Für Meinungsvielfalt
Inhaltsverzeichnis
Stellungnahme des BzV Freiburg (11.11.2010)
Der Bezirksvorstand Freiburg lehnt die Erklärung des Landesvorstandes Bayern ab.[1]
Es darf in der Piratenpartei Deutschland keine Diskussionsverbote geben, Sexualverbrechen an Kindern sind scheußlich und verachtenswert. Es muss aber zwischen Pädophilen und Sexualstraftätern differenziert werden, Pädophile nicht zu Wort kommen lassen zu wollen, weil sie pädophil sind, entspricht nicht den Grundsätzen der Piratenpartei. Daher spricht sich der Bezirksvorstand Freiburg der Piratenpartei Deutschland gegen die Erklärung des Landesvorstandes Bayern und für eine offene Diskussionskultur in der Piratenpartei aus.
[1] http://wiki.piratenpartei.de/Aufruf_zur_Unterlassung
Diskussion
Gegenkommentar: Jemandem eine parteieigene Plattform nicht zur Selbstdarstellung anbieten zu wollen, hat mit Zensur oder mit Verweigerung einer offenen Diskussionskultur nichts zu tun. Navigator
Gegen-Gegenkommentar: Dieser Meinung darfst du gerne sein. Michel
Erläuterung: Ich unterscheide in der Diskussion 3 Gruppen:
- Pädophile. Menschen mit sexueller Fixierung auf Präpubertäre
- Pädosexuelle: verurteilte Straftäter, die sich an Kindern vergangen haben. Weniger als die Hälfte gehört zur ersten Gruppe.
- Pädophile Aktivisten: Diese möchten Sex mit Kindern legalisieren.
Die letzte Gruppe versucht wiederholt, themenähnliche Diskussion zu entern. Daher unterstütze ich in diesem Fall ein Redeverbot für diese Gruppe für diese spezielle Diskussion.
--Posbi 15:24, 13. Nov. 2010 (CET)
- In der Form würde ich auch zustimmen. Evtl. kann sich auch der @Mogisverein damit abfinden ;-) --Monarch 15:33, 13. Nov. 2010 (CET)
- Finde gut, dass es eine sachliche Diskussion gibt. Dieser Unterscheidung kann ich nur zustimmen. Dennoch frage ich mich weiterhin, ob ein "Redeverbot" uns weiterbringt. Ich glaube, dass es auch für uns Piraten mehr bringt, sich solchen Aktivisten zu stellen und argumentativ in die Schranken zu weisen. Somit wäre es keine Plattform für die Aktivisten, sondern eine Plattform für unsere klaren Standpunkte. Gleiches gilt auch für andere Themen (Nazis und Konsorten) -- Michel
Erläuterung des BzV Freiburg (16.11.2010)
Hintergründe
Am 11. November initiierte der LV Bayern als Reaktion auf eine geplante Mumble-Diskussionsveranstaltung im "Dicken Engel" einen "Aufruf zur Unterlassung" [1].
Sowohl die Veranstaltung selbst, als auch eben diese Unterlassungsaufforderung wurden auf diversen Ebenen kontrovers diskutiert.
Als eine Reaktion gab es am selben Tag um 22:44h den Antrag von Tobias Zawisla, obige Gegen-Stellungnahme als Bezirksvorstand zu veröffentlichen.
Dieser Stellungnahme stimmten Tobias Zawisla, Michael Gugel, Franziska Nöthling und Cruel Baur. Abgelehnt wurde sie von Norbert Hense. Auch diese Stellungnahme wurde recht kontrovers aufgenommen und es wurde diverse Kritik geäußert, zu der wir hier zum Teil persönlich Stellung beziehen möchten:
Wie kam es zum Antrag?
Tobias:
"Der Beschluss des Landesvorstandes Bayern wurde am frühren Abend bereits am Stammtisch Rottweil besprochen. Schon dort war für uns recht schnell klar, diesen eher als undifferenziert und populistisch zu bewerten. Im Laufe des restlichen Abends wurde mir das Vorgehen des LV Bayern und der Unterzeichner immer suspekter und auch angesichts des Zuspruches einiger Piraten am Stammtisch Rottweil habe ich mich dazu entschlossen, diesen Antrag zu stellen.
Ich habe hier in erster Linie ein großes Misstrauen der Landesvorstände in die Organsiatoren gesehen, aber auch die Profilierung einer Reihe weiterer Vorstände hat mich sehr gestört. Dass diese Aufforderung zu Unterlassung so kurzfristig veröffentlich wurde, lies bei mir den Verdacht entstehen, dass es hier nicht nur um die Verhinderung der Veranstaltung geht, sondern um die eigene Profilierung.
Auch nach dem Beschluss fühle ich mich bestätigt. Dass der Bundesvorstand offensichtlich bereit war, den Mumble Server eines Landesverbandes abzuschalten, ist der Piraten nicht würdig.
Ob einem Pädophilen wie Herr Giesking, der sich offensiv für die Legalisierung von sexuellen Kontakten mit Kindern einsetzt, wirklich eine Plattform geboten werden sollte - ich will es nicht beurteilen. Auch um seine (Nicht)-Aufnahme in die Piratenpartei Deutschland ging es meiner Ansicht nach zu keinem Zeitpunkt. Aber klar ist, das jeder andere Pädophile, der im Gegensatz zu ihm nicht vorbestraft ist und keine extremen Thesen vertritt, das volle Rederecht bekommen sollte. Auch davon können wir lernen. Und das ist Teil der Piraten, die Meinungsvielfalt. Es geht nicht um Meinungsfreiheit, wie uns oft vorgeworfen wurde, sondern um die Vielfalt dieser in unserer Partei, denn heute schalten wir die Mumble Server wegen Pädophilen ab. Und morgen?"
Warum haben die anderen dem Antrag zugestimmt?
Michael:
"Ich möchte betonen, dass unsere Stellungnahme auch klar als konkrete Gegen-Stellungnahme zu der des LV Bayerns zu werten ist. Wie Tobi sah auch ich in deren Statement eine indifferenzierte Profilierung und eine "genutzte Gelegenheit, um gegen den BuVo wettern zu können". Der Stil war für mich viel zu populistisch und hetzend, als dass ich ihn als sachlichen Beitrag in einer heiklen Diskussion akzeptieren konnte. Auch vermisste ich das innerparteiliche Vertrauen darin, dass die Organisatoren/Moderatoren die Situation im Griff haben würden und, wenn nötig, auch hart durchgreifen könnten.
Anders als Tobi denke ich schon, dass auch Meinungsfreiheit in der Tat hier ein Thema ist. Und darüber muss man auch diskutieren. Mein persönlicher Leitsatz ist auch hier, dass die Freiheit dort endet, wo andere in ihrer Freiheit, Würde und Unversehrtheit behindert oder verletzt werden. Es ist nun individuelle Ansichtssache, ob das in dieser Situation der Fall war. Für mich ist z. B. das Leugnen des Massenmords an Millionen Menschen zum Beispiel eine massive Verletzung der Würde von Opfern und Hinterbliebenen und in keinster Weise von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass das Streben nach einer Legalisierung des sexuellen Kontakts mit Kindern in keinster Weise zu tolerieren ist und alleine die Forderung danach schon eine massive Verletzung der Würde der Kinder darstellt. Allerdings hatte ich eben das Vertrauen in die Moderatoren der geplanten Diskussion, wenn nötig auch entsprechend aktiv zu werden und die Redner direkt auzuschließen bzw. entsprechende Inhalte zu entfernen.
Dass es die Gesellschaft in keinster Weise zulassen kann, dass Pädophile ihre Neigung/Störung/Krankheit ausleben dürfen, steht hoffentlich für Alle außer Frage. Aber ich möchte an dieser Stelle auch ganz klar festhalten, dass auch Pädophile das Recht haben, Meinungen zu haben und sich dabei auch zu ihrer Paraphilie zu äußern, solange es sich in diesem von mir zuvor erläuterten Rahmen bewegt. In diesem Zusammenhang ist auch meine Zustimmung zum Antrag zu werten.
Auch der Standpunkt, dass solche Veranstaltungen schädlich für uns bzw. unsere Außernwirkung sei (sind auch zwei Paar Schuhe), kann ich nicht teilen, im Gegenteil: Ich sehe solche Diskussionen als Chance, unsere Position (und im konkreten Fall: unsere Ablehnung) klar zu machen. Ich sehe es nicht als Plattform für die Propaganda von Kriminellen, sondern als Plattform für uns Piraten, argumentativ und eindeutig entgegen zu treten - was anscheinend ja auch gelang.
Ich denke, das Ausklammern und Abwürgen solch heiklen Debatten kann uns viel eher negativ ausgelegt werden, als sich diesen mutig, sachlich und selbstbewusst zu stellen.
Das Grund-Problem dahinter taucht ja immer wieder auf; egal ob es sich um Interviews mit Nazi-Zeitungen oder um das ewige Pädophilie-Thema handelt: Immer wieder werden gewisse Grundsätze, die ich als essentiell für die Piraten sehe, gegen die mögliche Außenwirkung abgewogen. Ich frage mich, wie lange es dauert, bis andere Grundsätze auf Kosten der Außenwirkung und PR über Bord geworfen werden. Ich hoffe, dass diese wichtige Diskussion uns noch eine Weile begleitet.
Denn meiner Meinung nach heißt Pirat sein, eine Diskussionkultur zu pflegen, die auch höchst konträre Meinungen zulässt, solange sie sich innerhalb den (m. M. n.) klaren Grenzen der Meinungsfreiheit bewegen. Pirat sein heißt dann aber auch, sich zu trauen mit aller nötigen Härte und Klarheit auf gegenteilige Meinungen zu reagieren und diese wenn nötig auch (öffentlich) in der Luft zu zerreißen - denn auch das ist essentieller Bestandteil von Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt.
An dieser Stelle möchte ich auf folgendes Video hinweisen, welches im Prinzip meine Haltung bezüglich Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt bestens widerspiegelt - wenn das Video auch in einem ganz anderen Kontext entstand: [2]
Um zum Schluss zu kommen: Ja, der Antrag, bzw. das Zustandekommen des Umlaufbeschlusses dazu, ging viel zu schnell vonstatten und es hätte gut getan, mehr Raum für interne Diskussionen im Vorfeld zu ermöglichen. So wäre evtl. auch eine klarere und ggf. auch reflektiertere Stellungnahme möglich gewesen. Diesbezüglich werden wir auch Konsequenzen ziehen. Trotzdem stehe ich weiterhin zum inhaltlichen Kern der Stellungnahme und konnte hoffentlich hiermit erläutern, warum dem auch weiterhin so ist.
Cruel:
"Auch in so einer heiklen Diskussion können kontroverse Teilnehmer helfen, die Diskussion weiterzubringen. Eine Diskussion ohne Reibefläche ist sinnfrei. Die brauchen wir aber, um unseren Standpunkt zum Thema schärfen zu können. Auch wenn das hier als Argument vehement kritisiert und verzerrt wurde, schätze ich sehr unsere Diskussionskultur und hoffe, dass wir auch in Zukunft mutig genug sind, uns heiklen Themen und zurecht kontroversen Personen zu stellen, auch wenn es alles andere als angenehm oder gar regelrecht krank ist. Alle Seiten und Aspekte müssen einbezogen werden können.
In diesem Zusammenhang finde ich es eben begrüßenswert, dass bei der Veranstaltung auch jemand von MOGIS zugegen war und somit eine sachliche und ausgewogene Diskussion möglich war."
Franziska:
"Ich hatte am Abend nach den Stammtischen mit Tobias diskutiert und im Prinzip unsere Konversation vom Nachmittag weitergeführt. Ich hatte am Mittag das Thema des Dicken Engels noch sehr kritisch beäugt und wer die Vorstände ML las wusste, dass es ja bereits ordentlich brodelte. Mir fiel vor allem das mangelnde Vertrauen in die Organisatoren und Moderatoren der Veranstaltung auf.
Auch war meiner Meinung nach der Schwerpunkt der Diskussion zu stark auf dem Thema Außenwirkung, immer wieder Außenwirkung, Außenwirkung, Außenwirkung. Wenn man mal genauer darüber nachdenkt, dann sollte einem eigentlich klar werden, dass man als Mitglied einer Partei so gut wie gar nicht voraussagen kann, wie etwas, das wir tun - BPT, "Dicker Engel" oder sonstiges - von anderen, Außenstehenden aufgenommen wird – aber das nur mal am Rande. Was mich auf die sprichwörtliche Palme gebracht hat, war dann der Aufruf zur Unterlassung durch den LV Bayern, dem sich noch etliche andere Vorstandsmitglieder anschlossen. Mir kam es einfach nur unkonstruktiv und misstrauend vor.
Mir ging es übrigens zu keinem Zeitpunkt um die Parteimitgliedschaft von dieser umstrittenen Person, von dem ich nicht wusste, dass er konkret eingeladen war – wobei das im Nachhinein nichts an meiner Einschätzung und meinem Standpunkt ändert."
Warum hat Norbert den Antrag abgelehnt?
Norbert:
"Ich lehnte den Antrag von Tobias ab, weil ich erfahren habe, dass Herr Gieseking von der Krummen 13 bei dem Treffen "Dicker Engel" teilnehmen soll. Hier geht es meiner Meinung nach nicht darum Pädophile, die unter Pädophilie leiden und in verschiedensten Therapieformen an sich arbeiten, Raum zu bieten, von ihren Erfahrungen zu berichten und ihre Sichtweise anzuhören.
Hier hingegen geht es um einem Pädophilen, der Kindesmissbrauch legalisieren will und dafür aggressiv wirbt, unnötigen Platz für seine Thesen zu bieten, die ich zutiefst ablehne. Solchen Menschen biete ich keine Plattform. Er darf diese Meinung vertreten - dies kann man ihm nicht nehmen, aber eine Partei als Plattform braucht er dafür nicht. Desweiteren lehne ich diesen Beschluss ab, weil ich sein Zustandekommen kritisiere. Es gab vorher keinerlei Diskussion und der Beschluss war schon gefasst als ich meine Vorstandsmails las. Es gab keinerlei Versuche bei gerade diesem brisanten Thema, mich auf diesem Beschluss aufmerksam zu machen."
Gemeinsamer Kommentar / Fazit des Bezirksvorstands:
Allgemein fiel uns auf, dass die Kritik am Beschluss mehrfach sehr tendenziös formuliert war und an einigen Stellen Tatsachenbehauptungen und Zusammenhänge aufstellte, die in keinster Weise der Intention, noch der konkreten Formulierung unserer Stellungnahme entsprach. Auch dass hierbei parallele und kontroverse, unsere Stellungnahme nicht konkret betreffende Sachverhalte und "Baustellen" mit eingebracht wurden, möchten wir an dieser Stelle im Rahmen einer wünschenswerten und sachlichen Diskussion als wenig konstruktiv bemängeln.
Unklar ist für uns auch, mit welcher Intention das Thema "Entfaltung der sexuellen Identität" rhetorisch geschickt mit in die Kritik eingebracht wurde, zumal dies verständlicherweise weder Teil der Stellungnahme des LV Bayern, noch unserer Reaktion auf diese war.
Als gesamter Vorstand sehen wir klar ein, dass es im Rahmen des Antrags bzw. im Vorfeld des Antrags zu wenig Raum für Diskussion und (interner) Meinungsbildung gab und als Schnellschuss unangebracht war. Zu dieser Einsicht kamen wir selbst auch recht zeitnah und bereiten aktuell auch entsprechende Maßnahmen vor, um dies in Zukunft zu vermeiden und auch die interne Meinungsvielfalt besser zu berücksichtigen, u. a. mit Änderung der GO und höheren Hürden für Umlaufbeschlüsse.
Auf andere, inhaltliche Punkte sind wir ja bereits persönlich ausführlicher eingegangen bzw. haben versucht, unsere individuellen Standpunte klarer zu machen. Diese Standpunkte abzulehnen, zu tolerieren oder zu akzeptieren, liegt im Ermessen jedes Einzelnen.
Wir begrüßen es natürlich, wenn die sachlichen und konstruktiven Diskussionen über die angeschnittenen Ansichten, Themen und Problemfelder weitergehen, bitten aber um Verständnis, dass der Bezirksvorstand das konkrete Thema hier nun für sich als abgeschlossen ansieht.
Der Vorstand des Bezirksverband Freiburg der Piratenpartei Deutschland, Michael, Cruel, Norbert, Franziska, Tobias.