NRW:Landtagsfraktion/Antragsübersicht/Antrag EU-Datenschutzreform: Hohe Datenschutzstandards sicherstellen!

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Änderungsantrag

der Fraktion der PIRATEN

zum Antrag (Drs. 16/1626) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 89/DIE GRÜNEN

„EU-Datenschutzreform: Hohe Datenschutzstandards sicherstellen!“

I. Der Landtag stellt fest:

wird wie folgt gefasst:

Die Europäische Kommission hat am 25. Januar 2012 den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung) und die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr vorgelegt.

Der Entwurf der Grundverordnung erfasst sowohl den öffentlichen als auch nicht-öffentlichen Bereich; die dort vorgesehenen Regelungen würden nach Inkrafttreten im Inland unmittelbar gelten und je nach inhaltlicher Ausgestaltung an die Stelle bestehenden Landes- und Bundesrechts treten. Die vorgesehene Richtlinie bezieht sich auf die Datenverarbeitung in den Bereichen Verhütung von Straftaten, Strafverfolgung, Strafvollstreckung und bedürfte nach Inkrafttreten im Unterschied zur Verordnung noch einer Umsetzung durch den Landes- und Bundesgesetzgeber auf nationaler Ebene. Die Entwürfe betreffen somit in besonderem Maße die Gesetzgebung auf Landes- und Bundesebene. Beide Entwürfe bilden das Gesamtpaket der EU-Datenschutzreform.

Der Landtag begrüßt grundsätzlich die Initiative der Europäischen Kommission zur Fortentwicklung eines verbesserten, gemeinsamen europäischen Datenschutzrechts. Angesichts der im gesellschaftlichen Prozess der Digitalisierung zunehmenden Bedeutung des Internets ist eine weitere Harmonisierung des Datenschutzes auf hohem Niveau dringend erforderlich. In zahlreichen Fällen werden Daten von Unternehmen nicht mehr nur auf nationaler Ebene verarbeitet. So können Kontenverbindungsdaten, Fluggastdaten, Kunden- und Kundinnendaten und insbesondere auch die Daten in sozialen Netzen sowie in Internetdiensten nicht mehr national ausreichend wirksam geschützt werden.

Das Gesetzgebungsverfahren durch Parlament und Rat soll frühestens Mitte 2013 abgeschlossen werden.

Durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon hat der Datenschutz eine Stärkung erfahren und ist nun an zwei Stellen ausdrücklich im Primärrecht verankert. So wurden mit Art. 16 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) der Datenschutz an einer zentralen Stelle mit dem Ziel aufgenommen, dass er für sämtliche in den EU-Verträgen erfassten Bereichen und Politiken gilt. Darüber hinaus kodifiziert Art. 8 der Charta der europäischen Grundrechte den Schutz personenbezogener Daten und schreibt den Datenschutz erstmals als unionales Grundrecht fest.

Die Europäische Kommission hat seither ein umfassendes Initiativrecht im Bereich des Datenschutzes. Seit 2009 ist daher eine Überarbeitung der EU-Datenschutzrichtlinie von 1995 in Vorbereitung. Die jetzt vorgelegte Datenschutzverordnung will u.a. Auskunftsrechte und Transparenz verbessern, Löschrechte und spürbare Sanktionsmöglichkeiten einführen. Es ist zu begrüßen, dass mit der Neuordnung des Datenschutzrechts das Datenschutzgrundrecht auch auf europäischer Ebene weiteren Auftrieb erhält.

Das EU-Datenschutzrecht muss europaweit ein verbindliches und einheitliches Rechtsschutzniveau gewährleisten, gleichzeitig aber den Mitgliedstaaten ermöglichen, höhere Standards festzuschreiben und weiterzuentwickeln. Zu einem weiter harmonisierten europäischen Datenschutzniveau gehört auch eine verbesserte Zusammenarbeit der Kontrollbehörden auf europäischer Ebene. Das Verfahren der Datenschutzkontrolle darf aber nicht zu mehr Bürokratie führen; insbesondere müssen die Datenschutzaufsichtsbehörden weiterhin ihre volle Unabhängigkeit behalten.

Die Landesregierung ist aufgerufen, über ihre Beteiligung im Bundesrat auf dieses Verfahren einzuwirken und dafür zu sorgen, dass die EU-Datenschutzreform trotz der geplanten Vollharmonisierung Umsetzungsspielräume für die einzelnen Mitgliedstaaten belässt, um ein höheres Datenschutzniveau zu ermöglichen. Es gilt jetzt, Klarheit zu schaffen, wo es Konfliktbereiche zwischen dem europäischen Recht und dem nationalen Datenschutz gibt und diese auszuräumen.

Hierzu ist insbesondere die Zahl der im derzeitigen Verordnungsentwurf vorhandenen delegierten Rechtsakte zu reduzieren. Dabei handelt es sich um individuelle Übertragungen der Rechtsetzungsbefugnis auf die Europäische Kommission, eine Beteiligung des Europäischen Parlaments erfolgt in vielen dieser Fälle nicht mehr.

In diesem Gesetzgebungsverfahren muss zugleich verhindert werden, dass die Lobbypolitik von Unternehmen, die in der Vergangenheit viel Geld mit den Lücken im europäischen Datenschutz verdient haben, erfolgreich ist.

Die zweite Komponente der EU-Datenschutzreform, der Richtlinienentwurf zum Schutz personenbezogener Daten im Sicherheitsbereich, weist aufgrund der vagen Formulierungen der datenschutzrechtlichen Vorgaben für Polizei- und Justizbehörden erhebliche Schwachstellen auf, die im Gesetzgebungsverfahren behoben werden müssen. So sieht der Vorschlag weitreichende Datenerhebungs- und Datenübermittlungsbefugnisse für Behörden vor, wenn sie „im öffentlichen Interesse“ zu handeln, und beinhaltet keine strengeren Regeln für die Übermittlung personenbezogener Daten an Empfänger außerhalb der EU vor. Die Möglichkeiten der Polizei, auf im Privatsektor verarbeitete Daten zuzugreifen, werden ebenfalls nicht geregelt.

Nicht zuletzt ist für einen guten Datenschutz eine hohe (digitale) Medienkompetenz der Bevölkerung Grundvoraussetzung. Medienkompetenz und Datenschutz sind auch Bildungsaufgaben. Eine transparente, sachliche und präzise Kommunikation zum laufenden Reformprozess ist darüber hinaus entscheidend für seinen Erfolg.


II. Der Landtag beschließt:

wird wie folgt ergänzt:

8. die Schwachstellen der EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Datenschutzrechts im polizeilichen und justiziellen Bereich, insbesondere die Ausweitung der Datenerhebungs- und Datenübermittlungsbefugnisse von Behörden, behoben werden und somit hier im Rahmen der Reform ein höheres Schutzniveau in Deutschland erreicht werden kann.

9. im Zuge des Reformprozesses des europäischen Datenschutzrechts die Bevölkerungen stärker miteingebunden werden, um auf eine aktive gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Inhalten der Reform hinzuwirken.

Dr. Joachim Paul

Monika Pieper

und Fraktion

Antrag in der Landtagsdatenbank: [1]