HE:Marburg/Kommunalwahl/Eckpunkte

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Zu unserem außerordentlichen Kreisparteitag am 11. Dezember 2011 haben wir einige Punkte ausgearbeitet, die für uns die Eckpunkte des Programms zur Kommunalwahl darstellen.

Basisdemokratie

Bürger bestimmen und entscheiden

Die PIRATEN sind gemäß dem im Grundgesetz festgeschriebenen Grundsatz der Ansicht, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Diesem grundlegenden demokratischen Prinzip muss verstärkt Geltung verschafft werden. Die PIRATEN sprechen sich für eine umfassende Beteiligung der Bürger aus.

Das heißt, dass alle Entscheidungen entweder direkt oder unter unmittelbarer Einbeziehung der Bürger getroffen werden müssen. Die Möglichkeiten der Mitbestimmung für jeden Einzelnen auf kommunaler Ebene sollen ausgebaut werden. Dazu gehört die Möglichkeit, das öffentliche Handeln zu überprüfen, aber auch jene, Teil des öffentlichen Handelns zu werden. Eine Gemeinschaft, die Mitbestimmung praktisch ausübt, kann ihre Identität finden und leben, und vermeidet innere Konflikte.

Die PIRATEN werden das Handeln ihrer Abgeordneten im Auftrag der Öffentlichkeit überwachen, dokumentieren und veröffentlichen.

Direkte Demokratie in Hessen

In Hessen gibt es die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens mit anschließendem Bürgerentscheid. Hierzu sind allerdings mitunter Unterstützungsunterschriften von mindestens 10% der wahlberechtigen Bürger erforderlich, alleine damit sich das Parlament sich mit dem Anliegen beschäftigen muss. Die PIRATEN sehen diese Hürde als zu hoch an. Diese ist allerdings in der Hessischen Gemeindeverordnung festgeschrieben und kann nur vom Landtag geändert werden. Auf Landesebene gibt es schließlich noch das Mittel des Volksbegehrens, bei dem die Hürden allerdings so hoch angesetzt sind, dass ein erfolgreiches Volksbegehren im Grunde ausgeschlossen ist.

Um eine direktere Bürgerbeteiligung zu ermöglichen, bieten die PIRATEN Marburg an:

  • Errichtung einer "offenen Partei", die jedem Bürger umfassende Möglichkeiten des Einblicks, der Diskussion und der Mitbestimmung gibt.
  • Einrichtung einer Internetwebsite, auf der Bürger das Handeln der Verwaltung erkennen und kommentieren können.
  • Technische Unterstützung und Beratung bei Bürgerbegehren und ähnlichen Verfahren.
  • In Zusammenarbeit mit dem Landesverband Hessen tragfähige und durchsetzbare Konzepte für direktdemokratische Elemente in Hessen zu entwickeln.
  • Ermöglichen einer einfachen Durchführung von Versammlungen unter freiem Himmel. Zuständige Versammlungsbehörde ist hier das Ordnungsamt oder der Bürgermeister in kleineren Städten.

Indirekte Demokratie

Es hat sich gezeigt, dass direkte Demokratie nicht das Allheilmittel ist. Repräsentative Elemente sind in unserem System fest verankert und kaum ersetzbar. Die Piratenpartei möchte folgende Mittel und Wege auf kommunaler Ebene fördern, einführen und nutzen, um Abgeordneten ihre Aufgabe zu erleichtern:

  • Vor jeder Stadtverordnetenversammlung soll jedem Bürger die Möglichkeit gegeben werden, sich zu einem oder mehreren Themen der Stadtverordnetenversammlung äußern können. Die Redezeit für jedes Thema muss begrenzt werden. Dies entspricht den in vielen Kommunen gängigen Bürgerfragestunde. Den in der Marburger Stadtverordnetenversammlung vom Abgeordneten Dr. Michael Weber (PIRATEN) gestellten Antrag unterstützen wir.
  • Schnittstellenöffnung der Rats- und Parlamentsinformationssysteme, Verbesserung dieser zur Verwirklichung demokratischer Grundrechte
  • Förderung von außerparlamentarischen Kontrollinstanzen ähnlich wie "Abgeordnetenwatch".
  • Stärkung der Ortsbeiräte und anderer Gremien
  • Die Schnittstellen der Rats- und Parlamentsinformationssysteme müssen geöffnet werden, um die Möglichkeit der Einreichung von Bürgervorschlägen zur Verbesserung des kommunalen Lebens im eigenen Viertel/Stadtteil (Verkehr, Kultur, Infrastruktur, etc.) zu erleichtern.

Ähnliches funktionierte bereits in Frankfurt unter dem Motto "Frankfurt Gestalten - Bürger machen Politik". Dazu müssen die Gemeindeordnungen geändert werden. Die Einrichtung von Petitionsausschüssen ist zwingend notwendig.

Bürgerhaushalt

Wir wollen, dass Ausgaben von denen kontrolliert werden, denen sie zustehen: den Mitgliedern der jeweiligen Gemeinschaft. Die Haushalte der Gemeinden, Kommunen und Kreise beinhalten viele Punkte, die in ihrer Ausgabenhöhe nicht durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt sind oder Mindestlöhne enthalten.

Die Piratenpartei will den Bürgerinnen und Bürgern ein Mitspracherecht verschaffen, denn sie ist der Auffassung, dass mehr demokratische Partizipation bei der Haushaltsgestaltung die Identifikation des Einzelnen mit seiner Gemeinde, Kommune und seinem Kreise erhöht. Entscheidungen im Haushalt erfahren bei einem Mitspracherecht der Bürgerinnen und Bürger eine höhere Akzeptanz als solche, die ohne direkte Beteiligung gefällt werden. Zusätzlich können Vetternwirtschaft und Korruption durch die deutlich erhöhte Transparenz bereits im Ansatz verhindert werden.

Es gibt weltweit bereits zahlreiche Gemeinden und Städte, die ihren Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich diese Form der demokratischen Teilhabe ermöglichen.

Selbstverwaltung

Die Piratenpartei unterstützt die Forderung des Ortsteilbeirat Ockershausen, dass Ortsteilbeiräte in der Stadtverordnetenversammlung für Anliegen des Ortsteils antragsberechtigt sein sollen.

Transparenz

Transparentes Gemeinwesen statt "gläserner Bürger"

Für uns PIRATEN bedeutet Transparenz, dass der Bürger Einsicht in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben erhält. Es bedeutet insbesondere, dass die Arbeit der Verwaltung unmittelbar durch den Bürger überprüft werden kann.

Es heißt: Dienstvorschriften und Anweisungen müssen öffentlich einsehbar sein und mustergültig protokolliert werden. Welche genau, wie hier anonymisiert wird, unter welchen Bedingungen sie einsehbar wären, sind die Fragen, denen wir uns stellen müssen. Zu diesem Zweck müssen auf jeden Fall standardisierte, maschinenlesbare und automatisiert abrufbare Formen etabliert werden. Die mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Personen müssen - unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte, die Ihnen wie jedem anderen zusteht - benannt werden können. Dazu gehört beispielsweise die Kennzeichnung von Polizeibeamten, wie sie mittlerweile in Berlin betrieben wird.

Das Geheimnis soll die Ausnahme werden

Das Geheimnis muss dem Prinzip der Öffentlichkeit weichen: Alles was von Steuergeldern bezahlt wird, geht den Bürger grundsätzlich etwas an - ob es nun Bebauungspläne sind oder die Ergebnissen aus Kontrollen komunaler Behörden - wie etwa dem Gesundheitsamt ("Gammelfleisch", Hygiene in Krankenhäusern) und dem Ordnungsamt.

Den PIRATEN ist es ein wichtiges Anliegen, dass solche Informationen - in allgemeinverständlicher, leicht zugänglicher Form - veröffentlicht werden. "Leicht Zugänglich" verstehen wir hier technologisch: die Technologie - in all ihrer Breite, von der Druckerpresse über das Telefon bis zum Internetzugang - ist uns ein Werkzeug, eine immer komplexer werdende Welt zu erschließen.

Während die Bemühungen der Stadtverwaltung, ein Informationssystem bereitzustellen, Früchte tragen, würden wir eine übersichtlichere Lösung begrüßen. Beispielsweise könnte das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten zu Beschlüssen besser zugänglich gemacht werden.

Für einen allgemeinverständlichen Haushaltsplan

Die Macht darüber, was mit dem Geld der Bürger geschehen soll, obliegt den Parlamenten. Die Kontrolle dieser Macht obliegt dem Bürger. Die Durchführung dieser Kontrolle ist nur mit Übersicht möglich. Bislang ist diese Übersicht nur durch "Fußarbeit" erhältlich, indem man sich bemüht, indem man fragt, indem man forscht. Wir setzen große Hoffnung darin, die Tätigkeit der Verwaltung unseren Mitbürgern mit modernen Mitteln verständlicher zu machen, den Staat "handhabbarer" zu machen. Ein wichtiges Element hierbei ist, den Haushaltsplan (ca. 700x A4) in Computerlesbarer Form zugänglich zu machen.

Der Ausverkauf des Gemeinguts

Überall in Deutschland sprießen "Lease-Back-Geschäfte" und "Public-Private-Partnerships" wie die Pilze aus dem Boden. Oft reibt sich eine - im dunklen gehaltene - Öffentlichkeit dann erstaunt die Augen und stellt fest, dass die Abwasserpreise steigen oder die S-Bahn nicht mehr fährt.

Wir fragen:

  • Darf eine Regierung öffentliches Gut überhaupt verkaufen, ohne den Bürger zu informieren?
  • Wie erfahren wir von solchen Vorhaben, noch bevor sie realisiert werden?

Verträge mit langer Laufzeit oder über große Geldsummen gehören prinzipiell offengelegt, möglicherweise sogar nur über eine Volksabstimmung ermöglicht. Ein Recht zur Einsicht in wesentliche Verträge ist das mindeste.

Für Open Source-Software in der Stadtverwaltung nach dem "Münchner Modell"

Die Marburger Piraten fordern den Einsatz von freier Software in der Stadtverwaltung, wo immer dies sinnvoll möglich ist. Hierzu zählt insbesondere der Einsatz von Open Source Software, wie Linux, OpenOffice.org oder Mozilla Firefox nach dem Vorbild der Stadtverwaltung München („LiMux“-Projekt). Die Piraten fordern eine schrittweise Umstellung im Rahmen von Ersatzinvestitionen. Lizenzen kommerzieller Produkte sind keine dauerhafte Lösung.

Bürgerrechte und Datenschutz

Für einen Staat, der sich aus dem Privatleben raushält

Wir fordern eine Politik die die informationelle Selbstbestimmung aller Bürger achtet – und nicht solche “Datenkraken” erfindet, wie die jetzt geplante Volkszählung 2011.

Jegliches staatliche Handeln, muss maximale Datensparsamkeit als Grundsatz haben. Es darf keine Aufhebung der Zweckbindung von Verwaltungsdaten geben. Eine Auskunftspflicht für intime Daten, die zudem auch noch strafbewehrt ist, erinnert eher an eine Diktatur als an einen freiheitlichen Staat.

Niemals darf es eine Zusammenfassung unterschiedlicher Lebensbereiche unter einem eindeutigen Personenkennziffer geben. Solch eine Ordnungsnummer ist gefährlich für die Demokratie und wurde durch das BVerfG bereits im Volkszählungsurteil ausgeschlossen.

“Die Erhebungsstellen sind räumlich, organisatorisch und personell von anderen Verwaltungsstellen zu trennen. Es ist sicherzustellen, dass die Angaben in den Erhebungsunterlagen nicht für andere Aufgaben verwendet werden.”

Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil 1983

Eine Weitergabe von statistischen Daten darf nur in vollständig anonymisierter Form erlaubt sein. Diese Daten dürfen sich auch nicht deanonymisieren lassen. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert in Hinblick auf die informationstechnischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte eine grundlegend veränderte Haltung zur Erhebung und Speicherung persönlicher Daten: Nur nicht existente Daten sind sichere Daten!