LiquidFeedback/Themendiskussion/848

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Stellungnahme von etz_B

Die Suche nach Strukturen für die Arbeit der Piratenpartei hat skurrile Formen angenommen. War die Partei einst als »Mitmachpartei« gestartet, die bewusst auf Top-Down-Strategien verzichtet und die Initiative aus dem Kreis der Mitglieder und Nahesteher setzt, um programmatische Positionen zu entwickeln, werden jetzt auf vielfältige Weise »Hüte« verteilt, die die inhaltliche Diskussion fernab unmittelbarer demokratischer Legitimation steuern und kanalisieren sollen:

Beide Vorstandsinitiativen folgen den klassischen Top-Down-Strategien und widersprechen piratigem Selbstverständnis diametral.

Aus diesem Grund entstanden im Liquid-Feedback-System des Bundes zwei Initiativen, die derzeit gerade in der Phase des Votierens stecken inzwischen abgeschlossen sind:

Auf diese Diskussionen möchte ich hier im einzelnen eingehen.

Die Top-Down-Strategie des Bundesvorstands

Von den drei Expertentruppen für die Textarbeit, die Gefion Türmer um sich scharen will, ist einzig das Lektorat geeignet, als Dienstleistung für die Piraten durchzugehen. Die Recherche- und vor allem die Programm-Truppe sind eindeutig darauf ausgerichtet, die programmatische Ausrichtung der Piraten mit einer Top-Down-Stategie zu steuern und im Sinne der Vorstellungen des Bundesvorstandes auszurichten. Dem Bundesvorstand kommt aber keine programmatische Kompetenz zu. Für eine Mitmachpartei ist es selbstverständlich, dass die inhaltlichen Impulse von der Basis ausgehen und sich über kollaborative Arbeitsformen wie LiquidFeedback oder auch freiwillige, formaler Legitimation nicht bedürfende Arbeitsgemeinschaften zu Anträgen an den Bundesparteitag fügen.

Auch die Ausschreibung von Themenbeauftragten folgt dieser Top-Down-Strategie: Zu jedem Themenbereich sollen zwei »Hüte« verteilt werden, die unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen sollen.

  • Einer der jeweiligen Themenhüte soll die innerparteiliche Diskussion auf einen einheitlichen Kurs bringen. Im Ausschreibungstext liest sich das so:
    »Nämlich einen, der verantwortlich ist für die innerparteiliche Weiterentwicklung des Themas (Landes- und Bundes-AGs zusammenbringen, Infomaterial besorgen, innerparteiliche Bildung, Barcamps und so weiter). Diese Aufgabe kann gern den AG-Koordinatoren zufallen, die ja von der AG gewählt sind.«

Das negiert das komplette Fehlen innerparteilicher Legitimation der Arbeitsgemeinschaften, die als freie Gruppen inhaltlicher Arbeit eine solche Legitimation auch nicht benötigen, da ihre Ergebnisse nicht aus sich selbst heraus sondern erst nach und durch BPT-Beschluss legitimiert werden.

  • Der andere Hut soll die Außenpositionierung der Piraten vorbestimmen:
    »Die andere Verantwortung liegt darin, innerparteilicher Sprecher für das Thema zu sein. Das heißt, dass das Presseteam und der Bundesvorstand sich hauptsächlich an diese Person wendet, wenn sie Fragen zum Thema haben.«

Dass anschließend noch betont wird, diese Aufgabe diene ja gar nicht der Außenrepräsentanz, hat den Charakter von weißer Salbe und eines Beruhigungs-Placebos, denn die bisherige Praxis hat ja schon verschiedentlich die nicht legitimierte »Expertise« nicht legitimierter, aber namentlich aufgeführter Sprecher in Presse-Erklärungen der Piraten fließen lassen.
Die Themenbereiche sind überdies viel zu groß gewählt, als dass sichergestellt werden könnte, dass zu einer Fragestellung jeweils der am besten profilierte Pirat auch gehört wird. Die Erfahrungen mit AG-Rat, Dach-AGs und der K.O.-Konferenz weisen vor allem auf eines: auf die starke Tendenz, sich Kompetenzen anzumaßen, für die es keine demokratische Legitimation gibt.
Zur vorgeschlagenen Genese dieser Themen-Hut-Beauftragten: Auch hier ist statt demokratischer Legitimation allein an einen freischwebenden Zirkel selbstreferenzieller Mumble-Teilnehmer als angebliche Legitimationsbasis gedacht.

Die befürchtete Selbstbedienungsmentalität zeigt sich auf der Bewerbungsseite für Themenbeauftragte mit eindrücklicher Deutlichkeit. Besonders ärgerlich ist die Alleinvertretungsanmaßung des Parteijustiziariats für die rechtspolitische Programm-Entwicklung. Siehe:

Die frühere AG Recht und ihre Orangerie sind das Musterbeispiel intransparenter und anmaßender politischer Praxis. Hier wird mit sehr viel Blähsprache eine Kompetenz angemaßt, für die es offensichtlich keine sachliche Grundlage gibt, wie sich im übrigen auch bei dem Erfordernis zur Anpassung der DSE für LiquidFeedback gezeigt hat.

LqFb-Initiative »Fachliche Auskünfte zu Positionen der Piratenpartei Deutschland«

Dass Antworten auf Anfragen soweit wie möglich kollaborativ erarbeitet werden sollen, ist im Rahmen des bislang vertretenen Selbstverständnisses der Piraten unmittelbar zwingend. Bedauerlicherweise ist es wegen der Top-Down-Strategien des BuVo notwendig, das erneut festzuhalten. Die Initiative hatte zunächst eine Regelungslücke, da niemand die Verantwortung dafür zu übernehmen hatte, dass Anfragen auch tatsächlich beantwortet werden. Das ist durch eine Ergänzung des Initiativen-Textes teilweise korrigiert worden. Ob das auf Dauer zu tragen vermag, muss sich erweisen, kann aber keine Ablehnung dieser Initiative rechtfertigen.

Was meine Skepsis gegenüber der Initiative heraufbeschwört, ist der Verzicht darauf, den selbstreferenziellen Zugriff nicht demokratisch legitimierter K.O.-Kreise auf die inhaltliche Arbeit nachhaltig abzuwehren. Dass das Strukturierungs-Team (so will ich es zu besseren Unterscheidung einmal nennen) auch inhaltlich arbeiten mit inhaltlichen Stellungnahmen an die Öffentlichkeit treten {Korrektur nach der Antwort von Monika Belz, s.u.} darf, lädt die Dach-AG-Apologeten geradezu ein, sich hier zu beteiligen. Damit ist dann nicht mehr gewährleistet, dass wirklich die qualifiziertesten Piraten für die Erarbeitung von Antworten ausgewählt werden, da die K.O.-Klüngelei genau das verhindern will (rundgeschliffene Stromlinie statt Vielfalt mit Ecken und Kanten!).

  • Antwort von Monika Belz:
  • Es ist der Verzicht auf inhaltliche Arbeit, der für mich als Initiator der Initiative nicht mit dem Prinzip der PIRATEN als Mitmachpartei zu vereinbaren ist. Wenn man permanent Piraten ausschließt, die Aufgaben erfüllen können, ist die Anzahl derer gering, die Aufgaben umsetzen. Im Mittelpunkt der Initiative steht die Möglichkeit, das JEDER sich beteiligen kann, niemand ausgeschlossen wird. Ich empfinde dies als richtig.
  • Diese Initiative abzulehnen, weil man Beteiligung anderer Piraten verhindern möchte, egal wie man zu ihnen steht, ist für mich kein Grund. Es wird Transparenz gefordert, die Klüngelei offenlegt, dementsprechend kann man reagieren. Die Art und Weise, etwas abzulehnen, weil sich aus sozialen Sachverhalten vielleicht Probleme ergeben könnten, kann ich nicht nachvollziehen, das ist das Leben, es ist nichts geradlinig und vorhersehbar. Monika Belz 08:06, 2. Nov. 2011 (CET)
    • Mir geht es nicht um den Verzicht auf inhaltliche Arbeit. Mir geht es darum, in weiser Selbstbeschränkung ein öffentliches Auftreten zu inhaltlichen Fragen zu unterlassen. --etz 08:28, 2. Nov. 2011 (CET)

LqFb-Initiative für einen Pool von Experten-Scouts als Dienstleistung in der Piratenpartei

Mir scheint daher die Initiative, einen Pool von Expertenscouts zu bilden, diejenige, die den eigenernannten Experten die geringsten Möglichkeiten bietet, die programmatische Debatte der Piratenpartei nach ihrem Willen zu manipulieren.

Der Pool von Expertenscouts bietet als reine Dienstleistung das Wissen, wer in der Piratenpartei sich zu einem jeweils detaillierten Thema besonders gut auskennt. Das führt dazu, dass bei Anfragen nicht ein Themengebiets-Generalist angesprochen wird, sondern derjenige, der punktgenau zu dieser Frage Bescheid weiß. Dass derjenige für die Beantwortung dieser Einzel-Anfrage dann den »Hut« aufgesetzt bekommt, führt nicht zu Folgen bei weiteren Anfragen, da dann wiederum der im Detail profilierte Pirat ausgewählt werden kann und muss.

Dass die Expertenscouts gehalten sind, sich mit eigenen inhaltlichen Statements zurückzunehmen, verhindert den Zugriff der Dach-AG-Apologeten, denn deren Interesse besteht ja gerade darin, ihre eigene Position mit größtmöglichem Nachdruck der Partei aufzupfropfen.

Update zur aktuellen Abstimmung im Bundesliquid

Nach dem Abschluss des Themas 848 entstand eine neue Diskussion über ein Konzept für Themenbeauftragte als Thema 1201. Die vorgelegten Regelungen haben die Kritik am Konzept der Themenbeauftragten in keiner Weise aufgegriffen. Statt dessen wurde ein durch und durch bürokratisches Geflecht ergänzender Strukturen vorgeschlagen, die zu nichts taugen, als die Arbeitskraft von Piraten in Orga-Strukturen zu verzehren und inhaltliche Arbeit zu behindern.

Das war für mich Anlass, die Initiative für einen Pool von Expertenscouts erneut einzubringen.

Deshalb bitte ich um Zustimmung zum Pool von Expertenscouts! --etz 00:38, 6. Jan. 2012 (CET)