HE:Vorstand/Rechenschaftsberichte/2011/PPH-ML-Klage
Die Klage und die Klageerwiderung rund um die moderative Notabschaltung der PPH ML
Inhaltsverzeichnis
Klage
Gegenstand
Ich beantrage durch das Gericht den in der Vorstandssitzung am 11.05.2011 getroffenen Beschluss auf Abschaltung der PPH-Mailingliste als unwirksam zu erklären. Ferner beantrage ich bis zur Feststellung der Rechtmäßigkeit der Vorstandsentscheidung die Umsetzung des Beschlußes einstweilig auszusetzen.
Begründung
Der Beschluß des Landesvorstandes verletzt meine Rechte als Parteimitglied. Durch die Abschaltung der Mailingliste wurde ich in meinem durch die Satzung garantierten Recht, mich an der politischen Willensbildung zu beteiligen, behindert.
Weiter wird ein Zusammenschluß von 10% der Mitglieder, um im Rahmen eines Antrags auf einen außerordentlichen Parteitag gegen diesen Beschluß vorzugehen, durch die Abschaltung der Hauptmailingliste nicht nur erschwert, sondern nahezu unmöglich gemacht.
Der Beschluß auf Abschaltung der Mailingliste ist zudem unverhältnismäßig. Sollte der Betrieb der Mailingliste tatsächlich durch einzelne Mitglieder gestört worden sein, hätte der Landesvorstand andere, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung des ungestörten Betriebes prüfen müssen. Diese könnten sein: Das Aussprechen von Verwarnungen gegen einzelne Mitglieder oder die Moderation oder Sperre von einzelnen Teilnehmern.
Eine wie immer geartete Ordnungsmaßnahme - als welche ich diese Sperre ansehe - gegen mehrere oder alle Mitglieder ist laut Satzung nicht möglich.
Die sofortige Abschaltung direkt nach der Vorstandssitzung gab den Mitgliedern auch nicht die Möglichkeit, diese Entscheidung zu diskutieren oder gemeinsam Alternativen zu erarbeiten, zumal der Antrag auf Schliessung der Mailingliste nicht vorab in der Tagesordnung der Vorstandssitzung erwähnt wurde. Des weiteren hat der Landesvorstand mit dieser Entscheidung gegen folgende Abschnitte seiner derzeit gültigen Geschäftsordnung verstossen: § 3 Abs. 6: Der Vorstand stimmt darin überein, wichtige Entscheidungen in Übereinstimmung mit einer möglichst großen Basis zu treffen.
und §7 Abs. 1:
Mailingliste
- Generelle Diskussionsliste der hessischen Piraten
- Offen für alle, eigenständige An/Abmeldung
- Archiv: Nein
Darüberhinaus verstößt die Unterbindung der Hauptkommunikationsmöglichkeit der Piraten einer Gliederung gegen den ureigenen Sinn und Brauch der Piratenpartei.
Ref:
Satzung der Piratenpartei Deutschland:
§ 4 - Rechte und Pflichten der Piraten
(1) Jeder Pirat hat das Recht und die Pflicht, im Rahmen dieser Satzung und der Satzung seines Landesverbandes die Zwecke der Piratenpartei Deutschland zu fördern und sich an der politischen und organisatorischen Arbeit der Piratenpartei Deutschland zu beteiligen. Jeder Pirat hat das Recht an der politischen Willensbildung, an Wahlen und Abstimmungen im Rahmen der Satzung teilzunehmen. Ein Pirat kann nur dort in den Vorstand eines Gebietsverbandes gewählt werden, in der er seinen der Partei angezeigten Wohnsitz hat (Passives Wahlrecht). Eine Ämterkumulation ist nur in den Fällen zulässig, in denen die Mitgliederversammlung der Gliederung dies für den konkreten Einzelfall explizit beschließt.
§ 6 - Ordnungsmaßnahmen
(1) Verstößt ein Pirat gegen die Satzung oder gegen Grundsätze oder Ordnung der Piratenpartei Deutschland und fügt ihr damit Schaden zu, so können folgende Ordnungsmaßnahmen verhängt werden:
Verwarnung, Verweis, Enthebung von einem Parteiamt, Aberkennung der Fähigkeit ein Parteiamt zu bekleiden, Ausschluss aus der Piratenpartei Deutschland.
Satzung LV Hessen:
§ 9b - Der Landesparteitag
(2) Der Landesparteitag tagt mindestens einmal jährlich. Die Einberufung erfolgt aufgrund
Vorstandsbeschluss oder wenn ein Zehntel der Piraten es beantragen. […]
IRC-Protokoll vom 10.05.2011:
<nowrap> ahoi
<prauscher> hey nowrap
<nowrap> bist du morgen abend da, prauscher?
<prauscher> nowrap: in der vosi?
<nowrap> und wie laufen die mission hallen findung?
<nowrap> vosi, ja
<nowrap> wir brauchen evt. deine dienste ;)
<prauscher> nowrap: bin zur vosi da und hab momentan 2 locations im feuer
<nowrap> als admin
<prauscher> okay
Offensichtlich war zu dieser Zeit bereits eine Abschaltung der PPH geplant, trotzdem wurde dies nicht vorab an die hessischen Piraten kommuniziert, nicht einmal in der Tagesordnung der Vorstandssitzung erwähnt.
Vorstandsgeschäftsordnung
http://wiki.piratenpartei.de/HE:Vorstand/Gesch%C3%A4ftsordnung
§7 Offizielle Kommunikationskanäle des Landesverbandes
1. Mailingliste
Generelle Diskussionsliste der hessischen Piraten
Offen für alle, eigenständige An/Abmeldung
Archiv: Nein
Klageerwiderung
Der Vorstand beantragt, den Antrag abzuweisen.
Nach Auffassung des Landesvorstands wird das Recht der Mitglieder, sich an der politischen Willensbildung der Partei zu beteiligen, durch das temporäre Abschalten einer Mailingliste nicht tangiert. Hinzu kommt, dass es sich bei den vom Landesverband betrieben und von der hessischen AG IT verwalteten Mailinglisten um einen freiwilligen Service des Landesverbandes handelt.
Eine Teilnahme an der politischen Willensbildung ist, unabhängig von der strittigen Mailingliste, selbstverständlich weiter möglich, insbesondere durch Teilnahme an Stammtischen und Workshops sowie durch privaten Austausch mit anderen Parteimitgliedern, entweder persönlich oder unter Verwendung der vom Landesverband mittels der Hessen-IT freiwillig zu Verfügung gestellten Mail-Infrastruktur. Weiterhin sind alle anderen Listen - und insbesondere jedwede politische Listen - weiter uneingeschränkt nutzbar. Zudem stehen ein Forum, ein Newsserver und diverse Mailinglisten seitens des Bundesverbands zur Verfügung.
Es besteht somit weiterhin die Möglichkeit, über die lokalen Mailinglisten, alternative Kommunikationskanäle wie u.a. Twitter, Facebook, myPirates, IRC oder auch vor Ort an Stammtischen ein Verfahren für einen außerordentlichen Landesparteitag anzustrengen.
Selbstverständlich kann auch über den GenSek nach Antrag beim Vorstand eine E-Mail an alle Mitglieder verschickt werden.
Darüber hinaus kann über einen einfachen Antrag an den Landesvorstand durch diesen ein Landesparteitag einberufen werden. Dieser Antrag wurde noch nicht gestellt, deshalb ist es müßig darüber zu spekulieren, ob das Erreichen eines Quorums von 10% durch die temporäre Schließung einer Mailingliste erschwert würde.
Auch möchten wir an dieser Stelle nochmal auf die beiden Anträge beim letzten LPT hinweisen, der die jeweiligen Mailinglisten den jeweiligen Mitgliederversammlungen oder den jeweiligen Teilnehmern einer Liste unterstellen wollte. Diese wurden mehrheitlich abgelehnt und es wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Verantwortlichkeit in die Hände der jeweiligen Vorstände gehört.
Andere Maßnahmen anstatt einer Notabschaltung, die ggf. geeigneter wären, wurden vom Vorstand nach bestem Wissen und Gewissen geprüft und teilweise auch zur Diskussion auf der strittigen Liste gestellt, wo sie unter anderem von einem oder mehreren der Antragsteller scharf kritisiert wurden.
Aus pragmatischen Gründen erscheint eine Moderation von einzelnen Mailinglistenteilnehmern nicht sinnvoll:
- Das Problem liegt nach Meinung des Vorstandes nicht in einzelnen Listenmitgliedern begründet, sondern in einer Dynamik, die zwischen vielen Teilnehmern der Liste entsteht.
- Das Moderieren der Liste erfordert einen unverhältnismäßig großen personellen und zeitlichen Aufwand, um kurze Zustellzeiten gewährleisten zu können. Dies ist nach Einschätzung des Landesvorstands mit der derzeit verfügbaren Arbeitskraft nicht zu bewältigen, wie andere Beispiele zeigen, in denen der Vorstand ehrenamtliche Helfer für verschiedene Aufgaben suchte.
- Wie auch immer Regeln im Einzelfall ausgestaltet werden, birgt eine Moderation immer die Gefahr von Willkür.
- Die Nutzung der Mailingliste zum eigentlichen Zweck der produktiven Parteiarbeit war nach Einschätzung des Landesvorstands nicht mehr gegeben. Die Demotivation von verdienten Mitgliedern und der negative Eindruck, den die Liste als Hauptkommunikationsmittel Neulingen und Interessierten vermittelte, konnten durch die kaum vorhandene politische und organisatorische Arbeit auf der Liste nicht mehr aufgewogen werden. Auch wenn sicher mancher Antragsteller Impulse zur Verbesserung der Lage beigetragen hat.
Des Weiteren handelt es sich bei der vorläufigen Abschaltung der Mailingliste in keinster Weise, wie vom Antragsteller behauptet, um eine wie auch immer geartete Ordnungsmaßnahme gegen die Mitglieder des Landesverbandes. Vielmehr hofft der Landesvorstand einen Denk- und Diskussionsprozess anzustoßen, um die Liste so mittelfristig wieder in einen arbeitsfähigen und repräsentativen Zustand zurückversetzen zu können.
Das dazu eingerichtet Pad hat in kürzester Zeit einen Pool an Ideen produziert: http://piratenpad.de/pph-ml-loesungsvorschlaege
Auch die übergreifende Arbeit von Piraten an der nun vorliegenden Klageschrift unterstreicht den gewünschten Prozess, dass sich Piraten überregional zu Themen zusammen finden und sie gemeinsam ausarbeiten können. Auch wenn diesmal kein politischer Inhalt oder Lösungen zur eigentlichen Problematik erzeugt wurden.
Auf der Kreisvorständeliste und via Twitter werden Ideen diesbezüglich ausgetauscht.
Der Landesvorstand hat auch nicht gegen seine Geschäftsordnung §3 Abs. 6 und §7 Abs. 1 verstoßen.
Das Thema "Umgangston auf der Mailingliste" wurde am 10.05. um 14:14 Uhr durch Tim Guck in der Tagesordnung der Vorstandssitzung eingetragen. Am gleichen Tag erfolgte ebenfalls durch Tim Guck ein Hinweis auf der strittigen Mailingliste, dass der Ton auf der Mailingliste und etwaige Konsequenzen am nächsten Tag in der Vorstandssitzung thematisiert werden würden.
In der Sitzung wurden alle Teilnehmer mehrfach dazu aufgerufen, ihre Meinung zum Thema vorzutragen. Alle Wortmeldungen fielen dabei neutral bis positiv aus.
Mitglieder, die ihre Mitwirkungsrechte nicht wahrnehmen, haben nach Auffassung des Landesvorstands kein Recht, im Nachhinein eine mangelnde Beteiligung der Basis zu kritisieren.
Darüber hinaus ist es durchaus üblich, dass Beschlussvorlagen ad-hoc während der Vorstandssitzungen formuliert werden oder bestehende Anträge vollkommen überarbeitet werden, bevor sie abgestimmt werden.
Eine - ggf. auch kontroverse - Diskussion wäre demnach während der Vorstandssitzung möglich gewesen, sofern die Mitglieder hier ihr Recht aktiv ausgeübt hätten.
Abgesehen davon, dass der Vorstand sich seine Geschäftsordnung selbst gibt und sie jederzeit ändern kann, was sie zu einem recht schwachen Argument gegen einmütige Entscheidungen des Vorstands macht, sind alle in der Geschäftsordnung geforderten Punkte erfüllt. Die Liste existiert, sie ist offen für alle, eine Ein- und Austragung ist jederzeit für jeden möglich und sie wird nach wie vor nicht archiviert. Die Weiterleitung von Mails an die Empfänger der Liste ist lediglich bis auf Weiteres unterbunden.
Leider ist der ureigene Sinn und Brauch der Piratenpartei nirgendwo definiert. Daher kann der Landesvorstand auch dieser Argumentation nicht folgen. Entsprechende Initiativen, auch von Mitgliedern der Landesvorstandes, die Kommunikation auf der Liste wieder attraktiver zu gestalten, wurden u.a. auch von Teilen der Kläger für nicht sinnvoll erachtet.
Die beiden Admins wurden vorsorglich nach ihrer Verfügbarkeit angefragt, da aufgrund des Rückzugs weiterer aktiver Mitglieder von der Liste dringender Handlungsbedarf bestanden hat und jede Form eines Eingriffs in die Mailinigliste nur durch die Admins erfolgen kann.
Mit piratigen Grüßen,
Uwe Schneider für den Landesvorstand Hessen