schaffung von mehr Transparenz und Demokratie dar und erscheint daher unverzichtbar.

Der Landtag beschließt:

Landesregierung und Landtag sind aufgefordert, unverzüglich ein Transparenzgesetz vorzubereiten, das mindestens den wesentlichen Regelungen des Hamburgischen Transparenzgesetzes entspricht.


Dr. Joachim Paul

Monika Pieper

und Fraktion

Antrag in der Landtagsdatenbank: [1]