NRW:Landtagsfraktion/Antragsübersicht/Antrag Liberalisierung und Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung verhindern!

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Antrag

der Fraktion der PIRATEN

Liberalisierung und Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung verhindern!

I. Sachverhalt:

Im Dezember 2011 legte die Europäische Kommission einen Richtlinienentwurf zur Konzessionsvergabe vor, die einen „modernen Rechtsrahmen für das öffentliche Beschaffungswesen“ herstellen soll. Öffentliche Auftraggeber in der Europäischen Union sollen dazu verpflichtet werden, Dienstleistungskonzessionen in vielen Bereichen europaweit auszuschreiben. Somit soll der Zugang privater Wirtschaftsteilnehmer zu den Konzessionsmärkten erleichtert werden.

Seit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe durch die Europäische Kommission sieht sich das Gesetzesvorhaben EU-weit heftiger Kritik aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ausgesetzt. Im Zentrum der Kritik stehen Regelungen bezüglich Konzessionen zur Trinkwasserversorgung, deren mehrdeutige Interpretationsmöglichkeiten die Intention zur umfangreichen Liberalisierung und Privatisierung der Wasserversorgung in der Europäischen Union nahelegen. Demnach ist es denkbar, dass die Europäische Kommission mittels der genannten EU-Richtlinie die grundsätzliche Verpflichtung zur europaweiten Ausschreibung von Wasserkonzessionen vorschreiben möchte. Eine mögliche Folge wäre die Übernahme der Trinkwasserversorgung durch private Wirtschaftsteilnehmer in weiten Teilen der Europäischen Union.

Im laufenden Gesetzgebungsprozess hat der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments im Januar 2013 eine abgeänderte Textfassung zur Richtlinie beschlossen, welche die Wasserkonzessionen explizit nicht von der Ausschreibungspflicht ausnimmt. Über die Änderungsvorschläge des Binnenmarktausschusses soll Mitte März 2013 im Plenum des Europäischen Parlaments abgestimmt werden. Danach müssen sich die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Ministerrat auf eine Endfassung der Richtlinie einigen.

II. Der Landtag stellt fest:

1. Der Landtag beobachtet mit Sorge die Pläne der Europäischen Kommission, die Trinkwasserversorgung in Europa für den Wettbewerb mit privaten Wirtschaftsteilnehmern zu öffnen.

2. Die sichere Bereitstellung von sauberem und bezahlbarem Trinkwasser hat eine herausragende Bedeutung für das Wohl der Allgemeinheit und ist daher eine kommunale Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge.

3. Einer Liberalisierung des Wassersektors, die die Wasserversorgung allein den Regeln des Marktes unterwirft und dem kommunalen Aufgabenbereich der Daseinsvorsorge entzieht, ist im Interesse des Allgemeinwohls und des Ressourcenschutzes entgegenzutreten.

4. Trotz der Beteuerungen der Europäischen Kommission, dass es im Zuge der genannten Richtlinie nicht zu einer forcierten Privatisierung der Wasserversorgungsdienstleistungen kommen wird, ist allein die Möglichkeit einer schrittweisen, graduellen oder konditionalen Öffnung und Privatisierung des Wassersektors durch die Ausnahme jenes Sektors von der Ausschreibungspflicht auszuschließen.

5. Vergleichbare Fälle in Portugal zeigen eindeutig, dass die Öffnung und Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung auch weitreichende negative Folgen in Form von drastischen Entgelterhöhungen und der Verschlechterung der Wasserqualität für die Verbraucherinnen und Verbraucher haben kann.

III. Der Landtag beschließt:

Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass es im Rahmen der EU-Konzessionsrichtlinie zu keinerlei Liberalisierungs- und Privatisierungstendenzen bei der öffentlichen Trinkwasserversorgung in der EU kommt.

Nicolaus Kern

Lukas Lamla

Frank Herrmann

und Fraktion

Antrag in der Landtagsdatenbank: [1]